Patent- und Markenrecht

Patentbeschwerdeverfahren – „Steuerungssystem mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen sowie Verfahren zum Übertragen von Daten in einem solchen Steuerungssystem“ – zur Patentfähigkeit – Widerruf des Patents – keine ausreichende Offenbarung – keine erfinderische Tätigkeit

Aktenzeichen  20 W (pat) 23/09

Datum:
3.2.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 21 Abs 2 PatG
Spruchkörper:
20. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache


betreffend das Patent 10 2004 063 213
hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2013 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Kopacek sowie die Richter Dipl.-Ing. Albertshofer und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny
beschlossen:
Der Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Januar 2009 wird aufgehoben und das Patent 10 2004 063 213 wird widerrufen.

Gründe

I.
1
Auf den Einspruch hin hat die Patentabteilung 1.31 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent 10 2004 063 213 mit Beschluss vom 27. Januar 2009 (verkündet am Ende der Anhörung am 27. Januar 2009) vollständig aufrechterhalten. Mit Datum vom 25. März 2009 hat die Patentabteilung mit Hinweis auf den in der Anhörung verkündeten Beschluss die schriftliche Begründung erstellt, die den Parteien jeweils am 21. April 2009 zugestellt worden ist.
2
Gegen diesen Beschluss (mit Datum vom 25. März 2009) hat die Einsprechende am 20. Mai 2009, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am gleichen Tag, Beschwerde eingelegt.
3
Im Termin vom 10. Juni 2013 hat der Senat durch Beschluss der Patentinhaberin aufgegeben, ihre Anträge (Ansprüche, Beschreibung, Zeichnungen) jeweils gesondert bei Gericht einzureichen. Die Patentinhaberin reichte am 12. Juli 2013 neue Hilfsanträge 1 bis 3 und weiteren Stand der Technik ein. Die Einsprechende erhielt bis zum 6. September 2013 Frist zur Stellungnahme.
4
Im Termin vom 28. Oktober 2013 beantragt die Einsprechende und Beschwerdeführerin,
5
den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Januar 2009 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
6
Darüber hinaus wird die Zurückweisung des weiteren Hilfsantrags beantragt, wie im Schriftsatz vom 6. August 2013 ausgeführt.
7
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt in der mündlichen Verhandlung,
8
die Beschwerde zurückzuweisen.
9
Hilfsweise beantragt sie, das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrecht zu erhalten:
10
Hilfsantrag 1:
11
Patentansprüche 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2013
12
Beschreibungsseiten 2 bis 17 vom 12. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 2013
13
Figuren 1 bis 7 vom 12. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 2013.
14
Hilfsantrag 2:
15
Patentansprüche 1 bis 13, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2013
16
Beschreibungsseiten 2 bis 17 vom 12. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 2013
17
Figuren 1 bis 7 vom 12. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 2013.
18
Hilfsantrag 3:
19
Patentansprüche 1 bis 14, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 2013
20
Beschreibungsseiten 2 bis 17 vom 12. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 2013
21
Figuren 1 bis 7 vom 12. Juli 2013, bei Gericht eingegangen am 17. Juli 2013.
22
Weiterhin hilfsweise:
23
eine beschränkte Aufrechterhaltung des Patents auf Basis derjenigen selbständigen Ansprüche der hier jeweils hilfsweise vorgelegten Anspruchsfassungen, die sich als rechtsbeständig erweisen können.
24
Als selbständige Ansprüche wird jede Kombination angesehen, die durch die abhängigen Ansprüche mit den angegebenen Rückbeziehungen definiert ist.
25
Darüber hinaus regt sie hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage an, inwieweit im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren eine Prüfungspflicht in Bezug auf abhängige Ansprüche des erteilten Patents und/oder in Bezug auf abhängige Ansprüche eines vom Patentinhaber vorgelegten Anspruchssatzes besteht.
26
Das Patent umfasst insgesamt 16 Patentansprüche. Die unabhängigen Ansprüche in der erteilten und vom Deutschen Patent- und Markenamt vollständig aufrechterhaltenen Fassung haben folgenden Wortlaut:
27
„1. Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, mit den Schritten:
28
– die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
29
– die erste Station (14) sendet den Datenrahmen (46) als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
30
– jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
31
– die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück,
32
dadurch gekennzeichnet, dass jede Station (14-24) den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und dass die Stationen (14-24) fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen.“
33
„13. Steuerungssystem zum automatisierten Steuern von Anlagen oder Geräten, mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert,
34
wobei die erste Station (14) dazu ausgebildet ist, einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50) zu erzeugen, wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
35
wobei die erste Station (14) ferner dazu ausgebildet ist, den Datenrahmen (46) als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) an diejenige zweite Station (16) zu senden, die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
36
wobei jede zweite Station (16-22; 16-18) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit Sendedaten zu belegen und den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station zu senden, und
37
wobei die letzte Station (24; 20) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld mit letzten Sendedaten zu belegen und den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46″‘) an die Reihe der Stationen zurückzusenden,
38
dadurch gekennzeichnet, dass die Stationen (14-24) dazu ausgebildet sind, den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station zu senden, und fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46″‘) zu lesen.“
39
„15. Kommunikationsmodul (82) für eine Station in einem Steuerungssystem nach Anspruch 13 oder 14, wobei das Kommunikationsmodul (82) dazu ausgebildet ist, in der Station ein Kommunikationsprotokoll zu implementieren, das dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 12 entspricht.“
40
Bezüglich der abhängigen Patentansprüche 2 bis 12, 14 und 16 wird auf die Akte verwiesen.
41
Die unabhängigen Patentansprüche nach Hilfsantrag 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2013, haben folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):
42
„1. Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen, mit den Schritten:
43
– die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
44
– die erste Station (14) erzeugt und sendet den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen (62) zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
45
– jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
46
– die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück,
47
wobei jede Station (14-24) den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und wobei die Stationen (14-24) fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen, wobei eine Doppellinie realisiert wird, bei der sowohl der hinlaufende als auch der zurücklaufende Datenrahmen (46) sämtliche Stationen (14-24) logisch durchläuft, und wobei aufgrund dieser Eigenschaft jede Station den umlaufenden Datenrahmen (46) innerhalb eines Übertragungszyklus zweimal erhält und es dadurch möglich ist, dass ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen (14-24) innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen wird.“
48
„12. Steuerungssystem zum automatisierten Steuern von Anlagen oder Geräten, mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen,
49
wobei die erste Station (14) dazu ausgebildet ist, einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50) zu erzeugen, wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
50
wobei die erste Station (14) ferner dazu ausgebildet ist, den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) zu erzeugen und an diejenige zweite Station (16) zu senden, die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt.
51
wobei jede zweite Station (16-22; 16-18) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten zu belegen und den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station zu senden, und
52
wobei die letzte Station (24; 20) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld mit letzten Sendedaten zu belegen und den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46″‘) an die Reihe der Stationen zurückzusenden,
53
wobei die Stationen (14-24) dazu ausgebildet sind, den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station zu senden, und fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46″‘) zu lesen, wobei eine Doppellinie realisiert ist, bei der sowohl der hinlaufende als auch der zurücklaufende Datenrahmen (46) sämtliche Stationen (14-24) logisch durchläuft, und wobei aufgrund dieser Eigenschaft jede Station den umlaufenden Datenrahmen (46) innerhalb eines Übertragungszyklus zweimal erhält und es dadurch möglich ist, dass ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen (14-24) innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen werden kann.“
54
„13. Kommunikationsmodul (82) für eine Station in einem Steuerungssystem nach Anspruch 12, wobei das Kommunikationsmodul (82) dazu ausgebildet ist, in der Station ein Kommunikationsprotokoll zu implementieren, das dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 entspricht.“
55
Wegen der abhängigen Patentansprüche 2 bis 11 und 14 wird auf die Anlagen zur mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2013 verwiesen.
56
Die unabhängigen Patentansprüche nach Hilfsantrag 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2013 haben folgenden Wortlaut (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):
57
„1. Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen, mit den Schritten:
58
– die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
59
– die erste Station (14) erzeugt und sendet den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen (62) zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
60
– jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
61
– die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück,
62
wobei das Kommunikationsmedium (26) eine Ethernet-kompatible Übertragungsstrecke ist und wobei der Datenrahmen (46) ein Ethernet-kompatibler Datenrahmen ist, wobei jede Station (14-24) den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und wobei die Stationen (14-24) fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen, wobei eine Doppellinie realisiert wird, bei der sowohl der hinlaufende als auch der zurücklaufende Datenrahmen (46) sämtliche Stationen (14-24) logisch durchläuft, und wobei aufgrund dieser Eigenschaft jede Station den umlaufenden Datenrahmen (46) innerhalb eines Übertragungszyklus zweimal erhält und es dadurch möglich ist, dass ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen (14-24) innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen wird.“
63
„11. Steuerungssystem zum automatisierten Steuern von Anlagen oder Geräten, mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen,
64
wobei die erste Station (14) dazu ausgebildet ist, einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50) zu erzeugen, wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
65
wobei die erste Station (14) ferner dazu ausgebildet ist, den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) zu erzeugen und an diejenige zweite Station (16) zu senden, die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt.
66
wobei jede zweite Station (16-22; 16-18) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten zu belegen und den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station zu senden, und
67
wobei die letzte Station (24; 20) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld mit letzten Sendedaten zu belegen und den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46″‘) an die Reihe der Stationen zurückzusenden,
68
wobei das Kommunikationsmedium (26) eine Ethernet-kompatible Übertragungsstrecke ist und wobei der Datenrahmen (46) ein Ethernet-kompatibler Datenrahmen ist, wobei die Stationen (14-24) dazu ausgebildet sind, den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station zu senden, und fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46″‘) zu lesen, wobei eine Doppellinie realisiert ist, bei der sowohl der hinlaufende als auch der zurücklaufende Datenrahmen (46) sämtliche Stationen (14-24) logisch durchläuft, und wobei aufgrund dieser Eigenschaft jede Station den umlaufenden Datenrahmen (46) innerhalb eines Übertragungszyklus zweimal erhält und es dadurch möglich ist, dass ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen (14-24) innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen werden kann.“
69
„12. Kommunikationsmodul (82) für eine Station in einem Steuerungssystem nach Anspruch 11, wobei das Kommunikationsmodul (82) dazu ausgebildet ist, in der Station ein Kommunikationsprotokoll zu implementieren, das dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10 entspricht.“
70
Wegen der abhängigen Patentansprüche 2 bis 10 und 13 wird auf die Anlagen zur mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2013 verwiesen.
71
Die unabhängigen Patentansprüche nach Hilfsantrag 3, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2013 haben folgenden Wortlaut (mit Hervorhebung und Streichungen zur Verdeutlichung der Änderungen gegenüber der erteilten Fassung durch die Patentinhaberin):
72
„1. Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen, mit den Schritten:
73
– die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
74
– die erste Station (14) erzeugt und sendet den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen (62) zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
75
– jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
76
– die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück,
77
wobei jede Station (14-24) eigene Sendedaten ausschließlich in die Datenfelder des hinlaufenden Datenrahmens (46‘, 46‘‘) legt und den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und wobei die Stationen (14-24) fremde Sendedaten ausschließlich aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen.“
78
„12. Steuerungssystem zum automatisierten Steuern von Anlagen oder Geräten, mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen,
79
wobei die erste Station (14) dazu ausgebildet ist, einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50) zu erzeugen, wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
80
wobei die erste Station (14) ferner dazu ausgebildet ist, den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) zu erzeugen und an diejenige zweite Station (16) zu senden, die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt.
81
wobei jede zweite Station (16-22; 16-18) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten zu belegen und den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station zu senden, und
82
wobei die letzte Station (24; 20) dazu ausgebildet ist, den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46″) von der vorhergehenden Station in der Reihe zu empfangen, ein ihr zugewiesenes Datenfeld mit letzten Sendedaten zu belegen und den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46″‘) an die Reihe der Stationen zurückzusenden,
83
wobei die Stationen (14-24) dazu ausgebildet sind, eigene Sendedaten ausschließlich in die Datenfelder des hinlaufenden Datenrahmens (46‘, 46‘‘) zu legen und den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station zu senden, und fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46″‘) zu lesen.“
84
„13. Kommunikationsmodul (82) für eine Station in einem Steuerungssystem nach Anspruch 12, wobei das Kommunikationsmodul (82) dazu ausgebildet ist, in der Station ein Kommunikationsprotokoll zu implementieren, das dem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11 entspricht.“
85
Wegen der abhängigen Patentansprüche 2 bis 11 und 13 wird auf die Anlagen zur mündlichen Verhandlung vom 28. Oktober 2013 verwiesen.
86
Die Beschwerdeführerin und Einsprechende hält die Gegenstände aller Anspruchsfassungen für nicht patentfähig. Sie stützt ihre Argumentation bezüglich fehlender Neuheit und erfinderischer Tätigkeit insbesondere auf die folgenden im Verfahren befindlichen Druckschriften, die in den beiden Terminen zur mündlichen Verhandlung diskutiert wurden (auf Grund von teilweise Doppelbenennungen im Beschwerdeverfahren sind diese hier neu nummeriert):
87
B1 DE 199 34 514 C1
88
B2 Anwenderhandbuch INTERBUS, INTERBUS-Protokoll-Chip IBS SUPI 3, Phoenix Contact, 09/2009
89
B3 Baginski, Alfredo / Müller, Martin: INTERBUS. Hüthig Verlag Heidelberg, 2., bearbeitete Auflage, 1998, insbesondere Seiten 20, 21, 38 bis 42, 49, ISBN: 3-7785-2471-2.
90
Zudem wurden im Termin vom 28. Oktober 2013 die folgenden, von der Patentinhaberin zum Nachweis des fachmännischen Wissens mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 eingeführten Druckschriften diskutiert:
91
B4 Ethernet erreicht das Feld, Teil 1. In: Elektronik, 2004, Heft 11, S. 48 bis 54
92
B5 Ethernet erreicht das Feld, Teil 2. In: Elektronik, 2004, Heft 13, S. 38 bis 43.
93
Die Patentinhaberin hält die Gegenstände ihrer Anspruchsfassungen jeweils für patentfähig. Sie seien durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik weder neuheitsschädlich vorweggenommen, noch dem Fachmann nahe gelegt.
94
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
95
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg, da der Patentgegenstand in keiner der verteidigten Fassungen auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, und die Patentfähigkeit nach § 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG somit nicht gegeben ist.
96
Die Beschwerde ist zulässig, auch wenn sie sich gegen einen Beschluss vom 25. März 2009 richtet, da offensichtlich der Beschluss vom 27. Januar 2009 (verkündet am Ende der Anhörung) gemeint ist.
97
1. Die Erfindung des Streitpatents betrifft gemäß seiner Patentschrift ein Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen sowie ein entsprechendes Steuerungssystem (vgl. Streitpatent, Abs. [0001]).
98
Aus dem Stand der Technik sei ein Verfahren bekannt, bei dem eine fehlersichere Zuweisung einer logischen Adresse an eine Station gewährleistet sei, die über den so genannten Interbus mit anderen Busteilnehmern/Stationen verbunden ist (vgl. Streitpatent, Abs. [0004]). Diese bekannten Feldbussysteme dienten dazu, eine Vielzahl von räumlich verteilten Stationen/Busteilnehmern so miteinander zu verbinden, dass diese Informationen austauschen können.
99
Außerhalb der speziellen Feldbustechnologie hätten Kommunikationsnetzwerke auf Basis des so genannten Ethernet-Standards durch das Internet und die Vernetzung von Personalcomputern eine große Verbreitung gefunden. Aufgrund der kostengünstigen Hardwarekomponenten gäbe es deshalb seit einigen Jahren das Bestreben, Ethernet-Technologien auch für die Kommunikation zwischen den Stationen eines Steuerungssystems zum Steuern einer technischen Anlage oder eines technischen Gerätes einzusetzen (vgl. Streitpatent, Abs. [0008]).
100
Bei den bekannten Ansätzen für die Nutzung von Ethernet-Komponenten in automatisierten Steuerungssystemen, würde insbesondere die Übertragung von sicherheitsrelevanten Steuerdaten, wie z. B. die Übertragung eines Not-Aus-Signals, sowie die Übertragung eines von der Steuerungseinheit daraufhin erzeugten Abschaltbefehls für einen Antrieb, Schwierigkeiten bereiten. Auch eine Datenübertragung mit kurzen Zykluszeiten, die beispielsweise für eine Antriebsregelung benötigt wird, sei schwierig auf Basis von Ethernet-Komponenten zu realisieren (vgl. Streitpatent, Abs. [0008]).
101
Vor diesem Hintergrund sei es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren der eingangs genannten Art anzugeben, mit dem sich Daten in einem Steuerungssystem zum automatisierten Steuern einer Anlage oder eines Gerätes unter hohen Echtzeitanforderungen übertragen lassen, sowie ein Steuerungssystem der eingangs genannten Art anzugeben, bei dem für die Übertragung von Steuer- und Prozessdaten kommerzielle Komponenten, insbesondere Ethernet-Komponenten, eingesetzt werden könnten, wobei das System trotzdem die Übertragung von sicherheitsrelevanten Steuer- und Prozessdaten ermöglichen solle.
102
Zur Lösung des Problems schlägt das Patent in der aufrechterhaltenen Fassung ein Verfahren vor, welches folgendermaßen gegliedert werden kann: (mit eingefügter Merkmalsgliederung):
103
1.1 Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei
104
1.2 die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert, mit den Schritten:
105
1.3 die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
106
1.4 die erste Station (14) sendet den Datenrahmen (46) als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
107
1.5 jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
108
1.6 die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück,
109
dadurch gekennzeichnet, dass
110
1.7a jede Station (14-24) den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und dass
111
1.7b die Stationen (14-24) fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen.
112
2. Als Fachmann ist nach Überzeugung des Senats ein Diplomingenieur der Nachrichtentechnik mit einigen Jahren Berufserfahrung auf dem Gebiet der Datenübertragung bei Steuerungssystemen anzusehen. Diesem sind die auf diesem Gebiet einschlägigen Bussysteme wie Ethernet und Interbus mit ihren Übertragungsprotokollen sowie der Aufbau und die Funktionsweise der dort verwendeten Busbausteine geläufig.
113
Einige der in den Ansprüchen verwendeten Begriffe bedürfen der näheren Erläuterung und Auslegung. Der Senat geht von folgendem, den einzelnen Begriffen zugrunde zulegenden fachmännischen Verständnis aus:
114
Unter dem anspruchsgemäßen Kommunikationsmedium, das die räumlich verteilten Stationen verbindet, versteht der Fachmann ein Kommunikationsnetzwerk, das dafür geeignet sein muss, Daten an die einzelnen Stationen zu übertragen und von diesen zu empfangen. Soweit gefordert wird, dass die Stationen logisch in einer Reihe angeordnet sind, bedeutet dies, dass die Daten die einzelnen Stationen von einer Station zur nächsten durchlaufen. Wie die logische Reihenfolge der Stationen festgelegt wird, ist nicht Gegenstand des anspruchsgemäßen Verfahrens, d. h. diese Reihenfolge ist vorgegeben.
115
Die Daten werden in einem Datenrahmen mit einer Vielzahl von Datenfeldern übertragen, wobei jeder Station zumindest ein Datenfeld zum Belegen mit Sendedaten, worunter jede Art von Daten fällt, zugewiesen ist.
116
Die Richtung der Datenübertragung von der ersten bis zur letzten Station wird als hinlaufender Datenrahmen, und von der letzten Station zurück zur ersten als zurücklaufender Datenrahmen bezeichnet.
117
Soweit weiter vorgesehen ist, dass Stationen fremde Sendedaten aus den Datenfeldern des zurücklaufenden Datenrahmens lesen, bedeutet dies nicht, dass die Stationen ausschließlich die fremden Sendedaten lesen. Dieses Merkmal ist auch erfüllt, wenn alle Daten des Datenrahmens, also auch die fremden Sendedaten, gelesen werden.
118
3. Zur erteilten Fassung (Hauptantrag)
119
3.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag ist mangels Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit nicht patenfähig.
120
Der Senat erachtet die Lehre gemäß der Druckschrift DE 199 34 514 C1 (B1) als möglichen Ausgangspunkt für die patentgemäße Lehre.
121
Aus dieser Druckschrift B1 ist in Übereinstimmung mit dem Anspruchsgegenstand ein Verfahren zum Konfigurieren eines an einen Feldbus angeschlossenen Busteilnehmers bekannt, wozu entsprechende Daten übertragen werden (vgl. Titel, Zusammenfassung). Das bekannte Verfahren wird angewandt bei einem Steuerungssystem 10 mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (Steuereinheit 12, Busteilnehmer 16, 18, 19), die über ein Kommunikationsmedium 10 (Interbus) miteinander verbunden sind (vgl. Fig. 1 i. V. m. Sp. 7, Z. 2 bis 10; Merkmal 1.1). Über den Interbus werden zum Überwachen und Steuern von Prozessen Daten übertragen (vgl. Sp. 6, Z. 67 bis Sp. 7, Z. 22), wobei die Stationen physikalisch und somit auch logisch in einer Reihe längs des Interbuses angeordnet sind, die eine erste Station (Steuereinheit 12), zumindest eine zweite Station (Busteilnehmer 16, 18) und eine letzte Station (Busteilnehmer 19) definiert (vgl. Fig. 1; Merkmal 1.2). Beim bekannten Verfahren erzeugt die erste Station 12 mit Hilfe des Busmaster-Bausteins 14 einen Datenrahmen, der so viele Datenfelder aufweist, wie Busteilnehmer an den Bus angeschlossen sind (vgl. Sp. 1, Z. 55 bis 58, Sp. 9, Z. 24 bis 27), mithin einen Datenrahmen mit einer Vielzahl von Datenfeldern, wobei auch jeder zweiten und der letzten Station ein Datenfeld zum Belegen mit Sendedaten zugewiesen ist (Merkmal 1.3). Beim bekannten Verfahren werden in weiterer Übereinstimmung mit dem Anspruchsgegenstand die Datenfelder des Datenrahmens umlaufend von einem Busteilnehmer zum nächsten weitergegeben (vgl. Sp. 1, Z. 58 bis 59), d. h. eine erste Station (Busmaster 12) sendet den Datenrahmen als hinlaufenden Datenrahmen an diejenige zweite Station (Busteilnehmer 16), die der ersten Station in der Reihe nachfolgt (Merkmal 1.4). Die Stationen 12, 16, 18 senden daher den hinlaufenden Datenrahmen an genau eine nachfolgende Station (vgl. Sp. 7, Z. 56 bis Sp. 8, Z. 2; Fig. 1, Bezugsz. 20; Merkmal 1.7a). Jede zweite Station 16, 18, 19 empfängt den hinlaufenden Datenrahmen von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe und sendet den hinlaufenden Datenrahmen mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station (Merkmal 1.5
teilw
). Die letzte Station 19 empfängt den hinlaufenden Datenrahmen von der vorhergehenden Station in der Reihe und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen 46 an die Reihe der Stationen 18, 16, 12 zurück (vgl. Sp. 8, Z. 3 bis 13; Merkmal 1.6
teilw
). Dabei ist es für den Fachmann selbstverständlich und er liest zwanglos dabei mit, dass die Stationen dabei ihnen zugewiesene Datenfelder mit Sendedaten belegen (vgl. Sp. 1, Z. 9 bis 13; Merkmal 1.5
rest,
Merkmal 1.6
rest
), da der Interbus ja gerade dazu dient, Daten zwischen den an den Bus angeschlossenen Stationen auszutauschen (vgl. Druckschrift B3, S. 39, „2.5 Der Datenzyklus“).
122
Von diesem bekannten Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dadurch, dass dem aus der Druckschrift B1 bekannten Verfahren nicht unmittelbar und eindeutig entnommen werden kann, dass die Stationen 16, 18, 19 fremde Sendedaten aus den Datenfeldern des zurücklaufenden Datenrahmens lesen (nicht Merkmal 1.7b).
123
Dieses Merkmal erschließt sich dem einschlägigen Fachmann beim bekannten Verfahren nach der Druckschrift B1 unter Berücksichtigung seines Fachwissens. Denn ihm ist bekannt, dass in den einzelnen Stationen von Feldbussystemen, die dem in der Druckschrift B1 verwendeten Interbus-basierten System entsprechen, Controllerbausteine, insbesondere SUPI-3-Bausteine (vgl. „Anwenderhandbuch INTERBUS“ Druckschrift B2, S. 1-4, Bild 1-1, S. 1-5 bis 1-11), eingesetzt werden. Zu seinem Fachwissen gehört die Funktionsweise des Systems, nämlich dass in den genannten Bausteinen bei jedem Durchlauf von Daten, mithin sowohl bei hinlaufenden wie auch rücklaufenden Datenrahmen, eine Redundanzprüfung zum Erkennen von Übertragungsfehlern erfolgt (vgl. Druckschrift B2, S. 1-10; letzter Spiegelstrich „On-Chip-Diagnose“, „Folgende Diagnose-Elemente sind in den Leitungsdekoder (Hin-Rückweg, Stich) implementiert: … CRC-Sicherung… . “). Wie der Fachmann weiß, wird für eine derartige Redundanzprüfung für jeden zu übertragenden Datenblock der Nutzdaten zusätzliche Redundanz in Form eines nach einem bestimmten Verfahren berechneten Prüfwerts (CRC-Wert) angefügt, mit dessen Hilfe man eventuelle während der Übertragung aufgetretene Fehler erkennen kann. Zur Überprüfung der Daten wird dieses Berechnungsverfahren auf den Datenblock einschließlich des angefügten CRC-Werts angewandt. Hierzu muss jedoch zwingend ein Lesen aller übertragenen Daten erfolgen, so dass die Stationen 16, 18, 19 fremde Sendedaten aus den Datenfeldern des zurücklaufenden Datenrahmens (Druckschrift B1, Pfeile 22 in Fig. 1) lesen (Merkmal 1.7b).
124
Soweit die Patentinhaberin geltend macht, dass gemäß der Druckschrift B1 die Daten nicht aus den Datenfeldern, sondern nur als Ganzes gelesen werden, kann die Patentinhaberin damit nicht durchdringen. Der Patentanspruch 1 lässt offen, in welcher Weise die Sendedaten aus den Datenfeldern gelesen werden, insbesondere ist sein Gegenstand nicht darauf beschränkt, nur die Sendedaten fremder Datenfelder zu lesen.
125
Damit wird der Gegenstand des verteidigten Patentanspruchs in seiner Gesamtheit durch die Druckschrift DE 199 34 514 C1 (B1) in Verbindung mit dem Fachwissen und Fachkönnen des hier angesprochenen Fachmanns nahegelegt (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2012 – X ZR 134/11, GRUR 2013, 363 – Polymerzusammensetzung).
126
3.2. Die nebengeordneten Patentansprüche 13 und 15 unterscheiden sich vom Patentanspruch 1 lediglich dadurch, dass das beanspruchte Steuerungssystem nach Patentanspruch 13 dazu ausgebildet sein soll, die Verfahrensschritte nach Patentanspruch 1 durchzuführen und dass das Kommunikationsmodul nach Patentanspruch 15 für eine Station derart ausgebildet ist, ein Kommunikationsprotokoll zu implementieren, das dem Verfahren nach dem erteilten Patentanspruch 1 entspricht. Die Gesichtspunkte, die das Naheliegen des Patentanspruchs 1 begründen, stehen auch den eigenständigen Patentansprüchen 13 und 15 entgegen. In den Vorrichtungsmerkmalen dieser Patentansprüche kann nichts die Erfindung Tragendes gesehen werden.
127
3.3. Mit den nicht patentfähigen Patentansprüchen 1, 13 und 15 kann das Patent dann auch als Ganzes keinen Bestand haben. Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 12 sowie 14 und 16 ist ein eigenständiger erfinderischer Gehalt von der Beschwerdegegnerin weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich (vgl. auch Abschnitt 7.).
128
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin hat in der mündlichen Verhandlung hilfsweise ihr Patent in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 3 verteidigt.
129
4. Hilfsantrag 1
130
a) Der in der Fassung des Hilfsantrags 1 verteidigte Gegenstand lautet (Gliederungszeichen hinzugefügt, Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):
131
1.1 Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei
132
1.2 die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert,
133
1.2aH1
wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen, mit den Schritten:
134
1.3 die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
135
1.4H1 die erste Station (14) erzeugt und sendet den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen (62) zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
136
1.5H1 jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
137
1.6 die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück, dadurch gekennzeichnet, dass
wobei
138
1.7a jede Station (14-24) den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und dass
wobei
139
1.7b die Stationen (14-24) fremde Sendedaten aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen,
140
1.7c wobei eine Doppellinie realisiert wird, bei der sowohl der hinlaufende als auch der zurücklaufende Datenrahmen (46) sämtliche Stationen (14-24) logisch durchläuft, und wobei aufgrund dieser Eigenschaft jede Station den umlaufenden Datenrahmen (46) innerhalb eines Übertragungszyklus zweimal erhält und es dadurch möglich ist, dass
141
1.7d ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen (14-24) innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen wird.“
142
b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 beruht ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit i. S. d. § 4 PatG.
143
c) Bezüglich der unveränderten Merkmale 1.1 bis 1.3, 1.6 und 1.7a, b wird auf die Ausführungen zur erteilten Fassung unter Punkt 3.1 verwiesen.
144
d) Wie der Druckschrift DE 199 34 514 C1 (B1) zu entnehmen ist, beinhalten die Stationen 12, 16, 18, 19 mit einem Interbus als Kommunikationsmedium zumindest eine Steuerungseinheit 12 mit einem Busmaster-Baustein 14 (vgl. Fig. 1, Sp. 7, Z. 2 bis 10). Dem einschlägigen Fachmann sind die grundlegenden Eigenschaften einer derartigen Steuerungseinheit aus seinem Fachwissen bekannt und er weiß, dass damit Prozessdaten zyklisch, d. h. regelmäßig wiederkehrend bzw. wiederholend, verarbeitet und in Abhängigkeit davon Steuerdaten erzeugt werden (vgl. Druckschrift B3, „INTERBUS“, S. 39 bis 41, „Kap. 2.5 Der Datenzyklus“, „Nachdem der Master mit einem ID-Zyklus die Systemkonfiguration festgestellt hat, können Datenzyklen gestartet werden.“ … „In den Datenzyklen werden die Ausgabedaten (OUT-Daten) vom Master zu den Teilnehmern transportiert, und im selben Zyklus werden die Eingabedaten (IN-Daten) der Teilnehmer zum Master transportiert.“). Zwanglos ersichtlich sind somit auch für die an den Feldbus angeschlossenen Busteilnehmer in der Druckschrift B1 eine Vielzahl von E/A-Baugruppen vorgesehen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen (vgl. Druckschrift B1, Fig. 1, Sp. 7, Z. 2 bis 10; Merkmal 1.2a
H1
). Mithin erzeugt die bekannte erste Station (Steuerungseinheit 12) zyklisch, also in festgelegten Zeitabständen einen Datenrahmen und sendet diesen als hinlaufenden Datenrahmen an diejenige zweite Station 16, die der ersten Station 12 in der Reihe nachfolgt (Merkmal 1.4
H1
). Wie bereits zu Merkmal 1.5 des Patenanspruchs 1 in der erteilten Fassung ausgeführt ist es für den Fachmann selbstverständlich, dass die Stationen ein ihr zugewiesenes Datenfeld mit Sendedaten belegen. Dass es sich dabei um die „eigenen“ Sendedaten handelt, versteht sich für den Fachmann ebenfalls von selbst, da ja diese Felder gezielt den einzelnen Stationen für das Versenden von Daten zugewiesen sind (Merkmal 1.5
H1
).
145
Wie die Figur 1 der Druckschrift DE 199 34 514 C1 (B1) zeigt, wird auch hier eine anspruchsgemäß so bezeichnete Doppellinie realisiert, bei der sowohl der hinlaufende als auch der zurücklaufende Datenrahmen sämtliche Stationen logisch in einer Reihenfolge durchläuft. Der Datenrahmen startet in der Station 12, verläuft durch die Stationen 16 und 18 bis zur letzten Station 19 und diese schickt den Datenrahmen über die Stationen 18 und 16 zur Station 12 zurück (vgl. Fig. 1, Bezz. 20, 22) und jede Station erhält den umlaufenden Datenrahmen innerhalb eines Übertragungszyklus zweimal (Merkmal 1.7c).
146
Von diesem bekannten Stand der Technik, wie er sich für den Fachmann auf Grund seiner Fachkenntnisse aus der Druckschrift B1 ergibt, unterscheidet sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hilfsantrags 1 dadurch, dass ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen wird, womit eine sehr schnelle und deterministische Kommunikation ermöglicht wird (vgl. Streitpatenschrift, Abs. [0022]). Unter einem beliebigen Querverkehr versteht der Fachmann, dass ein Busteilnehmer (also eine Station) innerhalb eines Übertragungszyklus‘ einem anderen Busteilnehmer (also einer anderen Station) eine Information (Daten) übermitteln kann.
147
In der Praxis stellt sich dem Fachmann ausgehend von der Lehre der Druckschrift B1 die Aufgabe, ein Verfahren anzugeben, mit dem sich Daten in einem Steuerungssystem zum automatisierten Steuern einer Anlage oder eines Gerätes unter hohen Echtzeitanforderungen übertragen lassen, von selbst, denn er wird immer bestrebt sein, dass das bekannte Verfahren möglichst schnell auf einen Fehlerfall bei einer einzelnen Station innerhalb des Steuerungssystems reagiert, in dem z. B. sicherheitskritische Prozesse unverzüglich beendet werden.
148
Der in der Zeitschrift Elektronik veröffentlichte Artikel „Ethernet erreicht das Feld, Sechs Echtzeit-Varianten für die Automatisierung im Vergleich“ (Teil 1 und Teil 2; Druckschriften B4 und B5) betrifft, wie die Druckschrift B1, Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen, die über ein Kommunikationsmedium miteinander verbunden sind (vgl. z. B. Druckschrift B4, S. 52, Bild 7). Insbesondere geht daraus hervor, dass die vielfältigen Anwendungen der Automatisierung ganz unterschiedliche Anforderungen an die Echtzeit-Fähigkeit der verwendeten Kommunikationssysteme stellen (vgl. Druckschrift B4, S. 48, re. Sp., 2. Abs.). Für das Kommunikationssystem „Ethernet Powerlink“ wird eine Realisierung zur Verbesserung des Echtzeit-Verhaltens vorgeschlagen. Hiermit könne dann der in der Antriebstechnik häufig geforderte „Querverkehr“ realisiert werden, wodurch ein nachfolgender Teilnehmer ohne Verzögerung auf Nachrichten reagieren könne (vgl. Druckschrift B5, S. 38, re. Sp., letzter Absatz bis S. 39, li. Sp., 1. Abs.). Dazu ist es jedoch erforderlich, dass diese Nachrichten die nachfolgenden Stationen auch möglichst schnell erreichen. Der Fachmann ist daher angeregt, beim aus der Druckschrift B1 bekannten Verfahren die Daten aus dem zurücklaufenden Datenrahmen, der ja alle Stationen auf dem Rückweg zur Steuerungseinheit durchläuft, zu lesen. Damit ist erfüllt, dass ein beliebiger Querverkehr zwischen den Stationen innerhalb des einen Übertragungszyklus abgeschlossen wird (Merkmal 1.7d).
149
Soweit die Patentinhaberin geltend macht, dass in keiner der in den Druckschriften B4 und B5 beschriebenen Alternativen ein Lesen der Datenfelder aus dem zurücklaufenden Datenrahmen stattfindet und es sich deshalb um eine rückschauende Betrachtungsweise in Kenntnis des Streitpatents handele, kann sich der Senat dem nicht anschließen. Denn dem Fachmann ist bekannt, dass der zurücklaufende Datenrahmen alle Stationen durchläuft (vgl. Ausführungen zur erteilten Fassung des Patentanspruchs) und es ist ihm bekannt, dass es für eine Echtzeit-Fähigkeit wichtig ist, dass ein Nachfolger in der Reihe der Stationen schnell und ohne Verzögerung auf eine Nachricht einer vorhergehenden Station reagieren soll (vgl. obige Ausführungen zur Druckschrift B5). Insofern würde er selbstverständlich in Erwägung ziehen, diese Daten bereits im Rücklauf zu lesen, falls dies erforderlich ist, zumal auch in den Schnittstellenbausteinen der einzelnen Stationen immer mehr Intelligenz vorgesehen ist, und nicht zu warten, bis diese Daten im nächsten Übertragungszyklus von der jeweiligen Station gelesen werden (Druckschrift B2, S. 1-9 bis 1-10). Für den Fachmann ist es daher naheliegend, diese Schnittstellenbausteine derart weiterzuentwickeln, dass auch bei dem bekannten Verfahren nach der Druckschrift B1 die Daten aus dem zurücklaufenden Datenrahmen gelesen werden können. Man würde die Kenntnisse und Fähigkeiten des Fachmannes unterschätzen, würde man ihm solches Handeln nicht zutrauen.
150
e) Die Gesichtspunkte, die das Naheliegen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 begründen, stehen auch den eigenständigen Patentansprüchen 12 und 13 in der Fassung des Hilfsantrags 1 entgegen. In den Vorrichtungsmerkmalen dieser Patentansprüche kann nichts die Erfindung Tragendes gesehen werden.
151
5. Hilfsantrag 2
152
a) Der in der Fassung des Hilfsantrags 2 verteidigte Gegenstand des Patentanspruchs 1 unterscheidet sich vom Gegenstand des Hilfsantrags 1 dadurch, dass
153

das Kommunikationsmedium (26) eine Ethernet-kompatible Übertragungsstrecke ist und wobei der Datenrahmen (46) ein Ethernet-kompatibler Datenrahmen ist“.
154
b) Der in der Zeitschrift Elektronik veröffentlichte Artikel „Ethernet erreicht das Feld, Sechs Echtzeit-Varianten im Vergleich“ (Teil 1 und Teil 2; Druckschriften B4 und B5) offenbart insgesamt sechs verschiedene Echtzeit-Varianten, mittels derer Feldbusse auf der Basis von ethernet-kompatiblen Übertragungsstrecken realisiert werden können (vgl. B4, S. 48, Zusammenfassung). Auch bei diesen Übertragungsstrecken ist es vorgesehen, die einzelnen Stationen – entsprechend dem Streitpatent – logisch in einer Reihe anzuordnen (vgl. Druckschrift B4, S. 50, „Echtzeit mit Ethercat“; Bild 5). Da die dort möglichen Zykluszeiten in einer wesentlich kleineren Größenordnung als bei den Feldbussen liegen und das „Ethercat-System“ zudem eine Topologie mit vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten aufweist (vgl. Druckschrift B4, S. 52, mittlere Spalte, letzter Absatz), wird der Fachmann bei Bedarf auch bei dem aus der Druckschrift B1 bekannten Verfahren als Kommunikationsmedium eine ethernet-kompatible Übertragungsstrecke vorsehen. Dass dabei der Datenrahmen ethernet-kompatibel ist, versteht sich für den einschlägigen Fachmann von selbst (vgl. Druckschrift B4, S. 50, rechte Spalte, 3. Abs.; „Ein Master … sendet eine Ethernet-Telegramm aus, das durch alle angeschlossenen Slaves führt.“).
155
c) Somit ergibt sich der Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 2 in naheliegender Weise aus der Druckschrift B1 in Verbindung mit dem Stand der Technik aus dem Artikel der Druckschriften B4 und B5.
156
d) Die Gesichtspunkte, die das Naheliegen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 begründen, stehen auch den eigenständigen Patentansprüchen 11 und 12 in der Fassung des Hilfsantrags 2 entgegen. In den Vorrichtungsmerkmalen dieser Patentansprüche kann nichts die Erfindung Tragendes gesehen werden.
157
6. Hilfsantrag 3
158
a) Der in der Fassung des Hilfsantrags 3 verteidigte Gegenstand lautet (Gliederungszeichen hinzugefügt, Änderungen gegenüber der erteilten Fassung hervorgehoben):
159
1.1 Verfahren zum Übertragen von Daten in einem Steuerungssystem (10) mit einer Vielzahl von räumlich verteilten Stationen (14-24), die über ein Kommunikationsmedium (26) miteinander verbunden sind, wobei
160
1.2 die Stationen (14-24) logisch in einer Reihe angeordnet sind, die eine erste Station (14), zumindest eine zweite Station (16-22) und eine letzte Station (24) definiert,
161
1.2aH1
wobei die Stationen (14-24) zumindest eine Steuerungseinheit beinhalten, die dazu ausgebildet ist, Prozessdaten zyklisch zu verarbeiten und in Abhängigkeit davon Steuerdaten zu erzeugen, sowie eine Vielzahl von E/A-Baugruppen, die dazu ausgebildet sind, Prozessdaten an die Steuerungseinheit zu senden und Steuerdaten von der Steuerungseinheit zu empfangen, mit den Schritten:
162
1.3 die erste Station (14) erzeugt einen Datenrahmen (46) mit einer Vielzahl von Datenfeldern (50), wobei jeder zweiten Station (16-22; 16-18) und der letzten Station (24; 20) zumindest ein Datenfeld (50) zum Belegen mit Sendedaten eindeutig zugewiesen ist,
163
1.4H1 die erste Station (14) erzeugt und sendet den Datenrahmen (46) in festgelegten Zeitabständen (62) zyklisch als hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) an diejenige zweite Station (16), die der ersten Station (14) in der Reihe nachfolgt,
164
1.5H1 jede zweite Station (16-22; 16-18) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) von der jeweils vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit eigenen Sendedaten und sendet den hinlaufenden Datenrahmen (46′, 46”) mit den Sendedaten an die in der Reihe nachfolgende Station, und
165
1.6 die letzte Station (24; 20) empfängt den hinlaufenden Datenrahmen (46”) von der vorhergehenden Station in der Reihe, belegt ein ihr zugewiesenes Datenfeld (50) mit letzten Sendedaten und sendet den Datenrahmen mit allen Sendedaten als zurücklaufenden Datenrahmen (46”’) an die Reihe der Stationen zurück,
dadurch gekennzeichnet
, dass
wobei
166
1.7aH3 jede Station (14-24) eigene Sendedaten ausschließlich in die Datenfelder des hinlaufenden Datenrahmens (46‘, 46‘‘) legt und den hinlaufenden Datenrahmen (46) an genau eine nachfolgende Station sendet, und dass
wobei
167
1.7bH3 die Stationen (14-24) fremde Sendedaten ausschließlich aus den Datenfeldern (50) des zurücklaufenden Datenrahmens (46”’) lesen.
168
b) Die Merkmale 1.1, 1.2, 1.3, 1.4H1, 1.5H1 und 1.6 sind auch im Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 enthalten. Bezüglich dieser Merkmale wird auf die Ausführungen zum Hilfsantrag 1 unter Punkt 4 verwiesen.
169
c) Die Änderungen in den Merkmalen 1.7aH3 und 1.7bH3, wonach jede Station eigene Sendedaten ausschließlich in die Datenfelder des hinlaufenden Datenrahmens legt und die Stationen fremde Sendedaten ausschließlich aus den Datenfeldern des zurücklaufenden Datenrahmens lesen, können zur Überzeugung des Senats eine Patentfähigkeit ebenfalls nicht begründen. Denn bereits im Interbus ist es, wie der Fachmann auf Grund seiner Fachkenntnisse weiß, so realisiert, dass jede Station eigene Sendedaten ausschließlich in die Datenfelder des hinlaufenden Datenrahmens legt (vgl. Druckschrift B3, S. 39, „Der Datenzyklus“). Wann nun fremde Sendedaten aus dem Datenrahmen gelesen werden, wird der Fachmann je nach Aufgabenstellung und zeitlichen Erfordernissen entsprechend wählen. In dem Merkmal, diese ausschließlich aus dem zurücklaufenden Datenrahmen zu lesen, kann deshalb kein erfinderischer Schritt gesehen werden.
170
d) Die Gesichtspunkte, die das Naheliegen des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 begründen, stehen auch den eigenständigen Patentansprüchen 12 und 13 in der Fassung des Hilfsantrags 3 entgegen. In den Vorrichtungsmerkmalen dieser Patentansprüche kann nichts die Erfindung Tragendes gesehen werden.
171
7. Wegen der fehlenden Patentfähigkeit aller selbständigen Patentansprüche in der erteilten Fassung (Hauptantrag) wie auch in der Fassung der Hilfsanträge 1 bis 3 war das Patent folglich insgesamt zu widerrufen (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, BGHZ 173, 47 – Informationsübermittlungsverfahren II), da auch hinsichtlich der abhängigen Patentansprüche ein eigenständiger erfinderischer Gehalt für den Senat nicht ersichtlich und auch von der Patentinhaberin letztlich nicht vorgetragen worden ist (für das Nichtigkeitsverfahren vgl. BGH, Urteil vom 29. September 2011 – X ZR 109/08, GRUR 2012, 149, Leitsatz a – Sensoranordnung). Der Patentinhaberin wurde im Termin am 10. Juni 2013 vom Senat ausreichend Zeit gegeben, neue Anträge zu stellen und zu begründen. Die mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 eingereichten Hilfsanträge 1 bis 3 hat sie im Termin vom 28. Oktober 2013 nochmals modifiziert.
172
Von Amts wegen besteht kein Anlass für den Senat, in eine nähere Prüfung darüber einzutreten, ob in den insgesamt nicht schutzfähigen Patentansprüchen eine Lehre enthalten ist, mit der das Patent weiterhin Bestand haben könnte. Umstände, die hier eine andere Beurteilung nahelegen könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – X ZR 131/02, GRUR 2007, 309, Leitsatz b, Rdn. 41 – Schussfädentransport).
173
Der Zulassung der von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung angeregten Rechtsbeschwerde zu der Frage, inwieweit im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren für den Senat eine Prüfungspflicht in Bezug auf abhängige Ansprüche des erteilten Patents und/oder in Bezug auf abhängige Ansprüche eines vom Patentinhaber vorgelegten Anspruchssatzes besteht, konnte der Senat nicht entsprechen.
174
Im vorliegenden Fall hat der Senat die im Nichtigkeitsverfahren geltenden Grundsätze angewandt, so dass sich die von der Patentinhaberin aufgeworfene Rechtsfrage nicht stellt.

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