Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “ULTIMATE AÇAÍ (Wort-Bild-Marke)” – keine Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  26 W (pat) 62/12

Datum:
27.2.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 001 418
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Februar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Markenstelle für Klasse 32 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die für die Waren
2
Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette
3
Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis
4
Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken
5
angemeldete Marke
6
mit den angefochtenen Beschlüssen vom 1. Juli 2012 und – im Erinnerungsverfahren – vom 23. April 2012 zurückgewiesen.
7
Die Markenstelle hat ausgeführt, der angemeldeten Marke fehle jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, da sich die angegriffene Marke als reines Werbeschlagwort mit beschreibendem Gehalt darstelle. Als solches vermittele sie in Bezug auf sämtliche von der Anmeldung umfassten Waren die werbemäßig überhöhte Aussage, dass sie Acai-Beeren bzw. deren Auszüge oder Aromen enthielten oder bestimmt und geeignet wären, im Rahmen von Acaigerichten verwendet zu werden.
8
Die dem Erstbeschluss beigefügten Nachweise belegten, dass die Frucht der brasilianischen Kohlpalme in den letzten Jahren auch in Europa zunehmend bekannt geworden sei. Ihre Popularität verdanke sie insbesondere dem Umstand, dass ihr gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. So soll sie aufgrund ihrer antioxidativen Inhaltsstoffe dem Alterungsprozess entgegenwirken können und insbesondere auch die Fettverbrennung anregen. Sie würde daher sowohl von der Kosmetik- als auch der Lebensmittelindustrie quasi als Wundermittel vermarktet und nahezu sämtlichen Produkten beigesetzt und entsprechend beworben. Insbesondere angesichts des immer größer werdenden Interesses an gesunder Ernährung, Fitness und regenerierender Pflege und der damit einhergehenden Präsenz dieser Themen in allen Medien, könne davon ausgegangen werden, dass auch in weiten Teilen des allgemeinen Verkehrs diese Frucht inzwischen bekannt sei. Im Zusammenhang mit den von der Anmeldung umfassten Getränken werde der Verkehr das Markenwort deshalb ausschließlich als Angabe der Art und Geschmacksrichtung ansehen. Dies gelte auch für Mineralwasser und Bier. Zwar dürften diese nach den jeweiligen gesetzlichen Vorschriften nicht mit irgendwelchen Zusätzen angereichert sein, doch sei nicht davon auszugehen, dass der Durchschnittsverbraucher insbesondere bei einem Alltagsgeschäft, wie dem Kauf von Getränken, derartige diffizile Unterscheidungen zwischen Mineralwasser und sonstigem kohlesäurehaltigen Wasser mit Geschmack oder zwischen Bier und bierhaltigem Mischgetränk vornehme. In Bezug auf die angemeldeten Waren der Klassen 29 und 30, könne die Marke teilweise ebenfalls eine unmittelbare Eigenschaftsangabe sein, soweit es sich um Lebensmittel handele, denen Acai-Beeren beigefügt sein können (Back- und Konditorwaren; Speiseeis, Milchprodukte). Im Übrigen bestehe zumindest ein enger sachlicher Bezug, weil praktisch alle Lebensmittel im Rahmen von Gerichten, die speziell für die Acai-Beeren entwickelt worden sind, Verwendung finden können. Somit sei zu erwarten, dass der Verkehr dem Markenwort auch für Fleisch, Kaffee oder Eier lediglich eine sachbezogene Aussage entnehmen werde, nicht aber ein Betriebskennzeichen. Letztlich könne auch für Kühleis nichts anderes gelten. Als Frucht, die aus Südamerika importiert werde, müsse die Acai-Beere kühl gehalten werden, in aller Regel werde sie bzw. das aus ihr gewonnene Fruchtmus tiefgefroren. Insofern sei auch hier ein sachlicher Bezug gegeben, der ein Verständnis als Herstellerkennzeichen nicht vermuten lasse.
9
Auch die konkrete Schreibweise werde dem deutschen Publikum nicht derart ungewöhnlich vorkommen, dass es darin ein herstellerindividualisierendes Element sehen würde.
10
Wegen der Einzelheiten wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Amtsakte der Anmeldung Bezug genommen.
II.
11
Die gemäß §§ 66 Abs. 2, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der angemeldeten Marke im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
12
Dies hat die Markenstelle in den angefochtenen Beschlüssen eingehend und mit zutreffenden Erwägungen dargelegt. Unter der Unterscheidungskraft versteht man die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewähren. Die Unterscheidungskraft einer Marke ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, zu beurteilen, wobei es auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise ankommt. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (vgl. BGH PAVIS PROMA I ZB 97/05 – „WM 2006“ – m. w. N.). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt eine (hinreichende) Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht. Die Eignung, Waren oder Dienstleistungen ihrer Herkunft nach zu unterscheiden, kommt ferner solchen Angaben nicht zu, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden.
13
Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen und bei Würdigung der gesamten Sachlage wird der Verkehr in dem verfahrensgegenständlichen Zeichen keinesfalls eine Marke sehen, da daraus kein Hinweis auf die individuelle betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren zu erkennen ist. Ein unbefangener Verbraucher, der die Wort-/Bildkombination im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren wahrnimmt, wird darin ausschließlich einen beschreibenden Hinweis mit Werbecharakter sehen, nicht aber auf den Gedanken kommen, dass es sich hierbei um einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware handeln könnte.
14
Insoweit kann sich der Senat den Ausführungen der Markenstelle anschließen, wonach die Acai Frucht dem maßgeblichen Verkehr bekannt ist und daher für alle in Rede stehenden Waren eine beschreibende Sachangabe enthält oder jedenfalls in engem sachlichen Bezug steht, weil praktisch alle Lebensmittel im Rahmen von Gerichten, die speziell für diese Früchte entwickelt worden sind, Verwendung finden können. Hierbei sind insbesondere die der Frucht zugeschriebenen, günstigen Wirkungen nicht zu vernachlässigen, die für bewusste Verbraucher den gesamten Ernährungsbereich berühren (Antioxidantien, Fettverbrennung).
15
Da der Anmelder seine Beschwerde auch nicht begründet hat, ist nicht ersichtlich, unter welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Gesichtspunkten er die ergangenen Entscheidungen für angreifbar hält.
16
Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.


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