Patent- und Markenrecht

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – zur Begründung eines Zahlungstages durch ein SEPA-Basislastschriftmandat – Angaben zum Verwendungszeck des Mandats müssen hinreichend bestimmt sein

Aktenzeichen  7 W (pat) 6/19

Datum:
25.2.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:250220B7Wpat6.19.0
Normen:
§ 6 PatKostG
§ 2 PatKostZV
Spruchkörper:
7. Senat

Tenor

In der Beschwerdesache


betreffend das Patent 10 2014 213 770
hier: Wirksamkeit des Einspruchs
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2020 5. Dezember 2019 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr
beschlossen:
Die Beschwerde der Einsprechenden zu 1) und der von der Patentinhaberin gestellte Antrag auf Kostenauferlegung werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
1
Die Beschwerdegegnerin ist Inhaberin des Patents 10 2014 213 770 mit der Bezeichnung „Grill und Holzkohlekammer“, dessen Erteilung am 17. September 2015 veröffentlicht wurde. Als eine von drei Einsprechenden hat die Beschwerdeführerin und Einsprechende zu 1) (im Folgenden: Einsprechende) gegen dieses Patent einen am 16. Juni 2016 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Einspruch erhoben. Der mithilfe der Anwendung „DPMAdirekt“ elektronisch übersandte Einspruchsschriftsatz enthält den Hinweis: „Die amtliche Gebühr in Höhe von 200 EUR wird durch Einzugsermächtigung entrichtet“. Diesem Schriftsatz wurde jedoch keine die Einzugsermächtigung betreffende Anlage beigefügt. Im von „DPMAdirekt“ erzeugten Systemformular zur elektronischen Dokumentenannahme, das als Vorblatt „Einspruch in Patentsachen“ dem Einspruchsschriftsatz beigegeben wird, ist die Zahlungsart „Überweisung auf das Konto des DPMA“ angegeben. Weitere Angaben zum Zahlungsverkehr sind dem Einspruchsschriftsatz nicht zu entnehmen, insbesondere sind dort weder ein Konto, noch ein SEPA-Basislastschriftmandat oder eine Mandats-Referenznummer der Einsprechenden oder ihres Verfahrensbevollmächtigten bezeichnet.
2
Bis zum Ablauf des 17. Juni 2016, einem Freitag, sind beim Patentamt keine weiteren Dokumente der Einsprechenden eingegangen; auch zu einer mündlichen Kommunikation mit dem Patentamt ist es in dieser Zeit nicht gekommen.
3
Den Einspruch betreffende Angaben zum Verwendungszweck eines SEPA-Basislastschriftmandats mit der Mandatsreferenznummer ZUEV 8205 0000 8522 1710 2013 hat die Einsprechende dem Patentamt erstmals am 2. April 2019 per Telefax übermittelt. Das genannte SEPA-Basislastschriftmandat des Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden existiert seit dem Jahre 2013.
4
Die Patentabteilung 16 des Patentamts hat durch Beschluss vom 29. April 2019 festgestellt, dass der Einspruch der T… GmbH als nicht erhoben gelte, weil die Einspruchsgebühr nicht innerhalb der Einspruchsfrist wirksam entrichtet worden sei. Die Einsprechende habe in ihrem Einspruchsschriftsatz angekündigt, die Einspruchsgebühr durch „Einzugsermächtigung“ zu entrichten. Dies allein könne keinen Zahlungstag innerhalb der Einspruchsfrist begründen, weil die erforderlichen Angaben zum Mandat, insbesondere die Mandatsreferenznummer, zu diesem Zeitpunkt nicht vorlagen. Dem Schreiben des Patentamts vom 17. Oktober 2013 zur Umstellung des nationalen Lastschrifteinzugsverfahrens auf den SEPA-konformen Lastschrifteinzug könne entnommen werden, dass eine Zahlung erst dann als erfolgt gelte, wenn beim Patentamt das Mandat und die Angaben zum Verwendungszweck eingereicht worden seien. Nachforschungen des Patentamts seien bei Eingang des Einspruchs einen Tag vor Ablauf der Einspruchsfrist bis zum Ablauf der Frist nicht möglich gewesen.
5
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Zur Begründung trägt sie vor, das Versehen des Verfahrensbevollmächtigten sei durch eine unglückliche Voreinstellung der Zahlungsart in der Anwendung „DPMAdirekt“ begünstigt worden; der Verfahrensbevollmächtigte, der tatsächlich mithilfe des für ihn bestehenden SEPA-Basislastschriftmandats habe zahlen wollen, habe die dortige Voreinstellung „SEPA-Überweisung“ versehentlich nicht verändert. Die Anwendung „DPMAdirekt“ habe dann kein Formblatt 9532 zum Verwendungszweck des Mandats erzeugt, das die Mandatsreferenznummer explizit enthält. Eine Verpflichtung zur Verwendung der vom Patentamt bereitgestellten Formulare bestehe jedoch nicht.
6
Die Angabe zur Zahlungsweise in der Einspruchsschrift lasse gem. §§ 133, 157 BGB als bevorzugte und im Übrigen einzig erlaubte Alternative nur die Auslegung zu, dass sich die Zahlungserklärung auf das einzige für den unterzeichnenden Patentanwalt hinterlegte SEPA-Basislastschriftmandat beziehen sollte. Für andere Mandate hätte dem Verfahrensbevollmächtigten schon die Verfügungsberechtigung gefehlt. Im Übrigen hätten widersprüchliche Angaben zu unterschiedlichen Zahlungswegen allenfalls zu einer Doppelbelastung des Girokontos des Verfahrensbevollmächtigten, nicht aber dazu führen dürfen, dass die Einspruchsgebühr gar nicht vereinnahmt wurde.
7
Von demjenigen Sachverhalt, welcher der Senatsentscheidung vom 23. November 2016 – 7 W (pat) 17/16 zugrunde liege, unterscheide sich der hiesige Sachverhalt dadurch, dass in diesem Fall der Einspruch nicht am letzten Tag der Frist eingelegt worden sei und aus dem Einspruchsschriftsatz klar hervorgehe, in wessen Namen der Einspruch erhoben wurde. Im Übrigen komme es zur Beurteilung der Wirksamkeit des Einspruchs nicht darauf an, ob dem Patentamt bei Eingang der Einspruchsschrift bis zum Ablauf der Einspruchsfrist noch Zeit für Ermittlungen blieb. Auch nach Fristablauf lasse sich noch feststellen, ob die Zahlung fristwahrend bewirkt worden sei.
8
Das im genannten Senatsbeschluss zitierte Erfordernis, wonach ein Geldbetrag zu dem in § 2 PatKostZV bestimmten Zahlungstag zu einem konkreten Vorgang „sicher vereinnahmt“ werden könne, stehe in Widerspruch dazu, dass das Patentamt Verfügungsberechtigungen für die Erteilung von Einzugsaufforderungen, die sich auf bereits erteilte SEPA-Basislastschriftmandate beziehen, nach eigener Auskunft regelmäßig nicht überprüfe, dass Lastschriften bei der Zahlstelle mindestens einen Arbeitstag vor Vereinnahmung vorliegen müssten, dass jeder Basislastschrift innerhalb von acht Wochen nach Kontobelastung ohne Angabe von Gründen widersprochen werden könne und dass Zahlungsfristen auch unter Verwendung des Formulars A9532 bis zum letzten Tag der Frist ausgenutzt werden könnten. Die Verjährungsfrist für ohne Verfügung eingezogene Einspruchsgebühren betrage mindestens drei Jahre.
9
Das im genannten Senatsbeschluss zitierte weitere Erfordernis, wonach jede Gebührenentrichtung beim Patentamt so klar und vollständig sein müsse, dass die verfahrens- und betragsmäßige Erfassung und Zuordnung ohne verzögernde Ermittlungen gewährleistet sei und der Geldbetrag zu dem in § 2 PatKostZV bestimmten Zahlungstag zu einem konkreten Vorgang sicher vereinnahmt werden könne, lasse sich nicht mit der Feststellung aus den Beschlüssen des 25. Markenbeschwerdesenats vom 28. September 2017 – 25 W (pat) 26/17, und des Gebrauchsmusterbeschwerdesenats vom 11. April 2004 – 33 W (pat) 434/02, in Einklang bringen, wonach es zur Wahrung einer Zahlungsfrist nicht darauf ankomme, ob schon vor Fristablauf erkennbar sei, wie die Zahlung bestimmt bzw. zu verbuchen sei.
10
Aus dem Umstand, dass es der Verordnungsgeber verabsäumt habe, die explizite Angabe der Mandatsreferenznummer in die PatKostZV aufzunehmen, dürfe der Einsprechenden kein Nachteil erwachsen.
11
Die Einsprechende erhebt zudem den Einwand der Verwirkung: Dadurch, dass das Patentamt die fehlende Zahlung der Einspruchsgebühr über zwei Jahre und neun Monate unbeanstandet gelassen und hingenommen habe, dass die Beteiligten das Verfahren so lange Zeit kostenintensiv fortbetrieben hätten, dürften diese darauf vertrauen, dass der Einwand nicht rechtzeitiger Zahlung der Einspruchsgebühr nun nicht mehr geltend gemacht werde.
12
Außerdem sei das rechtliche Gehör der Einsprechenden verletzt. Der Umstand, dass sich das Patentamt mit zwei der von ihr vorgetragenen Argumente gar nicht auseinandergesetzt habe, lasse auf die Nichtberücksichtigung dieses Vortrags schließen. Dies betreffe die Unkenntnis des Patentamts vom Fehlen der Einspruchsgebühr sowie den eigenen Beitrag zur Fristversäumnis, den das Patentamt durch die Verwendung der Software DPMAdirekt – bei welcher die Zahlungsart „SEPA-Überweisung“ voreingestellt sei – geleistet habe.
13
Die Einsprechende beantragt,
14
den Beschluss der Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. April 2019 aufzuheben und festzustellen, dass der von der Beschwerdeführerin gegen das deutsche Patent 10 2014 213 770 eingelegte Einspruch wirksam ist, sowie die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
15
Die Patentinhaberin beantragt,
16
die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
17
Die Patentinhaberin ist der Auffassung, der Verfahrensbevollmächtigte der Einsprechenden habe bei Einlegung des Einspruchs Formerfordernisse missachtet; die Verwendung eines bestimmten SEPA-Basislastschriftmandats müsse ohne weitere Nachforschungen klar sein. Da der Verfahrensbevollmächtigte grob fahrlässig gehandelt habe, seien der Einsprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
18
Die Einsprechenden zu 2) und zu 3) haben sich nicht zur Sache geäußert.
19
Zusammen mit der Ladung zum Verhandlungstermin hat der Senat den Verfahrensbeteiligten einen schriftlichen Hinweis zukommen lassen.
20
Ergänzend wird auf die Verfahrensakten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
21
Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden bleibt ohne Erfolg. Die Patentabteilung 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat im angefochtenen Beschluss vom 29. April 2019 zu Recht festgestellt, dass der Einspruch als nicht erhoben gilt, weil die Einspruchsgebühr nicht innerhalb der Einspruchsfrist gezahlt worden ist (§ 6 Abs. 2 PatKostG). Bei Ablauf der Einspruchsfrist am 17. Juni 2016 war weder eine Zahlung an die Bundeskasse im Wege der Überweisung nach § 2 Nr. 2 PatKostZV bewirkt, noch lagen die Voraussetzungen zur Bewirkung der Fiktion des § 2 Nr. 4 PatKostZV bei einer Zahlung per SEPA-Basislastschriftverfahren vor.
22
1. Die Gebühr für das Einspruchsverfahren in Höhe von 200,- € (Nr. 313 600 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) ist mit Einlegung des Einspruchs am 16. Juni 2016 fällig geworden (§ 3 Abs. 1 Satz 1 PatKostG) und war innerhalb von neun Monaten nach Veröffentlichung der Erteilung des Patents zu entrichten (§ 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG i. V. m. § 59 Abs. 1 Satz 1 PatG in der ab 1. April 2014 geltenden Fassung). Diese Frist endete hier, da die Erteilung des angegriffenen Patents am 17. September 2015 veröffentlicht worden war, am Freitag, den 17. Juni 2016.
23
2. Durch die Angaben in der beim Patentamt am 16. Juni 2016 eingegangenen Einspruchsschrift wurde die Zahlung nicht bewirkt bzw. kein Zahlungstag i. S. v. § 2 PatKostZV begründet.
24
a) Zwar ist der Einsprechenden, die vorträgt, dass sie den Zahlungsweg „SEPA-Basislastschriftverfahren“ des § 1 Abs. 1 Nr. 4 PatKostZV habe wählen wollen, darin zuzustimmen, dass es zur Bewirkung der Fiktion des § 2 Nr. 4 PatKostZV nicht auf die Verwendung eines bestimmten Formulars ankommt. Gemäß § 1 Abs. 2 PatKostZV „sollen“ zwar Formulare verwendet werden, ihre Benutzung ist jedoch für die Durchführung der Zahlung nicht zwingend vorgeschrieben (vgl. hierzu ausführlich BPatG, Beschluss vom 14. Januar 2016, 30 W (pat) 510/15, Mitt. 2016, 192 – babygro, betreffend die Gebührenzahlung in einer Markensache; ebenso Senatsentscheidung vom 23. November 2016, 7 W (pat) 17/16).
25
b) Angaben zum Verwendungszweck eines SEPA-Basislastschriftmandats, die in einem Schriftsatz enthalten sind, müssen allerdings hinreichend bestimmt sein, damit das Patentamt erkennen kann, von welchem Mandat Gebrauch gemacht werden soll. Nur dann, wenn nach § 2 Nr. 4 PatKostZV „Angaben zum Verwendungszweck“, „der die Kosten umfasst“, und ein gültiges SEPA-Basislastschriftmandat vorliegen, tritt die Fiktion dieser Vorschrift ein und wird ein Zahlungstag unabhängig vom tatsächlichen Buchungsvorgang bereits mit Eingang der entsprechenden Erklärung beim Patentamt begründet. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Zahlung der Einspruchsgebühr derogiert diese öffentlich-rechtliche Vorschrift die Anwendung von Bankrecht und zivilrechtlichem Vertragsrecht; auszulegen ist der Einspruchsschriftsatz in entsprechender Anwendung des § 133 BGB (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., Einleitung Rdn. 122, Rdn. 130).
26
c) Auch im Wege der Auslegung ist dem Einspruchsschriftsatz jedoch keine Erklärung zu entnehmen, die den Voraussetzungen des § 2 Nr. 4 PatKostZV genügt.
27
aa) Sein Wortlaut ist uneindeutig, denn der Einspruchsschriftsatz weist auf zwei verschiedene Zahlungswege hin. Einerseits enthält er den Hinweis „Die amtliche Gebühr in Höhe von 200 EUR wird durch Einzugsermächtigung entrichtet“. Andererseits ist im Systemformular zur elektronischen Dokumentenannahme der Zahlungsweg „Überweisung auf das Konto des DPMA“ i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 PatKostZV angegeben.
28
bb) Zwar darf die Auslegung einer Verfahrenshandlung in der hier gebotenen Anwendung des in § 133 BGB niedergelegten Rechtsgedankens nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks haften. Vielmehr ist der wirkliche Wille der Partei zu erforschen und davon auszugehen, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., Einleitung Rdn. 130; Zöller, ZPO, 33. Aufl., vor § 128 Rdn. 25, jeweils m. w. N.). Voraussetzung für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung oder Berichtigung ist aber, dass der abweichende Wille aus dem Schriftsatz oder aus sonstigen zu dessen Auslegung heranzuziehenden Umständen hervorgeht und sowohl für den Gegner als auch für das Gericht ersichtlich ist (vgl. z. B. BGH GRUR 2014, 911, Tz. 9 – Sitzgelenk m. w. N.). Für fristgebundene Verfahrenshandlungen können nur Umstände berücksichtigt werden, die innerhalb der Frist erkennbar waren (vgl. BGH BlPMZ 1974, 210, Begründung II.3, zweiter Absatz – Warmwasserbereiter; Schulte, a. a. O., Einleitung Rdn. 131 m. w. N.).
29
cc) Zusätzlich zum genannten formularmäßigen Hinweis auf die Zahlungsart „Überweisung an die Bundeskasse“ enthält der Einspruchsschriftsatz einen der Auslegung zugänglichen Hinweis darauf, dass die Einsprechende die Einspruchsgebühr mit einer Einzugsermächtigung entrichten wollte. Zur Verwendung des Begriffs „Einzugsermächtigung“ ist zu Gunsten der Einsprechenden davon auszugehen, dass sie damit nicht die bis zum 30. November 2013 mögliche, inzwischen überholte „Lastschrifteinzugsermächtigung“ gemeint hat, sondern dass sie insoweit angekündigt hat, von der in § 1 Abs. 1 Nr. 4 PatKostZV i. d. F. vom 1. Dezember 2013 genannten Möglichkeit Gebrauch machen und die Einspruchsgebühr durch die ab 1. Dezember 2013 eingeführte Zahlungsart „Erteilung eines gültigen SEPA-Basislastschriftmandats mit Angaben zum Verwendungszweck“ entrichten zu wollen.
30
dd) Entgegen der Auffassung der Einsprechenden lässt sich dieser Hinweis auf eine zweite Zahlungsart jedoch nicht dahingehend auslegen, dass ihr patentanwaltlicher Vertreter mit dem Wort „Einzugsermächtigung“ ein bestimmtes SEPA-Basislastschriftmandat meinte, das für den unterzeichnenden Patentanwalt, wie die Einsprechende erst nach Ablauf der Einspruchsfrist mitgeteilt hat, bereits seit dem Jahre 2013 mit der Mandatsreferenznummer ZUEV 8205 0000 8522 1710 2013 existierte.
31
Dazu fehlt es an einer konkreten Verknüpfung mit diesem schon erteilten Mandat. Eine solche Verknüpfung ergibt sich weder aus der Zahlungserklärung selbst, noch war sie war für das Patentamt ohne nähere Angaben aus ihren Begleitumständen ersichtlich. Der Hinweis auf eine „Einzugsermächtigung“ ohne irgendeinen Hinweis auf ein bereits erteiltes Mandat kann als Ankündigung zur Beifügung bzw. Nachreichung einer Verwendungsangabe zu einem schon erteilten Mandat oder auch als Ankündigung eines (neuen) SEPA-Basislastschriftmandats verstanden werden. Dass eine Kanzlei mehrere Konten besitzt, über die sie ihre Zahlungsvorgänge mit dem Patentamt abwickelt, liegt ebenso im Bereich des Möglichen wie die Einzahlung der Einspruchsgebühr durch die Einsprechende selbst – unter Nutzung des SEPA-Basislastschriftverfahrens oder auf andere Weise.
32
Bei Eingang des Einspruchsschriftsatzes war für das Patentamt als Erklärungsempfänger also nicht ersichtlich, ob die Einsprechende bis zum Ende der Einspruchsfrist noch eine Überweisung veranlassen, ein konkretes, bereits erteiltes SEPA-Basislastschriftmandat benennen oder ein neues Mandat mit dem Hinweis erteilen würde, dass dieses zur Einziehung der Einspruchsgebühr Verwendung finden solle. Da weitere Anknüpfungspunkte fehlten, konnte das Patentamt die Erklärung in der Einspruchsschrift bei ihrem Zugang also nur als Ankündigung einer beabsichtigten Zahlung auffassen, wobei diese Ankündigung offenlässt, ob die Einsprechende die Zahlung durch Überweisung oder auf Grundlage eines SEPA-Basislastschriftmandats bewirken wollte.
33
ee) Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass zur Auslegung ggf. auch weitere Umstände aus der noch verbleibenden Zeit bis zum Ablauf der Zahlungsfrist zu berücksichtigen sein können (vgl. BGH NJW 1971, 1844; Staudinger/Singer, Kommentar zum BGB, Buch 1, Allgemeiner Teil, §§ 90 – 124; 130 – 133; Neubearbeitung 2012, § 130 Rdn. 12 m. w. N.). Solche weiteren Umstände sind dem Patentamt bis zum Ablauf der Einspruchsfrist am Folgetag nämlich nicht bekannt geworden. Insbesondere hat die Einsprechende weder selbst eine Überweisung getätigt noch dem Patentamt ein gültiges SEPA-Basislastschriftmandat „mit Angaben zum Verwendungszweck, der die Kosten umfasst“ zur Einziehung der Einspruchsgebühr benannt. Da die Verknüpfung mit einem konkreten SEPA-Basislastschriftmandat fehlte, hatte die Einsprechende bis zum Ablauf der Zahlungsfrist nicht alles zur Bewirkung der Fiktion des § 2 Nr. 4 PatKostZV Erforderliche getan.
34
Zu Rückfragen, die zu einem früheren Zeitpunkt innerhalb der insgesamt neunmonatigen Einspruchsfrist zu einer Klärung der Sachlage hätten beitragen können, kam es so kurz vor Fristablauf nicht. Somit bleibt es dabei, dass nach Auslegung der Einspruchsschrift entsprechend § 133 BGB für das Patentamt auch bei Fristablauf nicht erkennbar war, auf welchem Zahlungsweg, ob per angekündigter Überweisung, § 1 Abs. 1 Nr. 2 PatKostZV, oder per ebenfalls angekündigter SEPA-Basislastschrift, § 1 Abs. 1 Nr. 4 PatKostZV, die beabsichtigte Zahlung der Einspruchsgebühr bewirkt werden sollte. Die Zahlung der Einspruchsgebühr wurde nicht innerhalb der Einspruchsfrist bewirkt.
35
d) Da der dem Patentamt zur Auslegung der Einspruchsschrift zur Verfügung stehende Informationsgehalt zu beiden Zeitpunkten gleich war, kommt es auf den von der Einsprechenden zur Abgrenzung von der Senatsentscheidung vom 23. November 2016 – 7 W (pat) 17/16 hervorgehobenen Umstand, dass die Einsprechende ihre Zahlungserklärung einen Tag vor Ablauf der Einspruchsfrist und nicht an deren letztem Tag übermittelt hat, im Ergebnis nicht an.
36
e) Der Sachvortrag der Einsprechenden zur Software „DPMAdirekt“ hat auf das Ergebnis der Auslegung keinen Einfluss. Ob die dort für Einsprüche voreingestellte Auswahl des Zahlungswegs „SEPA-Überweisung“ den Nutzer dazu verleitet, diesen Zahlungsweg zu wählen, kann dahinstehen, weil es die Einsprechende in ihrer Erklärung vom 16. Juni 2016 gerade nicht bei dem voreingestellten Zahlungsweg belassen, sondern auf die Zahlung durch Einzugsermächtigung verwiesen hat.
37
f) Gleiches gilt für die von der Einsprechenden aufgeworfenen Fragen, welche Informationen sich bis zum Ablauf der Einspruchsfrist durch Bedienstete des Patentamts zu Inhabern bestehender SEPA-Basislastschriftmandate hätten ermitteln lassen, über welche Konten der Verfahrensbevollmächtigte der Einsprechenden tatsächlich verfügungsberechtigt war und ob es weniger nahelag, im Rahmen der Auslegung von der Zustimmung eines dritten Mandatsgebers zu einem Zahlungsvorgang auszugehen. Denn eine Befassung mit diesen Begleitumständen im Rahmen der Auslegung der Erklärung in der Einspruchsschrift hätte vorausgesetzt, dass die Einsprechende in ihrer Erklärung einen Bezug zu einem bestimmten SEPA-Basislastschriftmandat hergestellt hätte. Wie ausgeführt, war dies jedoch nicht der Fall. Selbst wenn daher das Patentamt bis zum Ablauf der Einspruchsfrist hätte ermitteln können, dass auf den Namen des den Einspruchsschriftsatz unterzeichnenden Patentanwalts ein SEPA-Basislastschriftmandat bei ihm hinterlegt war, ist es aus den vorgenannten Gründen nicht eindeutig gewesen, ob von diesem Gebrauch gemacht werden sollte.
38
g) In ihrer Beschwerdebegründung setzt sich die Einsprechende kritisch mit dem aus der insoweit einschlägigen Rechtsprechung zitierten Erfordernis der „sicheren Vereinnahmung eines Geldbetrages zu dem in § 2 PatKostZV bestimmten Zahlungstag“ auseinander. Damit angesprochen ist das – auch im Rahmen der Auslegung von Verfahrenserklärungen zu beachtende – Postulat der Rechtssicherheit im Zahlungsverkehr mit dem Patentamt. Die von der Einsprechenden in diesem Zusammenhang erwähnte Möglichkeit, als Kontoinhaberin einer SEPA-Basislastschrift nach Kontobelastung binnen einer bestimmten Frist zu widersprechen und so eine nachträgliche Rückbuchung zu veranlassen, ist für die Auslegung der Erklärung vom 16. Juni 2016 allerdings ohne Belang. Gleiches gilt für die weiteren Ausführungen der Einsprechenden zu Wirksamkeitshindernissen und Einreden in Bezug auf bereits abgegebene Verfahrenserklärungen im Zahlungsverkehr. Wie oben ausgeführt, können zur Auslegung fristgebundener Verfahrenshandlungen nur Umstände berücksichtigt werden, die innerhalb der Frist erkennbar waren.
39
h) Entgegen den Ausführungen der Einsprechenden hat der Verordnungsgeber keine der Klärung der Auslegungsfrage im Wege stehende Rechtsunsicherheit geschaffen. Auf die hier gebotene Auslegung einer Verfahrenserklärung findet, wie dargelegt, § 133 BGB als eine dem Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstammende Vorschrift entsprechende Anwendung.
40
i) Eine Zuordnung zu einem bestimmten SEPA-Basislastschriftmandat konnte das Patentamt erst auf Grund der Informationen vornehmen, die es von der Einsprechenden am 2. April 2019, d. h. nach Ablauf der Zahlungsfrist, erhalten hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG bereits eingetreten, weshalb der Einspruch als nicht eingelegt zu gelten hat.
41
3. Auf das Rechtsinstitut der Verwirkung kann sich die Einsprechende nicht mit Erfolg berufen. Auch wenn es aus Sicht der Verfahrensbeteiligten zu Recht als ärgerlich empfunden wird, wenn von Amts wegen zu treffende Feststellungen zur Wirksamkeit oder Zulässigkeit des Einspruchs nicht zeitnah, sondern erst mehr als zwei Jahre nach Fälligkeit der Einspruchsgebühr der Einsprechenden kommuniziert werden, durfte die Einsprechende nicht darauf vertrauen, dass sich das Patentamt nach Ablauf dieser Zeit mit den Voraussetzungen zur Wirksamkeit des Einspruchs nicht mehr befassen werde. Ein solches Vertrauen ist schon deshalb nicht schutzwürdig, weil die Einsprechende die Verantwortung zur Vornahme der dazu notwendigen Verfahrenshandlungen selbst trägt. Auf ihre Bezeichnung als „Einsprechende“ im Schriftverkehr des Patentamts mit den Verfahrensbeteiligten durfte sie sich nicht verlassen. Auch den Eintritt des Zahlungserfolgs vermochte die Einsprechende eigenverantwortlich zu überprüfen – und hätte dies im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG auch gewissenhaft tun sollen, zumal eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Einspruchsgebühr ausgeschlossen ist (BGH BlPMZ 2005, 179). Als unverzichtbare Verfahrensvoraussetzung ist die Zulässigkeit des Einspruchs in jedem Verfahrensstadium von Amts wegen zu prüfen (vgl. Schulte, a. a. O., § 59 Rdn. 150 m. w. N.), was gleichermaßen für die Frage gilt, ob die für die Wirksamkeit des Einspruchs erforderliche Zahlung der Einspruchsgebühr erfolgt ist.
42
4. Aus dem Umstand, dass das Patentamt im angefochtenen Beschluss nicht auf alle Argumente der Einsprechenden eingegangen ist, ergibt sich entgegen der von dieser geäußerten Auffassung schließlich kein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, Art 103 Abs. 1 GG. Hiernach sind zwar die Prüfer des Patentamts verpflichtet, das Vorbringen der Beteiligten in Erwägung zu ziehen. Es ist jedoch grundsätzlich nicht erforderlich, sämtliche Einzelpunkte des Beteiligtenvorbingens in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (st. Rspr., z. B. BVerfGE 96, 205, 216; BVerfG NJW 2009, 1584, veröffentlicht in juris, dort Tz. 14). Die Argumentation des Patentamts im angefochtenen Beschluss wird diesen Anforderungen ersichtlich gerecht: Im vorletzten Absatz des Beschlusses hat es zum Ausdruck gebracht, dass es sich mit der Stellungnahme der Einsprechenden auseinandergesetzt, dass diese jedoch keine Tatsachen vorgebracht habe, die eine fristgerechte Zahlung der Einspruchsgebühr belegen könnten.
43
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.
III.
44
Der Antrag der Patentinhaberin, der Einsprechenden die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, ist ebenfalls zurückzuweisen. Gründe, die eine derartige Kostenauferlegung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 PatG ausnahmsweise als billig erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Die von der Patentinhaberin insoweit aufgeworfene Frage eines vorwerfbaren Verstoßes gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht des Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden bezieht sich allein auf die Einlegung des Einspruchs und nicht auf den Ablauf des Beschwerdeverfahrens. Somit verbleibt es bei dem Grundsatz, von dem die Vorschrift des § 80 Abs. 1 PatG ausgeht (vgl. Schulte, PatG, a. a. O., § 80 Rdn. 6 m. w. N.). Danach trägt jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.
IV.
45
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil keiner der Fälle des § 100 Abs. 2 PatG vorliegt.
46
Es ist keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung i. S v. § 100 Abs. 2 Nr. 1 PatG zu klären. Grundsätzlich ist eine Rechtsfrage, wenn ein Interesse der Allgemeinheit für die Zukunft besteht, insbesondere wenn sie für eine größere Anzahl von Fällen entscheidungserheblich ist (vgl. Schulte/Voß, a. a. O., § 100 Rdn. 17 m. w. N). Streitentscheidend ist hier mit der Auslegung der beim Patentamt am 16. Juni 2016 eingegangenen Einspruchsschrift jedoch eine Frage, der über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, zumal die bei der Auslegung von Willenserklärungen bzw. Verfahrenshandlungen zu beachtenden Grundsätze bereits höchstrichterlich geklärt sind.
47
Auch für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach Maßgabe des § 100 Abs. 2 Nr. 2, 1. und 2. Alt PatG besteht kein Anlass. Zwischen den von der Einsprechenden in ihrer Beschwerdebegründungsschrift bezeichneten Beschlüssen anderer Senate des Bundespatentgerichts und der vorliegenden Entscheidung besteht keine Divergenz im Sinne dieser Vorschrift. Vielmehr beruhen die genannten Beschlüsse auf Sachverhalten, die sich von der hier streitentscheidenden Auslegungsfrage unterscheiden.
48
In dem Fall, der dem von der Einsprechenden zitierten Beschluss des 33. Senats vom 11. Mai 2004 – 33 W (pat) 434/02, BPatGE 48, 163 – Unbezifferter Abbuchungsauftrag – zugrunde lag, war der dort als „amtliche Beschwerdegebühr“ bezeichnete, abzubuchende Betrag nicht beziffert, im Übrigen waren aber alle Voraussetzungen für die Einzugsermächtigung erfüllt, was vorliegend nicht der Fall ist.
49
Dem von der Einsprechenden weiter zitierten Beschluss des 25. Senats vom 28. September 2017 – 25 W (pat) 26/17- Cafet/CAFÉ ETC – lag ein Sachverhalt zugrunde, wonach die dortige Widersprechende in einem Markenbeschwerdeverfahren als Anlage zum Widerspruch ein SEPA-Basislastschriftmandat beigelegt hatte, das sich nicht auf den dort verfahrensgegenständlichen Widerspruch, sondern auf einen Antrag auf Schutzrechtsverlängerung in einem anderen Verfahren bezog, was dazu führte, dass keine wirksame Einzugsermächtigung angenommen wurde.
50
Gegenstand des Verfahrens, das dem Senatsbeschluss vom 13. November 2017 im Verfahren 7 W (pat) 30/16, BlPMZ 2018, 145 – Unrichtiger Betrag bei SEPA-Lastschrift – zugrunde lag, waren Angaben zum Verwendungszweck eines bestimmten SEPA-Basislastschriftmandats mit dort bezeichneter Mandatsreferenznummer, die sich auf einen im Vergleich zur bestehenden Kostenschuld zu niedrigen Zahlungsbetrag bezogen, wobei sich die Höhe der Kostenschuld aus den sonstigen Angaben eindeutig ergab und die Anmelderin das Patentamt zur Einziehung eines höheren Betrages gleichzeitig eindeutig ermächtigt hatte. Im hiesigen Verfahren war indes, wie ausgeführt, weder ein bestimmtes SEPA-Basislastschriftmandat benannt worden, noch stand die Höhe der zu entrichtenden Gebühren in Streit.


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