Aktenzeichen 28 W (pat) 47/09
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 305 66 300
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel sowie der Richterin Martens und des Richters Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Gegen die am 3. Februar 2006 für die nachfolgend aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 35
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„Klasse 29: Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Extrakte und Konzentrate aus Obst und Gemüse, sekundäre Pflanzenstoffe aus Obst und Gemüse für die menschliche Ernährung, soweit in Klasse 29 enthalten; Backfette; Speisefette; Milch und Milchprodukte; Joghurt- und Quarkspeisen; pflanzliche Speiseöle; Eier; Volleipulver; Hühnereiweißpulver; Eiweiß; Geliermittel; Konfitüren; Fettsäuren als Nahrungsergänzungsmittel; Fettpulver
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Klasse 30: Mehle; Fertigmehle; Mehlvormischungen; im Wesentlichen aus Ölsaaten, Leguminosen, Malzen, Getreideerzeugnissen und Lezithinen bestehende Konzentrate als Backmittel, die nach Zugabe von Mehl zu Backwaren verarbeitet werden; Brot, Brötchen, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis; Müsli und Müsliriegel; Snackriegel; Grieß, Nudeln; Ballaststoffe als Nahrungsergänzungsmittel; Backpulver, Backmittel; diätetische Nährmittel auf Getreidebasis für nicht medizinische Zwecke; Stärke für Nahrungszwecke; Speisesalz; Getreideerzeugnisse, insbesondere Kornflocken, Getreidepräparate, insbesondere Weizenkleber und Weizengluten; Sago, Tapioka, Reis; Dextrose und Fructose für Nahrungszwecke; Zucker, Hefe, Gewürze; Teigwaren; Schokolade, Zuckerwaren; backfertige Getreidemischungen, auch als Granulat oder in schneidfähiger Pastenform; Reisgerichte; Weizenmehl; Mehlspeisen; Backmischungen für Siedegebäck und formbare Teige; Saucen als Würzmittel; Weizenmehl; Kaffee, Tee, Kakao; Kaffee-Ersatzmittel; Leinsamen; Honig; Melassesirup, Senf, Essig; Saucen auf Gemüsebasis; Extrakte und Konzentrate aus allen vorstehenden Nahrungsmitteln zur Weiterverarbeitung in der Lebensmittelindustrie oder für die Herstellung von Nahrungsmitteln
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Klasse 35: Werbung für Dritte“
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eingetragene Wortmarke
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PURATEX
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ist Widerspruch erhoben worden, u. a. aus der prioritätsälteren, international registrierten Marke 492 914
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PURATOS
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die für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 1 und 30
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„Products for improving the quality of bakery goods for use in the crafts and industry sector.
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Products for improving the quality of bakery goods for household use”
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geschützt ist.
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Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch aus der IR- Marke 492 914 „
PURATOS
“ mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Im Erstprüferbeschluss wurde zur Begründung ausgeführt, der Widersprechenden sei es auf die von der Markeninhaberin zulässiger Weise erhobene Einrede der Nichtbenutzung nicht gelungen, eine rechtserhaltende Benutzung des Widerspruchszeichens glaubhaft zu machen. Die Erinnerungsprüferin ließ die Frage der rechtserhaltenden Benutzung mit der Begründung dahingestellt, es fehle bereits an einer relevanten Ähnlichkeit der Vergleichsmarken. Da es sich bei dem in beiden Marken übereinstimmend enthaltenen Wortbestandteil „
PURA
“ um eine auf dem Lebensmittelbereich gebräuchliche, beschreibende Sachangabe handle, die auf die Reinheit der Produkte bzw. auf die entsprechende bestimmungsgemäße Wirkung der Waren hinweise, reichten die vorhandenen Abweichungen in den jeweiligen Endungen der Markenwörter aus, um jede rechtlich relevante Verwechslungsgefahr auszuschließen.
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Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Sie macht geltend, mit den bereits im patentamtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen sei eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke ausreichend glaubhaft gemacht worden. Zur Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Zeichen trägt sie vor, der wegen der Ähnlichkeit der gegenseitigen Produkte erforderliche deutliche Abstand zwischen den Vergleichszeichen werde vom angegriffenen Zeichen aufgrund der weitgehenden Übereinstimmungen in den beiden Markenwörtern nicht eingehalten. Der Bestandteil „
PURA
“ könne keineswegs als kennzeichnungsschwach gewertet werden, zumal die Marke „
PURATOS
“ von der Widersprechenden völlig neutral im Sinne eines abstrakten Begriffs gebildet worden sei. Zudem könne der Gesamteindruck einer Marke selbst durch schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente mitbestimmt werden. Die Widerspruchsmarke besitze sogar eine erhöhte Kennzeichnungskraft, was die Gefahr von Verwechslungen noch verstärke. Außerdem besitze die Widersprechende zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „
PURA
“, so dass eine Verwechslungsgefahr auch unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens gegeben sei.
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Sie beantragt sinngemäß,
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die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, vom 16. März 2007 und vom 22. Januar 2009 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
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Die Markeninhaberin ist der Beschwerde entgegengetreten und beantragt sinngemäß
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie hält die Nichtbenutzungseinrede weiter aufrecht und trägt vor, die im Laufe des patentamtlichen Verfahrens vorgelegten Unterlagen seien nicht auf die für die Widerspruchsmarke registrierten Waren bezogen und darüber hinaus auch mit weiteren formellen und inhaltlichen Mängeln behaftet. Sie seien deshalb ungeeignet, eine rechtserhaltende Benutzung glaubhaft zu machen. Eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei ebenfalls nicht belegt und werde ausdrücklich bestritten. Die Vergleichsmarken unterschieden sich nicht zuletzt unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsschwäche und des Sinngehalts des Markenelements „
PURA
“, sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher Hinsicht durch die vorhandenen Abweichungen hinreichend deutlich, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
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Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, da zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr i. S. v. § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.
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Die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die mit ihr gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen für die angesprochenen Verbraucher im Hinblick auf ihre betriebliche Herkunft von denen anderer Unternehmen unterscheidbar zu machen. Sind Vergleichsmarken einander verwechselbar ähnlich, wird diese Herkunftsfunktion beeinträchtigt, weil die beteiligten Verkehrskreise dann irrtümlich davon ausgehen könnten, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen stammten aus demselben bzw. aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen (vgl. Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, § 14 Rdn. 375 m. w. N.). Die Prüfung, ob eine Verwechslungsgefahr in diesem Sinne gegeben ist, erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls, insbesondere der Ähnlichkeit der wechselseitigen Waren und der Vergleichsmarken. Daneben ist vor allem auch die Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke für die kollisionsrechtliche Prüfung von maßgeblicher Bedeutung. Die einzelnen Beurteilungsfaktoren stehen zueinander in einem System der Wechselwirkung, so dass beispielsweise ein höherer Grad der Markenähnlichkeit durch eine verminderte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (vgl. EuGH GRUR Int. 2000, 899, 901, Rdn. 40 – Marca/Adidas; BGH GRUR 2008, 903 –
SIERRA ANTIGUO
; BGH GRUR 2006, 859, 860, Rdn. 16 – Malteserkreuz).
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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle zulässig die Einrede der mangelnden Benutzung „pauschal“ gemäß § 43 Abs. 1 geltend gemacht und diese auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich aufrecht erhalten. Ein undifferenziertes Bestreiten der Benutzung ist regelmäßig als die Erhebung
beider
in § 43 Abs. 1 MarkenG vorgesehenen Einreden zu werten, wenn – wie dies vorliegend der Fall ist – die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Einreden gegeben sind (vgl. BGH GRUR 1999, 54, 55 f. – Holtkamp). Die Widersprechende hatte somit eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke für den Zeitraum innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke, also für die Jahre 2001 bis 2006 glaubhaft zu machen (§ 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG) sowie für die Zeit der letzten fünf Jahre vor dem Termin der mündlichen Verhandlung am 11. November 2009, und damit für die Jahre 2005 bis 2009 (§ 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG). Um diese Obliegenheit zu erfüllen, hat die Widersprechende bereits im patentamtlichen Verfahren nach und nach umfangreiche Unterlagen eingereicht. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung dieser Glaubhaftmachungsunterlagen verbleiben jedoch erhebliche Zweifel an einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke, da sie diverse Mängel aufweisen. So war die erste, lediglich als Kopie vorgelegte Eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Widersprechenden, Herrn R…, vom 21. November 2006, auf die Erklärung bezogen, die Widerspruchsmarke werde für „die gesamte Produktpalette der Firma, ca. … Produkte“ benutzt. Damit war sie aber nicht hinreichend spezifiziert, um ihr entnehmen zu können, in welchem Umfang eine Benutzung für die einzelnen, konkret registrierten Waren erfolgt ist. Mit einer zweiten, auf Firmenpapier mit dem Firmenkopf der Widersprechenden vorgelegten Eidesstattlichen Versicherung, vom 22. März 2007 wurden dann lediglich Umsätze „für sämtliche Waren – für die Markenschutz beantragt wurde“ benannt, so dass auch insoweit Zweifel an der Verwertbarkeit dieser Aussage bestehen.
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Zwar hat die Widersprechende im weiteren Verfahrensverlauf schließlich mit der dritten Eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers, vom 14. Mai 2007, nochmals nachgebessert und für die Jahre 2004, 2005 und 2006, auf bestimmte Produkte bezogene Umsatzzahlen benannt und insoweit konkretisierend auf weitere, angefügte Unterlagen verwiesen. Der weitaus überwiegende Teil dieser Unterlagen zeigt aber, dass die Widersprechende für ihre Einzelprodukte gerade andere Marken einsetzt. Das Widerspruchszeichen taucht allenfalls zusätzlich als Firmenemblem bzw. bloßer Firmenhinweis auf und damit in einer Form, die von vornherein nicht geeignet ist, vom angesprochenen Publikum zumindest auch als Unterscheidungszeichen bzw. als (Zweit-)Kennzeichnung für die fraglichen Waren verstanden zu werden (vgl. hierzu BGH GRUR 2009, 60, 62, Rdn. 22 –
LOTTOCARD
; BGH GRUR 2005, 1047; Rdn. 18 – OTTO). Eine solche Verwendung des Widerspruchszeichens (nur) als Unternehmenskennzeichen ist aber für eine rechtserhaltende Benutzung keineswegs ausreichend (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, Rdn. 36 – Ansul/Ajax; BGH GRUR 2006, 150, 151 – NORMA). Das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Verpackungsbeispiel lässt zwar die markenmäßige Verwendung eines Bildzeichens in Alleinstellung erkennen, das den Wortbestandteil „
Puratos
“ aufweist. Die graphische Ausgestaltung steht dabei der Anerkennung der Benutzung nicht entgegen, da hierdurch keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke bewirkt wird. Allerdings lässt sich dem fraglichen Verpackungsmuster in keiner Weise entnehmen, ob es tatsächlich auch für Produkte eingesetzt wurde, für die das Widerspruchszeichen registriert ist. Denn sämtliche eingereichten Benutzungsunterlagen beziehen sich ausschließlich auf Waren, die sich gerade nicht unter die Produktkategorien subsumieren lassen, für die das Widerspruchszeichen eingetragen ist.
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Die Subsumtionsfrage ist im registerrechtlichen Kollisionsverfahren, als reinem Rechtsverfahren, stets normativ zu entscheiden, wobei im Zweifelsfall insbesondere die Systematik bzw. die Fachterminologie der Klassifikation maßgeblich ist. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz in der Klasse 1 für „Produkte zur Qualitätsverbesserung von Backwaren für den Einsatz in Handwerk und Industrie“ sowie in der Klasse 30 für „Produkte zur Qualitätsverbesserung von Backwaren für den Einsatz im Haushalt“. Bei den genannten Waren in der Klasse 1 kann es sich nach der Systematik der Nizza-Klassifizierung von vornherein nur um chemische Erzeugnisse handeln – die Benutzung solcher Waren wurde von der Widersprechenden aber weder behauptet noch belegt. Die von ihr geltend gemachte Benutzung bezieht sich nur auf nicht-chemische Erzeugnisse für die
gewerbliche
Anwendung bzw. für gewerbliche Abnehmer – und damit auch nicht auf Backhilfsmittel für den Einsatz
im Haushalt
, wie sie jedoch ausschließlich für die Widerspruchsmarke in der Klasse 30 registriert sind. Somit können die vorgetragenen Benutzungshandlungen der Widerspruchsmarken weder den für sie in der Klasse 1 noch in der Klasse 30 registrierten Warenbegriffen zugute kommen. Letztlich muss die Frage der rechtserhaltenden Benutzung vorliegend jedoch nicht abschließend und in allen Einzelheiten geklärt werden, da wegen des Fehlens einer rechtlich relevanten Ähnlichkeit der Vergleichsmarken die Gefahr von Verwechslungen selbst dann ausscheidet, wenn man eine relevante Benutzung der Widerspruchsmarke unterstellen würde.
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Die beiden Markenwörter stimmen zwar in dem Bestandteil „
PURA
“ und damit im bei Marken regelmäßig besonders beachteten Wortanfang überein. Auch die jeweilige Endsilbe beginnt übereinstimmend mit dem Konsonanten „T“. Trotz dieser scheinbar weitgehenden, letztlich allerdings rein formalen Übereinstimmungen, differieren die beiden Wortmarken in ihrem Gesamteindruck jedoch hinreichend deutlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem übereinstimmend vorhandenen Wortelement „
PURA
“ um ein Adjektiv handelt, das in den drei Welthandelssprachen Italienisch, Portugiesisch und Spanisch für den Bedeutungsgehalt „pur, rein“ steht, dem für die verfahrensgegenständlichen Waren ein unmittelbar beschreibender Hinweis auf deren unverfälschte Reinheit und damit auf deren besondere Qualität zukommt. Dies veranschaulichen etwa die mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörterten Produktbeschreibungen auf der Homepage der Widersprechenden: „…
pane di
segale
pura
“ (unter http://www.
pura
tos.it/products_solutions/concepts/bakery/end_products/list/mixed_bread.aspx), „…
una
delizia
pura
“ (unter http://www.
pura
tos.it/products_solutions/concepts/bakery/end_products/list/croissants.aspx) oder „
pura
malte
“ (unter http://www.
pura
tos.es/products_solutions/bakery/specialty_bread_mixes/00501790011511.aspx). Der beschreibende Produktbezug des fraglichen Wortelements wird dabei von den beteiligten Verkehrskreisen schon wegen der weitgehenden Übereinstimmungen mit seinem deutschsprachigen Pendant „pur“ ohne Weiteres erkannt, weshalb sie verstärkt auf vorhandene Abweichungen zwischen den Vergleichszeichen achten werden, was der Gefahr von Verwechslungen nachhaltig entgegenwirkt. Zudem sind derartige, schutzunfähige Einzelbestandteile schon aus Rechtsgründen nicht geeignet, den Gesamteindruck von Marken in isoliert kollisionsbegründender Weise mitzubestimmen (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2004, 778, 779 –
URLAUB DIREKT
). Allein die teilweise Übereinstimmung in schutzunfähigen Bestandteilen von Wortmarken kann also eine Verwechslungsgefahr nicht begründen. Diesen in ständiger Rechtsprechung anerkannten Grundsatz (vgl. BGH GRUR 2007, 1071 Rdn. 49 – Kinder II; BGH GRUR 2007, 1066, Rdn. 41 ff. – Kinderzeit; BGH GRUR 2004, 775, 777 – EURO 2000, jeweils m. w. N.) hat der BGH auch mit der von der Widersprechenden angeführten Entscheidung „TUC-Salzcracker“ (BGH GRUR 2008, 505) keineswegs aufgegeben (insoweit klarstellend BGH GRUR 2009, 766, Rdn. 72 – Stofffähnchen). Aus dem beschreibenden Bedeutungsgehalt des Wortelements „
PURA
“ ergibt sich somit ein entsprechend eng zu bemessender Schutzumfang der Widerspruchsmarke, durch den sich die freie und ungehinderte Verwendbarkeit des fraglichen Sachbegriffs durch andere Marktteilnehmer nicht einschränken lässt (vgl. hierzu auch BPatG PAVIS PROMA 33 W (pat) 113/00 –
PURELITE/PUROLATOR
).
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Von einer nachträglichen Steigerung der Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens aufgrund intensiver Benutzung, wie sie die Widersprechende geltend gemacht hat, kann vorliegend nicht ausgegangen werden (vgl. hierzu EuGH GRUR 2005, 763, Rdn. 31 – Nestlé/Mars; BGH GRUR 2008, 903, Rdn. 13 ff. –
SIERRA ANTIGUO
). Eine solche, nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft muss hinreichend dargelegt und durch entsprechendes Glaubhaftmachungsmaterial belegt werden. Zu den insoweit maßgeblichen Kriterien zählen vor allem der mit der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität und die geographische Verbreitung der Marke, der für sie erbrachte Werbeaufwand, sowie Angaben zu ihrem Bekanntheitsgrad bei den beteiligten Verkehrskreisen. Zu den genannten Punkten fehlt es aber an jeglichem hinreichend schlüssigen Vortrag der Widersprechenden bzw. an den insoweit erforderlichen Belegen, die auf eine infolge Benutzung entsprechend stark gesteigerte, deutlich über dem Durchschnitt liegende Bekanntheit der Marke für die fraglichen Waren in Deutschland schließen lassen könnten. Die vorgelegten Unterlagen sprechen allenfalls dafür, dass die Widerspruchsmarke im Markt eingeführt ist und möglicherweise eine gewisse Bekanntheit genießt. Dagegen kann den fraglichen Unterlagen nicht entnommen werden, dass die Marke für die hier maßgeblichen, registrierten Produkte im Vergleich zu Konkurrenzprodukten einen größeren Marktanteil und eine entsprechend hohe Bekanntheit innerhalb der beteiligten Verkehrskreise erreicht hätte.
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Vor dem dargestellten Hintergrund unterscheiden sich die Vergleichsmarken in ihrem Gesamteindruck durch die jeweils zweiten Wortbestandteile „TEX“ bzw. „TOS“ in kollisionsrechtlicher Hinsicht hinreichend deutlich, um eine relevante Verwechslungsgefahr ausschließen zu können. Dies gilt umso mehr, als der für den vorliegend angesprochenen Fachverkehr klar erkennbare Begriffsgehalt „reine Textur“ der angegriffenen Marke nicht unwesentlich zur sicheren Abgrenzbarkeit der Vergleichsmarken beiträgt (vgl. BGH GRUR 1999, 240, 241 – STEPHANSKRONE I; BGH GRUR 1992, 130, 132 – Bally/
BALL
). Mit der Aussage „reine Textur“ werden dabei bestimmte sensorische Eigenschaften von Lebensmitteln bezeichnet, die durch die Geschmacks- und Tastsinne wahrgenommen werden können und für den Genusswert von Lebensmitteln und damit für die Kaufentscheidung der Verbraucher von entscheidender Bedeutung sind (vgl. Lexikon der Ernährung, 2002, Band 3, S. 332; Römpp Lexikon Lebensmittelchemie, 2. Aufl. 2006, S. 1159). Beispiele für typische Textureigenschaften von Backwaren sind etwa Volumen, Festigkeit und Knusprigkeit (vgl. hierzu etwa auch unter http://www.
pura
tos.de/products_solutions/concepts/bakery/end_products/list/mixed_bread.aspx – Textur eines reinen Roggenbrotes). Bietet sich dem angesprochenen Verkehr in einem Vergleichszeichen – wie hier – ein unmittelbar erfassbarer begrifflicher Aussagegehalt an, wird er als wirkungsvolle Erinnerungsstütze aufgegriffen, wodurch die vorhandenen klanglichen und schriftbildlichen Gemeinsamkeiten neutralisiert werden können (vgl. EuGH GRUR Int 2009, 397 –
Mobelix
/Obelix; EuGH GRUR 2006, 237 – Picaro/
PICASSO
; EuG GRUR Int. 2003, 1017, Rn. 54 – BASS/PASH; BGH GRUR 2004, 240, 241 – MIDAS/medAS; BGH GRUR 2003, 1044 – Kelly; BGH GRUR 1992, 130 – Bally/Ball). Ist eine solche unmissverständliche Begrifflichkeit also bei wenigstens einem Vergleichszeichen gegeben, bildet dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein so starkes Gegengewicht zu den bestehenden klanglichen und schriftbildlichen Ähnlichkeiten, dass eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr sicher ausgeschlossen werden kann (EuGH GRUR 2006, 413 – ZIRH/SIR).
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Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Streitmarken ist somit ausgeschlossen. Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sind ebenfalls nicht gegeben, zumal der Bestandteil „
PURA
“ aufgrund seines produktbeschreibenden Bedeutungsgehalts nicht als Stammbestandteil geeignet wäre.
30
Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen. Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen besteht keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG).