Patent- und Markenrecht

Patentbeschwerdeverfahren – unzulässige Erweiterung –

Aktenzeichen  19 W (pat) 92/09

Datum:
19.10.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 21 Abs 1 Nr 4 PatG
§ 3 Abs 1 PatG
Spruchkörper:
19. Senat

Verfahrensgang

nachgehend BGH, 16. Oktober 2012, Az: X ZB 10/11, Beschluss

Tenor

In der Einspruchsbeschwerdesache

betreffend das Patent 10 2005 039 619.4-34
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Bertl, sowie der Richter Dr.-Ing. Scholz, Dipl.-Ing. Müller und Dr. Schön
beschlossen:
Die Beschwerde der Patentinhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Für die am 19. August 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung ist die Erteilung des nachgesuchten Patents am 25. Januar 2007 veröffentlicht worden.
2
Es betrifft eine
3
Steckverbindung.
4
Gegen das Patent hat mit Schreiben vom 25. April 2007, eingegangen beim DPMA am selben Tag, die Firma
5
H… GmbH & Co. KG in E…
6
Einspruch erhoben, mit der Begründung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 sei nicht neu.
7
Die Einsprechende hat ihren Vortrag auf die folgenden Schriftstücke gestützt:
8
A1 = Unterlagen der Firma Siemens zum Steckverbinder “DensiPac” mit verschiedenen Erscheinungsdaten.
9
A1.0 DensiPac Information Package, undatiert
10
A1.1 Siemens: “The first SMT backplane connector”, undatiert
11
A1.2 Siemens: “DensiPac Data Sheet”, undatiert
12
A1.3 Siemens: “DensiPac Specifications”, 1. Mai 1997
13
A1.4 Siemens: “DensiPac Customer Drawings”, technische Zeichnungen, im Original DIN A2 oder DIN A3 mit Vermerk über Weitergabevorbehalt, letzte Änderung 17. Februar 1999
14
A1.5 Siemens: “DensiPac Soldering Report”, Ausgabe Juni 1998
15
A1.6 Siemens: “DensiPac Repair Guidelines” undatiert
16
A1.7 Siemens: “DensiPac Qualification Report”, Deckblatt mit Angabe “Date 7 January 1998, Alle weiteren Seiten datiert mit 2000-01-25
17
A1.8 Siemens: “DensiPac Assembly Report” Ausgabe Februar 1999
18
A2 = Kopie der Beschriftung der von der Firma Siemens herausgegebenen CD-Rom auf der sich die Unterlagen gemäß A1 befinden, Copyrightvermerk 1999
19
A3 = Siemens AG: Konstruktionszeichnung DensiPac Male / SMT / 4rows, Zeichnungsnummer V23500-DX1XX-M41X-*-4A26 als DIN A3 Kopie eines DIN A2 Originals, letzte Änderung 16. Februar 1999 (Diese Zeichnung ist Teil der Anlage A1.4)
20
A4 = Siemens AG: Konstruktionszeichnung DensiPac Padlayout, Zeichnungsnummer V23500-D211X-M411-*-74B9 als DIN A3 Kopie eines DIN A2 Originals, letzte Änderung 16. Februar 1999, (Diese Zeichnung ist Teil der Anlage A1.4)
21
A5 = Tyco Electronics Corporation: Konstruktionszeichnung DensiPac DensiPac Male 1.25 / SMT / 4rows /S, Zeichnungsnummer V23500-D*1**-M41*-*-7626 als DIN A4 Kopie eines DIN A2 Originals, letzte Änderung 3. Mai 2001
22
D1 = US 5 588 849 A
23
D2 = EP 0 638 967 B1
24
D3 = EP 0 924 806 A1.
25
Für die Behauptung, dass der Siemens-Steckverbinder gemäß des Anlagenkonvoluts A1 seit dem Jahr 1999 von der Firma Siemens angeboten wurde, hat die Einsprechende Zeugenbeweis durch
26
Herrn P…,
27
zu laden unter der Anschrift der Einsprechenden, angeboten.
28
Gegenüber mehreren geänderten Fassungen der Patentansprüche sowie gegenüber einer geänderten Fassung der Beschreibung hat die Einsprechende jeweils geltend gemacht, diese würden in unzulässiger Weise über den Umfang der ursprünglichen Unterlagen hinausgehen.
29
Nach mündlicher Verhandlung am 31. Juli 2008 hat die Patentabteilung 1.34 des Deutschen Patent- und Markenamtes das Patent widerrufen, mit der Begründung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit, die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 sowohl nach Hilfsantrag 1 als auch nach Hilfsantrag 2 seien in den erteilten Unterlagen nicht als zur Erfindung gehörend erkennbar.
30
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.
31
Mit Ladung zur mündlichen Verhandlung hat der Senat auf folgende Druckschriften hingewiesen, die ihm aus dem parallelen Verfahren vor dem US-Patentbehörde bekannt geworden sind:
32
WO 2005/053105 A1
33
DE 697 09 744 T2.
34
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 (nunmehr Hauptantrag), vorgelegt am 31. Juli 2008, lautet unter Einfügung einer Gliederung:
35
“a) Steckverbindung mit wenigstens drei vielpoligen Kontaktreihen,
36
b) vorzugsweise aus Messer- und Federleisten bestehende Steckverbindungen,
37
c) wobei die Messerleisten (100) mindestens ein erstes Kontaktelement (120) und die Federleisten (200) mindestens ein zweites, zum ersten Kontaktelement korrespondierendes Kontaktelement (220) aufweisen, wobei
38
d) Lötanschlüsse (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) wenigstens einer Kontaktreihe so angeordnet sind, dass
39
e) die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) dieser wenigstens einen Kontaktreihe und den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) der restlichen Kontaktreihen
40
f) größer sind als die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) innerhalb der restlichen Kontaktreihen,
41
dadurch gekennzeichnet,
42
h) dass für die Kontaktelemente (120) der Messerleiste (100) und die Kontaktelemente (220) der Federleiste (200) jeweils ein Kontaktelement (120, 220) vorgesehen ist.”
43
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2, vorgelegt am 31. Juli 2008, lautet unter Einfügung einer Gliederung:
44
“a) Steckverbindung mit wenigstens drei vielpoligen Kontaktreihen,
45
b) vorzugsweise aus Messer- und Federleisten bestehende Steckverbindungen,
46
c) wobei die Messerleisten (100) mindestens ein erstes Kontaktelement (120) und die Federleisten (200) mindestens ein zweites, zum ersten Kontaktelement korrespondierendes Kontaktelement (220) aufweisen, wobei
47
d) Lötanschlüsse (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) wenigstens einer Kontaktreihe so angeordnet sind, dass
48
e) die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) dieser wenigstens einen Kontaktreihe und den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) der restlichen Kontaktreihen
49
f) größer sind als die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) innerhalb der restlichen Kontaktreihen,
50
dadurch gekennzeichnet,
51
h) dass für die Kontaktelemente (120) der Messerleiste (100) und die Kontaktelemente (220) der Federleiste (200) jeweils nur ein Kontaktelement (120, 220) vorgesehen ist und
52
g) dass Lötanschlüsse (128, 228) L-förmig abgewinkelt an den Kontaktelementen (120, 220) angeordnet sind.”
53
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3, eingegangen mit Schreiben vom 9.April2009, lautet unter Einfügung einer Gliederung:
54
“a) Steckverbindung mit wenigstens drei vielpoligen Kontaktreihen,
55
b) vorzugsweise aus Messer- und Federleisten bestehende Steckverbindungen,
56
c) wobei die Messerleisten (100) mindestens ein erstes Kontaktelement (120) und die Federleisten (200) mindestens ein zweites, zum ersten Kontaktelement korrespondierendes Kontaktelement (220) aufweisen, wobei
57
d) Lötanschlüsse (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) wenigstens einer Kontaktreihe so angeordnet sind, dass
58
e) die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) dieser wenigstens einen Kontaktreihe und den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) der restlichen Kontaktreihen
59
f) größer sind als die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) innerhalb der restlichen Kontaktreihen,
60
dadurch gekennzeichnet,
61
h) dass für die Kontaktelemente (120) der Messerleiste (100) und die Kontaktelemente (220) der Federleiste (200) jeweils nur ein Kontaktelement (120, 220) eines einzigen Typs vorgesehen ist.
62
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4, eingegangen mit Schreiben vom 9.April2009, lautet unter Einfügung einer Gliederung:
63
“a) Steckverbindung mit wenigstens drei vielpoligen Kontaktreihen,
64
b) vorzugsweise aus Messer- und Federleisten bestehende Steckverbindungen,
65
c) wobei die Messerleisten (100) mindestens ein erstes Kontaktelement (120) und die Federleisten (200) mindestens ein zweites, zum ersten Kontaktelement korrespondierendes Kontaktelement (220) aufweisen, wobei
66
d) Lötanschlüsse (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) wenigstens einer Kontaktreihe so angeordnet sind, dass
67
e) die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) dieser wenigstens einen Kontaktreihe und den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) der restlichen Kontaktreihen
68
f) größer sind als die Abstände zwischen den Lötanschlüssen (128, 228) der Kontaktelemente (120, 220) innerhalb der restlichen Kontaktreihen,
69
dadurch gekennzeichnet,
70
h) dass für die Kontaktelemente (120) der Messerleiste (100) und die Kontaktelemente (220) der Federleiste (200) jeweils nur ein Kontaktelement (120, 220) eines einzigen Typs vorgesehen ist und
71
g) dass Lötanschlüsse (128, 228) L-förmig abgewinkelt an den Kontaktelementen (120, 220) angeordnet sind.
72
Als Aufgabenstellung gibt die Patentinhaberin zuletzt an (jeweils Seite 3, Absatz 1 der Beschreibung zu den Hilfsanträgen 3 und 4), eine Steckverbindung mit wenigstens drei, insbesondere mit vier oder mehr Kontaktreihen dahingehend weiterzubilden, dass eine technisch einfache Montage und Kontaktierung auf Leiterplatten möglich ist, wobei insbesondere auf aufwendige Verfahren wie beispielsweise bei der “Mikro-Via-Technologie” verzichtet werden solle.
73
Der Patentinhaberin beantragt,
74
den Beschluss der Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31.Juli2008 aufzuheben und das Patent 102005039619 im beschränkten Umfang
75
mit folgenden Unterlagen:
76
Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 1 vom 31. Juli 2008
77
hilfsweise
78
Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 2 vom 31. Juli 2008
79
hilfsweise
80
Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 3 vom 24. November 2010
81
hilfsweise
82
Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 4 vom 24. November 2010
83
mit gegebenenfalls anzupassenden Beschreibungen und Figuren aufrecht zu erhalten.
84
Die Einsprechende beantragt,
85
die Beschwerde wird zurückgewiesen.
86
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.
II.
87
Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat keinen Erfolg.
88
1. Der Einspruch war zulässig und führte im Ergebnis zurecht zum Widerruf des Patents.
89
Der Einspruchsschriftsatz gab zwar Anlass zur Sorge, ob die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, in ausreichendem Umfang im Einzelnen angegeben waren, da weder nachgewiesen noch behauptet worden war, dass die auf einer CD gespeicherten Unterlagen gemäß der Anlagen A1 bis A5 ausgedruckt und an die Öffentlichkeit gelangt sind.
90
Auch der angebotene Zeugenbeweis hat sich auf die Behauptung beschränkt, dass der “Siemens-Steckverbinder seit dem Jahr 1999 angeboten wurde”. Konkrete Angaben über Lieferungen oder über die Kenntnisnahme der entscheidenden Einzelheiten durch Fachleute, über die Beweis zu erheben wäre, waren in diesem Zusammenhang nicht gemacht worden.
91
Da es sich jedoch beim Streitgegenstand dem Augenschein nach um ein Massenprodukt handelt, wie die Einsprechende in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hat, dass die vollständigen Daten regelmäßig an die Kunden übergeben werden, da das für deren Arbeit unumgänglich ist und sich die Einsprechende zudem in technischer Hinsicht vollständig mit dem erteilten Patentanspruch 1 auseinandergesetzt hat, berühren hier die Lücken im Vortrag zum Bekanntwerden der Vorbenutzung in der Öffentlichkeit nach Erkenntnis des Senats nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit des Einspruchs.
92
2. Die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1, die als Hilfsanträge 1 bis 4 überreicht wurden, gehen über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt als für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG). Eine Patenterteilung auf Grundlage einer derartigen unzulässigen Erweiterung wäre nicht statthaft.
93
Nach Überzeugung des Senats ist der hier zuständige Fachmann ein FH-Ingenieur oder Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik, der Leiterplatten-Steckverbinder entwickelt.
94
Für diesen Fachmann war aus den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht als erfindungswesentlich erkennbar, dass für die Kontaktelemente der Messerleiste und für die Kontaktelemente der Federleiste jeweils nur ein Kontaktelement eines einzigen Typs vorgesehen ist, wie dies de facto in den jeweiligen Merkmalen h der Patentansprüche 1 nach allen Antragsfassungen beansprucht ist.
95
Abgesehen davon, dass dieses Merkmal weder in einem der ursprünglichen Patentansprüche noch an anderer Stelle der ursprünglichen Unterlagen explizit genannt war, ist anders als die Beschwerdeführerin meint, keiner der Figuren eindeutig zu entnehmen, dass jeweils alle Kontaktelemente in ihren jeweiligen geometrischen Abmessung identisch sind. Bei den Figuren 1 bis 6 handelt es sich nämlich lediglich um perspektivische Darstellungen von Messer- bzw. Federleisten.
96
Naturgemäß soll durch solche perspektivischen Darstellungen der Gesamtaufbau einer Anordnung verständlich gemacht werden. Dazu werden die Einzelheiten regelmäßig nicht maßstäblich, sondern verzerrt wiedergegeben, so dass selbst die relativen Abmessungen allenfalls qualitativ nicht aber exakt entnommen werden können.
97
Daher hatte der Fachmann keinen Anlass, aufgrund der Figuren 1 bis 6 zu mutmaßen, dass in der Art der Darstellung der Messer- und Federkontakte eine Erfindung offenbart sein könnte, zumal die Patentansprüche und die Figurenbeschreibung einen ganz anderen Schwerpunkt, nämlich die Gestaltung der Lötanschlüsse, gesetzt haben.
98
Die beiden Figuren 7 und 8, die den Anschein einer Konstruktionszeichnung erwecken, der der Fachmann im Zweifelsfall auch nichteingetragene Maße entnimmt, zeigen dagegen vielpoligen Steckverbinder, bei denen die Kontaktpole unterschiedlicher Reihen, gerade nicht miteinander übereinstimmend ausgeführt sind, vielmehr sind in diesen Figuren die Kontaktelemente 125’ bzw. 225’ eindeutig jeweils in vier unterschiedlichen Baugrößen ausgeführt.
99
Auch der Umstand, dass die Kontaktelemente in den Figuren 3 und 4 jeweils nur mit einem einzigen Bezugszeichen (120 bzw. 220) versehen sind, kann an dieser Einschätzung nichts ändern, da dies in den Figuren 7 und 8 mit den Bezugszeichen 125’ und 225’ nicht anders ist.
100
Ein zusätzliches Indiz dafür, dass selbst die Patentinhaberin ursprünglich die geometrische Gestalt der Kontaktelemente, abgesehen von den Lötanschlüssen, nicht im Blick hatte, sieht der Senat in der Tatsache, dass ursprünglich als Aufgabe allein die Montage und die Kontaktierung auf der Leiterplatte genannt war, also nur die Gestaltung und Anordnung der Lötanschlüsse.
101
Eine Auslegung der ursprünglichen Aufgabenstellung, der Begriff “Montage” schließe die Herstellung der Steckverbinder ein, wie die Beschwerdeführerin vorgetragen hat, wäre durch keinen anderen Teil der ursprünglichen Unterlagen gerechtfertigt.
102
Dass die Kontaktelemente nach Absatz 0031 bis 0033 paarweise um 180° gedreht werden, liefert entgegen der Auffassung der Patentinhaberin keinen Hinweis auf gleichartige Kontaktelemente. Das bewirkt lediglich, dass der Abstand A zwischen den Kontaktelementen benachbarter Kontaktreihen größer ist als der Abstand B der Lötanschlüsse innerhalb eines Kontaktreihenpaares, und dass auf diese Weise ein Kanal entsteht (Abs. 0033). Gleiche Kontaktelemente sind in diesem Zusammenhang weder erwähnt, noch erforderlich.
103
Im Übrigen gibt auch das von der Beschwerdeführerin in Bezug genommene BGH-Urteil “Formteil” vom 18. Februar 2010 (Xa ZR 52/08) keinen Anlass von dieser Sichtweise abzuweichen.
104
So macht dort allein die Klägerin geltend, dass strittige Merkmal lasse sich allenfalls den Figuren 2, 5 und 6 entnehmen (Absatz 21), der Senat verwirft jedoch diese Vorhaltung und stellt klar, dass der Sachverhalt als solcher nicht allein in den Figuren zu diesem Ausführungsbeispiel sondern auch sowohl der Beschreibung als auch dem ursprünglichen Patentanspruch 14 zu entnehmen war (Absatz 23).
105
Auch der Leitsatz dieses BGH-Urteils, wonach es zur Offenbarung eines Merkmals zur Erfindung gehörend genügen könne, wenn dieses in einer Zeichnung dargestellt sei, darf nur anhand des Absatzes 23 ausgelegt werden, wonach der Umstand, dass in der Figur 8 eine andere (nicht erfindungsgemäße) Ausführungsform dargestellt sei, nicht dagegen spreche, dass die in den Figuren 1 bis 6 dargestellte Ausführung zur erfindungsgemäßen Lehre gehörten.
106
Somit liegt im vorliegenden Fall ein anderer Sachverhalt vor, als in dem vom BGH in “Formteil” erörterten, zudem eröffnet diese höchstrichterliche Rechtsprechung auch nicht die Möglichkeit einzelne Merkmale, die allein in einer Zeichnung dargestellt sind, für erfindungswesentlich zu erklären, wie die Beschwerdeführerin meint, vielmehr wird damit die ständige Rechtsprechung des Bundespatentgerichts bestätigt, wonach ein später in den Hauptanspruch aufgenommenes Merkmal nicht in allen Ausführungsbeispielen der ursprünglichen Unterlagen übereinstimmend dargestellt sein muss.
107
Da kein zulässiger Patentanspruch vorlag, war von einem Vergleich des Streitgegenstandes mit dem Stand der Technik abzusehen.
108
Somit war die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.


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