Patent- und Markenrecht

Markenlöschungsbeschwerdeverfahren – “ROLLER” – fehlende Unterscheidungskraft

Aktenzeichen  26 W (pat) 60/12

Datum:
17.4.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG
§ 50 Abs 1 MarkenG
§ 54 MarkenG
Spruchkörper:
26. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 301 20 935 S 92/11 Lö
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 17. April 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann und der Richter Reker und Hermann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Markenstelle für Klasse 20 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 5. April 2012 eine Teillöschung der am 29. März 2001 für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen angemeldeten und am 13. Januar 2006 eingetragenen Wortmarke 301 20 935.9/20
2
ROLLER
3
für die Waren und Dienstleistungen
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„Klasse 07:
5
Anlasser für Motoren; Auspuffkrümmer für Motoren; Auspufftöpfe für Motoren; Dichtungen (Motorenteile); Drehzahlregler für Maschinen und Motoren; Dynamobürsten; Dynamoriemen; Dynamos; Dynamos für Fahrräder; Einspritzdüsen für Motoren; Filter (Teile von Maschinen und Motoren); Gehäuse für Maschinen und Motoren; Kohlebürsten (Elektrizität); Kolben (Maschinen- und Motorenteile); Kolben für Motoren; Kolbenringe; Kompressoren (Maschinen); Kraftstoffsparer für Motoren; Kugellager; Kugellagerringe; Kühler für Motoren; Kurbeln (Maschinenteile); Kurbelwellen; Ladeapparate; Lager (Maschinenteile); Luftfilter für Motoren; Luftpumpen (als Garageneinrichtung); Motor- und Maschinengehäuse; Pumpen (Motorenteile); Selbstschmierlager; Treibriemen für Motoren; Umweltschutzgeräte für Motoren; Vergaser; Waschanlagen für Fahrzeuge; Zündkerzen für Verbrennungsmotoren; Zündmagnete; Zündmagnete für Motoren; Zündvorrichtungen für Verbrennungsmotoren; Zuschneidemaschinen; Zylinder für Maschinen; Zylinder für Motoren; Zylinderkolben; Zylinderköpfe für Motoren;
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Klasse 09:
7
Aerometer; Akkumulatoren (elektrisch); Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren; Akkumulatoren (elektrisch) für Fahrzeuge; Alarmgeräte; Alarmgeräte (akustisch); Amperemeter (Stromstärkemesser); Anlasserkabel für Motoren; Anoden; Anodenbatterien; Anzeigeräte (elektrisch); Batterien (elektrisch); Zündbatterien; Blendschutzbrillen; Blinker (Lichtsignale); Brennstoffpumpen mit Selbstregulierung; Diebstahlalarmanlagen (elektrisch); Diebstahlalarmgeräte; Radios für Fahrzeuge; Spannungsregler für Fahrzeuge; Geschwindigkeitskontrollgeräte für Fahrzeuge; Schutzhelme; Kraftstoffanzeiger; elektrische Kupplungen; Tachometer; Thermostate für Fahrzeuge;
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Klasse 12:
9
Abdeckhauben für Fahrzeuge; Anhänger (Fahrzeuge); Anhängerkupplungen für Fahrzeuge; Beiwagen; Bleigewichte zum Auswuchten von Fahrzeugreifen; Fahrrad-, Fahrradbremsen; Fahrrad- und Räderstützen (Teile von Fahrräder, Rädern); Fahrradfelgen; Fahrradglocken; Fahrradklingeln; Fahrradkörbe; Fahrradlenkstangen; Fahrradpumpen; Fahrradräder; Fahrradreifen; schlauchlose Fahrradreifen; Fahrradschläuche; Fahrradspeichen; Fahrrichtungsanzeiger für Fahrräder; Freilaufräder für Landfahrzeuge; Gehäuse für Teile von Landfahrzeugen (ausgenommen für Motoren); Gepäcknetze für Fahrzeuge; Gleitschutzvorrichtungen für Fahrzeugreifen; Ketten für Kraftfahrzeuge; Motorhauben für Fahrzeuge; Schutzbleche für Fahrräder;
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Klasse 18:
11
Reisekoffer; Reisekoffer (Handkoffer); Reisetaschen; Rucksäcke; Taschen mit Rollen;
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Klasse 25:
13
Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidungsstücke; Fausthandschuhe; Gürtel (Bekleidung); Halstücher; Handschuhe (Bekleidung); Hosen; Hosenstege; Hosenträger; Hüftgürtel; Jacken; Kopfbedeckungen; Lederbekleidung; Leibwäsche; Leibwäsche (schweißaufsaugend); Radfahrerbekleidung; Regenmäntel; Schuhe (Halbschuhe); Schuhwaren; Sweater; T-Shirts; Trikotkleidung; Trikots; Unterbekleidungsstücke; Unterbekleidungsstücke (schweißsaugend); Unterhosen; Unterwäsche; Wadenstrümpfe; Wäsche (Bekleidungsstücke); Westen;
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Klasse 28:
15
Schutzpolster (Sportausrüstung)
16
Klasse 35:
17
Durchführung von Versteigerungen und Auktionen; Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche und Werbezwecke; Veranstaltung von Messen zu gewerblichen oder zu Werbezwecken; Vorführung von Waren für Werbezwecke; Zusammenstellen von Daten in Computerdatenbanken;
18
Klasse 41:
19
Durchführung von Liveveranstaltungen; Partyplanung (Unterhaltung); Veranstaltung von sportlichen Wettkämpfen; Unterhaltung; Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung und Unterhaltung)“
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mit der Begründung angeordnet, für diese Waren fehle der eingetragenen Marke jede Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
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Das Markenwort „Roller“ bezeichne ein zweirädriges Fahrzeug, das entweder nur durch Muskelkraft angeschoben werde (auch Kinderroller und Tretroller) oder mit einem Motor versehen sei (Motorroller). Die angegriffene Marke besitze damit für alle die Waren, die in einem engen sachlichen Zusammenhang zu dem Fahrzeug Roller stehen, einen beschreibenden Bezug, der sie als Unterscheidungsmittel ungeeignet mache. Das seien alle Waren der Klassen 7 und 9 des Löschungsantrags, die Teile von Motorrollern sein könnten und hierfür geeignet seien, was in gleichem Maß auch für die Teile, die zu einem Kinder- oder Tretroller gehören können, gelte, wie einzelne Fahrradartikel, die ebenso für Fahrrad wie Roller verwendet werden könnten. Dies gelte auch für die angegriffenen Waren der Klasse 12, die als Teile von Rollern dienen könnten, wie z. B. Fahrradglocken oder Fahrradklingeln. Die Koffer und Taschen der Klasse 18 wiesen insoweit einen sachlichen Bezug zur Angabe „Roller“ auf, als es spezielle Koffer und Taschen für Motorroller gebe. Zudem ließe sich eine „Tasche mit Rollen“ als „Roller“ bezeichnen.
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Auch die Bekleidungsstücke der Klasse 25 und Schutzpolster aus Klasse 28 könnten speziell auf die Bedürfnisse von Rollerfahrern zugeschnitten sein. Die angegriffene Marke sei damit auch eine Bestimmungsangabe im Sinn des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG und damit vom Registerschutz ausgeschlossen. Nachdem es verschiedene Messen und Veranstaltungen zum Thema „Roller“ gebe, stehe die angegriffene Marke damit auch zu den gelöschten Dienstleistungen der Klasse 35 und 41 in einem engen sachlichen Bezug.
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Den weitergehenden, auf die Waren und Dienstleistungen
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Klasse 12:
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Fahrräder; Fahrradketten; Fahrradmotoren; Fahrradnaben; Fahrradnetze; Fahrradpedale; Fahrradrahmen; Fahrradsättel; Kurbeln für Fahrräder; Zahnradübersetzungen für Fahrräder;
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Klasse 18:
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Schlüsseletuis (Lederwaren);
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Klasse 35:
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Verbreitung von Werbeanzeigen; Werbung durch Werbeschriften; Werbung;“
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gerichteten Löschungsantrag hat die Markenstelle mit folgender Begründung zurückgewiesen: Kein hinreichender beschreibender Bezug bestehe zu den Waren, die bei einem Roller keinesfalls verwendet würden. Dies seien „Fahrräder; Fahrradketten; Fahrradmotoren; Fahrradnarben; Fahrradnetze; Fahrradpedale; Fahrradrahmen; Fahrradsättel; Kurbeln für Fahrräder; Zahnradübersetzungen für Fahrräder“. Auch für „Schlüsseletuis (Lederwaren)“ lasse sich eine Unterscheidung nach ihrer speziellen Eignung für Roller nicht feststellen. Die Dienstleistungen „Verbreitung von Werbeanzeigen“ und „Werbung durch Werbeschriften; Werbung“ stünden ebenfalls in keinem hinreichend konkreten Zusammenhang zum Begriff „Roller“.
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Gegen die löschende Entscheidung wendet sich die Markeninhaberin mit ihrer Beschwerde. Sie vertritt die Auffassung, dass dem Begriff „Roller“ für die streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen – schon gar nicht, wenn sie keinerlei Rollfunktion hätten – kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zukomme. Ohne die zusätzliche Erklärung Motor-, Kinder- bzw. Tretroller sei unklar, außerdem werde der Kinderroller heute mit Kickboard bezeichnet. Die Markeninhaberin beantragt,
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den angefochtenen Beschluss aufzuheben.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss mit ihrer schon im amtlichen Verfahren vertretenen Auffassung.
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Ergänzend wird auf die Akten des Amtes Az. 301 20 935.9 und S 92/11 Lösch Bezug genommen.
II.
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Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg, da die Markenstelle zu Recht die teilweise Löschung des angegriffenen Zeichens für die o. g. Waren und Dienstleistungen angeordnet hat, §§ 54, 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 2, 4 MarkenG.
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Einer Eintragung von „Roller“ für diese Waren und Dienstleistungen steht und stand bereits im Eintragungszeitpunkt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Nach dieser Vorschrift sind nicht unterscheidungskräftige Marken von der Eintragung ausgeschlossen. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 429 f., Nr. 30, 31 – Henkel; BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854 [Tz. 19] „FUSSBALL WM 2006“; EuGH GRUR 2004, 674, 678 [Tz. 86] „Postkantoor“). Ferner fehlt die Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH – a. a. O. FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 417, 419 – BerlinCard; GRUR 2009, 949 – My World). Ob ein Zeichen oder eine Angabe einen engen beschreibenden Bezug in diesem Sinne aufweist, ist nicht absolut und generalisierend festzustellen, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, nämlich von dem Bedeutungsgehalt der angemeldeten Marke und den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen. Maßgeblich ist dabei, ob die beteiligten Verkehrskreise den sachbezogenen Begriffsgehalt einer Angabe als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfassen und deshalb in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für die betriebliche Herkunft der betroffenen Waren und Dienstleistungen sehen (BGH a. a. O. – BerlinCard). Je bekannter ein solcher sachbezogener Begriffsgehalt ist, desto eher wird der Verkehr ihn auch als solchen und damit nicht als Herkunftshinweis verstehen, wenn ihm die Angabe im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen entgegentritt (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Umgekehrt spricht eine geringere Bekanntheit der Angabe eher gegen die Annahme eines die Unterscheidungskraft ausschließenden engen beschreibenden Bezugs (BGH a. a. O. – My World).
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Nach diesen Voraussetzungen hat die Markenstelle mit zutreffender Begründung die Löschung des Zeichens für die o. g. Waren und Dienstleistungen angeordnet. „Roller“ ist, auch wenn die Markeninhaberin das in Abrede zu stellen versucht, unmissverständlich zunächst als Sachhinweis auf die entsprechenden Fahrzeuge zu verstehen, seien es Motorroller, Kinder- oder Tretroller. Dies betrifft die im Einzelnen auch von der Markenstelle in Zusammenhang mit diesen Fahrzeugen gebrachten Waren und Dienstleistungen. Der Senat schließt sich der Wertung der angefochtenen Entscheidung an; schon eine einfache Google-Suche nach „roller“ ergibt rund 336 Mio. Treffer, wovon auf den ersten drei Seiten 19 Treffer auf Motorroller entfallen. Es besteht daher wie die Markenstelle überzeugend ausgeführt hat, ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen dem Wort „Roller“ und den damit bezeichneten Fahrzeugen und so deren Bestand- und Zubehörteilen, wie im Einzelnen für die Klassen 7, 9, 12 dargelegt. Soweit die Markeninhaberin der Meinung ist, „Roller“ sei ohne erklärenden Zusatz daher kein Sachhinweis auf diese Fahrzeuge, ist dies ebenso unrichtig, wie der Hinweis auf einen Anglizismus „Kickboard“ für „Roller“. Denn unabhängig davon bleibt „Roller“ geeignet, das entsprechende, mit Muskelkraft angeschobene Zweirad zu bezeichnen. Nachdem eine weitere einfache Google-Suche nach „Roller Bekleidung“ zahlreiche Treffer für speziell für Motorrollerfahrer geeignete und bestimmte (Schutz)- Kleidung ergibt, ist auch insoweit der angefochtenen Entscheidung zu Klassen 25, 28 nichts hinzuzufügen. Entsprechendes gilt für „Roller Gepäck“ und Klasse 18 oder „Roller Messen“ und Klassen 35 und 41, wie von der Markenstelle ausgeführt.
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Der Beschwerde der Markeninhaberin war aus diesen Gründen der Erfolg zu versagen.
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Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG besteht keine Veranlassung, so dass gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt.


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