Patent- und Markenrecht

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung

Aktenzeichen  3 Ni 32/13

Datum:
23.4.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
Spruchkörper:
3. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das deutsche Patent 10 2005 024 701
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23. April 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Proksch-Ledig, der Richter Kätker und Dipl.-Chem. Dr. Jäger sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner
für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent 10 2005 024 701 wird im Umfang der Ansprüche 1, 2, 4 bis 9 für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 30. Mai 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldeten Patents 10 2005 024 701 (Streitpatent), dessen Erteilung am 12. April 2007 und dessen beschränkte Aufrechterhaltung am 24. Mai 2012 veröffentlicht worden ist. Das Streitpatent betrifft ein „Verfahren und (eine) Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse” und weist in der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung 10 Patentansprüche auf, die folgendermaßen lauten:
2
1. Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9), indem die Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) ausgebracht und durch Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen gehindert wird, worauf der ausgebrachte Produktteppich (10) unter Verfestigung der Süßwarenmasse (9) gekühlt und einer Weiterverarbeitung zugeführt wird, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände die Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs (10) über die durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite um etwa 90° hochgeklappt werden und in hochgeklapptem Zustand solange mitbewegt werden, bis eine hinreichende Verfestigung der Süßwarenmasse (9) eingetreten ist.
3
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) vor dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) erfolgt.
4
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Förderband (2) nach dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9) gerüttelt wird.
5
4. Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2), mit einer Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) und mit Seitenwänden, die die auf das Förderband (2) ausgebrachte Süßwarenmasse (9) an einem seitlichen Verlaufen hindern, dadurch gekennzeichnet, dass das horizontal ausgerichtete angetriebene Förderband (2) zumindest in seinen beiden Randbereichen so elastisch-nachgiebig ausgebildet ist, dass die Ränder (18) während des Umlaufs des Förderbandes (2) bereichsweise unter Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände und unter Bildung eines Troges mit einer konstanten Schichtdicke des Produktteppichs (10) über die durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite hochklappbar sind, und dass zum bereichsweisen Hochklappen der Ränder (18) des Förderbandes (2) Leitelemente (22) vorgesehen sind.
6
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass als Leitelemente (22) ortsfeste Schienen (23), mitlaufende Führungsbänder, Rollenbahnen (32) od. dgl. vorgesehen sind.
7
6. Vorrichtung nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Förderband (2) in Längsrichtung durchgehende Einkerbungen (29, 30) aufweist, die die Biegestellen darstellen, an denen die Ränder (18) des Förderbandes (2) gegenüber einem Mittelteil (19) hochgeklappt werden.
8
7. Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das Förderband (2) doppellagig ausgebildet ist und eine außen liegende Schicht (26) aus Kunststoff und eine innen liegende Schicht (27) aus einem Gewebe aufweist.
9
8. Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) ein Kühlkanal (11) nachgeordnet ist, und dass die Leitelemente (22) den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind.
10
9. Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Leitelemente (22) Anlaufschrägen (25) aufweisen.
11
10. Vorrichtung nach mindestens einem der Ansprüche 4 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass unter dem Förderband (2) eine Rütteleinrichtung (21) vorgesehen ist.
12
Die Klägerin, die das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1, 2 und 4 bis 9, angreift, macht den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit geltend (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG). Zur Begründung ihres Vorbringens stützt sie sich u. a. auf folgende Dokumente:
13
NK2 DE 10 2005 024 701 C5 (Streitpatent)
14
D1 DE 697 04 058 T2
15
D2 DE 199 08 127 A1
16
D3 US 1 552 570
17
D4 GB 1 271 725
18
D5 EP 0 168 339 A1
19
D6 EP 1 067 065 A2
20
D7 US 5 060 787
21
Nach Auffassung der Klägerin sind die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 nicht neu. Beide seien durch die Druckschrift D2 neuheitsschädlich vorweggenommen. Außerdem nehme die Entgegenhaltung D1 den Gegenstand des Patentanspruchs 4 neuheitsschädlich vorweg.
22
Den Gegenständen der Patentansprüche 1 und 4 des Streitpatents fehle im Hinblick auf eine Kombination der Druckschriften D3 und D2 auch die erfinderische Tätigkeit. Zudem sei der Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 4 durch eine Kombination der Entgegenhaltungen D1 und D2 nahegelegt.
23
Weiter ist die Klägerin der Ansicht, dass die abhängigen Patentansprüche 2 und 5 bis 9 im Hinblick auf die Druckschriften D1 bis D3 und D5 bis D7 nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Dementsprechend sei die Klage auch im Hinblick auf die Hilfsanträge 1 bis 4 und die weiter verteidigten abhängigen Patentansprüche begründet.
24
Die Klägerin stellt den Antrag,
25
das deutsche Patent 10 2005 024 701 im Umfang der Ansprüche 1, 2 und 4 bis 9 für nichtig zu erklären.
26
Die Beklagte beantragt,
27
die Klage abzuweisen,
28
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 gemäß Schriftsatz vom 11. Dezember 2014 erhält,
29
weiter hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent eine Fassung erhält, in der die erteilten abhängigen Patentansprüche bestehen bleiben.
30
Gemäß Hilfsantrag 1 wird in den kennzeichnenden Teil der nebengeordneten Patentansprüche 1 und 4 das Merkmal aufgenommen, dass die Ränder des Förderbandes „durch als ortsfeste Schienen (23) ausgebildete Leitelemente (22)“ um etwa 90° hochgeklappt werden (Patentanspruch 1) bzw. „durch als ortsfeste Schienen ausgebildete Leitelemente (22) um etwa 90°“ hochklappbar sind (Patentanspruch 4). Der erteilte Patentanspruch 5 wird gestrichen, die Nummerierung und die Rückbezüge der angegriffenen Patentansprüche 6 bis 9 entsprechend angepasst.
31
Gemäß Hilfsantrag 2 wird in die Patentansprüche 1 und 4 zusätzlich das Merkmal „und der Produktteppich (10) in der verfestigten Form durch eine Längsschneidestation (12) und eine Querschneidestation (13) zu einzelnen Produkten (14) weiterverarbeitet wird“ (Patentanspruch 1) bzw. „und eine Längsschneidestation (12) und eine Querschneidestation (13) vorgesehen sind, durch die der Produktteppich (10) in der verfestigten Form zu einzelnen Produkten (14) weiterverarbeitet wird“ (Patentanspruch 4) aufgenommen.
32
Gemäß Hilfsantrag 3 wird in die Patentansprüche 1 und 4 zusätzlich das Merkmal „das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) vor dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) erfolgt“ (Patentanspruch 1) bzw. „die ortsfesten Schienen (23) so angeordnet sind, dass das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) vor dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) erfolgt“ (Patentanspruch 4) aufgenommen. Der erteilte Patentanspruch 2 wird gestrichen.
33
Gemäß Hilfsantrag 4 wird in die Patentansprüche 1 und 4 zusätzlich das Merkmal „die Süßwarenmasse (9) in einem Kühlkanal (11) gekühlt wird, wobei die ortsfesten Schienen (23) den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind“ (Patentanspruch 1) bzw. „der Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) ein Kühlkanal (11) nachgeordnet ist, die ortsfesten Schienen (23) den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind“ (Patentanspruch 4) aufgenommen. Der erteilte Patentanspruch 8 wird gestrichen und die Nummerierung und Rückbezüge des erteilten Patentanspruchs 9 werden entsprechend angepasst.
34
Bei allen o.g. Hilfsanträgen verbleiben die nicht angegriffenen Patentansprüche 3 und 10 in ihrer jeweiligen Rückbeziehung gemäß ihrer erteilten Fassung bestehen.
35
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und verteidigt ihr Patent, soweit es angegriffen wird. Die Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1 und 4 seien neu. Insbesondere offenbare die D2 kein Verfahren bzw. keine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus einer Süßwarenmasse, welche alle Merkmale des Patentanspruchs 1 umfasse bzw. alle Vorrichtungsmerkmale des Patentanspruchs 4 aufweise. Sie offenbare auch keine ausführbare Lehre, wie die Ränder des Förderbandes unter Ausbildung eines Troges um etwa 90° hochgeklappt werden. Die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 4 sei auch gegenüber der Lehre der D1 neu.
36
Der jeweilige Gegenstand der Patentansprüche 1 und 4 beruhe zudem auf erfinderischer Tätigkeit. Er sei weder durch eine Zusammenschau der D3 und der D2 noch der D1 und der D2 nahe gelegt. Insbesondere werde der Fachmann die D2, die das Fachgebiet der Transportförderbänder für die Verarbeitung von Metallschmelzen betreffe, nicht heranziehen und könne ihr auch nicht die Lehre des Streitpatents, das Hochklappen der Ränder des Förderbandes um etwa 90° und die Bildung eines Troges mit konstanter Schichtdicke des Produktteppichs über eine durch den Trog festgelegten Arbeitsbreite, entnehmen.
37
Aus den gleichen Gründen seien die Lehren der Hilfsanträge bestandsfähig, die Merkmale der erteilten Ansprüche und der Beschreibung kombinierten und das Wesentliche der erfindungsgemäßen Lehre aufzeigten.
38
Darüber hinaus seien die Gegenstände der erteilten abhängigen Patentansprüche 2 und 5 bis 9 neu und beruhten ebenfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Entscheidungsgründe

I.
39
1. Die auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG i. V. m. § 22 Abs. 1 PatG) gestützte Klage ist zulässig und erweist sich auch als begründet.
40
1.1 Das Streitpatent betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse, wobei das Produkt auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband ausgebracht wird, und das Förderband Seitenwände aufweist, welche das Produkt daran hindern, seitlich zu verlaufen (vgl. NK2, S. 2, Abs. [0001]).
41
Zum Hintergrund des Streitpatentes wird einleitend in der Beschreibung ausgeführt, dass beim Ausbringen einer Süßwarenmasse durch Gießen, Extrudieren, Walzenformung oder mit Düsen in einer gewünschten Schichtdicke von mehreren Millimetern oder Zentimetern auf ein angetriebenes, horizontal ausgerichtetes endloses Förderband die Gefahr bestehe, dass die Süßwarenmasse auf dem Förderband auseinanderlaufe bzw. über die seitlichen Kanten des Förderbandes übertrete. Dies führe dazu, dass die geforderte Schichtdicke nicht eingehalten werde und dass es zur Unterbrechung der Produktion komme, um das Band zu reinigen.
42
Um dieser Problematik entgegen zu wirken, sei es bekannt, an dem Förderband ortsfeste Seitenschienen anzuordnen. Dabei ergebe sich jedoch ein Spalt zwischen Seitenschiene und Förderband, durch den die Süßwarenmasse durchtreten und sich auf dem Förderband aufbauen könne. Darüber hinaus hafte die Süßwarenmasse an den Seitenwänden, welches zu unregelmäßigen Abreißvorgängen im Randbereich des Produktteppichs führe und wodurch die Formgebung beeinträchtigt werde.
43
Anstelle der ortsfesten Schienen würden auch mitlaufende Seitenbänder eingesetzt, die synchron mit dem Förderhauptband liefen. Hierdurch werde zwar das Ausfransen der Seitenränder der Süßwarenmasse reduziert, jedoch sei der maschinelle Aufwand erheblich, da die Seitenbänder einen eigenen Antrieb benötigten. Die Problematik, dass die Süßwarenmasse in den Spalt zwischen Seitenband und Hauptförderband fließe, bestehe aber weiterhin (vgl. NK2, S. 2, Abs. [0002] bis [0005]).
44
1.2 Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung aufzuzeigen, mit denen mit relativ einfachen Mitteln auf einem horizontal ausgerichteten angetriebenen endlosen Förderband eine Süßwarenmasse zu einem Produktteppich mit einer über die Arbeitsbreite hinreichend konstanter Schichtdicke ausgebracht werden kann, ohne dass dabei die oben beschriebenen Nachteile auftreten (vgl. NK2, S. 2/3, Abs. [0006]).
45
1.3 Zur Lösung schlagen Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ein Verfahren mit folgenden Merkmalen
46
M1 Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9),
47
M2 indem die Süßwarenmasse (9) auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2)
48
M3 entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) ausgebracht und
49
M4 durch Seitenwände an einem seitlichen Verlaufen gehindert wird,
50
M5 worauf der ausgebrachte Produktteppich (10) unter Verfestigung der Süßwarenmasse (9) gekühlt und
51
M6 einer Weiterverarbeitung zugeführt wird,
52
M7 wobei zur Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände die Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) unter Bildung eines Troges um etwa 90° hochklappt werden,
53
M8 wobei ein Produktteppich (10) mit einer konstanten Schichtdicke über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite ausgebildet wird und
54
M9 die Ränder im hochgeklappten Zustand solange mitbewegt werden, bis eine hinreichende Verfestigung der Süßwarenmasse (9) eingetreten ist.
55
und Patentanspruch 4 in der erteilten Fassung eine Vorrichtung vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
56
M4.1 Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs (10) aus viskoser Süßwarenmasse (9)
57
M4.2 auf ein horizontal ausgerichtetes angetriebenes Förderband (2),
58
M4.3 mit einer Station (8) zum Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2)
59
M4.4 entsprechend der gewünschten Arbeitsbreite (16) und
60
M4.5 mit Seitenwänden,
61
M.4.5.1 die die auf das Förderband (2) ausgebrachte Süßwarenmasse (9) an einem seitlichen Verlaufen hindern,
62
M4.6 wobei das horizontal ausgerichtete angetriebene Förderband (2) zumindest in seinen beiden Randbereichen so elastisch-nachgiebig ausgebildet ist,
63
M4.7 dass die Ränder (18) während des Umlaufs des Förderbandes (2) bereichsweise unter Bildung der das seitliche Verlaufen gezielt begrenzenden Seitenwände und unter Bildung eines Troges hochklappbar sind,
64
M4.8 wobei ein Produktteppich (10) mit einer konstanten Schichtdicke über die durch den Trog festgelegte Arbeitsbreite erhalten wird und
65
M4.9 dass zum bereichsweisen Hochklappen der Ränder (18) des Förderbandes (2) Leitelemente (22) vorgesehen sind.
66
1.4 Bei dem vorliegend zuständigen Fachmann handelt es sich um einen Maschinenbauingenieur mit besonderen Kenntnissen in der Verfahrenstechnik und dem Bau von Anlagen für die Lebensmittelindustrie, insbesondere für die Süßwarenindustrie.
II.
67
1. Die Patentansprüche 1, 2 und 4 bis 9 in der erteilten Fassung erweisen sich mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig.
68
Im Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, inwiefern die von der Klägerin geltend gemachte mangelnde Neuheit gegeben ist, da jedenfalls die Bereitstellung des Verfahrens gemäß Patentanspruch 1 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
69
a) Bei der Frage, ob die erfinderische Tätigkeit zu verneinen ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob der Stand der Technik am Prioritätstag dem Fachmann den Gegenstand der Erfindung nahegelegt hat. Dies erfordert zum einen, dass der Fachmann mit seinen durch die Ausbildung und berufliche Erfahrung erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage gewesen ist, die erfindungsgemäße Lösung des technischen Problems aus dem Vorhandenen zu entwickeln. Hinzukommen muss zum anderen, dass der Fachmann Grund hatte, den Weg der Erfindung zu beschreiten. Dazu bedarf es in der Regel über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausreichender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe (BGH GRUR 2009, 746 LS – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung, BGH GRUR 2010, 407- einteilige Öse, BGH GRUR 2012, 378 – Installiereinrichtung II). Bei der Prüfung, ob der Stand der Technik ausgehend von einer Entgegenhaltung dem Fachmann die erfinderische Lösung nahe gelegt hat, ist nicht nur zu berücksichtigen, was sich für den Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dieser Entgegenhaltung ergibt, sondern gleichermaßen, was der Fachmann kraft seines Fachwissen aus ihr ableiten kann (BGH GRUR 2013, 363 LS – Polymerzusammensetzung).
70
b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erweist sich die Bereitstellung des mit Patentanspruch 1 beanspruchten Verfahrens im Hinblick auf die Druckschriften D3 und D2 als naheliegend. Im Blickfeld des Fachmannes, der mit der Suche nach einer Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe betraut ist, hat auch die aus der Druckschrift D3 bekannte Vorrichtung zur Herstellung von Süßwaren gelegen, mit der plastische Süßwarenmassen zu Riegeln verarbeitet werden (vgl. D3, Patentanspruch 1, S. 1, Z. 9 bis 22). Denn bei dieser Vorrichtung wird die Süßwarenmasse mit einer Ausgabeeinheit auf ein horizontales Förderband in nahezu der vollen Breite des Förderbandes aufgebracht (vgl. D3, S. 1, Z. 56 bis 63 und Z. 92 bis 99 i. V. m. Fig. 1), wobei das Förderband aus einem horizontalen Bandtrum (20) besteht, an dessen Rändern Platten (21) in überlappender, vertikaler Anordnung unter Ausbildung einer trogartigen Bandstruktur befestigt sind (vgl. D3, S. 1, Z. 64 bis 72 i. V. m. Fig. 1 und 5). Die auf das Bandtrum ausgebrachte Süßwarenmasse wird durch Nivellierwalzen auf eine definierte und einheitliche Schichtdicke gebracht, bevor sie gekühlt und weiterverarbeitet wird (vgl. D3, Patentanspruch 2, S. 2, Z. 12 bis 24 und Z. 77 bis 93 i. V. m. Fig. 2). Somit wird dem Fachmann mit der Druckschrift D3 die Lehre vermittelt, zur Verarbeitung plastischer Süßwarenmassen ein horizontales Förderband mit mitlaufenden vertikalen Seitenwänden zu verwenden, um das seitliche Verlaufen der Masse zu begrenzen.
71
Ein Hinweis auf eine konstruktive Maßnahme, die Ränder des Förderbandes, auf das die Süßwarenmasse zur Ausbildung eines Produktteppichs ausgebracht wird, spaltenfrei auszugestalten, findet sich dagegen in D3 nicht.
72
Diese Maßnahme zur Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe in Betracht zu ziehen, lag jedoch nahe. Denn die Anregung, die hochklappbaren Ränder eines Förderbandes, durchgehend, d. h. spaltenlos, auszugestalten, wenn flüssige bis plastische Massen damit verarbeitet werden sollen, gibt die Druckschrift D2, die eine Vorrichtung zur Behandlung von Schmelzen ebenfalls mit einem einzelnen, endlos umlaufenden Förderband betrifft (vgl. D2, Sp. 1, Z. 3 bis 9, Fig. 1) und mit der sich Schmelzen bzw. Schmelzprodukte geringer bis hoher Schichtdicke zuverlässig und toleranzarm mit einer konstanten Schichtdicke, herstellen lassen (vgl. D2, Sp. 1, Z. 50 bis 52). Die Seitenränder des einstückigen, elastischen Bandtrums können mit Ausgleichseinrichtungen vertikal nach oben klappt werden (vgl. D2, Patentansprüche 1 und 4, Sp. 2, Z. 13 bis 21 i. V. m. Sp. 4 Z. 59 bis Sp. 5, Z. 3 sowie Fig. 10 und 11), wodurch sich die Arbeitsbreite einstellt. Der Fachmann entnimmt demzufolge der D2 nicht nur Hinweise zur Ausgestaltung eines spaltenfreien Förderbandes als ein einstückiges Bandtrum, sondern er kann mit dieser Ausgestaltung der Seitenwände des Förderbandes von vornherein erwarten, dass damit ein unkontrolliertes, seitliches Verlaufen der Süßwarenmasse verhindert wird und gleichzeitig dadurch Verschmutzungen, die durch das Eintreten der Süßwarenmasse in den Spalt zwischen den Seitenplatten bzw. zwischen dem horizontalen Bandtrum und den Seitenplatten bedingt sind, vermieden werden (vgl. BGH GRUR 2012, 803, Ls., 807, Tz. [46] – Calcipotriol-Monohydrat).
73
Entgegen der Auffassung der Beklagten offenbart die Druckschrift D2 auch ein Hochklappen der Seitenränder, da nach der Druckschrift D2 die Ausgleichselemente nicht nur zum Niederhalten des Bandtrums vorgesehen sind, sondern vielmehr zwei verschiedene Funktionen haben, zum einen das von der Beklagten angesprochene Niederhalten des Bandtrums und zum anderen aber auch das Hochklappen der Seitenränder (vgl. D2, Sp. 1, Z. 27 bis 38, Z. 46 bis 52, Sp. 2, Z. 6 bis 8 und Z. 13 bis 25). Somit offenbart die Druckschrift D2 Ausgleichselemente entsprechend den streitpatentgemäßen Leitelementen.
74
Ebenso vermag der Senat nicht der Ansicht der Beklagten sachlich zu folgen, der Fachmann ziehe das Dokument D2 nicht in Betracht. Denn der Fachmann erkennt aufgrund seiner eigenen Sachkunde, dass er eine Lösung auf dem naheliegenden Fachgebiet der Fördertechnik, das u.a. die Ausgestaltung von Förderbändern umfasst, erwarten kann (BGH GRUR 2010, 41, 43, LS. 1 u. Rn. 29 – Diodenbeleuchtung). Im Übrigen betrifft die Druckschrift D2 nicht – wie von der Beklagten geltend gemacht – die Herstellung von Metallschmelzen, sondern die Herstellung von Schmelzen allgemein, da eine Spezifikation der stofflichen Zusammensetzung der Schmelzen dem Dokument nicht entnommen werden kann.
75
Auch der weitere Einwand der Beklagten, dass mit dem in D2 beschriebenen Förderband keine konstante Schichtdicke der Schmelze erzielt werden könne, weil sich in den Randbereichen aufgrund dessen „badewannenförmiger“ Struktur eine gegenüber dem Mittelteil des Bandes abweichende Schichtdicke einstelle, kann nicht überzeugen, weil die „badewannenförmige“ bzw. „rinnenförmige“ Struktur in der Druckschrift D2 neben der rechteckigen Ausgestaltung, die sich bei einer vertikalen Abragung der Seitenränder des Förderbandes einstellt, nur als eine mögliche Bandform genannt wird. Bei der rechteckigen Bandstruktur – entsprechend Merkmal M7 des Patentanspruchs 1 – bilden sich dagegen keine abweichenden Schichtdicken im Randbereich aus.
76
Auch soweit die Beklagte geltend gemacht hat, dass in der Druckschrift D2 keine ausführbare Lehre dahingehend offenbart sei, wie das vertikale Abragen der Seitenränder bei einem elastischen Förderband erzielt werden könne, vermag ihr der Senat nicht zu folgen.. Nach Auffassung der Beklagten wird bei einem elastischen Bandtrum nur eine „badewannenförmige“ Bandstruktur durch konische Rollen erzeugt. Diese Rollen seien jedoch nicht dazu geeignet, die Seitenränder des Förderbandes um 90° nach oben zu klappen. Eine vertikale Abragung der Seitenränder sei gemäß D2 daher nur durch eine profilierte Bandstruktur ausführbar offenbart. Dieses Vorbringen kann ebenfalls nicht überzeugen. Denn die Beklagte bezieht sich bei ihren Ausführungen ausschließlich auf die Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 9 und 10 der D2 nicht aber auf den Gesamtoffenbarungsgehalt der Druckschrift. Dies wäre jedoch nur zulässig, wenn die Auslegung des Patentanspruchs unter Heranziehung der Beschreibung und Zeichnungen ergäbe, dass nur bei Befolgen einer solchen engeren technischen Lehre derjenige technische Erfolg erzielt wird, der mit den im Patentanspruch bezeichneten Mitteln erreicht werden soll (BGH GRUR 2008, 779, 2. Ls. – Mehrgangnabe). Dies ist hier aber nicht der Fall. Denn gemäß D2 wird das Hochklappen der Seitenkanten des Förderbandes entweder durch eine ausreichende Elastizität oder durch eine profilierte Ausgestaltung des Förderbandes erzielt (vgl. D2, Patentanspruch 4 i. V. m. Sp. 2, Z. 16 bis 20), wobei die Seitenränder abgewinkelt, gewölbt schräg oder vertikal nach oben abragen (vgl. D2, Sp. 2, Z. 20 bis 21). Das Abragen der Seitenkanten des Förderbandes kann daher gemäß D2 durch Ausgleichseinrichtungen erfolgen (vgl. D2, Patentanspruch 4 i. V. m. Sp. 2, Z. 13 bis 16). Ersichtlich ist dieses auch anhand des Ausführungsbeispiels nach Fig. 10 im Dokument D2, gemäß dem das Abstützen der Seitenkanten des Bandtrums durch Ausgleichselemente erfolgt, die durch Stützelemente in Form von entsprechend konisch oder zylindrisch gestalteten Rollen gebildet sind, (vgl. D2, Sp. 4, Z. 59 bis Sp. 5, Z. 6). Im Falle der Ausgestaltung gemäß Figur 10 werden die Seitenkanten des Bandtrums zwar nur abgewinkelt und nicht vertikal hochgeklappt. Jedoch werden dem Fachmann damit ausreichend Informationen an die Hand gegeben, wie das Hochklappen bewerkstelligt werden kann. Die konstruktive Ausgestaltung der Ausgleichselemente für das vertikale Hochklappen ist daher mit keinen Schwierigkeiten verbunden, denn dazu muss nur der Neigungswinkel der Rollen angepasst werden (vgl. z. B. D7, Fig. 17, 19 und 20). Dabei handelt es sich um eine übliche maschinenbautechnische Lösung, die dem Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs zuzuordnen ist und die somit nicht auf Überlegungen erfinderischer Art beruht.
77
Schließlich kann auch der weitere Einwand der Beklagten zu keiner anderen Sichtweise führen, der Fachmann hätte die Druckschrift D3, die eine Bonbonmaschine zur Verarbeitung von hochviskosen Süßwarenmassen betreffe, schon deshalb nicht in Betracht gezogen, da mit ihr lediglich plastische, d.h. hochviskose Süßwarenmassen verarbeitet würden. Die im Patentanspruch 1 der D3 genannten Walzen zur Nivellierung der Masse auf eine geringere Schichtdicke deuteten bereits darauf hin, dass es sich um kaum fließfähige Massen handele. Niedrig viskose bis flüssige Süßwarenmassen, wie sie gemäß dem Streitgegenstand verarbeitet würden, seien mit der Vorrichtung nach D3 nicht handhabbar. Diese Argumentation greift im Hinblick auf den Wortlaut des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung aber zu kurz, da dieser jedwede viskosen Süßwarenmassen umfasst, nachdem er keine Einschränkung der Viskositätswerte zum Gegenstand hat. Somit fallen unter den Wortlaut des Anspruchs sowohl niedrig- als auch hochviskose, plastische Massen, wie sie in D3 beschrieben sind. Des Weiteren kann der Fachmann im Hinblick auf die Förderbandkonstruktion gemäß D3 keine Gründe erkennen, die gegen eine Verarbeitung von nicht hochviskosen Massen sprechen würden, da auch geringer viskose Massen nivelliert werden können.
78
Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht rechtsbeständig.
79
2. Gleiches gilt im Übrigen für den nicht ausdrücklich verteidigten nebengeordneten Patentanspruch 4 in der erteilten Fassung, der auf eine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs gerichtet ist und dessen wesentliche Merkmale mit denen des Patentanspruchs 1 übereinstimmen.
80
3. Der auf Patentanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 2, wie auch die auf Patentanspruch 4 unmittelbar bzw. mittelbar rückbezogenen Patentansprüche 5 bis 9 bedürfen keiner isolierten Prüfung, da die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie den Hauptantrag als geschlossenen Anspruchssatz verteidigt (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II, BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät, BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).
III.
81
Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 erweisen sich gleichfalls als nicht patentfähig.
82
1. Die Neuheit der Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 1 kann dahingestellt bleiben, denn das Verfahren zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse gemäß Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
83
1.1 Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung dadurch, dass die Ränder des Förderbands „durch als ortsfeste Schienen (23) ausgebildete Leitelemente (22)“hochgeklappt werden.
84
1.2 Damit mag der streitpatentgemäße Gegenstand nach Patentanspruch 1 beschränkt worden sein, jedoch kann dieses zusätzliche Merkmal keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten.
85
Das in Patentanspruch 1 zusätzlich aufgenommene Merkmal betrifft die Ausführung der Leitelemente als ortsfeste Schienen. Diese maschinenbautechnische Lösung stellt für den angesprochenen Fachmann jedoch eine ihm ebenfalls bekannte und daher in Betracht zu ziehende Maßnahme zur Anhebung der Seitenränder des Förderbandes dar. Denn zum Hochklappen der Seitenränder eines Förderbandes um 90° sind der Fachwelt neben den im Dokument D2 beschriebenen Ausgleichseinrichtungen in Form von Gleit- und Rollenelementen (vgl. D2, Sp. 1, Z. 53 bis 54 und Z. 61 bis 65, Fig. 9 und 10) auch ortsfeste Schienen zum Hochklappen der Seitenränder des Förderbandes um 90 ° bekannt (vgl. auch D1, S. 4, Z. 25 bis 33 i. V. m. Fig. 5, Bezugszeichen 43). Unter diesen beiden Alternativen jene auszuwählen, die sich für das beanspruchte Verfahren als am besten geeignet erweist, um den angestrebten Erfolg zu erreichen, bedarf keines erfinderischen Zutuns (vgl. BGH GRUR 2008, 56, 2. Ls, 59, Tz. [25] – Injizierbarer Mikroschaum; BGH GRUR 2015, 356, 2. Ls, 359, Tz. [31] – Repaglinid). Dazu musste der Fachmann lediglich Versuche durchführen, deren Anlegung und Durchführung seinem Arbeitsbereich zu zuordnen ist Auch erweist sich die Nutzung dieser Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig, zumal die Schienen gegenüber den Rollenelementen den Vorteil bieten, dass sie konstruktiv einfacher realisierbar sind. Zudem sind keine besonderen Umstände feststellbar, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2014, 647, 649, Tz. [26] – Farbversorgungssystem).
86
Der Patentanspruch 1 in der Form des 1. Hilfsantrages ist daher mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig.
87
2. Nichts anderes gilt für den Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2.
88
2.1 Der Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 wird des Weiteren dahin konkretisiert, dass „der Produktteppich (10) in der verfestigten Form durch eine Längsschneidestation (12) und eine Querschneidestation (13) zu einzelnen Produkten (14) weiterverarbeitet wird“.
89
2.2 Dieses Merkmal betrifft die Ausgestaltung der Weiterverarbeitung des verfestigten Produktteppichs zu einzelnen Produkten. Eine solche Maßnahme ist aber bereits aus der Druckschrift D3 bekannt, in der mit Hilfe von Scheibenschneidern der Produktteppich längs (vgl. D3, Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung S. 2, Z. 31 bis 36) und zusätzlich mit drei Messern quer geschnitten wird (vgl. D3, Patentansprüche 1 bis 3, Beschreibung S. 2, Z. 43 bis 47). Das Ergreifen dieser Maßnahme kann daher keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten.
90
3. Auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
91
3.1 Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 wird durch die Aufnahme des Merkmals „das Hochklappen der Ränder (18) des angetriebenen Förderbandes (2) vor dem Ausbringen der Süßwarenmasse (9) auf das Förderband (2) erfolgt“ weiter beschränkt. Hierbei handelt es sich jedoch um eine reine fachmännische Maßnahme.
92
3.2 In welchem Umfang und mit welcher Konkretisierung der Fachmann Anregungen im Stand der Technik benötigt, um eine bekannte Lösung in bestimmter Weise zu weiterzuentwickeln, ist nach der Rechtsprechung eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung eine Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Sachelemente erfordert. Dabei sind nicht nur ausdrückliche Hinweise an den Fachmann beachtlich, sondern auch Eigenarten des in Rede stehenden technischen Fachgebietes, die sich insbesondere bei der Konstruktion oder der Anwendung des in Rede stehenden Gegenstandes ergeben (BGH GRUR 2012, 378 LS – Installiereinrichtung II, BGH GRUR 2014, 647, 649, Tz. [25] – Farbversorgungssystem).
93
Nach diesen Grundsätzen beruht Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Bei dem zusätzlich aufgenommenen Merkmal handelt es sich um eine maschinenbautechnische Maßnahme, die schon allein durch die Fließfähigkeit der Süßwarenmassen, insbesondere der niedrigviskosen Massen, bedingt ist, da diese sich unmittelbar nach ihrem Ausbringen in der gewünschten Arbeitsbreite auf dem Bandtrum weiter in Richtung der Seitenränder des Förderbandes ausbreiten. Von daher gebietet schon allein das fachmännische Handeln bei der Ausgestaltung eines solchen Verfahrens, die Seitenränder des Bandtrums bereits vor dem Auftrag der Masse hochzuklappen, um sicher zu stellen, dass die Masse nicht unkontrolliert über dessen Ränder hinausfließt, so dass das Ergreifen dieser Maßnahme nicht auf Überlegungen erfinderischer Art beruht. Unabhängig davon ist eine solche Vorgehensweise bereits in der D3 durch die vertikalen, feststehenden Seitenränder realisiert (vgl. D3, S. 1, Z. 64 bis 72, Fig. 1), so dass der Fachmann schon mit D3 den Hinweis erhält, die trogförmige Bandform bereits vor der Ausgabestation bereitzustellen, um den genannten Nachteilen entgegenzuwirken.
94
4. Ebenso ist Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 nicht bestandsfähig.
95
4.1 Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 4 ist gegenüber Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 durch die Aufnahme des weiteren Merkmals, nach dem die Süßwarenmasse (9) in einem Kühlkanal gekühlt wird, wobei die ortsfesten Schienen (23) den Kühlkanal (11) durchsetzend angeordnet sind“ weiter konkretisiert worden.
96
Die zusätzlich aufgenommen Maßnahmen können aber keinen Beitrag zur Begründung der Patentfähigkeit des streitpatentgemäßen Verfahrens zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse leisten, da sowohl in der Druckschrift D3 als auch in dem Dokument D2 eine solche Maßnahme bereits vorgesehen ist. Gemäß D3 wird der Produktteppich auf dem Förderband mit den vertikalen Seitenwänden zur weiteren Verfestigung durch einen Kühlkanal transportiert (vgl. D3, S. 2, Z. 77 bis 83, Fig. 3 bis 5). Auch bei dem Verfahren nach D2 sind die Ausgleichselemente über die gesamte Prozesslänge, die eingangs auf Höhe der Ausgabeeinheit beginnt und ausgangsseitig mit dem Durchlaufen der Temperiereinheit, der Kühlung, endet, vorgesehen (vgl. D2, Sp. 1, Z. 32 bis 43 i. V. m. Sp. 2, Z. 13 bis 25 i. V. m. Fig. 1). Dies wird insbesondere an Hand der Ausgestaltung des Förderbandes als Doppelband deutlich, bei der die Seitenränder des unteren Bandes im Kühlkanal durch ortsfeste Ausgleichselemente gestützt werden (vgl. D2, Patentanspruch 9, Sp. 5, Z. 18 bis 25 i. V. m. Fig. 12.
97
5. Der jeweils nebengeordnete Patentanspruch 4 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 ist auf eine Vorrichtung zum Ausformen eines Produktteppichs aus viskoser Süßwarenmasse gerichtet. Für diese Patentansprüche gelten aufgrund der sachlichen Identität der beanspruchten Merkmale die oben für den Patentanspruch 1 der Hilfsanträge 1 bis 4 jeweils dargelegten Gründe gleichermaßen, sodass die Patentansprüche 4 – ihre ausdrückliche Verteidigung unterstellt – gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4 ebenfalls keinen Bestand haben.
98
6. Die auf den jeweiligen Patentanspruch 1 und 4 unmittelbar oder mittelbar rückbezogenen Patentansprüche des 1. bis 4. Hilfsantrages bedürfen keiner weiteren, isolierten Prüfung, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass sie die Hilfsanträge als geschlossenen Anspruchssatz verteidigt (vgl. BGH GRUR 2007, 862 – Informationsübermittlungsverfahren II; BGH GRUR 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät; BPatG GRUR 2009, 46 – Ionenaustauschverfahren).
IV.
99
1. Schließlich erweist sich auch die Verteidigung im Hinblick auf die Gegenstände der erteilten abhängigen Patentansprüche 2 und 5 bis 9 gemäß Hilfsantrag 5 als nicht erfolgreich, da deren Gegenstände gleichfalls nicht patentfähig sind.
100
1.1 Nach Patentanspruch 6 weist das beanspruchte Förderband durchgehende Einkerbungen in Längsrichtung auf, die Biegestellen darstellen, an denen die Ränder des Förderbandes gegenüber einem Mittelteil hochgeklappt werden. Diese Maßnahme stellt jedoch, wie auch die Druckschriften D5 und D7 belegen, ein übliches Mittel dar, das das Hochklappen der Seitenränder von Förderbändern an einer gegenüber dem Mittelteil des Bandtrums definierten Linie durch Einkerbungen bzw. Gelenkstellen erleichtert (vgl. D5, S. 3, Z. 21 bis 23, S. 4, Z. 29 bis S. 5, Z. 4 i. V. m. Fig. 7, Bezugszeichen 30; D7, Sp. 5/6, übergr. Abs. i. V. m. Fig. 1 und 2). Diese Maßnahme auch bei einem einstückigen Förderband, dessen Ränder hochgeklappt werden, in Betracht zu ziehen, ist daher naheliegend.
101
1.2 Auch die doppellagige Ausbildung des beanspruchten Förderbandes nach Patentanspruch 7, wobei dieses eine außen liegende Schicht aus Kunststoff und eine innen liegende Schicht aus einem Gewebe aufweist, leistet keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit. Wie in der Streitpatentschrift ausgeführt wird, besteht die obere Schicht aus einer Kunststoffbahn mit glatter Oberfläche und die untere Schicht aus einer Gewebebahn, wobei beide Schichten des Förderbandes dauerhaft miteinander verbunden sein können (vgl. NK2, S. 3, Abs. [0013], letz. Satz, S. 5, Abs. [0027]). Die glatte Oberfläche des Bandes bedingt, dass die hergestellten Produkte leicht ablösbar vom Förderband sind, während die Gewebebahn zur Verstärkung des Bandtrums dient.
102
Bei dieser mehrschichtigen Ausgestaltung des Förderbandes handelt es sich um eine dem Fachmann geläufige Ausgestaltung des Bandtrums auf dem Gebiet der Lebensmittelherstellung, wie anhand von D6 aufgezeigt wird. Das Förderband zum Transport von Lebensmitteln gemäß D6 besteht aus einem Kunststoff mit geringer Oberflächenenergie, der in Kontakt mit dem Lebensmittel kommt und einer Gewebebahn zur Verstärkung des Bandtrums. Aufgrund der geringen Oberflächenenergie des Kunststoffes lassen sich die fertigen Produkte leicht vom Band ablösen, ohne kleben zu bleiben (vgl. D6, Patentanspruch 1, 5 und 10, Sp. 1, Abs. [0001 bis 0002]). Diese Ausgestaltung des Förderbandes stellt folglich eine für den Fachmann übliche, in Betracht zu ziehende Maßnahme auf dem Gebiet der Förderbänder für Lebensmittel dar, die keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten kann.
103
1.3 Nach Patentanspruch 9 können die Leitelemente Anlaufschrägen aufweisen, die die Ränder des Förderbandes bei dessen Umlauf schonend und allmählich hochklappen (vgl. NK2, S. 3, Abs. [0015], S. 5, Abs. [0028] i. V. m. Fig. 4). Das Ergreifen dieser Maßnahme kann gleichfalls nicht dazu beitragen, die erfinderische Tätigkeit, der damit beanspruchten Vorrichtung zu begründen, da in D2 die verschiedenen Ausgleichsreinrichtungen 9 und 12 auf die allmähliche Umformung des Bandtrums abgestimmt sind, um das Förderband von der ebenen Gestaltung in die konkav gewölbte Form zu überführen. Dies geschieht durch Inklinationsanstieg der Ausgleichselemente, insbesondere der hohlzylindrischen Rollen, die die Seitenränder des Förderbandes hochklappen (vgl. D2, Sp. 5, Z. 7 bis 15, Fig. 11 i. V. m. Sp. 3/4, übergr. Satz).
104
Der Einwand der Beklagten, dass in D2 an keiner Stelle Leitelemente mit Anlaufschrägen zu entnehmen seien, kann den Senat nicht überzeugen. Denn gemäß der Streitpatentschrift kann es sich bei den Leitelementen u.a. um Rollen handeln, wie sie in D2 realisiert sind. Die Anlaufschräge wird im Streitpatent wie auch in D2 durch einen Inklinationsanstieg der Rollen ausgebildet (vgl. NK2, Fig. 4, D2, Fig. 11). Im Hinblick auf die weitere von der Beklagten angesprochene Ausgestaltung der Leitelemente als ortsfeste Schienen ergibt sich nicht anderes. Denn allein schon das fachmännische Können gebietet, Anlaufschrägen bei ortsfesten Schienen vorzusehen, da bei einer schlagartigen Umformung des Förderbandes auf das Bandtrum zu hohe Kräfte wirken, die zu Materialschädigungen bzw. zum Reißen des Bandes führen würden. Die Verwendung von Anlaufschrägen stellt somit eine Standardmaßnahme dar. Dies wird auch durch D1 belegt, in der den ortsfesten Schienen trichterförmige Führungen als Anlaufschrägen zugeordnet sind (vgl. auch D1, S. 4, Z. 27 bis 33, Fig. 5). Damit handelt es sich bei dieser Maßnahme um eine maschinenbautechnische Lösung, deren Ergreifen nicht auf Überlegungen erfinderischer Art beruht.
105
1.4 Im Hinblick auf die Gegenstände der Patentansprüche 2, 5 und 8 wird auf die auf die vorstehenden Ausführungen zum Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1, 3 und 4 verwiesen, da im Rahmen der dortigen Begründung die Merkmale dieser Ansprüche bereits abgehandelt worden sind. Die Patentansprüche 2 und 5 bis 9 erweisen sich daher als ebenfalls nicht bestandsfähig.
V.
106
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
107
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
VI.
108
Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.


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