Patent- und Markenrecht

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung

Aktenzeichen  2 Ni 3/13

Datum:
11.12.2014
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
Spruchkörper:
2. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache


betreffend das deutsche Patent 10 2004 005 362
hat der 2. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Sredl sowie der Richter Merzbach, Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Univ. Fetterroll und Dipl.-Ing. Univ. Wiegele
für Recht erkannt:
I. Das Patent DE 10 2004 005 362 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung hinaus geht:
1. Regal-Boxen-System für Servicefahrzeuge, aufweisend ein Regal mit mindestens einer herausnehmbaren Regalbox 10), die mittels einer eine Arretiernase (20) und einen Arretieranschlag (22, 23) aufweisenden Arretiervorrichtung in einer in das Regal eingeschobenen hinteren Arretierposition und in einer vorderen Ausziehposition in Ausziehrichtung der Box (10) auf einem Regalboden (24) arretierbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretiernase (20) in einer auf dem Regalboden festlegbaren Führungsschiene (16) zur Führung der Regalbox (10) in Ausziehrichtung integral aufgenommen ist, und die Führungsschiene (16) einen Laufsteg (19) aufweist, der von einer komplementären Laufschiene (18) der Regal-Box (10), an deren Seitenwand die Arretieranschläge (22, 23) angeordnet sind, untergriffen wird, wobei der Abstand (s) zwischen der Oberkante der Laufschiene (18) und der Unterkante der Arretieranschläge (22, 23) größer ist als die Höhe (c) der Arretiernase (20).
2. Regal-Boxen-System nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Laufschiene (18) durch die Bodenplatten-Kante der Box (10) gebildet ist, die seitlich von der Boxen-Seitenwand abragt.
3. Regal-Boxen-System nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass eine Führungsschiene (16) mit Arretiernase (20) zwischen zwei Boxen (10) angeordnet ist.
4. Regal-Boxen-System nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretieranschläge (22, 23) in einer Seitenausnehmung (26) in der entsprechenden Seitenwand (12) der Box (10) ausgebildet sind
5. Regal-Boxen-System nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Box (10) an ihrer Rückkante eine Gleitfläche (27) aufweist.
6. Regal-Boxen-System nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretiernase (20) eine Gleitfläche (21) aufweist, auf der der jeweilige Arretieranschlag (22, 23) beim Einschieben der Box (10) gleitet und über die Arretiernase (20) hebbar ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 4/5 und die Beklagte 1/5.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 3. Februar 2004 angemeldeten und am 5. Januar 2006 veröffentlichten Patents DE 10 2004 005 362 mit der Bezeichnung „Regal-Boxen-System”.Das Patent umfasst den Vorrichtungsanspruch 1 sowie die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 6.
2
Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung lautet wie folgt:
3
1. Regal-Boxen-System, insbesondere für Servicefahrzeuge, aufweisend ein Regal mit mindestens einer herausnehmbaren Regalbox (10), die mittels einer eine Arretiernase (20) und einen Arretieranschlag (22, 23) aufweisenden Arretiervorrichtung in einer in das Regal eingeschobenen hinteren Arretierposition und in einer vorderen Ausziehposition in Ausziehrichtung der Box (10) auf einem Regalboden (24) arretierbar ist,dadurch gekennzeichnet, dass eine auf dem Regalboden festlegbare Führungsschiene zur Führung der Regalbox (10) in Ausziehrichtung vorgesehen ist, die einen Laufsteg (19) aufweist, der von einer komplementären Laufschiene der Regal-Box (10) untergriffen wird.
4
Wegen des Wortlauts der jeweils mittelbar oder unmittelbar auf Patentanspruch 1 zurückbezogenen Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
5
Die Beklagte verteidigt ihr Patent beschränkt im Umfang der mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 (Bl. 279 ff. d.A.) als Hauptantrag eingereichten Ansprüche 1 bis 6 (Bl. 287 – 288 d.A.).
6
Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat danach folgenden Wortlaut:
7
Regal-Boxen-System für Servicefahrzeuge, aufweisend ein Regal mit mindestens einer herausnehmbaren Regalbox (10), die mittels einer eine Arretiernase (20) und einen Arretieranschlag (22, 23) aufweisenden Arretiervorrichtung in einer in das Regal eingeschobenen hinteren Arretierposition und in einer vorderen Ausziehposition in Ausziehrichtung der Box (10) auf einem Regalboden (24) arretierbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretiernase (20) in einer auf dem Regalboden festlegbaren Führungsschiene (16) zur Führung der Regalbox (10) in Ausziehrichtung integral aufgenommen ist, und die Führungsschiene (16) einen Laufsteg (19) aufweist, der von einer komplementären Laufschiene (18) der Regal-Box (10), an deren Seitenwand die Arretieranschläge (22, 23) angeordnet sind, untergriffen wird, wobei der Abstand (s) zwischen der Oberkante der Laufschiene (18) und der Unterkante der Arretieranschläge (22, 23) größer ist als die Höhe (c) der Arretiernase (20).
8
Die weiteren Unteransprüche gemäß Hauptantrag entsprechenden den erteilten Unteransprüchen 2 bis 6.
9
Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent im Umfang der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Ansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag 0 (Bl. 310 – 311 d.A.) sowie der der mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 vorgelegten Ansprüche 1 bis 5 nach Hilfsantrag 1 (Bl. 289 – 290 d.A.) bzw. im Umfang der Ansprüche 1 bis 4 nach Hilfsantrag 2 (Bl. 291 – 292 d.A.).
10
Patentanspruch 1 gemäß
Hilfsantrag 0
hat danach folgenden Wortlaut (die Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind hervorgehoben):
11
Regal-Boxen-System für Servicefahrzeuge, aufweisend ein Regal mit mindestens einer herausnehmbaren Regalbox (10), die mittels einer eine Arretiernase (20) und einen Arretieranschlag (22, 23) aufweisenden Arretiervorrichtung in einer in das Regal eingeschobenen hinteren Arretierposition und in einer vorderen Ausziehposition in Ausziehrichtung der Box (10) auf einem Regalboden (24) arretierbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretiernase (20) in einer auf dem Regalboden festlegbaren Führungsschiene (16) zur Führung der Regalbox (10) in Ausziehrichtung integral aufgenommen ist, und die Führungsschiene (16) einen Laufsteg (19) aufweist, der von einer komplementären Laufschiene (18) der Regal-Box (10), an deren Seitenwand die Arretieranschläge (22, 23) angeordnet sind, untergriffen wird, wobei der Abstand (s) zwischen der Oberkante der Laufschiene (18) und der Unterkante der Arretieranschläge (22, 23) größer ist als die Höhe (c) der Arretiernase (20),
die Arretiernase (20) mit ihrem Laufsteg (19) in eine Aussparung (26) der Regalbox (10) einragt, in der die Arretieranschläge (22,23) angeordnet sind.
12
Der auf Patentanspruch 1 rückbezogene Patentanspruch 2 nach Hilfsantrag 0 lautet:
13
Regal-Boxen-System nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Abstand (s) zwischen der Oberkante der Laufschiene (18) und der Unterkante der Arretieranschläge (22, 23) größer ist als die Höhe (c) der Arretiernase (20).
14
Die weiteren Unteransprüche gemäß Hilfsantrag 0 entsprechenden den erteilten Unteransprüchen 2 bis 6, neu nummeriert als Ansprüche 3 bis 7
15
Patentanspruch 1 gemäß
Hilfsantrag 1
hat folgenden Wortlaut (die Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind hervorgehoben):
16
Regal-Boxen-System für Servicefahrzeuge, aufweisend ein Regal mit mindestens einer herausnehmbaren Regalbox (10), die mittels einer eine Arretiernase (20) und einen Arretieranschlag (22, 23) aufweisenden Arretiervorrichtung in einer in das Regal eingeschobenen hinteren Arretierposition und in einer vorderen Ausziehposition in Ausziehrichtung der Box (10) auf einem Regalboden (24) arretierbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretiernase (20) in einer auf dem Regalboden festlegbaren Führungsschiene (16) zur Führung der Regalbox (10) in Ausziehrichtung integral aufgenommen ist, und die Führungsschiene (16) einen Laufsteg (19) aufweist, der von einer komplementären Laufschiene (18) der Regal-Box (10), an deren Seitenwand die Arretieranschläge (22, 23) angeordnet sind, untergriffen wird, wobei der Abstand (s) zwischen der Oberkante der Laufschiene (18) und der Unterkante der Arretieranschläge (22, 23) größer ist als die Höhe (c) der Arretiernase (20), und die Arretiernase (20) eine Gleitfläche (21) aufweist, auf der der jeweilige Arretieranschlag (22, 23) beim Einschieben der Box (10) gleitet und über die Arretiernase (20) hebbar ist.
17
Dem Patentanspruch 1 schließen sich die rückbezogenen erteilten Ansprüche 2 bis 5 an.
18
Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 hat folgenden Wortlaut (die Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag sind hervorgehoben:
19
Regal-Boxen-System für Servicefahrzeuge, aufweisend ein Regal mit mindestens einer herausnehmbaren Regalbox (10), die mittels einer eine Arretiernase (20) und einen Arretieranschlag (22, 23) aufweisenden Arretiervorrichtung in einer in das Regal eingeschobenen hinteren Arretierposition und in einer vorderen Ausziehposition in Ausziehrichtung der Box (10) auf einem Regalboden (24) arretierbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Arretiernase (20) in einer auf dem Regalboden festlegbaren Führungsschiene (16) zur Führung der Regalbox (10) in Ausziehrichtung integral aufgenommen ist, und die Führungsschiene (16) einen Laufsteg (19) aufweist, der von einer komplementären Laufschiene (18) der Regal-Box (10), an deren Seitenwand die Arretieranschläge (22, 23) angeordnet sind, untergriffen wird, wobei der Abstand (s) zwischen der Oberkante der Laufschiene (18) und der Unterkante der Arretieranschläge (22, 23) größer ist als die Höhe (c) der Arretiernase (20), und die Arretiernase (20) eine Gleitfläche (21) aufweist, auf der der jeweilige Arretieranschlag (22, 23) beim Einschieben der Box (10) gleitet und über die Arretiernase (20) hebbar ist, und wobei die Arretieranschläge (22, 23) in einer Seitenausnehmung (26) in der entsprechenden Seitenwand (12) der Box (10) ausgebildet sind.
20
Dem Patentanspruch 1 schließen sich die rückbezogenen erteilten Ansprüche 2 bis 4 an.
21
Die Klägerin ist der Auffassung, dass auch der beanspruchte Gegenstand des Anspruchs 1 in der nunmehr gemäß dem Hauptantrag geltenden Fassung als auch in der Fassung der Hilfsanträge sowie die Gegenstände der auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Ansprüche gemäß Hauptantrag bzw. der Hilfsanträge 0, 1 und 2 gegenüber dem zu berücksichtigenden Stand der Technik nicht neu seien. Zumindest ergäben sich die Gegenstände der angegriffenen Ansprüche des Streitpatents in naheliegender Weise aus dem vorveröffentlichten Stand der Technik und beruhten daher nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
22
Dazu beruft sich die Klägerin u.a. auf folgende Druckschriften:
23
D1    
JP 10-23937
D2    
DE 196 39 065 C1
D3    
EP 0 572 971 A2
D4    
US 5 330 063
D5    
JP 9-10048
D6    
DE 42 13 721 A1
D7    
DE 2 258 249
D8    
DE 2 223 822
D9    
US 4 314 734
D10     
U5 4 44 7 177
D11     
KR 2003-0068489
D12     
DE 853 049
24
Sie weist in diesem Zusammenhang noch auf die Dokumente
25
FR 2 412 290
26
DE 195 46 984 A1
27
KR 2000-0017943US 6 659 293 B1US 3 372 966
28
hin, die ebenfalls den Gegenstand der Erfindung so weit nahelegten, dass keine erfinderische Tätigkeit verbleibe.
29
Die Klägerin macht weiterhin geltend, dass der Gegenstand des Anspruch 1 gemäß Hauptantrag nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann die vermeintliche Erfindung des Streitpatents ausführen könne (§ 22 (1) i. V. m. § 21 (1) Nr. 2 PatG). Zudem gehe der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden sei (§ 22 (1) i. V. m. § 21 (1) Nr. 4 PatG).
30
Gegenüber dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsantrag 0 hat sie eine verspätete Vorlage gerügt.
31
Die Klägerin beantragt,
32
das deutsche Patent DE 10 2004 005 362 B4 für nichtig zu erklären.
33
Die Beklagte beantragt,
34
die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen das Streitpatent im verteidigten Umfang richtet.
35
Hilfsweise beantragt sie, dem Streitpatent eine der Fassungen der Hilfsanträge 1 bzw. 2, vorgelegt mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2014 (Bl. 289 ff. d. A.), bzw. der Fassung des Hilfsantrags 0, vorgelegt in der mündlichen Verhandlung, zu geben.
36
Die Beklagte tritt der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie sieht die ursprüngliche Offenbarung als gegeben an. Das Streitpatent gemäß Hauptantrag sei patentfähig; jedenfalls in einer der Fassungen der Hilfsanträge. Es mangele ihm gegenüber dem Stand der Technik weder an Neuheit noch an erfinderischer Tätigkeit; eine unzulässige Erweiterung liege nicht vor.
37
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.


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