Patent- und Markenrecht

Markenbeschwerdeverfahren – “WINE-MATE” – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis

Aktenzeichen  29 W (pat) 568/17

Datum:
23.9.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:230920B29Wpat568.17.0
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG
Spruchkörper:
29. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 201 247.5
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. September 2020 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Mittenberger-Huber, die Richterin Akintche und die Richterin Seyfarth
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Januar 2017 aufgehoben.

Gründe

I.
1
Die Bezeichnung
2
WINE-MATE
3
ist am 14. Januar 2016 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
4
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Poster aus Papier;
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Klasse 33: Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier; Fertige Weincocktails; Weine; Weinhaltige Getränke [Weinschorlen];
6
Klasse 35: Administrative Bearbeitung und Organisation von Versandhandelsdienstleistungen; Administrative Bearbeitung von Bestellungen im Rahmen der Dienstleistungen von Versandhäusern; Auskünfte in Handelsangelegenheiten in Bezug auf Wein; Auskünfte über Handelsfirmen und Erteilung von Handelsinformationen über ein weltweites Computernetz; Dienstleistungen des elektronischen Handels, nämlich Verbraucherberatung mittels Telekommunikations-netzwerken für Werbe- und Verkaufszwecke; Verkaufsförderung für den Handel; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte über Onlineshops; Werbung zur Förderung des elektronischen Handels; Zusammenstellung von Handelsinformationen.
7
Mit Amtsbescheid vom 22. Februar 2016 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung als freihaltebedürftig und nicht unterscheidungskräftig Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG beanstandet. Zur Begründung hat sie zunächst ausgeführt, die um Schutz nachsuchende Marke setze sich zusammen aus dem englischen Begriff “WINE”, übersetzt für Wein und dem Begriff “MATE”, einem aus den gerösteten, koffeinhaltigen Blättern der Matepflanze zubereiteter Tee. Mit dem vorgenannten Bedeutungsgehalt werde der angesprochene Verkehr das angemeldete Zeichen lediglich als schlagwortartigen und beschreibenden Sachhinweis dahingehend verstehen, dass es sich bei den beanspruchten Waren um alkoholische Produkte aus Wein und Mate handele und die Dienstleistungen speziell für derartige Produkte angeboten und erbracht würden. Die Druckereierzeugnisse könnten über derartige Cocktails, beispielweise in Form von Rezepten, informieren. Dieses Verkehrsverständnis sei auch naheliegend, da bereits weinhaltige Cocktails mit Mate auf dem Markt angeboten würden.
8
Die Anmelderin hat daraufhin mit Schreiben vom 22. März 2016 die Anmeldung in Bezug auf die (oben durchgestrichenen) Waren der Klasse 33 zurückgenommen. Sie hat ferner darauf hingewiesen, dass es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um eine Wortkombination aus zwei englischen Begriffen handle, mit den Bedeutungen “Wein” und “Kamerad, Kumpel, Gefährte, Partner”. Unter der Bezeichnung biete sie ein interaktives online-Tool an, welches Kunden dabei helfe, einen passenden Wein als Begleitung für ein bestimmtes Gericht auszusuchen. Der angemeldete Begriff bezeichne also ausschließlich eine gezielte, innovative Form der Warenpräsentation und nicht Wein oder weinhaltige Getränke selbst, wobei gleichwohl zur Ausräumung von Missverständnissen die Waren der Klasse 33 nicht mehr beansprucht würden.
9
Mit Beschluss vom 25. Januar 2017 hat die Markenstelle für Kasse 35 – nach vorheriger Nachbeanstandung durch Amtsbescheid vom 17. November 2016 – die angemeldete Bezeichnung gemäß §§ 37 Abs. 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise, nämlich mit Ausnahme der oben kursiv gedruckten Ware “Poster aus Papier” wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
10
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich die angemeldete Wortkombination aus den englischen Begriffen “WINE”, übersetzt für “Wein” und “MATE”, übersetzt für “Kamerad, Partner” zusammensetze und vom angesprochenen Verkehr in seiner Gesamtheit als “Weinpartner” ohne weiteres verstanden werde. Denn Englisch sei mittlerweile als von vielen zum inländischen Verkehr gehörenden Personen beherrschte Fremdsprache anzusehen und englische Ausdrücke, Begriffe, Bezeichnungen, Redewendungen und Sätze würden nicht nur in den deutschen Medien, sondern auch in der Umgangs und Werbesprache häufig verwendet. Mit dem vorgenannten Bedeutungsgehalt werde der angesprochene Verkehr die angemeldete Wortfolge im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen lediglich als beschreibenden Sachhinweis auffassen, dass diese von einem Weinpartner angeboten bzw. erbracht würden, also von jemandem, der sich zum Thema Wein als Partner des Kunden verstehe. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit sei nicht darin zu sehen, dass die angemeldete Wortkombination zwei denkbare Verständnismöglichkeiten bezüglich des Begriffs “MATE” beinhalte. Von einem beschreibenden Begriff sei nämlich auch dann auszugehen, wenn er verschiedene Bedeutungen habe, sein Inhalt vage sei oder nur eine von mehreren möglichen Bedeutungen die Waren/Dienstleistungen beschreibe. Ohnehin führten vorliegend beide Varianten zu einem beschreibenden Verständnis, wobei die oben genannte deutlich im Vordergrund stehe. Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit sei zudem nicht ausschlaggebend, welches konkrete Angebotskonzept hinter der angemeldeten Bezeichnung stehe oder welche persönliche Zielrichtung oder Intention die Anmelderin damit verbinde. Entscheidend sei allein, ob die angesprochenen Verkehrskreise das Anmeldezeichen ohne Kenntnis sonstiger Umstände als betriebliches Unterscheidungsmerkmal auffassten, was bei allgemein verständlichen, beschreibenden Sachangaben – wie vorliegend – zu verneinen sei.
11
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,
12
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 vom 25. Januar 2017 aufzuheben.
13
Sie ist der Auffassung, dass die angemeldete Bezeichnung für alle zuletzt beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend wirke. Der Begriff “Mate” ergebe insbesondere in Bezug auf die Dienstleistungen keinen Sinn. Er sei ausschließlich zur Bezeichnung eines Teegetränks geeignet, sofern er deutsch ausgesprochen werde, was vorliegend im Hinblick auf den vorangestellten englischen Begriff nicht nahegelegt sei. Dass die Markenstelle dem Anmeldezeichen zuerst eine andere Bedeutung und sodann erst nach ihrem Hinweis auf die Bedeutungsmöglichkeiten von “MATE” eine für den angesprochenen Verkehr zudem vermeintlich im Vordergrund stehende beschreibende Aussage im Sinne von “Weinpartner” zugemessen habe, sei bezeichnend. Die pauschale Gleichsetzung des im Inland nicht geläufigen Begriffs “Mate” mit dem Wort “Partner” sei nicht sachgerecht und daher unzulässig. Die Anmelderin weist schließlich auf eine Vielzahl von Markeneintragungen mit dem Bestandteil “MATE/Mate” beim DPMA und EUIPO hin.
14
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
I.
15
Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.Der Eintragung des angemeldeten Zeichens WINE-MATE als Marke stehen keine absoluten Schutzhindernisse entgegen, so dass der angegriffene Teilzurückweisungsbeschluss der Markenstelle aufzuheben war.
16
1. Dem angemeldeten Zeichen fehlt insbesondere nicht die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
17
a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH GRUR 2015, 1198 Rn. 59 – Kit Kat; BGH GRUR 2020, 411 Rn. 10 – #darferdas? II; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI; jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2014, 373 Rn. 20 – KORNSPITZ; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Vorsprung durch Technik; BGH a. a. O. – #darferdas? II; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).
18
 Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffas- sung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. -abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rn. 24 – Matratzen Concord/ Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).Hiervon ausgehend besitzen Marken insbesondere dann keine Unterscheidungs- kraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Darüber hinaus kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. EuGH GRUR 2013, 519 Rn.46 – Deichmann; GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2017, 186 Rn. 30 und 32 – Stadtwerke Bremen; GRUR 2014, 1204 Rn. 12 – DüsseldorfCongress; GRUR 2014, 569 Rn. 14 – HOT; GRUR 2012, 1143 Rn. 9 – Starsat).
19
Hierfür reicht es aus, dass ein Zeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT; 674 Rn. 97                     – Postkantoor; GRUR 2004, 680 Rn. 38 – BIOMILD). Dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rn. 77 f. – CELLTECH; a. a. O. Rn. 98 – Postkantoor; BGH, a. a. O. – DüsseldorfCongress).
20
Gemessen an diesen Grundsätzen verfügt die angemeldete Bezeichnung “WINE-MATE” im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen noch über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft.
21
a)  Angesprochene Verkehrskreise der hier maßgeblichen Waren der Klasse 16 sind in erster Linie die Endverbraucher. Die hier konkret beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 35 richten sich zum Teil ebenfalls an die allgemeinen Verkehrskreise sowie zum Teil an ein unternehmerisch tätiges Publikum, insbesondere den Handel. Bereits die Englischkenntnisse des Durchschnittsverbrauchers dürfen nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 8 Rn. 188 m. w. N.); darüber hinaus sind die unternehmerischen Kreise und der Handel mit der Welthandelssprache Englisch vertraut.
22
b)  Das angemeldete Zeichen setzt sich – verbunden durch einen Bindestrich      – aus den Wörtern “WINE” und “MATE” zusammen.
23
Das Wort “wine” gehört zum englischen Grundwortschatz und bedeutet “Wein” (vgl. PONS, Online-Wörterbuch). Damit kann dieser Bestandteil hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 16 “Druckereierzeugnisse” und der Dienstleistungen der Klasse 35 einen unmittelbaren Sachhinweis auf deren Gegenstand und Thema geben.
24
Der weitere Bestandteil “MATE” hat unterschiedliche Bedeutungen. Als Substantiv ist er in der englischen Sprache mit “Kamerad, Gefährte, Kumpel, Kollege, (kumpelhaft) Spezi, Partner, Gehilfe, Gegenstück” (vgl. Online-Wörterbücher PONS und LEO) und als Verb in den Bedeutungen “verbinden, zusammenpassen, zusammengehören, ineinander greifen, sich paaren” erfasst. Im deutschen Sprachgebrauch mag das Wort aus dem Jargon-Begriff “Playmate” bekannt sein, das titelartig diejenigen jungen Frauen bezeichnet, die in der Mitte eines Herrenmagazins unbekleidet abgebildet sind. Ferner ist jeweils in der Zeit vor der amerikanischen Präsidentschaftswahl der Begriff “Running Mate” als Bezeichnung für den Kandidaten/die Kandidatin auf die Vizepräsidentschaft auch in den deutschen Medien präsent. Schließlich gibt der Begriff “MATE” im Englischen wie Deutschen einen Hinweis auf einen speziellen Tee, nämlich den “Matetee” bzw. die “Matepflanze, den Matebaum oder –strauch”, wobei im Englischen üblicherweise das Wort “Maté” – mithin der Buchstabe “e” mit Accent aigu – geschrieben wird. Auch das Wort “MATE” kann – je nach dargestelltem Begriffsinhalt – in einem beschreibenden Zusammenhang zu den beschwerdegegenständlichen Waren oder Dienstleistungen stehen.
25
c)  Trotz der möglichen beschreibenden Bedeutung der beiden Einzelbestandteile ist nicht feststellbar, dass das Gesamtzeichen “WINE-MATE” von den angesprochenen Verkehrskreisen als eine im Vordergrund stehende Sachangabe aufgefasst wird.
26
Die Wortkombination kann zum einen mit “Weinkumpel/Weinkamerad/Weinkollegin” übersetzt werden. Zum anderen kann sie mit “Wein-zusammenpassen, Wein-verbinden” verstanden werden, wobei die Verbindung eines Substantivs und eines Verbs durch einen Bindestrich ungewöhnlich ist, so dass vorliegend diese – ohnehin ohne weitere Zusätze vage und offene – Aussage nicht nahe liegt. Auch die von der Markenstelle ursprünglich zugeschriebene Bedeutung “Wein-Matetee” als Hinweis auf ein entsprechendes Mischgetränk mag dem Zeichen entnommen werden können; diese Bedeutung drängt sich dem angesprochenen Publikum jedoch nicht zwanglos auf. Vielmehr setzt dies einerseits wegen der unüblichen Schreibweise von “Mate” (statt Maté) oder andererseits wegen der Kombination aus einem englischen und deutschen Wort eine analytische Betrachtung sowie gedankliche Zwischenschritte voraus; eine Konkretisierung ergibt sich im Übrigen insofern auch nicht ohne weiteres bei notwendiger Berücksichtigung der verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen.
27
Aber auch in der Bedeutung “Weinkumpel/Weinkamerad/Weinkollegin” erschöpft sich das Anmeldezeichen – anders als die Markenstelle meint – nicht nur in einem sachlichen Hinweis darauf, dass die Waren und Dienstleistungen von einem “Weinpartner” angeboten bzw. erbracht würden, also jemandem der sich zum Thema Wein als Partner des Kunden versteht.
28
Zwar finden sich im Englischen durchaus Wortkombinationen mit der nachgestellten Angabe “-mate”, wie beispielsweise die Begriffe “team-mate” (Mannschaftkollegin/-kollege, Mannschaftkamerad/in bzw. Mitspieler/in) oder “room-mate” (Zimmergenosse/-genossin, Mitbewohner/in) zeigen. Diesbezüglich wird “mate” als Hinweis auf eine Person im engen persönlichen Bereich verwendet.
29
Der Senat konnte im Rahmen seiner Recherche nicht feststellen, dass im Englischen dieses personenbezogene Wort “mate” im Zusammenhang mit “Druckereierzeugnissen”, als Sachbegriff – anders als “guide” im Sinne von “Ratgeber” – üblich ist. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Dienstleistungen. Wenngleich “mate” in Wörterbüchern auch in der Bedeutung “Partner” erfasst ist, so wird das Wort eher – wie oben bei den gängigen Wortbildungen mit “-mate” bereits ausgeführt – als Angabe im engeren persönlichen Bereich im Sinne von “Kumpel” verwendet; als Bezeichnung für Dienstleister bzw. Geschäfts- oder Handelspartner erscheint es demgegenüber ungewöhnlich. Üblich sind hier Angaben wie “trading partner/trade partner/commercial partner” (für Handelspartner) oder “business partner/commercial partner” (für Geschäftspartner”). Dem entsprechend hat auch die Recherche des Senats keine Nachweise über eine sachbeschreibende oder rein werblich anpreisende – dienstleisterbezogene – Verwendung des Begriffs “WINE-MATE” ergeben. Der einzige konkrete Treffer der Senatsrecherche für “WINE-MATE” zeigt eine kennzeichenmäßige Verwendung für ein Wein-Kühlungsgerät; auch vergleichbare Begriffsbildungen  – wie z. B. “trade-mate” – werden markenmäßig eingesetzt. Die Wortbildung “WINE-MATE” wirkt daher noch hinreichend individualisierend.
30
d)  Außer Frage steht, dass es sich bei “WINE-MATE” um ein sog. “sprechendes” Zeichen mit beschreibenden Anklängen handelt, weil die angesprochenen inländischen Verkehrskreise darin eine produktbezogene Werbeaussage in dem Sinne hineinlesen, dass das Druckereierzeugnis ein (unterstützender) Partner im Produktbereich der Weine ist bzw. der Dienstleistungsanbieter partnerschaftlich unterstützend tätig ist und Wein-Fachwissen besitzt. Dies genügt jedoch nicht, dem Zeichen jede Unterscheidungskraft abzusprechen. Denn solche produktbezogenen Anspielungen oder Assoziationen stehen einer Schutzgewährung nicht entgegen. Zum Verständnis des Zeichens im Sinne einer solchen Aussage gelangt das Publikum erst über gedankliche Zwischenschritte, indem es zunächst den englischen Begriff “WINE-MATE” – trotz des ungebräuchlichen Begriffs “mate” und unter Ausschluss der Bedeutung “Mate(tee)” – mit “Weinpartner” übersetzt und damit nicht auf den “Partner des Weines”, sondern auf die Anpreisung des Anbieters schließen muss. Im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist eine derartige analysierende Betrachtungsweise aber unzulässig, weil sich aus ihr keine in den Vordergrund drängende, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres ersichtliche Beschreibung der Waren und Dienstleistungen ergibt (vgl. BGH GRUR 2014, 565 Rn. 24 – smartbook; GRUR 2012, 270 Rn. 12 – Link economy).
31
Dem Zeichen kann daher nicht die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis abgesprochen werden.
32
2. Da sich nicht feststellen lässt, dass die angemeldete Bezeichnung “WINE-MATE” zur Beschreibung der Merkmale der beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen geeignet ist, unterliegt sie auch keinem Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.


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