Patent- und Markenrecht

Patentnichtigkeitsklageverfahren – zur Patentfähigkeit – zur Vorveröffentlichung – zur öffentlichen Zugänglichkeit eines auf einem Meeting vorgelegten Dokuments

Aktenzeichen  5 Ni 50/16 (EP), verb. m. 5 Ni 51/16 (EP)

Datum:
12.2.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2020:120220U5Ni50.16EP.0
Normen:
Art 138 Abs 1 Buchst a EuPatÜbk
Art 54 EuPatÜbk
Spruchkörper:
5. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 694 020
(DE 600 39 081)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2020 durch den Vorsitzenden Richter Voit, die Richterin Martens sowie die Richter Dipl.-Ing. Univ. Albertshofer, Dipl.-Geophys. Univ. Dr. Wollny und Dipl.-Phys. Univ. Bieringer
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 694 020 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass es folgende Fassung erhält:
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Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist für jede Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents EP 1 694 020 (Streitpatent), das am 10. März 2000 angemeldet wurde und auf die als WO 00/54473 veröffentlichte Stammanmeldung (vorgelegt als BDP2wo bzw. N4) zurückgeht. Das Streitpatent nimmt die folgenden drei US-Prioritäten in Anspruch: US 124222 P vom 12.03.1999, US 161115 P vom 22.10.1999 sowie US 177081 P vom 19.01.2000.
2
Es trägt in der Verfahrenssprache die Bezeichnung: „Multicarrier modulation system and method“ und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 600 39 081.0 geführt. Das Streitpatent, das von den Klägern in vollem Umfang angegriffen ist, umfasst 24 Patentansprüche, von denen die Ansprüche 1, 7, 13 und 19 nebengeordnet sind.
3
Diese lauten nach der Streitpatentschrift (EP 1 694 020 B1) wie folgt:
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4
In deutscher Übersetzung nach der Streitpatentschrift lauten diese Ansprüche:
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5
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 6, 8 bis 12, 14 bis 18 sowie 20 bis 24 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
6
Mit ihren Klagen jeweils vom 26. Juli 2016 greifen die Klägerinnen der beiden Verfahren das Streitpatent in vollem Umfang an und machen übereinstimmend fehlende Patentfähigkeit (fehlende Neuheit und mangelnde erfinderische Tätigkeit) geltend sowie, dass die Erfindung über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe.
7
Die Klägerinnen im Verfahren 5 Ni 51/16 (EP) berufen sich darüber hinaus auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit der erfinderischen Lehre.
8
Sämtliche Klägerinnen rügen zudem, dass das Streitpatent die Prioritäten nicht wirksam in Anspruch nehme, da das Prioritätsrecht nicht wirksam vom Erfinder auf die Anmelderin übertragen worden sei und zumindest die beiden älteren Prioritäten nicht alle beanspruchten Merkmale zeigten.
9
Die Klägerinnen im Verfahren 5 Ni 50/16 (EP) stützen ihren Vortrag unter anderem auf folgende Dokumente:
10
BDP2 Streitpatentschrift EP 1 694 020 B1
11
BDP2wo WO 00/54473 A1 (internationale Anmeldung), [entspricht N4 im Verf. 5 Ni 51/16]
12
BDP2prio1 US-Prioritätsanmeldung US 60/124,222 vom 12.03.1999
13
BDP2prio2 US-Prioritätsanmeldung US 60/161,115 vom 22.10.1999
14
NiK1 ITU Temporary Document AB-080, veröffentlicht im Rahmen eines Treffens der ITU Study Group 15, das vom 3. bis 7. August 1998 in Antwerpen stattfand (nachfolgend „AB-080″)
15
NiK2 ITU Temporary Document AB-028, veröffentlicht im Rahmen eines Standardisierungstreffens der ITU Study Group 15, das vom 3. bis 7. August 1998 in Antwerpen stattfand (nachfolgend „AB-028″)
16
NiK2a “Recommendation G.lite Draft Document” als Temporary Document AB-008 veröffentlicht ebenfalls bei dem Treffen in Antwerpen (nachfolgend “AB-008”)
17
NiK3 ITU Beitrag “Temporary Document MA-027” für das ITU-T SG15 meeting, Melbourne, Australien, 29. März bis 2. April, 1999.
18
NiK3a Auszüge aus dem Report des ITU Meetings in Melbourne, Communication Standards Review, Volume 10, Number 4, May 1999 (CSR-10/04)
19
NiK4 ITU Beitrag “Temporary Document NT-037” für das ITU-T SG15 meeting, Nashville, Tennessee, USA, 1. bis 5. November 1999.
20
NiK4a Auszüge aus dem Report des ITU Meetings in Nashville (CSR-10/11)
21
NiK5 WO 98/57472 A1
22
BDP7 Uploadnachweis zu NK2i aus Verf. 5 Ni 51/16
23
BDP8 Uploadnachweis zu NK4c aus Verf. 5 Ni 51/16
24
BDP9 US 7,050,458 B1
25
BDP10 Thomas Sterr, John M. Cioffi, Peter J. Silverman: „Understanding Digital Subscriber Line Technology”, 1999 Prentice Hall, ISBN-0-13-780545-4
26
Die Nichtigkeitsklage zu 5 Ni 51/16 ist unter anderem gestützt auf folgende Dokumente:
27
N1 Streitpatentschrift EP 1 694 020 B1
28
N3 Veröffentlichung EP 1 694 020 A1 der für das Streitpatent eingereichten Anmeldeunterlagen
29
N4 Veröffentlichung WO 00/54473 A1 der für die Stammanmeldung ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen
30
N5a US-Prioritätsanmeldung US 60/124,222
31
N5b US-Prioritätsanmeldung US 60/161,115
32
N5c US-Prioritätsanmeldung US 60/177,081
33
NK1 „Draft new Recommendation G.992.1: Asymmetrical Digital Subscriber Line (ADSL) Transceiver”, Temporary Document 44 (PLEN), ITU – Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15, Genf, 12. bis 23. Oktober 1998
34
NK1a Veröffentlichungsnachweis zu NK1: Dateiverzeichnis des ITU-Dateiservers zu dem Arbeitsgruppentreffen in Genf, 12. bis 23. Oktober 1998, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1/q4/98-10-Geneva/
35
NK1b Kopie der Zeitschrift „Communications Standards Review Telecommunications” von November-Dezember 1998 über das ITU-T Meeting in Genf, Schweiz, 12. bis 23. Oktober 1998, und den dort veröffentlichten Standardisierungsvorschlag TD-44 (PLEN) gemäß Anlage NK1, abrufbar über http://www.lindahall.org/csr/pdfs/csrt908.pdf
36
NK2 „G.lite – Thoughts on dynamic power saving methods”, Temporary Document AB-028, ITU – Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15, Antwerpen, Belgien, 3. bis 7. August 1998
37
NK2a Veröffentlichungsnachweise zu NK2, NK3 und NK6: Dateiverzeichnis des ITU-Dateiservers zu dem Arbeitsgruppentreffen in Antwerpen, Belgien, 3. bis 7. August 1998, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1/q4/98-08-Antwerp
38
NK2b Ausdruck einer E-Mail über das Hochladen der Anlage NK2 auf den Server der ITU, abrufbar über http://ties.itu.int/listarchives/tsg15-sav-052005/tsg15q4/msg00596.html
39
NK2c Kopie der Zeitschrift „Communications Standards Review Telecommunications” von August-September 1998 über das ITU-T Meeting in Antwerpen, Belgien (3. bis 7. August 1998) und den dort veröffentlichten Standardisierungsvorschlag AB-028 gemäß Anlage NK2, abrufbar über http://www.lindahall.org/csr/pdfs/csrt906.pdf
40
NK2d ITU-Dokumentation „Work methods for study groups of the ITU Telecommunication Standardization Sector (ITU-T)” aus 1996
41
NK2h Ausdruck einer Webseite der Linda Hall Library mit Verweis auf die zwischen 1995 und 1998 herausgegebenen Exemplare der Zeitschrift „Communications Standards Review Telecommunications”, abrufbar über http://www.lindahall.org/csr-collection/
42
NK2i „Admin: Paper Submission Guidelines for Antwerp, Belgium” (AB-012R1) zu dem Arbeitsgruppentreffen in Antwerpen, Belgien, 3. bis 7. August 1998, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1/q4/98-08-Antwerp/
43
NK2j „Admin: TIES Registration Information” (AB-013) zu dem Arbeitsgruppentreffen in Antwerpen, Belgien, 3. bis 7. August 1998, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1/q4/98-08-Antwerp/
44
NK2k Stellungnahme bzgl. nicht vorhandener Vertraulichkeitsverpflichtung in der ITU, veröffentlicht um April 1999
45
NK3 „Recommendation G.lite Draft Document”, Temporary Document AB-008, ITU – Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15, Antwerpen, Belgien, 3. bis 7. August 1998
46
NK3a Ausdruck einer E-Mail über das Hochladen der Anlage NK3 auf den Server der ITU, abrufbar über http://ties.itu.int/listarchives/tsg15-sav-052005/tsg15q4/msg00576.html
47
NK4 „G.gen.bis: Seamless Rate Adaptation (SRA): a fast, robust, efficient protocol for on-line rate adaptation and power management”, Temporary Document MA-027, ITU – Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15, Melbourne, Australien, 29. März bis 2. April 1999
48
NK4a Veröffentlichungsnachweis zu NK4: Dateiverzeichnis des ITU-Dateiservers zu dem Arbeitsgruppentreffen in Melbourne, Australien, 29. März bis 2. April 1999, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1/q4/99-03-Melbourne/
49
NK4b Ausdruck einer E-Mail über das Hochladen der Anlage NK4 auf den Server der ITU, abrufbar über http://ties.itu.int/listarchives/tsg15-sav-052005/tsg15q4/msg01288.html
50
NK4c „Q4/SG15 Rapporteur Meeting Electronic Document Submission Guidelines” (MA-012) zu dem Arbeitsgruppentreffen in Melbourne, Australien, 29. März bis 2. April 1999, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1/q4/99-03-Melbourne/
51
NK5 „Communications standards review”, Volume 10, Number 4, May 1999
52
NK6 „G.gen: Quiescent Mode for G.lite and G.dmt”, Temporary Document AB-080, ITU – Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15, Antwerpen, Belgien, 3. bis 7. August 1998
53
NK6a Ausdruck einer E-Mail über das Hochladen der Anlage NK6 auf den Server der ITU, abrufbar über http://ties.itu.int/listarchives/tsg15-sav-052005/tsg15q4/msg00591.html
54
NK7 W0 98/57472 A1, veröffentlicht am 17. Dezember 1998
55
NK8 US 5,521,906, veröffentlicht am 28. Mai 1996
56
NK9 „DMT-based ADSL: concept, architecture, and performance”, Chow P S et al., IEE, 19. Oktober 1994, Seiten 3/1-3/5
57
NK10 „Simulation and Experimental Studies on the Concept of a Rate-Adaptive Digital Subscriber Loop (RA-DSL)”, Grover W D et al., IEEE Journal on Selected Areas in Communications, IEEE Service Center, Piscataway, NJ, US, vol. 9, no. 6, August 1991, Seiten 941-950, ISSN: 0733-8716
58
NK11 „G.gen: Seamless Rate Adaptation (SRA) and VoDSL”, Temporary Document NT-037, lTU – Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15, Nashville, Tennessee, USA, 1. bis 5. November 1999
59
NK11a Veröffentlichungsnachweis zu NK11: Dateiverzeichnis des ITU-Dateiservers zu dem Arbeitsgruppentreffen in Nashville, Tennessee, USA, 1. bis 5. November 1999, abrufbar über https://www.itu.int/ifa/t/2001/sg15/2001_xchange/wp1l/q4/99-11-Nashville/
60
NK11b Ausdruck einer E-Mail über das Hochladen der Anlage NK11 auf den Server der ITU, abrufbar über http://ties.itu.int/listarchives/tsg15-sav-052005/tsg15q4/msg01861.html
61
NK12 Auszüge aus „Communications standards review”, Volume 10, Number 11, Dezember 1999
62
Nach Verbindung der beiden Verfahren gemäß § 147 ZPO durch Beschluss vom 6. September 2018 haben die Klägerinnen unter anderem noch folgende Dokumente eingereicht:
63
N15 Eidesstattliche Versicherung von B… vom 12. April 2018
64
N16 Eidesstattliche Versicherung von K… vom 11. April 2018
65
N17 Gutachten von Prof. H… zu NK2 und NK3, samt Anlage GH1 – T1.413-1998 und GH2-Lebenslauf des Autors
66
NK2l REPORT OF 4 INTERIM RAPPORTEUR MEETINGS – 1998, Genf, 12. bis 23 Oktober 1998
67
NK2m Dateiverzeichnis vom ITU-Server betreffend NK2l
68
NK3b Kopie des ITU „AB-008“ (NK3) von der Linda Hall Library (5109 Cherry Street, Kansas City, M O 64110-2498)
69
NK3c Bestellbestätigung zu NK3b
70
NK13 US 5,479,447
71
NK14 Temporary Document CI-051, Chicago, 6.-9. April 1998
72
NK14a Dateiverzeichnis vom ITU-Server betreffend NK14
73
NK15 Temporary Document, NF-059, Nizza, 11.-14. Mai 1998
74
NK15a Dateiverzeichnis vom ITU-Server betreffend NK15
75
NK16 Temporary Document, WH-119, Waikiki, Hawaii, 29. Juni bis 3. Juli 1998
76
NK16a Dateiverzeichnis vom ITU-Server betreffend NK16
77
NK17 WO 99/52219 A1
78
Die Klägerinnen zu 2 und 3 im Verfahren 5 Ni 50/16 (EP) haben am 19. Juni 2019 die Rücknahme der Klage erklärt.
79
Die Klägerinnen beantragen übereinstimmend,
80
das europäische Patent EP 1 694 020 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im vollen Umfang für nichtig zu erklären.
81
Die Beklagte beantragt,
82
die Klagen kostenpflichtig abzuweisen,
83
hilfsweise das Streitpatent mit einem der mit Schriftsatz vom 5. September 2019 eingereichten Hilfsanträge 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 3, 3a, 3b, 4, 4a, 4b, 5, 5a, 5b, 6, 6a, 6b, 7, 7a, 7b, 8, 8a, 8b, in dieser Reihenfolge, aufrecht zu erhalten, weiter hilfsweise nach Maßgabe eines der Hilfsanträge 1 bis 8 gem. Schriftsatz vom 5.Juli 2019.
84
Die Klägerinnen halten die Nichtigkeitsklage auch gegenüber den Fassungen nach den Hilfsanträgen aufrecht.
85
Patentanspruch 1 nach dem Hilfsantrag 1 lautet (gegliedert und mit gegenüber der erteilten Fassung hervorgehobenen Änderungen):
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86
Patentanspruch 1 der Fassung nach Hilfsantrag 1a ist gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 1 um das Merkmal 1.f ergänzt:
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87
In der Fassung von Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1b hat das Merkmal 1f folgenden geänderten Wortlaut:
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88
Die Fassung nach Hilfsantrag 2 ist im Tenor wiedergegeben. Wegen der Fassungen nach den Hilfsanträgen 1, 1a und 1b im Übrigen und wegen der weiteren hilfsweise zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 5. Juli und vom 5. September 2019 Bezug genommen.
89
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerinnen in allen Punkten entgegen. Die Nichtigkeitsklagen seien zurückzuweisen und das Streitpatent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Die erteilte Anspruchsfassung sei gegenüber der Ursprungsoffenbarung nicht unzulässig erweitert, die erfindungsgemäße Lehre für den Fachmann ausreichend offenbart und somit ausführbar.
90
Da die früheste Priorität zutreffend in Anspruch genommen werde, könnten die „Temporary Documents“, die mangels Vorveröffentlichung ohnehin nicht zum Stand der Technik zählten, die Patentfähigkeit nicht in Frage stellen. Selbst wenn eine Vorveröffentlichung vor dem Prioritätstag unterstellt werden würde, könnten die vorgelegten Dokumente die Merkmale der geltenden Patentansprüche weder vorwegnehmen noch nahelegen. Dies gelte auch für die weiteren Entgegenhaltungen. Jedenfalls in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen habe das Streitpatent daher Bestand.
91
Die Beklagte stützt ihre Argumentation unter anderem auf folgende Dokumente:
92
NB1 Arbeitsvertrag A… Inc., datiert vom 30. Mai 1991
93
NB1a Deutsche Übersetzung zu NB1
94
NB2 Fachliche Stellungnahme des Richters am Bundesgerichtshof a.D. K1… vom 28. März 2017
95
NB3 ITU-Richtlinien „Guidelines for TIES access”, abrufbar unter https://web.archive.org/web/20030715000000*/https://www.itu.int/TIES/registration/DM1003.pdf
96
NB4 Urteil des LG Düsseldorf zu 4c O 42/17 vom 8. Mai 2017
97
NB5 Eidesstattliche Versicherung von T…
98
NB5a Übersetzung der Anlagen 2 und 3 der NB5
99
NB6 Gutachten der im US-Bundesstaat Massachusetts zugelassenen Rechtsanwältin O… vom 14. April 2017
100
NB6a Deutsche Übersetzung zu NB6
101
NB7 Eidesstattliche Versicherung des Erfinders T1…
102
NB7a Deutsche Übersetzung zu NB7
103
NB8 Rechtsgutachten des Herrn Prof. B1…, US-Rechtsanwaltmit Zulassung W…
104
NB8a Deutsche Übersetzung zu NB8
105
NB12 Zweisprachige eidesstattliche Versicherung von T1…
106
NB13 LG Düsseldorf, Urteil vom 11. Juli 2018 – 4c 0 77/17 -, juris
107
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf den Akteninhalt sowie die Sitzungsniederschriften vom 18. September 2019 und vom 12. Februar 2020 Bezug genommen.
108
Mit einem Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG vom 5. Juni 2019 hat der Senat den Parteien die Gesichtspunkte mitgeteilt, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sind.

Entscheidungsgründe

A.
109
Die zulässigen Klagen sind teilweise begründet. In der erteilten Fassung ist das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland wegen unzulässiger Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1c EPÜ) und auch mangels Patentfähigkeit für nichtig zu erklären (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1a, Art. 52 – 57 EPÜ). Aus diesen Gründen kann das Streitpatent auch in keiner der Fassungen nach den Hilfsanträgen 1, 1a und 1b Bestand haben. Der Fassung nach Hilfsantrag 2 stehen jedoch keine Nichtigkeitsgründe entgegen, so dass die Klagen insoweit abzuweisen waren.
110
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
111
1. Das Streitpatent betrifft Kommunikationssysteme und –verfahren, die sich der Mehrträgermodulation („multicarrier modulation“) bedienen, insbesondere solche, die Mehrträgermodulation mit adaptiver Übertragungsrate („rate adaptive“) verwenden (Streitpatentschrift, Abs. [0001]).
112
Gemäß Streitpatentschrift wird bei Mehrträgermodulation (auch „Discrete Multitone Modulation“ DMT) die Übertragungsbandbreite in mehrere Kanäle („subchannels“), die so genannten Träger („carriers“) unterteilt, wobei jeder Träger Bits individuell moduliert. Ein Sender moduliert einen Eingangsdatenstrom auf einen oder mehreren Trägern und überträgt die modulierte Information, die ein Empfänger demoduliert und daraus den Ausgangsdatenstrom bildet (Streitpatentschrift, Abs. [0002]).
113
Die Vorteile der Mehrträgermodulation gegenüber der Einzelträgermodulation sind beispielsweise eine höhere Immunität gegenüber Impulsrauschen, eine niedrigere Komplexität beim Entzerren im Fall von Mehrfachpfaden, eine höhere Immunität gegenüber schmalbandigen Störungen und eine höhere Flexibilität bei der Datenrate und der Bandbreite. Daher wird die Mehrträgermodulation aus diesen und anderen Gründen in vielen Anwendungen, besonders bei ADSL-Systemen, WLAN, PowerLine etc. eingesetzt. Die ITU-Standards G992.1 und G992.2 sowie der ANSI-Standard T1.413 spezifizieren Standardimplementierungen für ADSL-Transceiver, die die Mehrträgermodulation nutzen (Streitpatentschrift, Abs. [0003]).
114
Ein standardkonformer ADSL-DMT-Sender weist drei Schichten auf, nämlich einen MODULATION LAYER, der die Funktionalitäten zur Mehrträgermodulation bereitstellt, einen FRAMER/FEC-LAYER, der die Funktionalitäten zur Modulation eines Bitstroms bereitstellt und einen ATM TC LAYER, der Bits und Bytes in die Zellen eines ATM-Rahmens (ATM: Asynchronous Transfer Mode) umwandelt (Streitpatentschrift, Abs. [0004] – [0009] i. V. m. Fig.1), wobei die weiteren Einzelheiten in den Absätzen [0005] bis [0008] der Streitpatentschrift beschrieben werden.
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115
Die Parameter des FRAME/FEC-LAYER sind die Größe des R-S Codeworts (Read-Solomon-Codewort) und die Tiefe des Interleavers sowie die Größe des ADSL-FRAMES. Im (seinerzeit) aktuellen ADSL-Standard besteht eine spezielle Beziehung zwischen diesen Parametern für ein Mehrträgermodulationssystem, insbesondere ist die Größe der BAT (Bit Allocation Table) ein ganzzahliger Teiler der Länge des R-S-Codeworts (Streitpatentschrift, Abs. [0010]).
116
ADSL-Frames enthalten Overhead-Bytes, die nicht Teil der Nutzdaten sind und für die Kommunikation zwischen den Modems verwendet werden. Ein solches, für den Overhead-Kanal verwendetes Byte eines ADSL-Rahmens steht für Daten des Nutzers nicht zur Verfügung, was die Datenrate des Nutzers mindert. Inhalt und Form dieser Kanäle wiederum sind in den ITU- bzw. ANSI-Standards beschrieben (Framing), wobei es unterschiedliche Betriebsarten gibt, die entweder mehr oder weniger Overhead-Bytes aufweisen (Streitpatentschrift, Abs. [0012]). Daraus resultieren Beschränkungen für die Parameterwahl, die sich in vier Bedingungen formulieren lassen. Die (hier herausgegriffene) 4. Bedingung besagt, dass ein ADSL-Modem die Anzahl der Bits in einem DMT-Symbol (NBAT) nicht ändern kann, ohne auch entsprechend die Anzahl der Bytes in den R-S Codewörtern (NFEC) und in den ADSL-Frames (NFRAME) zu ändern (Streitpatentschrift, Abs. [0013]). Gemäß den Absätzen [0018] bis [0022] der Streitpatentschrift berührt diese Bedingung die Fähigkeit der Modems, Übertragungsparameter dynamisch online anzupassen. Die Standards G992.1 und T1.413 spezifizieren zwar einen als Dynamic Rate Adaption (DRA) bekannten Mechanismus, jedoch ist dieser nicht nahtlos („seamless“), also nicht ohne Unterbrechung der Datenübertragung. (Seinerzeit) Aktuelle ADSL-DMT-Modems nutzen darüber hinaus das Bit-Swapping, das als Verfahren zur Online-Anpassung von Änderungen des Kanals spezifiziert sei; dieses Verfahren sei zwar nahtlos („seamless“), erlaube aber keine Änderung der Datenrate, denn beim Bit-Swapping werden nur die Einträge der Zuteilungstabelle (BAT) geändert, aber die Anzahl der Bits pro DMT-Symbol bleibt gleich, daher auch die Übertragungsrate („…while maintaining the same data rate…“) (Streitpatentschrift, Abs. [0019]).
117
Sowohl Bit-Swapping als auch Dynamic Rate Adaption (DRA) verwenden standardkonform ein Protokoll zum Aushandeln der Änderungen über einen eingebetteten Kanal (AOC Channel), der als störanfällig und in der Lage beschrieben wird, das System in einen unerwünschten Zustand zu versetzen, sogar evtl. bis zur Neuinitialisierung des Systems (Streitpatentschrift, Abs. 0021]), weshalb der Bedarf für ein verbessertes DMT-Übertragungssystem offensichtlich sei (Streitpatentschrift, Abs. [0023]).
118
Die Patentschrift US 5 521 906 (als Anlage NK8 eingereicht) offenbare ein Kommunikationssystem auf der Basis eines Mehrträgermodulationsverfahrens, bei dem die Zuordnungen der Kanäle dadurch aktualisiert werden, dass die eine Seite von der anderen in periodischen Abständen eine aktualisierte Bitzuordnungsinformation („updated bit loading information“) anfordert, nach deren Empfang die erste Seite die aktualisierte Bitzuteilungstabelle bestimmt (Streitpatentschrift, Abs. [0024]).
119
Die Offenlegungsschrift WO 98/57472 A1 (Als Anlage NK7 bzw. NiK5 eingereicht) betrifft eine adaptive Bitzuordnung für eine variable Bandbreite bei einer Mehrträgermodulation. Ein Algorithmus misst von Zeit zu Zeit das Signal-/Rauschverhältnis der Kanäle und ermittelt in Abhängigkeit von der gegebenen Bitfehlerrate und der gewünschten Übertragungsrate die Grenzen für jeden Kanal. Sowohl im Sender als auch im Empfänger werden Paarungen von Bitzuteilungstabellen vorgehalten und jeweils dann aktualisiert, wenn sie gerade nicht verwendet werden. Nach der Aktualisierung wird ein Flag gesendet (Streitpatentschrift, Abs. [0025]).
120
2. Vor diesem Hintergrund stellt sich das Streitpatent die Aufgabe, ein verbessertes Mehrträgermodulationsverfahren (DMT) bereit zu stellen, bei dem die Übertragungsparameter in einfacher und zuverlässiger Weise geändert werden können (Streitpatentschrift, Abs. [0026]), was nach Streitpatent, Absatz [0028] eine Änderung der Übertragungsbitrate nahtlos während des Betriebs erlaubt.
121
3. Als einschlägigen Fachmann definiert der Senat einen Diplom-Ingenieur (Univ. oder Master) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Schwerpunkt Nachrichtentechnik und Berufserfahrung in der Konzeption von DSL-Kommunikationssystemen inklusive der verwendeten Modulationsverfahren sowie deren Eigenschaften. Dieser Fachmann ist über die aktuellen Entwicklungen und Vorschläge in den einschlägigen Standardisierungsgremien informiert und kennt die in den verschiedenen DSL-Standards hierfür verwendeten und diskutierten Lösungsansätze.
122
II. Zur erteilten Fassung
123
1. Zur Lösung der oben genannten Aufgabe schlägt das Streitpatent in den nebengeordneten Ansprüchen 1 und 7 jeweils Verfahren zum Ändern von Übertragungsparametern in einem Mehrträger-Sender bzw. –Empfänger sowie in den Ansprüchen 13 und 19 entsprechende Vorrichtungen vor, die gegliedert und mit deutscher Übersetzung lauten:
124
Gliederung des Patentanspruchs 1:
125
        
geltende Fassung lt. Streitpatentschrift
dt. Übers. lt. Streitpatentschrift
1.    
Method of changing transmission parameters in a multicarrier transmitter
Verfahren zum Ändern von Übertragungsparametern in einem Mehrträger-Sender,
1.a     
configured to transmit data-carrying DMT symbols and non-data carrying DMT symbols,
der dafür ausgelegt ist, datentragende DMT-Symbole und nicht datentragende DMT-Symbole zu senden,
1.b     
with a non-data carrying DMT symbol being transmitted after every N data-carrying DMT symbols,
wobei ein nicht datentragendes DMT-Symbol nach jeden N datentragenden DMT-Symbolen gesendet wird,
        
characterized by
gekennzeichnet durch
1.c     
signaling a change in transmission parameters with a change in phase of the non-data carrying DMT symbol.
Signalisieren einer Änderung von Übertragungsparametern mit einer Änderung der Phase des nicht datentragenden DMT-Symbols.
126
Gliederung des Patentanspruchs 7:
127
        
geltende Fassung lt. Streitpatentschrift
dt. Übers. lt. Streitpatentschrift
7.    
Method of changing reception parameters in a multicarrier receiver
Verfahren zum Ändern von Empfangsparametern in einem Mehrträger-Empfänger,
7.a     
configured to receive data-carrying DMT symbols and non-data carrying DMT symbols,
der dafür ausgelegt ist, datentragende DMT-Symbole und nicht datentragende DMT-Symbole zu empfangen,
7.b     
with a non-data carrying DMT symbol being received after every N data-carrying DMT symbols,
wobei nach jeden N datentragenden DMT-Symbolen ein nicht datentragendes DMT-Symbol empfangen wird,
        
characterized by
gekennzeichnet durch
7.c     
detecting a change in phase of the non-data carrying DMT symbol.
Detektieren einer Änderung der Phase des nicht datentragenden DMT-Symbols.
128
Gliederung des Patentanspruchs 13:
129
        
geltende Fassung lt. Streitpatentschrift
dt. Übers. lt. Streitpatentschrift
13.     
A multicarrier transmitter configured to transmit data-carrying DMT symbols and non-data carrying DMT symbols,
Mehrträger-Sender, der dafür ausgelegt ist, datentragende DMT-Symbole und nicht datentragende DMT-Symbole zu senden,
13.a   
with a non-data carrying DMT symbol being transmitted after every N data-carrying DMT symbols,
wobei nach jeden N datentragenden DMT-Symbolen ein nicht datentragendes DMT-Symbol gesendet wird,
13.b   
comprising means for changing transmission parameters
mit Mitteln zum Ändern von Übertragungsparametern,
        
characterized by
gekennzeichnet durch
13.c   
signaling a change in transmission parameters with a change in phase of the non-data carrying DMT symbol.
Signalisieren einer Änderung von Übertragungsparametern mit einer Änderung der Phase des nicht datentragenden DMT-Symbols.
130
Gliederung des Patentanspruchs 19:
131
        
geltende Fassung lt. Streitpatentschrift
dt. Übers. lt. Streitpatentschrift
19.     
A multicarrier receiver configured to receive data-carrying DMT symbols and non-data carrying DMT symbols,
Mehrträger-Empfänger, der dafür ausgelegt ist, datentragende DMT-Symbole und nicht datentragende DMT-SymboIe zu empfangen,
19.a   
with a non-data carrying DMT symbol being received after every N data-carrying DMT symbols,
wobei nach jeden N datentragenden DMT-Symbolen ein nicht datentragendes DMT-Symbol empfangen wird,
19.b   
comprising means for changing reception parameters
mit Mitteln zum Ändern von Empfangsparametern,
        
characterized by
gekennzeichnet durch
19.c   
detecting a change in phase of the non-data carrying DMT symbol.
Detektieren einer Änderung der Phase des nicht datentragenden DMT-Symbols.
132
2. Der Senat legt diesen Ansprüchen folgendes Verständnis zu Grunde:
133
Der Fachmann versteht unter „datentragende“ Symbole, ganz allgemein Symbole mit Nutzlast („payload“). Unter einem „nicht-datentragenden“ Symbol versteht er ein Kontroll- oder Steuersymbol (auch Parameter, Overhead, Header u.Ä.). Gemäß Beschreibung ist das Sync-Symbol ein nicht-datentragendes Symbol (vgl. Streitpatentschrift Abs. [0079]). Die Merkmalsgruppen 1.a bzw. 7.a und 1.b bzw. 7.b betreffen somit also einen Rahmen (Frame) bestehend aus Nutzdaten und Steuerdaten, die in bestimmten Abständen („N“) gesendet bzw. empfangen werden.
134
Mit Patentanspruch 1 wird ein Verfahren zum Ändern von Übertragungsparametern („changing transmission parameters“) in einem Mehrträgersender („multicarrier transmitter“) beansprucht. Gemäß Streitpatentschrift (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0021]) bildet die Bit Allocation Table (BAT) einen solchen Übertragungsparameter. Auch Datenrate, R-S Codewortlänge und Interleavertiefe sind als Übertragungsparameter beschrieben. Dem Wortlaut folgend ist das Merkmal 1 jedoch nicht auf die o.g. Parameter beschränkt. Das beanspruchte Verfahren ist geeignet, in einem Sender mit Mehrträgermodulation angewendet zu werden, wobei der Sender gemäß Merkmal 1.a so konfiguriert ist, dass sowohl datentragende als auch nicht-datentragende DMT-Symbole übertragen werden können.
135
Der Sender wird gemäß Merkmal 1.b so konfiguriert, dass nach jeweils N datentragenden DMT-Symbolen jeweils ein nicht-datentragendes DMT-Symbol übertragen wird. Gemäß Ausführungsbeispiel (vgl. Abs. [0079] der Streitpatentschrift) wird ein Sync-Symbol alle 69 Symbole übertragen, was gemäß ANSI und ITU ein festes nicht-datentragendes DMT-Symbol sei. Ein Beispiel ist das in der Streitpatentschrift zitierte ANSI T1.413 Framing mode #3 (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0013], [0059],[0060]).
136
Das kennzeichnende Merkmal 1.c versteht der Fachmann dahingehend, dass der Transmitter konfiguriert ist, um (dem Receiver) eine Änderung in den Übertragungsparametern zu signalisieren, indem die Phase des nicht-datentragenden DMT-Symbols geändert wird. Gemäß fachmännischem Verständnis handelt es sich bei dem nicht-datentragenden DMT-Symbol gemäß Merkmal 1.c um dasselbe DMT-Symbol, das gemäß Merkmal 1.b in regelmäßigen Abständen gesendet wird, jedoch mit geänderter Phase. Das Ausführungsbeispiel beschreibt in diesem Zusammenhang ein invertiertes Sync-Symbol („inverted sync symbol“, vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0079]). Das mit geänderter Phase übertragene DMT-Symbol wird somit an N-ter Stelle übertragen.
137
Der Patentanspruch 7 betrifft eine Änderung der Empfangsparameter in einem Mehrträger-Empfänger (Merkmal 7). Nach fachmännischem Verständnis ist das beanspruchte Verfahren geeignet, in einem Empfänger verwendet zu werden, der datentragende und nicht-datentragende DMT-Symbole empfängt (Merkmale 7.a). Nicht beansprucht – jedoch würde der Fachmann davon ausgehen – ist, dass der Empfänger, die entsprechenden Symbole demodulieren kann. Die Merkmale 7.a und 7.b charakterisieren den Empfänger dahingehend, dass er entsprechende Frames empfangen kann. Das Merkmal 7.c ist dahingehend zu verstehen, dass verfahrensgemäß am Empfänger eine Änderung der Phase des nicht-datentragenden DMT Symbols erfasst wird. Aus dem Ausführungsbeispiel entnimmt der Fachmann, dass Sender und Empfänger paarweise vorhanden sein müssen und dass das nicht-datentragende DMT Symbol ein Sync-Symbol sein kann. Dem Wortlaut folgend ist das aber nicht beansprucht. Somit fallen auch beliebige andere Symbole unter den Wortlaut des Patentanspruchs. Darüber hinaus versteht der Fachmann die Merkmale des Patentanspruchs 7 analog zum Patentanspruch 1, wobei jedoch jeder für sich unabhängig ist, d.h. dass das Verfahren des Senders nicht an den Empfänger gebunden ist (und umgekehrt).
138
Der Mehrträgersender gemäß Patentanspruch 13 ist dazu geeignet, datentragende Symbole und nach jedem N-ten Symbol ein nicht-datentragendes Symbol zu senden (Merkmale 13, 13.a). Vorrichtungsgemäß weist der beanspruchte Sender Mittel zum Ändern von Übertragungsparametern auf (Merkmal 13.b), welche nur funktional dahingehend spezifiziert sind, dass sie Parameter ändern können. Gemäß Beschreibung kann ein Modulator in einem Sender als Teil eines Transceivers (vgl. Streitpatentschrift, Abs.[0052]) zunächst eine Bitzuteilungstabelle mit einer ersten Übertragungsrate und danach eine Bitzuteilungstabelle mit einer zweiten Übertragungsrate verwenden (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0037] i. V. m. Fig. 1), worauf der Anspruch aber nicht beschränkt ist. Gemäß Merkmal 13.c ist der Sender geeignet, eine Änderung der Übertragungsparameter (gemäß Ausführungsbeispiel kann das ein Umschalten auf eine andere Bitzuteilungstabelle sein) mit einer Änderung des nicht-datentragenden Symbols zu signalisieren. Der Fachmann versteht, dass der Sender die Phase des Symbols ändern kann oder ein entsprechend phasenverschobenes Symbol verwendet. Das Ausführungsbeispiel beschreibt, dass das Sync-Symbol gemäß ANSI T1.413 invertiert wird (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0079]).
139
Der Patentanspruch 19 beansprucht einen Mehrträger-Empfänger, der dazu geeignet ist, datentragende Symbole und nach jedem N-ten Symbol ein nicht-datentragendes Symbol zu empfangen (Merkmale 19, 19.a). Vorrichtungsgemäß weist der beanspruchte Empfänger Mittel zum Ändern von Empfangsparametern auf (Merkmal 19.b), welche nur funktional dahingehend spezifiziert sind, dass sie Empfangsparameter ändern können. Gemäß Beschreibung kann das ein Demodulator sein, der eine nahtlose Änderung zu einer zweiten Empfangsbitrate bewirkt (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0038]), worauf der Anspruch aber nicht beschränkt ist. Vielmehr umfasst der Wortlaut des Patentanspruchs 19 auch Mittel, die Empfangsparameter in anderer Weise als nahtlos ändern. Gemäß Merkmal 19.c ist der Empfänger geeignet, eine Änderung in der Phase des nicht-datentragenden Symbols zu detektieren. Zwar ist nicht beansprucht, welche Mittel der beanspruchte Empfänger dazu aufweist, jedoch weiss der Fachmann, wie ein Empfänger, der Phasenverschiebungen detektieren kann, aufgebaut ist (z.B. ein Demodulator).
140
3. Zum Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1c EPÜ)
141
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung geht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich beim europäischen Patentamt eingereichten Fassung hinaus. Das Streitpatent ist in der erteilten Fassung bereits aus diesem Grunde für nichtig zu erklären.
142
Die ursprünglichen Anmeldeunterlagen (als WO 00/54473 A1 veröffentlicht und als Anlagen N4 bzw. BDP2wo eingereicht) offenbaren als Ganzes die nahtlose Änderung der Datenübertragungsrate in einem Mehrträger-System mittels Bit-Swapping, wobei die Signalisierung durch ein phasenverschobenes Sync-Symbol erfolgt. Auch in den ursprünglich eingereichten Patentansprüchen wird von einer nahtlosen Änderung der Datenrate („seamlessly changing a transmission bit rate“) sowie einer ersten und einer zweiten Bitzuteilungstabelle gesprochen („a first bit allocation table“; „a second bit allocation table;“). Die ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbaren in gleicher Weise das korrespondierende Verfahren sowie korrespondierende Sender und Empfänger.
143
Weder die nahtlose Änderung der Datenübertragungsrate noch das Ändern der Bitzuteilungstabellen (BAT) haben Eingang in den erteilten Patentanspruch 1 gefunden. Vielmehr beansprucht der Patentanspruch 1 in verallgemeinerter Form lediglich ein Verfahren zum Ändern von (beliebigen) Übertragungsparametern, welche nach jedem N-ten DMT-Symbol mittels phasenverschobenem (beliebigen) DMT-Symbol signalisiert werden.
144
4. Zum Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1b EPÜ)
145
Die Klägerinnen im Verfahren 5 Ni 51/16 machen geltend, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne und begründen diesen Nichtigkeitsgrund damit, dass die Erfindung nicht im gesamten beanspruchten Bereich ausführbar sei, da es außer ADSL andere Mehrträgermodulationsverfahren (z.B. OFDM) gebe (vgl. Klageschrift, Rdn. 80ff.).
146
Der Fachmann versteht jedoch die Merkmale des Oberbegriffs für Übertragungsparameter und für N=69 aus seinem Fachwissen (ANSI T1.413-Standard) oder aus der in der Beschreibungseinleitung gewürdigten Druckschrift WO 98/57472 A1 (NK7/NiK5) und invertiert (gemäß kennzeichnendem Merkmal 1.c) das dort als Flag verwendete Sync-Symbol. Der Fachmann weiß auch, dass er für das technische Wirksamwerden der geänderten Übertragungsparameter ein System bestehend aus Sender und Empfänger benötigt. Ausführungsbeispiele findet er in der Streitpatentschrift, Absätze [0070] bis [0091]. Nach Überzeugung des Senats liegt der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht vor, da der Fachmann vermittels seines Fachwissens zusammen mit dem in der Streitpatentschrift gewürdigten Stand der Technik die beanspruchte Erfindung zumindest im Umfang der beschriebenen Ausführungsformen ausführen kann.
147
5. Zum Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1a, Art. 52 – 57 EPÜ)
148
Das Streitpatent ist in der erteilten Fassung auch mangels Patentfähigkeit für nichtig zu erklären, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu ist.
149
5.1 Zur Vorveröffentlichung der ITU-Dokumente
150
Da die NK6 – wie nachfolgend unter Ziff. 5.3 dargelegt wird – den Gegenstand der erteilten Fassung offenbart, kommt es entscheidungserheblich darauf an, ob die vorgelegten ITU-Dokumente Stand der Technik bilden. Dies verneint die Beklagte mit der Behauptung, speziell für das Dokument ITU-Telecommunication Standardization Sector, STUDY GROUP 15 Temporary Document AB-80 gemäß Anlage NK6 habe eine Geheimhaltungsvereinbarung bestanden. Zum Beweis dieser von den Klägerinnen bestrittenen Tatsache hat sie den Zeugen T1… benannt, der in der mündlichen Verhandlungvom 12. Februar 2020 zum Beweisthema gemäß Beweisbeschluss vom 18. September 2019 vernommen wurde.
151
Der Senat gelangt nach der Aussage des Zeugen T1… zu der Überzeugung, dass eine Vertraulichkeitsvereinbarung für das Dokument NK6 nicht bestanden hat. Herr T1… hat erklärt, er habe an ITU-Meetings teilgenommen und dort technische Dokumente präsentiert sowie verschiedene Sessions geleitet. Mit dem Dokument NK6 habe er allerdings nichts zu tun gehabt. Er bestätigt jedoch, dass das Dokument beim Antwerpen Meeting im August 1998 vorgelegen habe. Der Zeuge T1… erinnert sich außerdem, dass vertrauliche Dokumente besonders gekennzeichnet gewesen waren, wenn es auch eine schriftliche Vertraulichkeitsvereinbarung nicht gegeben habe. Es sei aber sein Verständnis gewesen, dass die Dokumente nicht weitergegeben werden sollten, bei den Meetings sei auch über Vertraulichkeit gesprochen worden. Soweit auch geladene ITU-Nichtmitglieder anwesend waren, vermute er, dass sie gehört hätten, dass Dokumente vertraulich behandelt würden. Bei den Meetings seien in der Regel zwischen 50 und 110 Teilnehmer anwesend gewesen.
152
Nach dieser Aussage des Zeugen steht für den Senat fest, dass eine schriftliche Geheimhaltungsvereinbarung bezüglich des Dokuments NK6 nicht bestanden hat. Einen entsprechenden Vermerk trägt das vorgelegte Dokument ebenfalls nicht. Auch im Übrigen ist nicht von einem (stillschweigenden) Konsens der Teilnehmer auszugehen, die in Antwerpen vorliegenden Dokumente unterlägen einer Geheimhaltung. Da die Meetings eine beachtliche Teilnehmerzahl aufwiesen, innerhalb derer sich auch zahlreiche Nichtmitglieder der ITU befanden, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest, dass ein unbegrenzter Personenkreis die Möglichkeit hatte, das Dokument NK6 beim ITU-Meeting der Gruppe 15 in Antwerpen vom 3. bis 7. August 1998 zur Kenntnis zu nehmen und auch weiteren Fachleuten zur Verfügung zu stellen. Somit war die NK6 zeitlich vor den vom Streitpatent beanspruchten Prioritäten (ältester Prioritätstag: 12. März 1999) öffentlich zugänglich und gehört folglich zum Stand der Technik.
153
Soweit die Klägerinnen die wirksame Inanspruchnahme der Prioritäten bestritten haben (siehe dazu Ziff. 5.2), ist das für die Zugehörigkeit der NK6 zum Stand der Technik daher unbeachtlich. Die NK6 bildet jedenfalls Stand der Technik.
154
5.2 Zur Inanspruchnahme der Prioritäten
155
Die älteste Prioritätsanmeldung vom 12. März 1999 kann nicht wirksam in Anspruch genommen werden. Damit gelten auch die im Prioritätsintervall öffentlich gewordenen Druckschriften NK4 und NK17 als Stand der Technik.
156
Die Priorität einer Voranmeldung kann in Anspruch genommen werden, wenn sich die dort anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen technischen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – X ZR 107/12 – Kommunikationskanal). Diese Kriterien erfüllt das aus der Nachanmeldung erteilte Streitpatent nicht. Die technische Lehre des Streitpatents gemäß erteiltem Patentanspruch 1 ist in der beanspruchten Allgemeinheit nicht aus der Prioritätsanmeldung US 60/124,222 vom 12. März 1999 entnehmbar. Denn als zur Erfindung gehörend offenbart die Voranmeldung vom 12. März 1999, dass auf Basis einer Datenratenanpassung vom Empfänger („receiver“) eine neue Bitzuteilung (BAT) vom Empfänger an den Sender gesendet wird, die die Datenratenänderung am Sender bewirkt (vgl. N5a/BDP2prio1, Textseite 4, Aufzählungspunkt 2, letzter Satz und Aufzählungspunkte 4. bis 6.) und das Umschalten am Sender dem Empfänger mittels des invertierten Sync-Signals signalisiert wird (vgl. N5a/BDP2prio1, Textseite 4, Aufzählungspunkt 6.). Auf diesen Kerngedanken der ältesten Prioritätsanmeldung ist der erteilte Patentanspruch 1 nicht beschränkt.
157
Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die beiden anderen Prioritäten zu Recht in Anspruch genommen sind.
158
5.3 Zur Neuheit gegenüber der NK6/NiK1
159
Die NK6 bzw. NiK1 ist ein Diskussionspapier zum Aufnehmen des Quiescent Mode (Schlafmodus) in den G.Lite-Standard (vgl. dortiger Titel). Der Stand der Technik nach NK6/NiK1 offenbart das Umschalten zwischen einem Schlafmodus (L0q, „Quiescent Mode“) ohne Datenübertragung („reduced MIPS L0q state“) und einem Vollleistungsmodus (L0, „full rate, full power state“) mit voller Datenrate („L0 state“, „full data rate“). Der Übergang vom Schlafmodus (L0q) in den Full Power Modus wird durch ein invertiertes Symbol signalisiert (vgl. NK6, Fig. 1). Das invertierte Symbol ist ein Sync-Symbol, das auf dem Träger 64 um 180° phasenverschoben ist (vgl. NK6/NiK1, Tabelle A.4, C-QMSYNC und C-QMCMD).
Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen
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160
Im Einzelnen offenbart die NK6/NiK1 hinsichtlich des erteilten Patentanspruchs 1 folgende Merkmale:
161
Merkmal 1:
162
Verfahren zum Ändern von Übertragungsparametern in einem Mehrträger-Sender,
163
NK6/NiK1 steht als Diskussionspapier mit Textvorschlag (vgl. NK6/NiK1 Appendix) zu G.Lite und G.dmt im Kontext mit der ADSL Standardisierung G.Lite (NK6, Titel). NK6/NiK1 betrifft einen Mehrträgertransceiver (vgl. NK6/NiK1, Abschnitt 2.1; ATU: ADSL Transceiver Unit), also auch einen Mehrträger-Sender. NK6/NiK1 betrifft das Ändern von einem Schlafmodus (L0q, „Quiescent Mode“) in einen Vollleistungsmodus (NK6/NiK1, Abschnitt 1, „Introduction“ und Abschnitt 3 „L0 State“: L0, „full data rate, full power state“). Da für beide Modi unterschiedliche Übertragungsparameter („full data rate“ im Gegensatz zu keiner Datenrate) verwendet werden, betrifft dies auch das beanspruchte Ändern von Übertragungsparametern in einem Mehrträger-Sender.
164
Merkmal 1.a:
165
der dafür ausgelegt ist, datentragende DMT-Symbole und nicht datentragende DMT-Symbole zu senden,
166
Der Sender gemäß NK6/NiK1 sendet im Vollleistungsmodus datentragende Symbole und ein Sync-Symbol (nicht-datentragend), vgl. NK6/NiK1, Abschnitt A.4, 3. Absatz.
167
Merkmal 1.b:
168
wobei ein nicht datentragendes DMT-Symbol nach jeden N datentragenden DMT-Symbolen gesendet wird,
169
Gemäß NK6/NiK1, Abschnitt A.4, 3. Absatz ist jedes 69. DMT-Symbol ein QMSYNC (nicht-datentragendes) Symbol.
170
Merkmal 1.c:
171
Signalisieren einer Änderung von Übertragungsparametern mit einer Änderung der Phase des nicht datentragenden DMT-Symbols.
172
NK6, A.4. mit Tabelle A.4: Das QMCMD wird verwendet um die Änderung vom Schlafmodus in den Vollleistungsmodus anzuzeigen („Either ATU may command a return from Quiescent Mode using the QMCMD symbol.“). Das QMCMD-Symbol entspricht dem um 180° phasenveränderten QMSYNC-Symbol (vgl. NK6/NiK1, Tabelle A.4, „Identical to the C-QMSYNC symbol with all carriers except the pilot (sub-carrier 64) phase-shifted by 180°.“).
173
Soweit die Beklagte vorgetragen hat, das Merkmal 1.b sei aus der NK6/NiK1 nicht entnehmbar, da im Schlafmodus keine datentragenden DMT-Symbole übertragen würden, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Denn nach einem nicht-datentragenden QMCMD-Symbol sind als nächstes die ersten datentragenden Symbole („first data symbols“) des nächsten Rahmens zu übertragen (vgl. NK6/NiK1, Abschnitt A.4, 3. Absatz, letzter Satz: „ … the symbols following the QMCMD are the first data symbols of the next superframe.“).
174
Somit sind sämtliche Merkmale des Gegenstandes des erteilten Patentanspruchs 1 aus der Druckschrift NK6/NiK1 bekannt.
175
5.4 Da die Priorität US 60/124,222 vom 12. März 1999 nicht wirksam in Anspruch genommen ist, steht die NK4/NiK3 der Patentfähigkeit des erteilten Patentanspruchs 1 entgegen (vgl. gerichtlichen Hinweis vom 5. Juni 2019, S. 16). Denn hinsichtlich der öffentlichen Zugänglichkeit muss für die NK4 der gleiche Maßstab gelten wie für die Druckschrift NK6, deren öffentliche Zugänglichkeit der Senat nach Zeugenbeweis bejaht (siehe oben). Insofern war das als Anlage NK4/NiK3 eingereichte Dokument ITU-MA-027 gemäß Anlage NK4a am 03.12.1999 auf dem ITU-Server zugänglich. Die dem Fachmann vermittelte Lehre der NK4/NiK3 entspricht der Lehre der ältesten Prioritätsanmeldung vom 12. März 1999, da beide Dokumente über weite Textpassagen wortgleich sind. Sie offenbart auf der zweiten Seite unter der Abschnittsüberschrift „Seamless Rate Adaptation“, das invertierte Sync Symbol zum Anzeigen einer Änderung der Datenrate zu verwenden (Merkmal 1.c). Soweit die NK4/NiK3 eine Konkretisierung („seamless rate adaptation SRA“) des in breiter Allgemeinheit beanspruchten Verfahrens offenbart, fällt die Lehre der NK4/NiK3 unter den Wortlaut des erteilten Patentanspruchs 1.
176
5.5 Ausführungen zu den abhängigen Patentansprüchen und zu den nebengeordneten Patentansprüchen erübrigen sich an dieser Stelle, da die Beklagte den Anspruchssatz als Ganzes verteidigt und im Rahmen der beantragten Reihenfolge ihrer Hilfsanträge versucht, zur Patentfähigkeit der dort beanspruchten Gegenstände zu gelangen.
177
III. Zu den Hilfsanträgen
178
1. Hilfsanträge 1, 1a und 1b
179
Die Hilfsanträge 1, 1a und 1b sind zur Selbstbeschränkung des Streitpatents nicht geeignet, da die Gegenstände der jeweils nebengeordneten Patentansprüche jeweils über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich beim europäischen Patentamt eingereichten Fassung hinaus gehen und zudem nicht neu sind.
180
Gegenüber dem Hauptantrag weist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 folgende Änderungen auf. Die Merkmale 1, 1.c und 1.d des erteilten Patentanspruchs 1 sind ersetzt durch 1.
Hi1
, 1.c
Hi1
und 1.d
Hi1
. Das Merkmal 1.e
Hi1
wurde nach 1.d
Hi1
hinzugefügt (Hinzufügungen gegenüber der erteilten Fassung fett hervorgehoben).
181
1.
Hi1
Method of seamlessly changing transmission parameters including an allocation of bits to subchannels in a multicarrier transmitter
182
1.a configured to transmit data-carrying DMT symbols and non-data carrying DMT symbols,
183
1.b with a non-data carrying DMT symbol being transmitted after every N data-carrying DMT symbols,
184
characterized by
185
1.c
Hi1
receiving a new allocation of bits to subchannels from a multicarrier receiver, and
186
1.d
Hi1
signaling a change in transmission parameters including the new allocation of bits to subchannels with a change in phase of the non-data carrying DMT symbol,
187
1.e
Hi1
wherein the non-data carrying DMT symbol is a sync symbol, and wherein the phase-changed DMT symbol is an inverted sync symbol.
188
Mit Merkmal 1.
Hi1
wird das beanspruchte Verfahren auf die nahtlose („seamlessly“) Änderung der Übertragungsparameter beschränkt sowie (wie auch mit Merkmal 1.d
Hi1
) auf die Zuteilung von Bits auf Subkanäle („including an allocation of bits to subchannels“). Mit Merkmal 1.c
Hi1
wird das Verfahren dahingehend beschränkt, dass eine neue Zuteilung von Bits auf Subkanäle empfangen wurde („receiving“). Mit Merkmal 1.d
Hi1
wird spezifiziert, dass die Änderung der Übertragungsparameter die empfangene neue Zuteilung von Bits auf Subkanälen beinhaltet („including the new allocation of bits to subchannels“). Mit Merkmal 1.e
Hi1
wird das Signalisierungssymbol auf ein invertiertes Sync Symbol beschränkt.
189
1.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 ist mit Merkmal 1.eHi1 zwar auf ein invertiertes Sync-Symbol zur Signalisierung der nahtlosen Änderung von Übertragungsparametern (Merkmal 1.
Hi1
) beschränkt, betrifft jedoch in Gänze nicht die in den Ursprungsunterlagen offenbarte Lehre zur nahtlosen Änderung der Datenübertragungsrate. Insofern geht er über den Inhalt der Ursprungsanmeldung (N4 bzw. BDP2wo) hinaus.
190
1.2 Gleiches gilt für den Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1a. Gegenüber dem Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 weist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1a das folgende nach dem Merkmal 1.eHi1 hinzugefügte Merkmal 1.f.aVar auf:
191
1.f.aVar wherein the change in transmission parameters comprises using updated parameters for transmission after a finite number of DMT symbols following the transmission of the phase-changed non-data carrying DMT symbol.
192
Auch dieses Merkmal betrifft lediglich Übertragungsparameter im Allgemeinen, jedoch nicht ausschließlich die ursprünglich offenbarte Lehre zur Änderung der Datenübertragungsrate.
193
1.3 Gleiches gilt für den Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 1b. Gegenüber dem Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 weist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1b das folgende nach dem Merkmal 1.eHi1 hinzugefügte Merkmal 1.f.bVar auf:
194
1.f.bVar wherein the change in transmission parameters comprises using updated parameters for transmission after a finite number of frames following the transmission of the phase-changed non-data carrying DMT symbol.
195
Auch das Merkmal 1.f.bVar betrifft lediglich Übertragungsparameter im Allgemeinen, jedoch nicht ausschließlich die ursprünglich offenbarte Lehre zur Änderung der Datenübertragungsrate.
196
1.4 Entsprechendes gilt für die jeweiligen nebengeordneten Patentansprüche 3, 5 und 7 gemäß Hilfsantrag 1, 1a und 1b, da auch diese nicht auf die ursprünglich offenbarte Lehre zur Änderung der Datenübertragungsrate beschränkt sind.
197
1.5 Darüber hinaus ist der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 – selbst wenn er zulässig wäre – auch mangels Neuheit seines Gegenstandes nicht patentfähig. Denn auch hinsichtlich des Hilfsantrags 1 kann die ältere Priorität vom 12. März 1999 nicht wirksam in Anspruch genommen werden. Daher ist die NK4 zu berücksichtigender Stand der Technik. Da die NK4/NiK3 eine Konkretisierung für die Änderung der Datenraten (vgl. NK4, S. 2 und 3: Abschnitt „seamless rate adaptation SRA“) des in breiter Allgemeinheit beanspruchten Verfahrens offenbart, fällt die Lehre der NK4 unter den Wortlaut des jeweiligen Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1, 1a, 1b (siehe Ausführungen zur NK4 in Ziff. II.5.4). Darüber hinaus entnimmt der Fachmann das jeweilige Merkmal 1f in den Varianten nach Hilfsantrag 1a und 1b aus der Druckschrift NK4, S. 2, letzter Absatz, Nr. 6.: „In particular, the new BAT is used for transmission on the first frame following the inverted sync symbol or a finite number of frames following the inverted sync symbol.“ Zwar ist die Anzahl der DMT-Symbole in NK4 nicht explizit genannt, jedoch entnimmt der Fachmann dies der o.g. Fundstelle schon deshalb unmittelbar, weil die Anzahl der Frames und der DMT-Symbole über das Framing miteinander in Beziehung stehen.
198
1.6 Soweit die Klägerinnen auch vorgetragen haben, dass es ausgehend von der Druckschrift NK7 an der erfinderischen Tätigkeit mangele, teilt der Senat diese Auffassung in Kombination mit der NK17 hinsichtlich des Patentanspruchs 1 in den Fassungen nach Hilfsantrag 1, 1a und 1b. Gleiches gilt für die jeweiligen nebengeordneten Patentansprüche.
199
Die Druckschrift WO 98/57472 A1 (NK7/NiK5) ist am 17. Dezember 1998 veröffentlicht. Sie bildet also unbeachtlich der Wirksamkeit der Inanspruchnahme der Prioritäten Stand der Technik. Die Druckschrift NK7/NiK5 ist von der Prüfungsstelle genannt und in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift gewürdigt (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0035]). Die Druckschrift NK7 betrifft eine adaptive Bitzuordnung für eine variable Bandbreite in einem Mehrträger-Kommunikationssystem (vgl. NK7/NiK5, Titel: „ADAPTIVE BIT ALLOCATION FOR VARIABLE BANDWIDTH MULTICARRIER COMMUNICATION“). Gemäß der Lehre der NK7/NiK5 werden zum Übertragen von digitalen Signalen mehrere Träger („carriers“, „subchannels“) mit unterschiedlicher Frequenz (vgl. NK7/NiK5, 2. Abs) und eine Bitzuteilungstabelle („bit allocation table“; NK7/NiK5, S. 1, Z. 20 ff.), die festlegt, welche Informationsmenge für jeden Träger codiert wird, verwendet. Beide Seiten (Sender und Empfänger) benötigen die Bitzuteilungstabelle, damit die übertragenen digitalen Daten entsprechend ihrer Codierung am Sender wieder am Empfänger dekodiert werden können. Eine Änderung in den Eigenschaften (z.B. Signal-zu-Rausch-Verhältnis) der Übertragungskanäle erfordert eine Aktualisierung der Bitzuteilungstabellen sowohl beim Sender als auch beim Empfänger (vgl. NK7/NiK5, S. 2, Z. 24 bis S. 3, Z. 4). Gemäß NK7/NiK5 werden im Sender und im Empfänger jeweils zwei Zuordnungstabellen vorgehalten. Dabei wird die nicht aktive Tabelle im Empfänger geändert und an den Transmitter übertragen. Wenn der Transmitter die aktive Tabelle wechselt, also die zuvor vom Empfänger erhaltene Tabelle aktiviert und entsprechend codiert, sendet der Transmitter als ersten Rahmen (von 69 Rahmen) ein Flag an den Empfänger über ein nur für das Flag reservierten Träger, das den Empfänger veranlasst diese Tabelle zur Dekodierung zu verwenden.
200
Im Einzelnen lehrt die Druckschrift NK7/NiK5 folgende beanspruchte Merkmale 1:
201
Merkmal 1.
Hi1
:
202
Gemäß NK7/NiK5 werden zwei Paare von Bitzuteilungstabellen („a pair of bit allocation table“) in einem Mehrträger-Sender und Empfänger vorgehalten. Jeweils die Bitzuteilungstabelle des nicht verwendeten Paares wird geändert, insbesondere also auch die Tabelle im Sender (vgl. NK7/NiK5, S. 3, 4. Abs.; „summary of the invention“). Gemäß Druckschrift NK7/NiK5, S. 6, Z. 23 f. handelt es sich bei den Sendern der NK7/NiK5 um Mehrträger-Sender für ADSL (vgl. auch NK7/NiK5 Ansprüche 1-20; Fig. 3 mit Beschreibung). Das Umschalten erfolgt auch nahtlos, da sowohl Sender als auch Empfänger dieselbe Bitzuteilung nutzen.
203
Merkmal 1.a:
204
Der Sender gemäß NK7/NiK5 sendet 68 Rahmen mit datentragenden DMT-Symbolen (vgl. NK7, S. 3, Z. 26-28; NK7, S. 8, Z. 1-4 i.V.m. Fig. 2) und einen Rahmen mit Kontrolldaten, also nicht-datentragende DMT-Symbole im Sinne des Streitpatents. Somit ist der Sender der NK7/NiK5 dafür ausgelegt, DMT-Symbole im Sinne des Merkmals 1.a zu senden.
205
Merkmal 1.b:
206
Das Framing gemäß NK7/NiK5 erzeugt einen Superframe, der aus 69 Rahmen besteht, wobei der erste Rahmen ein Kontrollrahmen ist, der einen definierten Datensatz beinhaltet (vgl. NK7/NiK5, S. 3, Z. 28-30: „The first frame of each superframe comprises a control frame that is used to transmit a standard (known) data set from the transmitter to the receiver; the remaining frames contain data.“). Die anderen 68 Rahmen beinhalten Nutzdaten. Somit lehrt die NK7/NiK5 den Fachmann nach jeweils 68 Rahmen ein DMT-Symbol ohne Nutzdaten (nämlich den Kontrollrahmen) zu senden (vgl. auch NK7/NiK5, Fig. 2 i.V.m. S. 7, Z. 29 bis S. 8, Z. 4).
207
Merkmal 1.c
Hi1
:
208
Gemäß NK7/NiK5 empfängt der Sender eine neue Bitzuteilungstabelle (BAT) vom Empfänger, wobei im Empfänger Tabellen 20 und 22 definiert werden (vgl. NK7/NiK5, S.3, Z. 17-25; S. 7, Z. 14 ff.: „The allocations so defined are stored in the tables 20 and 22 at the receiver. They are also transmitted back to the transmitter, e. g., via a control channel 26, and are there stored as the tables 12 and 14, respectively.“).
209
Merkmal 1.d
Hi1
(teilweise):
210
Gemäß NK7/NiK5 wird die Änderung der verwendeten Bitzuteilungstabelle mittels eines Flags signalisiert (vgl. NK7/NiK5, S. 3, Z. 22 f.: „ … this is done by transmitting a flag from the transmitter to the receiver at some point during the data transmission;“). Eine Änderung der Phase des nicht-tragenden DMT-Symbols, das an N-ter Stelle übertragen wird, ist der NK7/NiK5 nicht zu entnehmen.
211
Der NK7/NiK5 ist nicht entnehmbar, dass das Flag durch Ändern der Phase eines DMT-Symbols charakterisiert wäre. Somit fehlt der Lehre der NK7/NiK5 das Merkmal 1.dHi1 teilweise. Der NK7/NiK5 lässt sich daher auch nicht entnehmen, dass das nicht-datentragende DMT-Symbol ein Sync-Symbol und als Signalisierungsflag das invertierte Sync-Symbol verwendet wird. Somit fehlt der Lehre der NK7 das Merkmal 1.eHi1 gänzlich.
212
Die im Prioritätsintervall veröffentlichte NK17 betrifft ein System und ein Verfahren zum Erzeugen und wiederholten Übertragen eines signalmodulierten Symbols während Leerzeiten in Nutzerdaten („The invention provides a system and method for generating and repetitively transmitting a single modulated symbol during idle periods in user data.“). Aus der NK17, die ebenfalls ADSL betrifft, erhält der Fachmann die Anregung, zum Signalisieren von Parameteränderungen („end-of-idle”) ein 180° phasenverschobenes Signal zu verwenden, das ein Sync-Signal ist (vgl. NK17, S. 3, Z. 21-25: “For an ADSL system, and variants thereof, a preferred idle symbol is the “superframe” synchronization symbol. A separate modulated symbol would indicate the end of the idle state. In the preferred embodiment, the end-of-idle symbol is the idle symbol shifted by a 180° phase shift, which is equivalent to inverting the time domain samples.”).
213
Somit ging der Fachmann von der Änderung der Bitzuteilungstabellen gemäß NK7/NiK5 aus und nahm die Anregung aus der NK17 auf, das separate Signalisierungsflag der NK7/NiK5 durch ein invertiertes Sync-Symbol zu ersetzen. Eine erfinderische Tätigkeit kann der Senat darin nicht erkennen.
214
Auch das jeweilige Merkmal 1.f in der Fassung nach Hilfsantrag 1a und 1b ändert an dieser Beurteilung nichts, da bereits die NK7/NiK5 dem Fachmann lehrt, dass die Stelle, an der das Flag gesendet wird, für ihn wählbar ist (vgl. NK7/NiK5, S. 7 , Z. 24 ff. „When it does so, it transmits a flag to the receiver that indicates that a switch to the alternative pair is to take place. This switch will usually be made effective as of the next superframe, but may, by prearrangement with the receiver, be made effective at some agreed upon point after that.“). Eine bestimmte Anzahl an DMT-Symbolen (Merkmal 1.f gemäß Hilfsantrag 1a) oder an Frames (Merkmal 1.f gemäß Hilfsantrag 1b) festzulegen, nach denen das Flag gesendet werden soll, ist mit der o.g. Lehre der NK7/NiK5 naheliegend.
215
Ausführungen zu den abhängigen Patentansprüchen und zu den nebengeordneten Patentansprüchen erübrigen sich an dieser Stelle, da die Beklagte den Anspruchssatz als Ganzes verteidigt und im Rahmen weiterer Hilfsanträge versucht, zur Patentfähigkeit der dort beanspruchten Gegenstände zu gelangen.
216
2. Zum Hilfsantrag 2
217
Die Patentansprüche nach Hilfsantrag 2 sind zur Selbstbeschränkung des Streitpatents geeignet.
218
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lässt sich folgendermaßen gliedern (Hinzufügungen gegenüber der Fassung nach Hilfsantrag 1 fett hervorgehoben):
219
1.
Hi2
Method of seamlessly changing transmission parameters including an allocation of bits to subchannels and a data rate in a multicarrier transmitter
220
1.a configured to transmit data-carrying DMT symbols and non-data carrying DMT symbols,
221
1.b with a non-data carrying DMT symbol being transmitted after every N data-carrying DMT symbols,
222
characterized by
223
1.c
Hi2
receiving a new allocation of bits to subchannels based on a new data rate from a multicarrier receiver, and
224
1.d
Hi1
signaling a change in transmission parameters including the new allocation of bits to subchannels with a change in phase of the non-data carrying DMT symbol,
225
1.e
Hi1
wherein the non-data carrying DMT symbol is a sync symbol, and wherein the phase-changed DMT symbol is an inverted sync symbol.
226
2.1 Der Anspruchssatz gemäß Hilfsantrag 2 ist zulässig
227
Die Merkmale 1.
Hi2
und 1.c
Hi2
gemäß Hilfsantrag 2 unterscheiden sich von den Merkmalen 1.
Hi1
und 1.c
Hi1
gemäß Hilfsantrag 1 dadurch, dass nun auch die Änderung der Datenrate beansprucht wird und diese gemäß Merkmal 1.c
Hi2
auch für die neue Zuteilung der Bits zu den Subkanälen verwendet wird.
228
Somit wird nunmehr ein Verfahren zum nahtlosen Ändern der BAT und der Datenrate (Merkmal 1.
Hi2
) beansprucht, indem eine neue Datenrate vom Receiver mit einer neuen BAT an den Transmitter gesendet wird (Merkmal 1.c
Hi2
).
229
Zusammen mit den weiteren Merkmalen 1.a und 1.b sowie 1.d
Hi1
und 1.e
Hi1
beschränkt dies den beanspruchten Gegenstand auf die dem Fachmann in den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen (N4 bzw. BDP2wo) vermittelte technischen Lehre.
230
Der gemäß Hilfsantrag 2 beanspruchte Gegenstand ist eine beschränkte Teilmenge der mit dem erteilten Patentanspruch 1 beanspruchten Gegenstände. Er erweitert daher auch nicht den Schutzbereich des Streitpatents.
231
2.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 ist vollständig in der ältesten Prioritätsanmeldung offenbart. Somit ist die Priorität der US-Priorität US 60/124,222 vom 12. März 1999 zu Recht in Anspruch genommen.
232
Die Klägerinnen haben schriftsätzlich (vgl. Schriftsatz vom 12. August 2019, Rn. 151 – 160) vorgetragen, dass der Patentanspruch 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 unzulässig sei, weil das Ändern der Datenrate lediglich optional beansprucht sei und die ursprünglich offenbarte Lehre, wonach die Verwendung einer neuen BAT die Änderung der Datenrate bewirke, nicht beansprucht sei. Nach Überzeugung des Senats versteht der Fachmann die Merkmale 1.Hi2 und 1.cHi2 dahingehend, dass zum nahtlosen Ändern der BAT und der Datenrate (Merkmal 1.
Hi2
) eine neue Datenrate vom Receiver mit einer neuen BAT an den Transmitter gesendet wird (Merkmal 1.c
Hi2
). Anders als von den Klägerinnen vorgetragen (vgl. Schriftsatz vom 12. August 2019, Rn. 159) kann die Neuverteilung der Bits auf die Subkanäle anspruchsgemäß nicht einfach nach einer zuvor irgendwie eingetretenen Änderung der Datenrate, sondern kann gemäß Merkmal 1.cHi2 nur von einem Mehrträgerempfänger („…from a multicarrier receiver“) erfolgen. Der Empfänger sendet die neue Bitzuteilung auf Basis einer neuen Datenrate. Gemäß Ausführungsbeispiel kann die Datenrate in Folge einer zu hohen Fehlerquote am Empfänger geändert werden (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0068]; Abs. [0072], 2. Aufzählungspunkt: „ … the receiver determines that the data rate should be increased or decreased.“). Zwar ist es grundsätzlich möglich, dass die neue Datenrate nicht vom Empfänger bestimmt wird, jedoch muss der Empfänger dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 folgend die neue Datenrate verwenden, auf deren Basis die neue Bitzuteilung erfolgt. Die Festlegung und das Übertragen der neuen Bitzuteilung geht daher unter Kenntnis (vgl. Streitpatentschrift, Ausführungsbeispiel im Abs. [0074], 5. Aufzählungspunkt) oder Festlegung (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0072], 2. Aufzählungspunkt) der neuen Datenrate in jedem Fall vom Mehrträger-Empfänger aus.
233
Zur Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung genügt es, wenn die in der Voranmeldung anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen technischen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der in der Nachanmeldung umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellen und diese Lehre in der in der Nachanmeldung offenbarten Allgemeinheit bereits der Voranmeldung als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 – X ZR 107/12 – Kommunikationskanal). Dies ist vorliegend der Fall. Denn als zur Erfindung gehörend entnimmt der Fachmann bereits der Voranmeldung vom 12. März 1999, dass die neue Datenrate am Empfänger verwendet wird, um auf deren Basis eine neue Bitzuteilung an den Sender zu übertragen (vgl. N5a/BDP2prio1, Textseite 4, Aufzählungspunkte 4. und 5.: „4. The receiver sends the new BAT to the transmitter using an embedded Operation channel such as the AOC channel in T1.413. This corresponds to a rate adaptation “request” request by the receiver. 5. The transmitter receives the new BAT.“) und dass der Sender diese neue Datenrate (nicht irgendeine, sondern die Datenratenanpassung vom Empfänger) durch die Anwendung der neuen Bitzuteilung umschaltet und dies dem Empfänger mittels des invertierten Sync-Signals signalisiert wird (vgl. N5a/BDP2prio1, Textseite 4, Aufzählungspunkte 6.: „The transmitter uses an inverted sync symbol as a flag to signal the receiver that the new BAT is going to be used.“). Es kommt also nicht darauf an, ob der Sender oder der Empfänger eine neue Übertragungsdatenrate wünscht.
234
Nach alledem ist der Patentanspruch 1 in der Fassung gemäß Hilfsantrag 2 zulässig und hat den Zeitrang der ältesten Priorität vom 12. März 1999.
235
Gleiches gilt für den nebengeordneten Patentanspruch 3, der das korrespondierende Verfahren für den Empfänger betrifft, den nebengeordneten Patentanspruch 5, der den korrespondierenden Sender (Transmitter) betrifft, und den nebengeordneten Patentanspruch 7, der den korrespondierenden Empfänger (Receiver) beansprucht, sowie die Unteransprüche 2, 4, 6 und 8, die jeweils das Sync-Symbol ausgestalten.
236
2.3 Der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 ist patentfähig
237
Zur Prüfung der Patentfähigkeit sind die Druckschriften NK4/NiK3, NK11 und NK17 nicht zu betrachten. Die Druckschriften NK4/NiK3 (datiert vom 29. März bis 2. April 1999; auf den ITU-Server geladen am 12. März 1999, vgl. NK4a), NK11 (datiert vom 1. bis 5. November 1999; auf den ITU-Server geladen am 31. Oktober 1999, vgl. NK11a) und NK17 (veröffentlicht am 14. Oktober 1999) waren nicht vor dem ältesten Prioritätstag öffentlich zugänglich. Sie bilden keinen Stand der Technik.
238
Gemäß Patentanspruch 1 empfängt der Sender („multicarrier transmitter“) vom Empfänger („multicarrier receiver“) eine neue Bitzuteilungstabelle („new allocation of bits to subchannels“), die auf der neuen Datenrate basiert (Merkmal 1.c
Hi2
). Empfängerseitig wird somit eine neue Datenrate festgelegt und eine daran angepasste Bitzuteilungstabelle an den Sender übertragen. Diese wendet der Sender nun an, um mit der neuen Datenrate senden zu können. Die Anwendung der neuen Bitzuweisungstabelle teilt („signaling“) der Sender dem Empfänger mit, indem er ein ein invertiertes Sync-Symbol („inverted sync symbol“; Merkmal 1.e
Hi1
) sendet.
239
2.3.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 ist neu.
240
Das gemäß Hilfsantrag 2 beanspruchte Verfahren unterscheidet sich in zwei Schritten signifikant von dem Stand der Technik nach NK6/NiK1. Erstens legt der Empfänger der NK6/NiK1 keine Änderung der Datenrate fest, die Grundlage für eine neue an den Sender zu übertragende Bitzuteilung sein könnte. Vielmehr offenbart NK6/NiK1 einen Vollratenmodus L0 („full rate“; NK6/NiK1, Abschnitt 2.1, 1. Abs.: „At L0 state, the full data rate as negotiated through initialization and training is supported“) und einen Schlafmodus L0q (NK6/NiK1, ebenda: „ … low power, reduced MIPS L0q state.“), bei dem die Änderung der Datenübertragung (zwischen Datenrate 0 und voll) davon abhängig ist, ob Nutzerdaten übertragen werden sollen (vgl. NK6/NiK1, Abschnitt 2.1. 2. Satz). Somit geht das Merkmal 1.cHi2 nicht aus der NK6/NiK1 hervor.
241
Zweitens offenbart die NK6/NiK1 keine Bitzuteilung an der sich die Änderung von Datenraten ausrichtet. Diese konnte der Fachmann aus der NK6/NiK1 auch nicht mitlesen, denn die Änderung der Datenrate gemäß NK6/NiK1 wird über die Leistungssteuerung erreicht (vgl. NK6/NiK1, Abschnitt 1, 2. Abs.: „The Quiescent Mode proposes a method of operating in a low processing and low AFE power state … “), eine Änderung der Bitzuteilung in Folge einer Datenratenanpassung offenbart die NK6/NiK1 nicht. Somit geht aus der NK6/NiK1 auch das Merkmal 1.Hi2 nicht hervor.
242
2.3.2 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung nach Hilfsantrag 2 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
243
Soweit die Klägerinnen vorgetragen haben, dass es dem Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 ausgehend von NK7/NiK5 in Kombination mit NK6/NiK1 oder NK2 bzw. NK3 an der erfinderischen Tätigkeit mangele, teilt der Senat dies nicht.
244
Zur technischen Lehre der NK7/NiK5 im Allgemeinen wird auf die Ausführungen zum Hilfsantrag 1 verwiesen (siehe Ziff. II.1.5). Hinsichtlich des Hilfsantrags 2 ist der Aspekt des Änderns der Bitzuteilungstabellen gemäß NK7/NiK5 ergänzend zu betrachten. Um eine Anpassung der Übertragung auf variierende Kanaleigenschaften zu erzielen, werden gemäß NK7/NiK5 Referenzframes vom Sender an den Empfänger gesendet. Empfängerseitig werden damit die Kanalcharakteristika gemessen und eine Umverteilung der Bitzuteilungen für j (Sub)Kanäle vorgenommen (vgl. NK7/NiK5, S. 4, Z. 9 ff.; S. 16, Z. 11 ff.), indem das gemessene Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR) für jeden Kanal mit einem Konstellations-Signal-zu-Rausch-Verhältnis („constellation signal to noise ratio“), das mit einem Testrauschen („trail noise margin“) augmentiert ist, verglichen. Dazu soll eine gegeben Kanalqualität (Bit error ratio (BER), Bitfehlerverhältnis) erreicht werden (vgl. NK7/NiK5, S. 8 letzter Absatz). Die Lehre der NK7/NiK5 offenbart keine Änderung der Datenübertragungsrate. Vielmehr ist die Datenübertragungsrate N gegeben (vgl. NK7, S. 4, Z. 18: „target data rate). Das gemäß NK7/NiK5 offenbarte Verfahren passt nicht die Datenrate sondern die Bitzuteilungstabelle an, falls sich die Charakteristik des Übertragungskanals dramatisch ändert (vgl. NK7/NiK5, S. 12 oben). Die NK7 beschreibt dies beispielhaft an 2 Subkanälen (vgl NK7/NiK5, S. 11, Z. 15 – 25), die eine maximale Konstellationsgröße (d. h. maximale Anzahl an Zuständen aus Amplitude und Phase im QAM, also bits) von 5 bzw. 4 bits aufweisen. Im diesem Beispiel wird eine Datenübertragungsrate von 6 Bits angenommen. Dann kann die Verteilung auf die Träger 5 zu 1 sein, d.h der erste Subkanal wird mit 5 Bits belegt und der zweite Subkanal mit 1 Bit. Das Verfahren ändert nun die Belegung der Subkanäle auf 3 zu 3 und ändert somit die Bitzuteilung von 5 zu 1 auf 3 zu 3. Eine Änderung der Datenübertragungsrate erfolgt dabei nicht. Sie ist (im Beispiel) immer noch 6 Bits.
245
Der NK7/NiK5 fehlt somit das Merkmal 1.Hi2 in Verbindung mit 1.cHi2, denn NK7 offenbart keine Änderung der Datenrate und auch keine Änderung der Bitzuteilung aufgrund einer neuen Datenrate, sondern lediglich eine Änderung der Bitzuteilung aufgrund geänderter Kanalcharakteristika.
246
Hinsichtlich des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 fehlen der NK7/NiK5 auch das Signalisieren mittels phasenverschobenen Sync-Signal (Merkmal 1.dHi1 teilweise) und das Verwenden eines invertierten Sync-Symbols (Merkmal 1.eHi1), siehe dazu die Ausführungen zum Hilfsantrag 1.
247
Die von den Klägerinnen vorgetragenen Kombinationen der NK7/NiK5 mit NK6/NiK1, NK2 und NK3 können den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht nahelegen.
248
Soweit die Klägerinnen vorgetragen haben, dass der Fachmann aus der NK6/NiK1 den Hinweis entnehme, ein inverses Sync-Symbol allgemein zum Schalten zu verwenden, folgt der Senat dem nicht. Zwar ist ein invertiertes Sync-Symbol dem Fachmann aus der NK6/NiK1 bekannt, jedoch hatte der Fachmann keine Veranlassung, dieses zum Schalten der geänderten Bitzuteilungen der NK7/NiK5 vorzusehen. Denn sowohl die Lehre nach NK7/NiK5 als auch die Lehre gemäß NK6/NiK1 verwenden einen separaten Kanal für das Umschalten. Gemäß NK6/NiK1 wird ein EOC bzw. AOC verwendet (vgl. NK6/NiK1, S. 2 letzter Absatz: „Either ATU may initiate the transition to L0q using a newly defined set of AOC commands.“). Gemäß NK7/NiK5 wird ein reservierter Kanal verwendet (vgl. NK7/NiK5, S. 17, Z. 13 – 15: „In a preferred embodiment, the flag is sent at the step 272 via a single carrier of the multicarrier signal that is reserved for use by the transmitter and receiver only for the flag.”).
249
Soweit die öffentliche Zugänglichkeit der NK2 und NK3 unter den Parteien strittig war, gilt für diese der gleiche Maßstab wie für die Druckschrift NK6/NiK1, deren öffentliche Zugänglichkeit der Senat nach Zeugenbeweis bejaht (siehe oben). Sie waren somit auf dem Antwerpen Meeting vom 3. bis 7. August 1998 öffentlich zugänglich und bilden somit Stand der Technik.
250
Die NK2 bezieht sich auf G.lite (vgl. NK2, Abschnitt 7), also der im Entwurf befindliche G.992.1-Standard. Die NK2 betrifft Gedanken zu dynamischen Energiesparmaßnahmen (vgl. NK2, Titel). Ein Wechsel in den Schlafzustand („gotosleep“) wird durch ein SEGUE-Symbol im 69. Frame angezeigt und ein Aufwecken („wakeup“) wird durch ein REVERB-Symbol an einer beliebigen Position angezeigt. Die NK2 lehrt, dass ein Wechsel in den Schlafmodus durch ein bestimmtes Symbol (SEGUE) in einem bestimmten Frame (69ter Frame) und ein Wechsel in den Wachzustand durch ein anderes bestimmtes Symbol (REVERB) angezeigt werden soll. Soweit die Klägerinnen vortragen, dass NK2 in Abschnitt 3 ein Umschalten zwischen einer niedrigen und einer hohen Datenrate offenbare, so handelt sich hier um den Übergang zwischen zwei Modi (high und low). Das Ändern einer Datenrate mittels neuer Bitzuweisungen zeigt die NK2 jedoch nicht.
251
Die NK3 enthält den Entwurfstext für G.lite (vgl. NK3, Abstract). Die NK3 betrifft ADSL (vgl. NK3, S. 14). NK3, Seite 28, Figur 5) zeigt einen Superframe, bei dem das 69. Symbol ein Sync-Symbol ist. Soweit die Klägerinnen des Verfahrens 5 Ni 51/16 die Abschnitte 8.6.1 (NK3, S. 50) und 8.8.2 (NK3, S. 58) zitieren, um das C-SEGUE1 Symbol, das aus der Phasendrehung um 180° aus dem REVERB-Symbol gebildet wird, zu belegen, betrifft das nicht das Ändern von Übertragungsparametern (insb. nicht der Datenrate), sondern den Initialisierungsprozess, der im Kapitel 8 beschrieben wird. Der Übergang zwischen den verschiedenen Energiezuständen (entsprechend dem Power Management) ist in NK3 auf Seite 80 in der Figur 17 dargestellt. Der Fachmann erkennt daraus, dass jeder Übergang ein EOC-Handshake erfordert (was das Streitpatent gerade vermeidet). Zwar offenbart die NK3 phasenverschobene Symbole, jedoch werden sie nicht zum Anzeigen einer Änderung der Übertragungsparameter verwendet.
252
Soweit die Klägerinnen vorgetragen haben, dass die NK2 und die NK3 jeweils eine Anregung lieferten, die Merkmale betreffend das invertierte Sync-Symbol (Merkmale 1.dHi1 und 1.eHi1) vorzusehen und ausgehend von der NK7/NiK5 den Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 nahelegten, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Ausgehend von der NK7/NiK5 würde der Fachmann die NK2 oder die NK3 auch nicht heranziehen, denn die NK7/NiK5 betrifft die Änderung der Bitzuteilungen, jedoch nicht eine Änderung der Datenrate. Da die NK7/NiK5 die Änderung einer Datenübertragungsrate nicht zum Gegenstand hat, würde der Fachmann bei der Aufgabe eine Änderung der Datenübertragungsrate zu verbessern, die NK7/NiK5 nicht als Ausgangspunkt wählen. Der Senat folgt insoweit auch den Ausführungen der Beklagten, wonach bei der Lehre der NK2 die Übertragungsraten erhalten bleiben und lediglich zwischen einem Schlafmodus (gotosleep) und einem Normalmodus (wakeup) geschaltet werde. Auch eine Zusammenschau der Druckschriften NK2 und NK7/NiK5 zeigt ein Ändern der Datenrate mittels Ändern von Bitzuteilungen nicht.
253
Gleiches gilt für die Zusammenschau der Druckschriften NK3 und NK7/NiK5, denn auch die NK3 zeigt kein Verfahren zum Ändern der Datenübertragungsrate mittels Ändern von Bitzuteilungen. Soweit die NK3 überhaupt unterschiedliche Datenraten zeigt, betrifft es dort lediglich das Energie-Management mit vordefinierten Zuständen und über den EOC-Kanal (vgl. NK3, S. 50, letzter Absatz und S. 80 i. V. m. Fig. 17).
254
2.3.3 Die Ausführungen zum Patentanspruch 1 gelten auch für den nebengeordneten Patentanspruch 3, der das korrespondieren Verfahren für den Empfänger betrifft, den nebengeordneten Patentanspruch 5, der den korrespondierenden Sender (Transmitter) betrifft, und den nebengeordneten Patentanspruch 7, der den korrespondierenden Empfänger (Receiver) beansprucht, sowie die Unteransprüche 2, 4, 6 und 8, die jeweils das Sync-Symbol ausgestalten.
B.
255
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO, wobei der Senat von einem in etwa hälftigen Obsiegen bzw. Unterliegen der Parteien ausgeht. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.


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