Patent- und Markenrecht

Patentbeschwerdeverfahren – zu einem Ablehnungsgesuch mit verunglimpfenden Ausführungen – Erinnerung gegen Feststellungsbeschluss – zur Hemmung der Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr durch Einreichung eines Gesuchs um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe – fehlende Zahlung der Beschwerdegebühr – Fiktion der Nichterhebung der Beschwerde

Aktenzeichen  7 W (pat) 10/19, verb. m. 7 W (pat) 13/19

Datum:
9.6.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:090620B7Wpat10.19.0
Normen:
§ 86 Abs 1 PatG
§ 42 ZPO
§ 44 ZPO
§ 47 ZPO
§ 73 Abs 1 PatG
§ 134 PatG
§ 6 Abs 2 PatKostG
Spruchkörper:
7. Senat

Verfahrensgang

nachgehend BGH, 4. August 2020, Az: X ZB 5/20, Beschlussnachgehend BGH, 13. Oktober 2020, Az: X ZB 5/20, Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung …
(wegen Ablehnungsgesuch; Erinnerung gegen Feststellungsbeschluss,
hier: fehlende Zahlung der Beschwerdegebühr)
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 9. Juni 2020 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
1. Das auf Ablehnung der auch bei vorliegender Beschlussfassung beteiligten Richter wegen Befangenheit gerichtete Gesuch vom 3. Februar 2020 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Erinnerung gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts vom 1. April 2020 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Der Anmelder hatte am 23. Juli 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen … eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung: „…“ eingereicht, die mit Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Prüfungsstelle für Klasse C12M – vom 5. April 2019 zurückgewiesen wurde. Nach inhaltlicher Überprüfung dieser Entscheidung durch das Bundespatentgericht (Az. 14 W (pat) 43/19) ist im weiteren Instanzenzug derzeit eine nicht zugelassene Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof anhängig (Az. X ZB 19/19).
2
Gegen den mit der Zurückweisung der Patentanmeldung befassten Prüfer richtete der Anmelder ein Ablehnungsgesuch, welches die Patentabteilung 44 durch Beschluss vom 6. Juni 2019 als unzulässig verwarf. Gegen diese dem Anmelder mittels Einschreiben durch Übergabe zugestellten, am 7. Juni 2019 zur Post gegebenen Beschluss legte der Anmelder mit Eingabe vom 14. Juni 2019, beim Patentamt eingegangen am 18. Juni 2019, Beschwerde ein und beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (Az. 7 W (pat) 10/19). Zugleich wiederholte er sein gegen den Prüfer gerichtetes Ablehnungsgesuch und lehnte auch die am 6. Juni 2019 zur Entscheidung berufenen Mitglieder der Patentabteilung 44 wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
3
Durch Beschluss vom 8. August 2019 verwarf die Patentabteilung 44 das Gesuch auf Ablehnung des Prüfers wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig und erklärte das Gesuch auf Ablehnung der am 6. Juni 2019 zur Entscheidung berufenen Mitglieder der Patentabteilung 44 für unbegründet. Der dem Anmelder mittels Einschreiben durch Übergabe zugestellte Beschluss wurde am 9. August 2019 zur Post gegeben. Gegen diese Entscheidung legte der Anmelder mit Eingabe vom 12. August 2019, beim Patentamt eingegangen am 15. August 2019, abermals Beschwerde ein und beantragte Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (Az. 7 W (pat) 13/19).
4
Durch Beschluss vom 17. Dezember 2019 wies der Senat in gleicher Besetzung wie bei der vorliegenden Entscheidung die mit Eingaben vom 14. Juni und 12. August 2019 gestellten Anträge des Anmelders auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren zurück. Dazu wurden die unter den Aktenzeichen 7 W (pat) 10/19 und 7 W (pat) 13/19 geführten Beschwerdeverfahren verbunden. In seiner ausführlichen Begründung wies der Senat den Anmelder auf die Möglichkeit hin, jedes der verbundenen Beschwerdeverfahren durch Zahlung der Beschwerdegebühr in Gang zu setzen. Dafür stehe ihm die Zeit zur Verfügung, in der der Lauf der Zahlungsfrist bis zum Ablauf von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses vom 17. Dezember 2019 noch gehemmt sei, und darüber hinaus die bei Einreichung des Verfahrenskostenhilfeantrags noch nicht verstrichene Beschwerdefrist.
5
Hierauf hat der Anmelder, dem der Beschluss des 7. Senats am 18. Januar 2020 zugestellt worden ist, mit einem vom 3. Februar 2020 datierenden, per Telefax am 8. Februar 2020 übermittelten Gesuch auf Ablehnung aller Richter des bezeichneten Spruchkörpers reagiert, wobei er die Richter der Rechtsbeugung bezichtigt und ihnen u. a. vorgeworfen hat „Gerüchte, Vorurteile und Unterstellungen“ geschrieben und eine „politische, antisemitische Entscheidung“ unabhängig von Tatsachen und ohne Berücksichtigung der vorgetragenen Argumente getroffen zu haben. Eine Beschwerdegebühr hat der Anmelder nicht entrichtet.
6
Nach entsprechender Ankündigung durch gerichtlichen Hinweis vom 18. März 2020, auf welchen der Anmelder durch Eingabe vom 26. März 2020 erwidert hat, hat die Rechtspflegerin am Bundespatentgericht durch Beschluss vom 1. April 2020 unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 2 PatKostG festgestellt, dass die Beschwerden gegen die Beschlüsse der Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juni 2019 und vom 8. August 2019 als nicht erhoben gelten.
7
Gegen diesen ihm am 29. April 2020 zugestellten Beschluss hat der Anmelder mit einem als „Beschwerde und Erinnerung“ bezeichneten Telefax vom 30. April 2020, eingegangen am selben Tag, Erinnerung eingelegt, welcher die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat. Der Anmelder erachtet die angefochtene Entscheidung vom 1. April 2020 als „willkürlich“ und vertritt die Auffassung, Gebühren seien durch ihn nicht zu entrichten. Im Übrigen habe er Verfahrenskostenhilfe beantragt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verfahrensakten verwiesen.
II.
8
Das Gesuch des Anmelders vom 3. Februar 2020 auf Ablehnung der bei dem Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2019 mitwirkenden Richter wegen Befangenheit nach Maßgabe des § 86 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 41 bis 44, 47 bis 49 ZPO ist als unzulässig zu verwerfen. Ihm fehlt jedes Rechtsschutzinteresse.
9
Ein Ablehnungsgesuch, das verunglimpfende Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig (vgl. LAG Hamburg, Beschluss vom 16. März 2016 – 3 Sa 73/15; OLG Köln, Beschluss vom 5. Juli 2013 – 20 W 45/13, 20 W 49/13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18. Dezember 1973 – 2 Ss 222/73; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25. Mai 1973 – 1 Ws 143/73, jeweils veröffentlicht in juris; Zöller, ZPO, 32. Aufl., Rdn. 4 zu § 45). Das Gesuch des Anmelders vom 3. Februar 2020 dient nur der pauschalen Schmähung aller Angehörigen eines Spruchkörpers, welche eine andere Rechtsauffassung als der Anmelder vertreten. Wird das Rechtsinstitut der Richterablehnung in derart rechtsmissbräuchlicher Weise eingesetzt, fehlt dem Ablehnungsgesuch das erforderliche Rechtsschutzinteresse und es ist als unzulässig zu verwerfen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2010, 1 BvR 96/10, NVwZ-RR 2010, 545-546; Thüringer Landessozialgericht 6. Senat, Urteil vom 23. Februar 2016 – L 6 R 1670/12; OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14. Februar 2006 – 10 W 2/06, jeweils veröffentlicht in juris).
10
Über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch konnte der Senat unter Beteiligung der abgelehnten Richter entscheiden (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., Rdn. 10 zu § 86; BVerfG NJW 2007, 3771, 3772; BVerfG NJW 2013, 1665; BGH GRUR-RR 2010, 360; BGH GRUR-RR 2011, 391; BGH NJW-RR 2012, 61; BAG NJW 2012, 1531; BFH, Beschluss vom 29. Dezember 2015 – IV B 68/14 – veröffentlicht in juris).
III.
11
Die durch den Anmelder am 30. April 2020 eingelegte Erinnerung im Sinne des § 23 Abs. 2 RPflG – die Wortwahl „Beschwerde und Erinnerung“ ist insoweit unschädlich – ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht festgestellt, dass die Beschwerden des Anmelders gegen die Beschlüsse der Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juni 2019 und vom 8. August 2019 als nicht erhoben gelten.
12
Gegen Beschlüsse der Prüfungsstellen und Patentabteilungen des Deutschen Patent- und Markenamts ist nach § 73 Abs. 1 PatG das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft. Die Beschwerde ist – worauf in den Rechtsmittelbelehrungen der Beschlüsse vom 6. Juni 2019 und vom 8. August 2019 hingewiesen wurde – nur wirksam, wenn innerhalb der einmonatigen, mit Zustellung des Beschlusses beginnenden Beschwerdefrist (§ 73 Abs. 2 Satz 1 PatG) die Beschwerdegebühr in Höhe von jeweils 200,– EUR entrichtet wird. Diese einmonatige Zahlungsfrist, die mit Zustellung der angefochtenen Beschlüsse zu laufen begann, war hier durch die Einreichung der Gesuche um Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeverfahren bis zum Ablauf von einem Monat nach Zustellung des Senatsbeschlusses vom 17. Dezember 2019 gemäß § 134 PatG gehemmt, wobei der Anmelder darüber hinaus die Möglichkeit hatte, anschließend zusätzlich die bei Einreichung des jeweiligen Verfahrenskostenhilfeantrags noch nicht verstrichene Beschwerdefrist zur Einzahlung seiner Beschwerdegebühr zu nutzen. Auf diese Möglichkeit hat ihn der Senat in seinem Beschluss vom 17. Dezember 2019 hingewiesen.
13
Bei Erlass des angefochtenen Beschlusses am 1. April 2020 waren seit Zustellung des Beschlusses vom 17. Dezember 2019 am 8. Januar 2020 mehr als zwei Monate vergangen; die Fristen zur Zahlung der Beschwerdegebühr waren somit verstrichen, § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 222 Abs. 1 ZPO analog, § 188 Abs. 2 BGB, § 127 Abs. 1 PatG i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG, § 134 PatG.
14
Nachdem der Anmelder keine Beschwerdegebühr entrichtet hat, ist die Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG eingetreten, wonach die Beschwerden des Anmelders gegen die Beschlüsse der Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juni 2019 und vom 8. August 2019, wie die Rechtspflegerin am Bundespatentgericht zu Recht festgestellt hat, als nicht erhoben gelten.
15
Die Erinnerung gegen den Beschluss der Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts war daher zurückzuweisen.


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