Patent- und Markenrecht

Markenlöschungsbeschwerdeverfahren – “ATOZ” – Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr – Ausschlussfrist

Aktenzeichen  24 W (pat) 25/12

Datum:
26.2.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 47 Abs 6 MarkenG
§ 91 Abs 5 MarkenG
§ 7 Abs 1 PatKostG
Spruchkörper:
24. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 398 45 189
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 26. Februar 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beschwerde richtet sich gegen die nach § 47 Abs. 6 MarkenG erfolgte Löschung der am 3. August 1998 angemeldeten und seit dem 17. Juni 1999 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragene Marke Nr. 398 45 189.3 für Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 39 und 42. Der Beschwerdeführer war Inhaber dieser Marke.
2
Auf einen gegen die Marke am 29. September 1999 erhobenen Widerspruch hat das DPMA zunächst die vollständige Löschung der Marke angeordnet und auf eine gegen diese Entscheidung gerichtete Erinnerung den Widerspruch sodann teilweise zurückgewiesen. Auf die sich anschließende Beschwerde des damaligen Inhabers der angegriffenen Marke, des heutigen Beschwerdeführers, hin hat das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 4. Januar 2008 (BPatG, Az. 25 W (pat) 254/03) die Entscheidung über die Löschung der angegriffenen Marke teilweise aufgehoben und den Widerspruch darüber hinausgehend zurückgewiesen. Auf die – nicht zugelassene – Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers hin hat der Bundesgerichtshof diesen Beschluss aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (BGH, B. v. 29.7.2009, Az. l ZB 83/08).
3
Über den noch nicht erledigten Widerspruch (BPatG, jetzt Az. 24 W (pat) 58/10) ist wegen der vorgreiflichen Entscheidung über die vollständige Löschung der Marke noch nicht abschließend entschieden worden.
4
Unter dem 15. Dezember 2008 hat das DPMA ein Benachrichtigungsschreiben betreffend den Ablauf der Schutzfrist am 31. August 2008 sowie eine Aufstellung über die im Falle der Verlängerung anfallenden Kosten an die damals im Register verzeichnete Anschrift des Markeninhabers abgesandt. Hierauf hat dieser seinerzeit nicht reagiert; insbesondere hat er die bei Verlängerung seines Schutzrechts fällig werdenden Gebühren nicht entrichtet. Die Marke ist sodann durch Löschungsverfügung des DPMA vom 17. März 2011 gemäß § 47 MarkenG wegen Nichtzahlung der Verlängerungsgebühr mit Wirkung vom 1. September 2008 gelöscht worden.
5
Mit Telefaxschreiben vom 11. Mai 2011 hat der Beschwerdeführer beim DPMA der Löschung widersprochen und sinngemäß Wiedereinsetzung in die Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr beantragt.
6
Mit Beschluss vom 16. Januar 2012 hat die Markenabteilung 3.1 des DPMA den Antrag des Beschwerdeführers auf Rückgängigmachung der Löschung der Marke zurückgewiesen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungs- und Zuschlagsgebühren als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das DPMA ausgeführt, die Löschung der Marke sei zu Recht erfolgt, da die für die Verlängerung der Schutzdauer erforderliche Gebühr gemäß § 47 MarkenG nicht rechtzeitig gezahlt worden sei. Der Umstand, dass über den Widerspruch gegen die Marke bislang nicht rechtskräftig entschieden worden sei, hindere den Ablauf der zehnjährigen Schutzdauer nicht. Unerheblich sei auch, ob das vom DPMA am 15. Dezember 2008 an die damals registrierte Adresse versandte Schreiben über den Ablauf der Schutzdauer beim Beschwerdeführer tatsächlich eingegangen sei. Ebenso unerheblich sei, dass im Rahmen des in der Rechtsbeschwerde befindlichen Widerspruchverfahrens das mittlerweile eingetretene Ende der Schutzdauer nicht angesprochen worden sei. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei unzulässig, da er nach Ablauf der Jahresfrist des § 91 Abs. 5 MarkenG gestellt worden sei. Ob der Beschwerdeführer – wie er behauptet – von einem Mitarbeiter des DPMA eine fehlerhafte Rechtsauskunft über den Beginn der Schutzdauer erhalten habe, sei angesichts der eindeutigen gesetzlichen Regelung ohne Belang.
7
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 8. Februar 2012 Beschwerde eingelegt.
8
Zur Begründung seiner Beschwerde wiederholt und vertieft der Beschwerdeführer seinen Vortrag aus dem patenamtlichen Verfahren. Dort hat der Beschwerdeführer sinngemäß vorgetragen, dass ihm das DPMA bei telefonischer Nachfrage die Auskunft erteilt habe, die für die Zahlung der Verlängerungsgebühr maßgebliche Schutzdauer der Marke beginne erst mit der Entscheidung im Widerspruchsverfahren; dies entspreche dem Gedanken der Fairness, weil es unbillig sei, von einem Markeninhaber eine Verlängerungsgebühr zu verlangen, solange noch nicht entschieden sei, ob seine Marke im Widerspruchsverfahren Bestand habe. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, dass die beteiligten Stellen verpflichtet gewesen wären, ihn auf die fortbestehende Pflicht zur Zahlung der Verlängerungsgebühr während des laufenden Widerspruchverfahrens hinzuwiesen. Er behauptet dazu, das Schreiben des DPMA vom 15. Dezember 2008 nicht erhalten zu haben, weil es an seine alte Anschrift versandt worden sei, obwohl er seine neue Anschrift dem DPMA bereits im November 2008 mitgeteilt habe. Zudem habe das DPMA auch das Revisionsgericht auf die Notwendigkeit der Zahlung der Verlängerungsgebühr hinweisen müssen, zumal aufgrund der falschen Rechtsauskunft eine gesteigerte Pflicht zur Aufklärung über die Rechtslage bestanden habe. Der Beschwerdeführer meint weiter, er habe nicht mit einer Löschung der Marke rechnen müssen, da der Bundesgerichtshof noch am 18. Dezember 2008 und am 29. Juli 2009, mithin nach Ablauf der zehnjährigen Schutzdauer, Entscheidungen zugunsten des Beschwerdeführers getroffen habe (BGH, B. v. 18.12.2008, GRUR 2009, 427, Az. I ZB 83/08; B. v. 29.7.2009, GRUR 2010, 270, Az. I ZB 83/08), obwohl die streitgegenständliche Marke zu diesem Zeitpunkt, die Rechtsauffassung des DPMA als richtig unterstellt, bereits löschungsreif gewesen sei. Der Beschwerdeführer ist weiterhin der Auffassung, ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr einschließlich Verspätungszuschlag gehindert gewesen zu sein. Schließlich sei die Jahresfrist des § 91 Abs. 5 MarkenG noch nicht abgelaufen.
9
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
10
den Beschluss der Markenabteilung 3.1 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Januar 2012 aufzuheben
11
und dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr zzgl. Zuschlägen zu bewilligen.
12
Laut Auskunft des DPMA vom 26. Februar 2013 hat der Beschwerdeführer bis dahin die fällige Verlängerungsgebühr und den fälligen Verspätungszuschlag für seine Marke nicht an das DPMA gezahlt.
13
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
14
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1.
15
Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig.
16
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet aus, weil die Ausschlussfrist von einem Jahr gemäß § 91 Abs. 5 MarkenG abgelaufen ist. Nach dieser Vorschrift kann nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Die Ausschlussfrist nach § 91 Abs. 5 MarkenG läuft unabhängig von der Frist nach § 91 Abs. 1 und 2 MarkenG, dies gilt auch bei Fortbestehen einer unverschuldeten Verhinderung. Eine Wiedereinsetzung in die Jahresfrist und eine Heilung der Fristversäumnis sind ausgeschlossen.
17
Aufgrund der Anmeldung der Marke am 3. August 1998 war die Verlängerungsgebühr gemäß § 47 MarkenG i. V. m. §§ 3 Abs. 2, 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG grundsätzlich zum 31. August 2008 und spätestens bis zum 31. Oktober 2008 zu zahlen. Mit Verspätungszuschlag gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 PatKostG i. V. m. § 222 ZPO, §§ 187 Abs. 1, 188 BGB wäre eine wirksame Zahlung noch bis zum Montag, den 2. März 2009, möglich gewesen. Denn die Frist für die Zahlung der Verlängerungsgebühr für Marken endet nicht bereits mit Ablauf der zehnjährigen Schutzdauer, sondern erst mit Ablauf der ersten 6 Monate nach Ablauf der Schutzdauer. Somit hätte der Beschwerdeführer in dieser Zeit – hier: bis zum 2. März 2009 – gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatKostG die Verlängerungsgebühr noch mit verlängernder Wirkung zahlen können.
18
Nach Ablauf dieser 6 Monate, also am Dienstag, den 3. März 2009, begann die Jahresfrist gemäß § 91 Abs. 5 MarkenG, die ihrerseits am Montag, den 2. März 2010, endete. Da der Antrag auf Wiedereinsetzung jedoch frühestens mit Schriftsatz vom 11. Mai 2011, also mehr als ein Jahr nach Ablauf der Jahresfrist gestellt wurde, hat die Markenabteilung 3.1 den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr zzgl. Zuschläge zutreffend zurückgewiesen.
19
Ob der Beschwerdeführer, wie er vorträgt, diese Frist aufgrund einer fehlerhaften Rechtsauskunft des DPMA ohne Verschulden versäumt hat, kann dahinstehen, da es auf das Verschulden des Beschwerdeführers in diesem Zusammenhang nicht ankommt. Insoweit ist die hier versäumte Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr streng von der Regelung nach § 91 Abs. 1 MarkenG zur Wiedereinsetzung in versäumte Fristen zu unterscheiden (vgl. näher Kober-Dehm, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2011, Rn. 24 zu § 91).
20
Der verfassungsrechtliche Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes rechtfertigt in diesem Fall keine Ausnahme von den Wirkungen der Ausschlussfrist des § 91 Abs. 5 MarkenG (vgl. Kober-Dehm a. a. O.; Greger, in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 234 Rn. 12 m. w. N.). Auch eine Wiedereinsetzung unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens hat zur Voraussetzung, dass die versäumte Handlung, hier die Entrichtung der Gebühr, nachgeholt wurde oder zumindest unverschuldet unterblieben ist. Hier ist dies jedoch nicht der Fall:
21
Der Vortrag des Beschwerdeführers, wonach ihm Angehörige des DPMA die unzutreffende Auskunft erteilt hätten, dass die Verlängerungsgebühr erst nach bestandskräftigem Abschluss des Widerspruchsverfahrens fällig würde, ist im jetzigen Verfahrensstadium für eine Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nicht mehr erheblich. Denn spätestens durch die Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 8. Februar 2012 war dem Beschwerdeführer bekannt, dass und aus welchen Gründen das DPMA davon ausging, dass die Verlängerungsgebühr bereits am Montag, den 1. September 2008 fällig geworden war. Auch dies hat den Beschwerdeführer jedoch nicht veranlasst, die Verlängerungsgebühr innerhalb des auf den 8. Februar 2012 folgenden, inzwischen gänzlich verstrichenen Jahres einzuzahlen. Dass er in dieser Zeit ohne eigenes Verschulden an der Zahlung der Gebühr gehindert gewesen wäre, hat der Beschwerdeführer indes nicht vorgetragen.
22
Entgegen der von ihm geäußerten Auffassung lässt eine Entscheidung über eine Wiedereinsetzung gemäß § 91 MarkenG die versäumte Frist oder die Jahresfrist gemäß § 91 Abs. 5 MarkenG im Übrigen nicht neu beginnen. Die Jahresfrist des § 91 Abs. 5 MarkenG beginnt auch nicht erst mit der Ablehnung der Wiedereinsetzung. Ebenso wenig kommt es in diesem Zusammenhang darauf an, ob der Hinderungsgrund erst nach Ablauf des Jahres entfällt.
23
In Ergänzung dessen kann sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihn das Benachrichtigungsschreiben des DPMA vom 15. Dezember 2008 nicht erreicht habe. Seit 1. Juli 2002 ist das DPMA zu derartigen Mitteilungen nicht mehr verpflichtet. Die Nichterteilung oder eine fehlerhafte Zustellung formloser Zahlungsaufforderungen haben auf den Lauf von Fristen zur Zahlung der Verlängerungsgebühr keinerlei Einfluss.
24
Das DPMA hatte überdies nicht die Pflicht, Nachforschungen über die neue Adresse des Markeninhabers anzustellen und etwa bei den beteiligten Gerichten nachzufragen, ob dort neue Anschriften bekannt seien.
25
Der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bestätigung der Umschreibung im Markenregister vom 20. März 2009 lässt sich zudem nicht entnehmen, dass die Adressänderung auch für die hier streitgegenständliche Marke Nr. 398 45 189 im November 2008 mitgeteilt wurde. In diesem Schreiben sind lediglich vier weitere Registernummern von Marken aufgeführt, die nach Ablauf der Schutzdauer im Jahr 2009 ebenfalls nach § 47 MarkenG gelöscht wurden.
2.
26
Der Antrag auf Rückgängigmachung der Löschung ist schließlich unbegründet. Die Nichtzahlung der gesetzlichen Gebühren innerhalb der genannten Frist führt gemäß § 47 Abs. 6 MarkenG zur Löschung der Marke, welche das DPMA vorliegend zutreffend angeordnet hat, weil der Beschwerdeführer die Verlängerungsgebühr nicht mehr fristgerecht nachzahlen kann.


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