Patent- und Markenrecht

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung; Markenbeschwerdeverfahren – “Münchner Senf” – Antrag auf Eintragung einer geographischen Angabe – zur VO (EG) 510/2006 (juris-Abkürzung: EGV 510/2006): ‚Vereinigung’ erfordert Zusammenschluss mehrerer Erzeuger/Verarbeiter des gleichen Lebensmittels – zum Antrag eines einzigen Erzeugers und der Gleichstellung mit einer Vereinigung – zum Tatbestandsmerkmal ‚Ansehen’ – bei fehlender Antragsbefugnis bedarf der Antrag keiner Veröffentlichung;

Aktenzeichen  30 W (pat) 33/07

Datum:
24.6.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
Art 2 EGV 510/2006
Art 5 EGV 510/2006
Art 2 EGV 1898/2006
§ 130 MarkenG
Spruchkörper:
30. Senat

Leitsatz

“Münchner Senf”
1. Eine Vereinigung i. S. d. VO (EG) 510/2006 erfordert den Zusammenschluss mehrerer Erzeuger/Verarbeiter desgleichen Lebensmittels.
2. Ein einziger Erzeuger kann nur unter den Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 1 S. 3 VO (EG) 510/2006 i. V. m. Art. 2a/b VO (EG) 1898/2006 einen Antrag stellen und einer Vereinigung gleichgestellt werden.
3. “Ansehen” i. S. v. Art. 2 Abs. 1b) 2. Spiegelstrich VO (EG) 510/2006 ist keine Eigenschaft i. S. v. Art. 2b VO (EG) 1898/2006.
4. Fehlt bereits die Antragsbefugnis, bedarf der Antrag keiner Veröffentlichung gemäß Art. 5 Abs. 5 S. 1 VO (EG) 510/2006.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend den Antrag auf Eintragung einer geografischen Angabe
305 99 010.1
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) in der Sitzung vom 24. Juni 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Die S… als Antragstellerin hat am 23. April 2005  beim Deutschen Patent- und Markenamt für das Erzeugnis
2
“Senfpaste”
3
für die Bezeichnung
4
“Münchner Senf”
5
Antrag auf Eintragung als geografische Angabe in das Verzeichnis der geschützten geografischen Angaben und der geschützten Ursprungsbezeichnungen eingereicht, das von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß der jetzt geltenden Verordnung (EG) 510/2006 des Rates vom 20. März 2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. EU Nr. L 93 vom 31. März 2006 S. 12; im Folgenden als “VO 510/2006” zitiert) geführt wird. Nach Hinweis der Markenabteilung hat die Antragstellerin unter Bezugnahme auf die Art. 5 Abs. 1 der VO (EWG) Nr. 2081/82 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 der VO (EWG) 2037/93 die D… GmbH als einzige Erzeugerin angegeben. Die Antragstellerin beansprucht nunmehr Geltung als Vereinigung im Sinne von Art. 5 “VO 510/2006” i. V. m. Art. 2 a) und b) VO (EU) 1898/2006 vom 14. Dezember 2006 (ABl. EU Nr. L 369 vom 23. Dezember 2006 S. 1; im Folgenden als “VO 1898/2006” zitiert).
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1. In der dem Antrag beigefügten Spezifikation – in der Fassung vom 5. August 2005 – heißt es auszugsweise:
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“…”Münchner Senf” ist eine aus Senfkörnern gewonnene, verzehrfertige Paste.
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Der “Münchner Senf” besteht vornehmlich aus gemahlenen Senfkörnern bzw. Senfmehl und Zucker in jeweiliger Form und Beschaffenheit. Seine Konsistenz ist körnig und dickflüssig. Optisch weist der “Münchner Senf” eine gelbbraune Farbe auf. Teilweise sind kleine braune Teile des Senfkorns sichtbar.
9
Der “Münchner Senf” unterscheidet sich von anderen, gemahlenen Senfzubereitungen durch seinen wahrnehmbar süß-pikanten Geschmack. Das typisch süß-pikante Aroma verdankt der “Münchner Senf” dem historischen Rezept, das auf einem ausgewogenen Anteil an gelber und brauner Senfsaat, einer individuell nach Hersteller unterschiedlichen Zusammensetzung der Gewürze, dem speziellen, handwerklich-traditionellen Herstellungsverfahren und auf dem Zucker in der jeweiligen Form und Beschaffenheit beruht.
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Die Besonderheit des “Münchner Senfs” besteht darin, dass man gemäß fortbestehender handwerklicher Tradition die gequollenen Senfkörner mit einem Mühlstein aus Granit zermahlt. Diese Art der Vermahlung bewirkt die Zerkleinerung des Senfkorns und damit die Verfestigung der einzelnen Rohstoffe zu einer weitgehend homogenen Masse; sie ist der Grund für die besondere, körnige und dickflüssige Konsistenz, die gelbbraune Optik mit den kleinen, braunen Teilen des Senfkorns und das kompakt wirkende Mundgefühl des “Münchner Senfs”.
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…Bei der Herstellung des “Münchner Senfs” ist ausschließlich Wasser aus dem geografischen Gebiet des Regierungsbezirks Oberbayern zu verwenden.
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…Heute genießt der “Münchner Senf” großes Ansehen und einen hohen Bekanntheitsgrad als regionale Spezialität bei den Verbrauchern der Region, Bayerns und ganz Deutschlands. Dieses Ansehen beruht insbesondere auf dem traditionell handwerklichen Herstellungsverfahren des “Münchner Senfs” durch die Vermahlung mit Hilfe von Granitsteinen und auf dem regionaltypisch süß-pikanten Geschmack des “Münchner Senfs”, nämlich seinem einzigartigen Verhältnis von süßem und pikantem Aroma…”.
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2. Die Markenabteilung 3.2. hat nach § 130 Abs 3 MarkenG verschiedene Stellungnahmen sachkundiger und interessierter Stellen eingeholt (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vom 18. Oktober 2005; Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten vom 14. November 2005; Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit vom 18. November 2005; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vom 2. Dezember 2005; Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband e.V. vom 21. Dezember 2005; Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft – Institut für Ernährungswirtschaft und Markt vom 21. Dezember 2005). Sie hat hierbei konkrete Fragen u. a. zu Eigenschaften des geografischen Gebiets und des Erzeugnisses sowie zu dessen Bekanntheit und Ansehen gestellt. Die C… KG (GmbH & Co.) hat mit Schreiben vom 22. November 2005 als Senfhersteller und Mitglied des Verbands der Essig und Senfindustrie von sich aus eine Stellungnahme abgegeben.
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Das Bayerische Landesamt hat u. a. ausgeführt:
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“…”Münchner Senf” weist keine Eigenschaften oder Qualitätsmerkmale auf, die auf der geografischen Herkunft beruhen…Das Produkt “Münchner Senf” hat nach unserer Kenntnis außerhalb Münchens keine Marktbedeutung. Ob “Münchner Senf” vom Verbraucher als eigenständiges Produkt wahrgenommen wird, scheint zweifelhaft. Es ist von einem regional beschränkten Bekanntheitsgrad des Produkts auszugehen. Das Ansehen des Erzeugnisses wegen seiner Herkunft kann wegen seiner geringen Verbreitung nicht beurteilt werden….Nach unserer Kenntnis weist weder das abgegrenzte Gebiet noch das Produkt “Münchner Senf” Merkmale auf, die sich gravierend von den angrenzenden Regionen bzw. vergleichbaren Produkten unterscheiden.”
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Die C… KG (GmbH & Co.) hat u. a. ausgeführt:
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“…Diesseitig war bisher nicht bekannt, dass es eine Senfspezialität “Münchner Senf” geben soll. Wohl ist bekannt, dass der Begriff “Münchner Senf” hin und wieder als Synonym für süßen Senf etc. verwendet wird…Eine besondere regionale Spezialität ist mit dem Begriff “Münchner Senf” nach diesseitiger Erkenntnis allerdings nicht verbunden…Von hier aus kann nicht bestätigt werden, dass es sich bei der dargestellten Herstellung des so genannten “Münchner Senfs” (S. 2 der Spezifikation im 3. Absatz) um eine Besonderheit handelt. Das Aufsetzen mit heißem Wasser und Essig, der Quellvorgang und die anschließende Verarbeitung beschreiben die allgemein übliche Herstellung des süßen Senfs. …Der Verbraucher versteht “Münchner Senf” allenfalls als Synonym für “Süßen Senf”. …kann gesagt werden, dass die Bezeichnung “Münchner Senf” keine besondere Bedeutung erlangt hat, denn damit wird lediglich ein herkömmlicher süßer Senf in Verbindung gebracht. …Besondere Merkmale liegen offenkundig nicht vor…”
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Die Bayerische Landesanstalt hat u. a. ausgeführt:
19
“…kann davon ausgegangen werden, dass …(“Münchner Senf”) durch die Vermarktung der Qualitätsprodukte der Fa. D… GmbH bei den Verbrauchern eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Inwieweit …(“Münchner Senf”) wegen seiner Herkunft ein besonderes Ansehen genießt, kann nicht beurteilt werden…”.
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In weiteren Stellungnahmen wurden – teils ohne Angabe von Gründen – keine Bedenken hinsichtlich einer Eintragung geäußert (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz; Bayerischer Hotel – und Gaststättenverband) oder das Vorliegen der Eintragungsvoraussetzungen unter Hinweis auf mangelnde Erkenntnisse und Erfahrungen nicht bejaht (Bayerisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten) oder Fehlanzeige gemeldet (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung).
21
3. Mit Bescheid vom 7. März 2006 hat die Markenabteilung die Antragstellerin auf bestehende Zweifel an der Antragsbefugnis hingewiesen sowie auf fehlende Belege zum Nachweis der Bekanntheit des Münchner Senfs als eigenständige regionale Spezialität und zum Nachweis des besonderen Ansehens infolge seiner geografischen Herkunft.
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Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 18. August 2006 eine überarbeitete Spezifikation vom 17. August 2006 vorgelegt, in der es zu f) – Zusammenhang mit geographischem Gebiet – unter “natürlicher Zusammenhang” heißt:
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“Der “Münchner Senf” weist auch einen natürlichen Zusammenhang zwischen seinem geografischen Gebiet und seinen organoleptischen Eigenschaften auf. Das verwendete Münchner Wasser stammt vornehmlich aus dem Landkreis Miesbach und ist wegen dessen vorgebirgstypischer Landschaft besonders kalkhaltig. Der hohe Kalkgehalt des Münchner Wassers wirkt sich wiederum auf den besonderen, süß-pikanten Geschmack des “Münchner Senfs” aus.”
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Zum herstellungsbedingten Zusammenhang heißt es in der Spezifikation weiter:
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“Die spezifische Qualität und die besonderen Eigenschaften des “Münchner Senfs” und damit sein Status als eigenständige Regionalspezialität basiert insbesondere auch auf dem Kaltansatz und der handwerklich-traditionellen Vermahlung des “Münchner Senfs” auf einem Granitstein. Dazu wird ein süßer Senf kalt angesetzt und anschließend vermahlen. Dieses im geografischen Gebiet erfundene und praktizierte Herstellungsverfahren bewirkt den für den “Münchner Senf” typischen süß-pikanten Geschmack und die typisch gelbbraune Farbe.”
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Zu den spezifischen Merkmalen des Münchner Senfs in Abgrenzung zu anderen Erzeugnissen insbesondere dem Münchner Weißwurstsenf und dem Bayerischen Süßen Senf hat die Antragstellerin ausgeführt, dass die Spezifikation des Münchner Senfs im Gegensatz zum Münchner Weißwurstsenf und Bayerischen Süßen Senf andere Anforderungen an die Herstellung stelle, was für einen besonderen Geschmack sorge. So würden die Senfsaaten nicht entölt, die Reifung erfolge in geschlossenen Behältnissen, die Entlüftung sorge für eine kompaktere Konsistenz, das verwendete Münchner Wasser stamme vornehmlich aus dem Landkreis Miesbach und sei besonders kalkhaltig, Münchner Senf schmecke pikanter, die Vermahlung mit einem Granitstein finde nur beim Münchner Senf statt, Münchner Senf weise eine hellere, gelbbraune Farbe auf, der Gewürzanteil sei höher, durch den Kaltansatz karamellisiere der Münchner Senf weniger stark, dem Münchner Senf würden im wesentlich geringeren Umfang Süßungsmittel beigemengt.
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Zum behaupteten besonderen Ansehen hat die Antragstellerin ausgeführt, der Münchner Senf sei dem Verbraucher als eigenständige regionale Spezialität bekannt und genieße daher wegen seiner geografischen Herkunft ein besonderes Ansehen. Münchner Senf werde seit langer Zeit im geografischen Gebiet hergestellt und verkauft, die lange Tradition der Herstellung des Münchner Senfs sei belegt durch eine Fotoaufnahme von der Vermahlung des Münchner Senfs in einer Pressemeldung vom 20. September 1988. Das hohe Ansehen bei regionalen Verbrauchern ergebe sich auch aus den Verkaufszahlen, so seien … Endverbrauchereinheiten von Münchner Senf in 2005 im geografischen Gebiet verkauft worden.
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4. Die Markenabteilung hat den Antrag ohne vorherige Veröffentlichung als unzulässig verworfen, da der Antragstellerin die Antragsbefugnis gem. Art. 5 Abs. 1 VO 510/2006 fehle. Die S… habe nur ein Mitglied, so dass es sich nicht um eine Vereinigung handle. Für eine Gleichstellung mit einer Vereinigung gem. Art. 2 der am 30. Dezember 2006 in Kraft getretenen VO (EG) 1898/2006 lägen die Voraussetzungen nicht vor. Es fehle u. a. der Nachweis, dass sich das Gebiet der Stadt und des Landkreises München durch besondere Merkmale von den angrenzenden Gebieten abhebe. Das betreffende Erzeugnis weise auch nicht spezifische Merkmale auf, die es hinreichend von gleichartigen Produkten aus den angrenzenden Gebieten unterscheide; insbesondere im Verhältnis zum Bayerischen Süßen Senf, für den ebenfalls ein Antrag auf Schutz als geografische Angabe gestellt worden sei und dessen Herkunftsgebiet München einschließe, bestehe eine enge Produktverwandtschaft. Nach den jeweiligen Spezifikationen kämen sich die betreffenden Senferzeugnisse in den charakteristischen Eigenschaften – körnige und dickflüssige Konsistenz, gelbbraune Farbe, teilweise sichtbare kleine braune Schalenteile, sowie süß-pikanter Geschmack bzw. deutlich wahrnehmbarer Süßgeschmack – sehr nahe, so dass hiernach keine Abgrenzung getroffen werden könne. Auch aus den genannten Zutaten und den Analysewerten lasse sich nicht auf konkret wahrnehmbare Unterschiede in der Beschaffenheit der Produkte schließen. So ergebe sich aus den Spezifikationen insbesondere nicht, dass der Gewürzanteil beim Münchner Senf höher sei, diesem aber in wesentlich geringerem Umfang Zucker bzw. Süßungsmittel beigemengt werde als dem Bayerischen Süßen Senf. Auch daraus, dass beim Münchener Senf andere Anforderungen an die Herstellung bestünden, ergäben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein eigenständiges Produktprofil gegenüber dem Erzeugnis Bayerischer Senf. Eine (Teil-)Entölung der Senfkörner sei auch für den Bayerischen Süßen Senf nicht verbindlich vorgeschrieben, andererseits sei das Reifen in geschlossenen Trögen, das Entlüften des Senfs und das Vermahlen der Senfkörner mit einem Granitstein sowie die Verwendung von Wasser aus Oberbayern nicht ausgeschlossen. Es sei nicht dargelegt, dass aus den genannten unterschiedlichen Verfahrensweisen auch für den Verbraucher deutlich erkennbare Unterschiede in den Produkteigenschaften – z. B. Geschmack oder Konsistenz – resultierten. Für eine enge Verwandtschaft der beiden Senferzeugnisse spreche auch, dass sie jeweils auf die historische Rezeptur von Johann Conrad Develey aus dem Jahr 1854 zurückgehen sollen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Münchner Senf eine derart eigenständige Profilierung erfahren habe, dass er nicht mehr von dem Begriff Bayerischer Süßer Senf umfasst werde. Auch aus den eingeholten Stellungnahmen sachkundiger und interessierter Stellen ergebe sich kein Hinweis, dass Münchner Senf vom Verbraucher als eigenständiges Produkt wahrgenommen werde.
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Der Bezeichnung “Münchner Senf” erfülle aber auch nicht die Bedingungen gem. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006. Es sei insbesondere nicht der Nachweis gem. Art. 2 Abs. 1b) 2. Spiegelstrich und Art. 4 Abs. f) ii) erbracht, dass sich aus dem Ursprung in München eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft des Erzeugnisses ergebe. Es sei nicht ersichtlich, dass natürliche Faktoren in München für spezielle Produktmerkmale des Senfs ursächlich seien oder dass der Senf besondere Eigenschaften habe, die auf einem besonderen mit der Region München verbundenen Know-how beruhten. Es sei auch nicht erkennbar, dass der Münchner Senf dem Verbraucher hinreichend als eigenständige regionale Spezialität bekannt sei und wegen seiner Herkunft aus München ein Ansehen i. S. d. Art. 2 Abs. 1 b) der VO 510/2006 genieße.
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5. Gegen den ihr am 8. Februar 2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 6. März 2007 Beschwerde eingelegt.
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a) Mit Schriftsatz vom 3. August 2007 hat sie eine aktualisierte Fassung des einzigen Dokuments und der Produktspezifikation vorgelegt und beantragt, neben der Aufhebung des Beschlusses die Veröffentlichung des Antrags durch das Deutsche Patent- und Markenamt gem. Art. 5 V UA1 VO 510/2006 zu veranlassen. Eine Ablehnung des Eintragungsantrags ohne vorherige Veröffentlichung als “unzulässig” und/oder als “unbegründet” sei gemeinschaftsrechtswidrig. Gemäß Spezifikation vom 3. August 2007 in den Gliederungspunkten 2. und 4.6 bestehe eine lange Tradition der Herstellung von Münchner Senf durch die seit 1845 bestehende Münchner Senfmanufaktur. Das traditionelle und in München erfundene Herstellungsverfahren sei gekennzeichnet durch ein handwerkliches Nassmahlverfahren mit Granitsteinen, die Entlüftung, die Reifung in geschlossenen Behältern und die Verwendung des besonders kalkhaltigen Münchner Wassers aus der vorgebirglichen Landschaft Münchens. Gemäß der Spezifikation in 4.3 sei das Gebiet München geprägt durch die lange Herstellungstradition der Münchner Senfmanufaktur. Durch die Bezeichnung, den Erfindungsursprung und die lange Herstellungstradition unterscheide sich das geografische Gebiet deutlich von benachbarten Gebieten. Gemäß der Spezifikation in 4.5 und 4.6 verstärke das verwendete, besonders kalkhaltige Münchner Wasser den besonderen süß-pikanten Geschmack des Münchner Senfs. Besondere Merkmale des Gebiets München seien die besonderen geologische Voraussetzungen, nämlich das natürlich vorkommende “Münchner Wasser” sowie ein besonderes Know-how, nämlich ein in München entwickeltes und über lange Zeit gepflegtes Herstellungsverfahren von süß-pikantem Senf.
32
Mit Schriftsätzen vom 17. August 2007 und 21. August 2007 legte die Antragstellerin zum Zwecke des Nachweises des Zusammenhangs zwischen einer bestimmten Qualität, des Ansehens oder einer anderen Eigenschaft des Münchner Senfs und dem geografischen Ursprung Werbematerial sowie mit Schriftsatz vom 6. Februar 2008 eine Zusammenstellung von sog. “spontanen Verbraucherreaktionen” vor.
33
b) Auf einen Hinweis des Senats zu bestehenden Zweifeln an der Antragsbefugnis und fehlenden Nachweisen zu Eigenschaften des Gebiets hat die Antragstellerin durch ihren neuen anwaltlichen Vertreter wie folgt ergänzend vorgetragen:
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Die formelle Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses liege in der fehlenden Veröffentlichung des Antrages, die Verpflichtung zur Veröffentlichung auch unzulässiger Anträge ergebe sich aus Art. 5 Abs. 5 VO 510/2006, da die VO 510/2006 nicht danach differenziere, ob der Antrag mangels Zulässigkeit oder mangels Begründetheit abgelehnt werde. Zu den Anforderungen der VO gehöre auch die Frage, ob es sich um einen tauglichen Antragsteller handle, so dass die Entscheidung hierüber ein Beschluss i. S. v. Art. 5 Abs. 5 VO 510/2006 sei. Jeder Antrag sei von allgemeinem Interesse und solle der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden. So könne sich durch die Veröffentlichung auch ein weiterer Hersteller finden lassen. Auch § 130 Abs. 4 MarkenG sehe eine Veröffentlichungspflicht eines jeden Antrags vor. § 130 Abs. 5 unterscheide nicht zwischen Zulässigkeits- und Begründetheitsvoraussetzungen.
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In materieller Hinsicht habe das Amt verkannt, dass auch das “Ansehen” eines Erzeugnisses eine “Eigenschaft” i. S. v. Art. 2 VO 1898/2006 sei, nicht nur objektiv messbare Eigenschaften des Gebiets oder des Erzeugnisses, da die Begriffe der VO 1898/2006 vor dem Hintergrund der VO 510/2006 auszulegen seien. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006 definiere die geographische Angabe für ein Lebensmittel, bei dem sich “eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus diesem geografischen Ursprung” ergebe, so dass “Eigenschaft” i. S. v. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006 der Oberbegriff für “Qualität” und “Ansehen” sei. Das “Ansehen eines Erzeugnisses” sei demzufolge eine “Eigenschaft des Erzeugnisses” i. S. v. Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006. Dies müsse auch für Art. 2b) der Ausführungs-VO 1898/2006 gelten, so dass gebietstypische Eigenschaft des Erzeugnisses also auch das gebietstypische Ansehen des Erzeugnisses sein könne. Im vorliegenden Fall hätten die angehörten Kreise bestätigt, dass Münchner Senf über ein besonderes Ansehen verfüge. Auch überregional finde Münchner Senf Erwähnung in Zeitschriften und im Internet. Das Produkt habe auch besondere objektive Eigenschaften, die auf der geografischen Herkunft beruhten. Münchner Senf werde zum einen durch seine Zutaten zum anderen durch das traditionelle Herstellungsverfahren geschmacklich geprägt. Die Besonderheit liege in einem Nassvermahlverfahren mit Hilfe von Granitsteinen, durch das der Senf seinen süß-pikanten Geschmack erhalte. Die Verwendung des Münchner Wassers stelle eine besondere Eigenschaft dar. Auch wenn es nicht im geologischen Sinn “Münchner Wasser” sei, stamme es aus einer klar definierten Gegend. Dass ein Teil der Rohstoffe aus einem definierten Gebiet außerhalb des Erzeugungsgebietes stamme und dass diese Rohstoffe objektive Eigenschaften des Produkts begründeten, hindere nicht, die Eintragung darauf zu stützen.
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Die Beschwerdeführerin beantragt,
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den Beschluss der Markenabteilung vom 2. Februar 2007 aufzuheben und die Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen
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und regt darüber hinaus an,
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die Rechtsbeschwerde zuzulassen oder eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) herbeizuführen zu der Frage: “Ist hinsichtlich des Veröffentlichungserfordernisses eine Differenzierung zwischen der Ablehnung eines Antrages als unzulässig (keine vorherige Antragsveröffentlichung erforderlich) und der Ablehnung als unbegründet (vorherige Antragsveröffentlichung erforderlich) vom Regelungssystem der VO 510/2006 gedeckt” sowie zu der weiteren Frage : “Ist die Auslegung des Begriffes “Eigenschaft” in Art. 2b) VO 1898/2006 als “objektiv messbare Eigenschaft” (und nicht auch: “Ansehen”) zutreffend.”
40
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
41
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
42
1. Die Antragsbefugnis der S… Senf gemäß Art. 5  Abs. 1 S. 3 VO 510/2006 i. V. m. Art. 2 VO 1898/2006 ist nicht gegeben. Die Grundvoraussetzung für die Antragstellung ist nicht erfüllt. Die Beschwerde ist schon aus diesem Grund zurückzuweisen.
43
a) Auch nach der – mit Schriftsatz vom 3. August 2007 eingereichten – aktualisierten Fassung des einzigen Dokuments und der Produktspezifikation hat die S… nur ein Mitglied, so dass es sich nicht um eine Vereinigung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 und 2 der VO 510/2006 handelt; diese Vorschrift setzt den Zusammenschluss von Erzeugern oder Verarbeitern des gleichen Lebensmittels voraus, was hier nicht geltend gemacht ist.
44
b) Nach Art. 5 Abs. 1 S. 3 VO 510/2006 i. V. m. Art. 2 VO 1898/2006 kann allerdings eine natürliche oder juristische Person einen Antrag auf Eintragung stellen (vgl. 3. Erwägungsgrund und Art. 2 a) der VO 1898/2006) – was hier nicht der Fall ist – und einer Vereinigung gleichgestellt werden, wenn die betreffende Person in dem fraglichen Gebiet einziger Erzeuger ist und das Gebiet Eigenschaft besitzt, die sich deutlich von denen der benachbarten Gebiete unterscheiden oder die Eigenschaften des Erzeugnisses sich von denen der Erzeugnisse aus benachbarten Gebieten unterscheiden. Ungeachtet der Frage, dass der genannte einzige Erzeuger keinen Antrag auf Eintragung gestellt hat, liegen die Voraussetzungen für eine solche Gleichstellung indessen nicht vor, selbst wenn zugunsten der D… GmbH im Weiteren davon ausgegangen wird, dass sie als Antragstellerin die einzige Erzeugerin im geografischen Gebiet von München ist.
45
c) Die weitere Bedingung gem. Art. 2 b) VO 1898/2006 ist nicht erfüllt, da weder gebietstypische noch produkttypische Eigenschaften im Sinne der VO festzustellen sind.
46
Worauf vom Senat bereits hingewiesen und von der Antragstellerin auch nicht in Abrede gestellt, ist hinsichtlich des in der Spezifikation genannten “Münchner Wassers” – das von der Antragstellerin einmal als gebietstypische Besonderheit zum anderen als Grund für eine besondere Produkteigenschaft angeführt wird – festzustellen, dass München sein Wasser vorrangig aus dem Mangfall- und Loisachtal bezieht (vgl. Stadtwerke München Trinkwassergewinnung unter www. swm.de; Mangfalltal unter wikipedia.org). Diese Gebiete gehören aber nicht mehr zum geografischen Gebiet des Landkreises München, sondern zu den Nachbarlandkreisen Miesbach und Bad Tölz-Wolfratshausen, so dass sich hieraus eine gebietstypische Eigenschaft für das geografische Gebiet nicht begründen lässt.
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Hinsichtlich des besonderen Herstellungsverfahrens ist zu berücksichtigen, dass Geschmack, Schärfe und Würze des Senfs in erster Linie von der verwendeten Senfsaat und den zugegebenen Gewürzen abhängen. Soweit andere Hersteller auch handwerkliche Herstellungsverfahren anwenden, legen diese in gleicher Weise Wert auf eine schonende Zerkleinerung und Weiterverarbeitung der Rohstoffe legen. Die Herstellung erfolgt nämlich ebenfalls in mehreren Schritten, wobei im Gegensatz zum industriell gefertigten Senf das Mahlen auf kaltem Wege und als Nassvermahlung – auch mittels einer Steinmühle – Anwendung findet, zur Entfaltung und Erhaltung der ätherischen Öle (vgl. hierzu beispielhaft “Senf – Die Produktion” unter www. Muenchner-kindl-senf.de; “Die Senfproduktion” unter www. Senfundmehr.de; “Die Senfherstellung” unter www. Senfmuehle.de; “So entsteht Speisesenf” unter www. Pepperworld.com). Für ein besonderes Know-how bei der Herstellung des Münchner Senfs ergeben sich somit – wie die Markenabteilung bereits festgestellt hat – keine ausreichenden Anhaltspunkte.
48
Das Gebiet München besitzt insoweit keine Eigenschaften, die sich deutlich von denen der benachbarten Gebiete unterscheiden.
49
Zur Abgrenzung der Produkteigenschaften des “Münchner Senfs” hat die Antragstellerin in der Spezifikation unter Punkt 4.5 ausgeführt, vor dem Einmaischen werde die gemahlene Senfsaat – im Unterschied zum Münchner Weißwurstsenf und zum Bayerischen Süßen Senf – mit einem höheren Anteil an Gewürzen vermischt, die Senfmaische nicht erhitzt und der Senf in geschlossenen Behältern kürzer gelagert. Dies ergebe sein typisch süß-pikantes Aroma.
50
Wie die Markenabteilung bereits festgestellt hat und wie sich aus den eingegangenen Stellungnahmen ergibt, ist nicht erkennbar, inwieweit sich der süße Münchner Senf vom süßen Senf bzw. anderen Sorten süßen Senfs unterscheidet. Die Charakterisierung mit “typisch süß-pikant” kann keine ausreichende Abgrenzung gewährleisten, da auch der süße Senf an sich eine pikante Geschmacksnote aufweisen kann. Die angegebenen Unterschiede im Herstellungsverfahren für Münchner Senf sind für die Herstellung von süßem Senf üblich und sind auch für die weiteren von der Antragstellerin beantragten Senfspezialitäten nicht ausgeschlossen.
51
Soweit die Antragstellerin darüber hinaus herausstellt, das verwendete “Münchner Wasser” sorge für den besonderen Geschmack des “Münchner Senfs”, kann dies auch keine produkttypische Eigenschaft begründen, da das Wasser aus an München angrenzenden Gebieten stammt und dortige Senfhersteller dieses Wasser zur Herstellung ihrer Produkte ebenfalls verwenden können.
52
Wenn die Antragstellerin weiter vorträgt, dass die Eintragung auf verwendete Rohstoffe gestützt werden könne, die zwar nicht aus dem geografischen Gebiet, aber aus einem klar definierten Gebiet außerhalb des Erzeugungsgebietes stammten und die objektive Eigenschaften des Produkts begründeten, kann dies die Schutzfähigkeit nicht begründen. Denn hinsichtlich des verwendeten Wassers unterscheidet sich das Erzeugnis eben nicht gegenüber anderen aus benachbarten Gebieten.
53
Für einen besonderen – von anderen Senfsorten – abgrenzbaren Geschmack ergeben sich daher keine ausreichenden Anhaltspunkte.
54
d) Soweit die Antragstellerin der Meinung ist, dass auch das “Ansehen” eines Erzeugnisses eine “Eigenschaft” i. S. v. Art. 2 VO 1898/5006 sei, nicht nur objektiv messbare Eigenschaften des Gebiets oder des Erzeugnisses, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Für eine Auslegung des Art. 2 b) VO 1898/5006 ist wegen des insoweit eindeutigen Wortlauts der VO kein Raum. Nach dem 3. Erwägungsgrund zur VO 1898/2006 sollte besondere Aufmerksamkeit der Abgrenzung des geografischen Gebiets und den Eigenschaften des Erzeugnisses gewidmet werden. Weiter sollte sichergestellt werden, dass jeder Erzeuger in dem abgegrenzten Gebiet, der die Bedingungen der Produktspezifikation erfüllt, den eingetragenen Namen verwenden darf. Die Regelung in Art. 2 b) VO 1898/2006, die hinsichtlich der Antragsbefugnis für den einzigen Erzeuger eine Gleichstellung mit einer Vereinigung ermöglicht, knüpft an objektive Kriterien bezogen auf Gebiet und Erzeugnis an. Die Frage, ob sich – bei Vorliegen der Antragsbefugnis – beim Erzeugnis eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus diesem geografischen Ursprung ergibt, ist im Rahmen der Prüfung der weiteren Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 1 b) VO 510/2006 zu untersuchen. Dafür spricht auch, dass ein besonderes Ansehen eines Erzeugnisses erst dann entstehen kann, wenn entweder das Gebiet typische Eigenschaften aufweist oder wenn das Erzeugnis über abgrenzbare Eigenschaften und damit Qualitätsmerkmale i. S. d. 3. Erwägungsgrundes der VO 510/2006 verfügt.
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e) Abgesehen hiervon bestehen keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass “Münchner Senf” über Ansehen i. S. v. Art. 2 Abs. 1 b) zweiter Spiegelstrich VO 510/2006 verfügt.
56
Wann “Ansehen” vorliegt, ist in der Verordnung nicht geregelt. Unzureichend ist es nach Auffassung des Senats, dass die bloße Kennzeichnung eines Erzeugnisses mit einer geografischen Angabe erfolgt (vgl. Ch. Mikorey, Der Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel in der Europäischen Gemeinschaft nach der Verordnung 2081/92, S. 51). Vielmehr ist darüber hinaus eine konkrete Qualitätserwartung zu verlangen, die sich auf zusätzliche Merkmale stützen muss. Denn Sinn und Zweck der Verordnung ist nach den Erwägungsgründen die Förderung von Erzeugnissen mit besonderen Merkmalen (2. und 3. Erwägungsgrund der VO (EG) 510/2006). Insoweit können traditionelle Herstellungsverfahren oder die Bekanntheit der Gegend für das Produkt in Betracht kommen (vgl. Mikorey a. a. O. S. 52).
57
Dabei stehen nach Ansicht des Senats eine erkennbare Wertschätzung und die daraus folgende konkrete Qualitätserwartung im Mittelpunkt. Die Antragstellerin verweist hierzu auf eine gewisse Bekanntheit und auf Belege in Zeitschriften und Internet sowie auf die erwähnte “Spontanbefragung” in Form einer Postkartenaktion. Da es sich hierbei lediglich um einzelne und nicht repräsentative Belege handelt, vermag dies als aussagekräftiger Nachweis nicht auszureichen. Die Ausführungen der Antragstellerin, die angehörten Kreise hätten bestätigt, dass Münchner Senf über ein besonderes Ansehen verfüge und auch überregional in Zeitschriften und im Internet genannt werde, finden in den Stellungnahmen der interessierten Kreise keinen Niederschlag. So hat das Bayerische Landesamt ausgeführt, dass das Ansehen des Erzeugnisses wegen seiner Herkunft infolge seiner geringen Verbreitung nicht beurteilt werden könne. Nach Auffassung der C…KG (GmbH & Co.) verstehe der Verbraucher “Münchner Senf” allenfalls als Synonym für “Süßen Senf”. Die Bayerische Landesanstalt hat mitgeteilt, es könne nicht beurteilt werden, inwieweit “Münchner Senf” wegen seiner Herkunft ein besonderes Ansehen genieße. Soweit in weiteren Stellungnahmen keine Bedenken hinsichtlich einer Eintragung geäußert wurden, wurden zur Frage des Ansehens keine Aussagen getroffen.
58
Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die S… keine Vereinigung i. S. v. Art. 5 Abs. 1 Unterabsatz 1 und 2 der VO 510/2006 ist, die einen Antrag auf Eintragung stellen kann. Die Voraussetzungen dafür, dass eine juristische Person – hier die D… GmbH – als Vereinigung i. S. d. VO 510/2006 angesehen werden kann, sind nicht nachgewiesen. Es fehlt damit an einer wesentlichen Grundvoraussetzung für die Antragstellung zur Durchführung des Eintragungsverfahrens.
59
2. Das Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt leidet nicht an einem wesentlichen Mangel, der zu einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen könnte, ohne in der Sache selbst zu entscheiden (vgl. § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Nach § 130 Abs. 4 S. 1 MarkenG veröffentlicht das Patentamt den Antrag im Markenblatt. Insoweit weist die Antragstellerin zwar zutreffend auf die unterbliebene Veröffentlichung des Eintragungsantrags hin, dies begründet indessen keinen Verfahrensmangel.
60
Art. 5 Abs. 5 S. 1 VO 510/2006 konkretisiert das Prüfungsverfahren gem. Art. 5 Abs. 4 S. 2 der VO dahingehend, dass er die Verpflichtung des Mitgliedstaates regelt, im Laufe der Prüfung (der Anforderungen dieser VO) die Möglichkeit eines nationalen Einspruchsverfahrens zu eröffnen, indem er für die Veröffentlichung des Antrags sorgt. Dies bedeutet nach Ansicht des Senats allerdings nicht, dass ohne Prüfung der Grundvoraussetzungen des Antragsverfahrens bereits eine Veröffentlichung eines insoweit ungeprüften Antrags vorzunehmen wäre. Eine Veröffentlichung “im Laufe der Prüfung” kann daher erst erfolgen, wenn nach Prüfung der von Seiten des Antragstellers nachzuweisenden Voraussetzungen eine Antragsbefugnis für das Eintragungsverfahren bejaht werden kann. Erst dann ist eine Grundvoraussetzung zur Antragstellung und damit zur Durchführung des Eintragungsverfahrens erfüllt und erst dann ist im weiteren Verlauf des Verfahrens eine Entscheidung über den Antrag in der Sache denkbar, die möglicherweise zu berücksichtigende Interessen Dritter berühren kann, die schließlich Gegenstand eines – sich an die Veröffentlichung anschließenden – Einspruchsverfahrens sein können. Falls es aber schon an der Antragsbefugnis fehlt, werden die im Einspruchsverfahren zu berücksichtigenden Interessen Dritter gar nicht erst berührt.
61
Wenn die Antragstellerin hierzu vorträgt, jeder Antrag sei von allgemeinem Interesse und zu veröffentlichen, dürfte dies nicht der Zielsetzung des Einspruchsverfahrens entsprechen. Dieses soll vielmehr sicherstellen, in die Entscheidung über den Antrag alle maßgeblichen Erwägungen in die Abwägung einfließen. Falls es aber schon an der Antragsbefugnis als Grundvoraussetzung des Verfahrens fehlt und eine sachliche Entscheidung, die Rechte Dritter tangieren könnte, unter keinen Umständen mehr zu erwarten ist, würde eine Veröffentlichung eines derartigen Antrags keinen Sinn ergeben.
62
Die Beschwerde ist deshalb ohne Erfolg.
63
3. Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugelassen, weil die vorliegend entscheidungserhebliche Frage einer Verpflichtung zur Veröffentlichung des Antrags auf Eintragung als geographische Angabe von grundsätzlicher Bedeutung ist.
64
Der Senat sieht keinen Anlass für eine von der Beschwerdeführerin angeregte Vorlage der Sache gemäß Art. 234 EG an den EuGH zum Zwecke der Vorabentscheidung.


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