Sozialrecht

Dienstunfall eines Polizeimeisters

Aktenzeichen  M 12 K 16.2078

Datum:
23.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBeamtVG BayBeamtVG Art. 46 Abs. 1, Art. 47 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
BGB BGB § 818, § 820 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

1 Zum Dienst gehört (Art. 46 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BayBeamtVG) auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen wie die Teilnahme eines Polizeibeamten an einer Sportprüfung. Das Stolpern und Umknicken erfüllt den Tatbestand eines „auf äußerer Einwirkung beruhenden, plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmbaren Ereignisses“ im Sinne des Dienstunfallbegriffs. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2 Aus der die Ausschlussfrist von zwei Jahren wahrenden schriftlichen Meldung eines Dienstunfalls (Art. 47 Abs. 1 S. 1 BayBeamtVG) muss sich mindestens mittelbar ergeben, dass ein Dienstunfall angezeigt wird, aus dem Unfallfürsorgeansprüche entstehen können. Dem genügt ein auf einem Beiblatt für einen anderen Antrag als Vorverletzung erwähntes Ereignis nicht.  (Rn. 33 und 34) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Frist nach Art. 47 Abs. 2 S. 2 BayBeamtVG von drei Monaten beginnt bereits dann, wenn mit der Möglichkeit eines Körperschadens oder einer Erkrankung gerechnet werden konnte. Ist der eingetretene Gesundheitsschaden also zunächst nicht erkennbar, wird er aber noch innerhalb der Zehnjahresfrist des Art. 47 Abs. 2 S. 1 BayBeamtVG diagnostiziert, muss diese Unfallfolge innerhalb von drei Monaten gemeldet werden. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
4 Bei der Drei-Monatsfrist des Art. 47 Abs. 2 S. 2 BayBeamtVG handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, so dass weder eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist gewährt wird, noch die Behörde auf die Einhaltung der Ausschussfrist gegenüber dem Beamten verzichten kann. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch aus Art. 46 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Beamtenversorgungsgesetz (BayBeamtVG) auf Anerkennung des Kreuzbandrisses am linken Knie als Folge des Dienstunfalls vom 26. April 2013 sowie auf Anerkennung des Kreuzbandrisses und des Außenmeniskusrisses am linken Knie als Folge des Dienstunfalls vom 17. März 2015. Die Bescheide vom 6. Oktober 2015 und vom 9. Dezember 2015, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. April 2016, sind insoweit rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 26. April 2013 als Dienstunfall. Denn er hat den Vorfall vom 26. April 2013 erst am 3. Dezember 2015 als Dienstunfall gemeldet und damit nicht die zweijährige Meldefrist des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG gewahrt. Auch die zehnjährige Meldefrist des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist nicht einschlägig, da der Kläger die Unfallfolge bereits nicht nach Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG innerhalb dreier Monate gemeldet hat.
Rechtliche Grundlage für die Anerkennung eines Ereignisses als Dienstunfall sowie die Anerkennung bestimmter Verletzungsfolgen sind die Art. 46 ff. BayBeamtVG. Nach Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Der danach erforderliche Zusammenhang des Unfalls mit dem Dienst ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Regelfall gegeben, wenn sich der Unfall während der Dienstzeit am Dienstort ereignet hat (BVerwG, U.v. 3.11.1976 – VI C 203.73 – juris Rn. 24). Zum Dienst gehört nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BayBeamtVG auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen, wie hier die Teilnahme an einer Sportprüfung. Das Stolpern und Umknicken mit dem linken Bein erfüllt ferner die Tatbestandsmerkmale eines „auf äußerer Einwirkung beruhenden, plötzlichen, örtlich und zeitlich bestimmbaren Ereignisses“ und weist damit die erforderliche Dienstbezogenheit auf.
a. Nach Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG sind Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche nach diesem Gesetz entstehen können, dem oder der Dienstvorgesetzten innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalls schriftlich zu melden. Die Frist nach Satz 1 gilt auch dann als gewahrt, wenn der Unfall der Pensionsbehörde gemeldet worden ist. Fristbeginn für die Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ist der Zeitpunkt des behaupteten Unfallgeschehens (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 2 C 5.01 – juris Rn. 17 zu § 45 BeamtVG). Das Ereignis, bei dem sich der Kläger Verletzungen zugezogen hat, war am 26. April 2013. Die Ausschlussfrist endete damit am 26. April 2015.
Ob ein Anspruch des Klägers auf Dienstunfallfürsorge besteht, hängt danach davon ab, ob er den Dienstunfall dem Dienstherrn rechtzeitig gemeldet hat. Der Kläger hat den Dienstunfall nicht innerhalb der zweijährigen Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG gemeldet. Die förmliche Dienstunfallanzeige des Unfalls am 26. April 2013 erfolgte erst mit Schreiben des Klägers vom 1. Dezember 2015, eingegangen beim Beklagten am 3. Dezember 2015 und damit nicht fristgerecht.
Entgegen der Ansicht der Klägerbevollmächtigten kann eine rechtzeitige Meldung dieses Ereignisses, das Anlass für die Untersuchung eines Dienstunfalls durch den Dienstvorgesetzten gegeben hätte, nicht darin gesehen werden, dass der Kläger am 22. April 2015 im förmlichen Beiblatt zum Antrag auf Anerkennung eines Dienstunfalls für das Ereignis im Jahre 2015 auf die Frage, ob jemals Vorverletzungen am Knie bestanden haben, angegeben hat, dass er sich im April 2013 eine Kreuzbandverletzung zugezogen habe und hierbei auch die ihn behandelnden Ärzte, unter anderem den Polizeiarzt, genannt hat. Hierdurch wurden die an Form, Inhalt und Adressaten einer Dienstunfallmeldung zu stellenden Anforderungen nicht gewahrt Auch wenn Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG ausdrücklich nur eine schriftliche Meldung des Ereignisses vorschreibt, muss aus der Dienstunfallmeldung zumindest – wenn auch nur mittelbar – hervorgehen, dass ein Dienstunfall angezeigt wird, aus dem Unfallfürsorgeansprüche entstehen können. Die Anforderungen an den Inhalt der Meldung ergeben sich dabei aus dem Zweck der Meldepflicht. Sie soll alsbaldige Ermittlungen hinsichtlich der Voraussetzungen aller im Einzelfall in Betracht kommenden Unfallfürsorgeleistungen sicherstellen, damit Aufklärungsschwierigkeiten, die sich bei späteren Ermittlungen ergeben können, vermieden werden (vgl. BVerwG U.v. 6.3.1986 – 2 C 37.84 – ZBR 1986, 304; BayVGH B.v. 4.12.2009 – 3 ZB 09.657 – juris Rn. 7); zum anderen soll der Dienstherr in die Lage versetzt werden, präventive Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Schäden zu ergreifen (vgl. BVerwG, B.v. 11.7.2014 – 2 B 37/14 – juris Rn. 8 m.w.N.).
Aus den Angaben auf dem Beiblatt des Formblattes für die Anerkennung des Ereignisses vom 17. März 2015 als Dienstunfall konnte der Beklagte nicht schließen, dass der Kläger begehrt, auch das bereits länger zurückliegende Ereignis beim Dienstsport am 26. April 2013 als Dienstunfall anerkennen zu lassen. Wie sich aus der Verwendung des förmlichen Antrages ergibt, war dem Kläger das Formblatt zur Anerkennung eines Dienstunfalles bekannt. Er hätte daher zeitgleich auch für das Ereignis aus dem Jahr 2013 noch einen entsprechenden förmlichen Antrag stellen können. Dies tat er nicht. Er gab vielmehr nur seine Vorverletzung an, die er auch nicht als Dienstverletzung bezeichnete. Die Tatsache, dass er den Polizeiarzt als behandelnden Arzt angab, genügt nicht, um eine Ermittlungspflicht des Beklagten, ob es sich bei dem früheren Ereignis um einen Dienstunfall handelt, zu begründen. Bei dieser Sachlage bestand für die Pensionsbehörde deshalb auch kein Anlass, nach Art. 47 Abs. 3 Satz 3 BayBeamtVG von sich aus über die Anerkennung als Dienstunfall zu entscheiden.
Es kann ferner dahingestellt bleiben, ob der Kläger dadurch, dass er in seiner Rückantwort vom … April 2015 auf Frage des Beklagten zum Dienstunfall vom 23. April 2015 angab, dass er sich im April 2013 bei der Sportprüfung während der Ausbildung beim Kleinbankspringen einen Kreuzbandriss vorne links zugezogen hat, den Unfall bei der Pensionsbehörde im Sinne des Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBeamtVG gemeldet hat. Durch dieses Schreiben hatte die Pensionsbehörde zum ersten Mal positive Kenntnis von den konkreten Geschehnissen am 26. April 2013, also von der Körperverletzung, die sich der Kläger bei der Sportprüfung während des Dienstsportes zugezogen hat. Denn auch dieses Schreibens ging erst am 30. April 2015, also nach Ablauf der Ausschlussfrist des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG und damit nicht fristgerecht bei der Pensionsbehörde ein.
b. Nach Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG wird nach Ablauf der Ausschlussfrist Unfallfürsorge nur gewährt, wenn seit dem Unfall noch nicht zehn Jahre vergangen sind und glaubhaft gemacht wird, dass mit der Möglichkeit eines Körperschadens oder einer Erkrankung aufgrund des Unfallereignisses nicht habe gerechnet werden können. Nach Satz 2 muss die Meldung, nachdem mit der Möglichkeit eines Körperschadens oder einer Erkrankung gerechnet werden konnte, innerhalb von drei Monaten erfolgen. Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG geht mit seinen Anforderungen über den § 45 Abs. 2 BeamtVG hinaus. Während nach § 45 Abs. 2 BeamtVG die Drei-Monatsfrist zu laufen beginnt, wenn die den Anspruch begründenden Unfallfolgen erst später bemerkbar geworden sind, d.h. wenn der verletzte Beamte bei sorgfältiger Prüfung nach seinem Urteilsvermögen zu der Überzeugung gekommen ist oder kommen musste, dass sein Leiden durch den Unfall verursacht ist (BayVGH, U.v. 16.7.2008 – 14 N 05.2548 – BeckRS 2010, 53608), lässt Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG die Frist bereits dann beginnen, wenn mit der Möglichkeit eines Körperschadens oder einer Erkrankung gerechnet werden konnte. Ist der eingetretene Gesundheitsschaden also zunächst nicht erkennbar, wird er aber noch innerhalb der Zehnjahresfrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG diagnostiziert, muss diese Unfallfolge nach Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG innerhalb dreier Monate gemeldet werden (vgl. hierzu auch BVerwG, U.v. 21.9.2000 – BVerwG 2 C 22.99 – Buchholz 239.1 § 45 BeamtVG Nr. 4 S. 2 und U.v. 28. 4.2011 a.a.O. Rn. 29).
Der Kläger erfuhr erst am 8. Juli 2013, dem Tag, am dem mit ihm das Ergebnis der Magnetresonanztomographie besprochen worden ist, dass er sich bei der Dienstsportverletzung im März 2013 das vordere Kreuzband gerissen hat. Sowohl der ihn direkt nach dem Ereignis behandelnde Dienstarzt, wie auch der niedergelassene Facharzt für Unfallchirurgie Dr. M. diagnostizierten noch lediglich eine Zerrung und Prellung und keine Fraktur. Spätestens am 8. Juli 2013 musste der Kläger daher mit der Möglichkeit eines Körperschadens nach Art. 47 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG rechnen, hätte diesen gem. Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BayBeamtVG daher innerhalb von drei Monaten, hier bis zum 3. Oktober 2013 melden müssen. Eine Meldung innerhalb dieser Drei-Monatsfrist erfolgte nicht.
Entgegen des Vortrags der Klägerbevollmächtigten wurde dem Kläger nicht erst aufgrund des Bescheids des Beklagten vom 6. Oktober 2015 bewusst, dass das Unfallereignis vom 26. April 2013 die Möglichkeit eines Körperschadens in sich barg. Wie der Kläger selbst darlegte, war ihm die Ruptur des Kreuzbandes bereits ab 8. Juli 2013 bekannt und nicht erst im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids vom 6. Oktober 2015. Die Dreimonatsfrist des Art. 47 Abs. 2 BayBeamtVG lief daher nicht erst ab dem 6. Oktober 2015.
Bei der Drei-Monatsfrist des Art. 47 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, so dass weder eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Frist gewährt wird, noch die Behörde auf die Einhaltung der Ausschussfrist gegenüber dem Beamten verzichten kann (VG Augsburg, U.v. 20.10.2016, Au 2 K 16.925 – juris Rn. 31 m.w.N.).
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses am 17. März 2015 als Dienstunfall. Der dies in Ziffer 1 ablehnende Bescheid vom 6. Oktober 2015 ist insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Das Vorliegen eines Dienstunfalls scheitert daran, dass der Kläger das Vorliegen eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem schädigenden Ereignis vom 17. März 2015 und dem eingetretenen Körperschaden nicht mit der erforderlichen an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachweisen konnte.
Zwar hat sich das schädigende Ereignis unstreitig während des Dienstes ereignet, da gem. Art. 46 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG auch der Dienstsport eines Polizeimeisters zur Ausübung des Dienstes gehört. Für die Feststellung eines ursächlichen Zusammenhangs bedarf es jedoch nicht allein einer kausalen Verknüpfung im Sinne einer rein naturwissenschaftlichen oder zeitlichen und örtlichen Betrachtungsweise. Vielmehr unterliegt die Feststellung der Kausalität auch einer rechtlichen Wertung. Nach ober- und höchstrichterlicher Rechtsprechung sind als Ursache im Rechtssinne auf dem Gebiet des Dienstunfallrechts nur solche Bedingungen anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei natürlicher Betrachtungsweise bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Treffen mehrere Ursachen zusammen ist eine als die alleinige Ursache anzusehen, wenn sie bei natürlicher Betrachtungsweise entweder überragend zum Erfolg (Körperschaden) hingewirkt hat oder zumindest annähernd die gleiche Bedeutung für den Eintritt des Schadens hatte wie die anderen Umstände insgesamt (vgl. BVerwG, B.v. 23.10.2013 – 2 B 34/12 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 9.10.2015 – 3 ZB 12.1708 – juris Rn. 12). Wesentliche Ursache im Dienstunfallrecht kann auch ein äußeres Ereignis sein, das ein anlagebedingtes Leiden auslöst oder beschleunigt, wenn diesem Ereignis nicht im Verhältnis zu anderen Bedingungen – zu denen auch eine bei Eintritt des äußeren Ereignisses schon vorhandene Veranlagung gehört – eine derart untergeordnete Bedeutung für den Eintritt der Schadensfolge zukommt, dass diese anderen Bedingungen bei natürlicher Betrachtungsweise allein als maßgeblich anzusehen sind. Nicht Ursachen im Rechtssinne sind demnach sog. Gelegenheitsursachen, d.h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also eine krankhafte Veranlagung oder ein anlagebedingtes Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte.
Der im Dienstunfallrecht maßgebende Ursachenbegriff soll zu einer dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung führen. Der Dienstherr soll nur die spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit tragen und mit den auf sie zurückzuführenden Unfallursachen belastet werden. Dem Beamten sollen dagegen diejenigen Risiken verbleiben, die sich aus anderen als dienstlichen Gründen, insbesondere aus persönlichen Anlagen, Gesundheitsschäden und Abnutzungserscheinungen ergeben (vgl. BVerwG, B.v. 8.3.2004, a.a.O., juris Rn. 8). So führt das Bundesverwaltungsgericht etwa in dem Beschluss vom 8. März 2004 (BVerwG, B.v. 8.3.2004, a.a.O., juris) aus, dass dann, wenn eine vorgeschädigte Achillessehne bei einem Unfall reißt, der zusätzliche Körperschaden dem individuellen Lebensschicksal des Beamten und damit seinem Risikobereich zuzurechnen ist, wenn die schadhafte Sehne jederzeit auch außerhalb des Dienstes bei einer im Alltag vorkommenden Belastung hätte reißen können. Maßgebend ist, ob der Schaden, wie er konkret im dienstlichen Zusammenhang eingetreten ist, hypothetisch ohne weiteres und in absehbarer Zeit auch im privaten Bereich hätte eintreten können. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Sachverhaltsermittlung und beruht im Wesentlichen auf der Feststellung, in welchem Zustand sich das geschädigte Organ vor dem Unfall befand und welche spezifischen Anforderungen aus der dienstlichen Betätigung herrühren, die die Zuordnung des Schadensereignisses zur privaten Sphäre ausschließen.
Im Dienstunfallrecht gelten die allgemeinen Beweisgrundsätze. Die Verteilung der materiellen Beweislast ergibt sich aus der im Einzelfall relevanten materiellen Norm. Derjenige, der aus einer Norm eine ihm günstigere Rechtsfolge ableitet, trägt die materielle Beweislast, wenn das Gericht in Erfüllung seiner Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO) das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen zu seiner vollen Überzeugungsgewissheit („mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“) weder feststellen noch ausschließen kann und wenn sich aus der materiellen Anspruchsnorm nichts Abweichendes ergibt (vgl. BVerwG, U.v. 28.4. 2011 – 2 C 55/09 – juris m.w.N.). Dies gilt auch für den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen Unfallgeschehen und Körperschaden. Der Beamte trägt insofern das Feststellungsrisiko, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution oder eine Vorverletzung des betreffenden Körperteils zurückzuführen ist.
Gemessen an diesen Vorgaben konnte das Gericht nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Überzeugung gewinnen, dass bei dem Kläger durch den Dienstunfall vom 17. März 2015 die Ruptur des Kreuzbandes und des Außenmeniskus wesentlich verursacht wurden. Der Kläger hat für die Feststellung eines Ursachenzusammenhangs zwischen dem Ereignis vom 17. März 2015 und den beim Kläger eingetretenen Verletzungen im linken Kniegelenk nicht den erforderlichen Beweis erbracht.
In dem vom Beklagten eingeholten orthopädischen Gutachten vom 24. September 2015 kommt der sachverständige Zeuge Dr. W. zu dem Ergebnis, dass dem schadhaften Zustand des Kreuzbandes und des Außenmeniskus die wesentliche Bedeutung für den Riss zukommt. So führte er aus, dass die Ruptur des Kreuzbandes am linken Knie ebenso wie der Riss des Außenmeniskus wesentliche Folge der Vorverletzungen vom 26. April 2013 gewesen seien. Demzufolge sei auch die Operation am 26. März 2015 überwiegend aufgrund des Vorunfalles vom 26. April 2013 erforderlich gewesen. Diese Auffassung bestätigte der sachverständige Zeuge bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung, in der er auf Frage ausführte, dass es ohne die Vorverletzung im Jahre 2013 beim Kläger mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu der Kreuzbandruptur im Jahre 2015 gekommen ist. Zwar sei die ausschließliche Ursache für den Kreuzbandriss und den Meniskusschaden im Jahre 2015 die Dienstsportverletzung gewesen, diese wären jedoch ohne den Unfall im Jahre 2013 mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten.
Das Gericht folgt den überzeugenden und in sich schlüssigen Ausführungen des Gutachtens. Der Gutachter hat aufgrund einer persönlichen Untersuchung des Klägers den Untersuchungsbefund erstellt. Das Gutachten ist nachvollziehbar und weist keine offen erkennbaren Mängel auf. Auch hat der Kläger die Feststellungen des Gutachters und sachverständigen Zeugen nicht in Frage gestellt. Weder hat er konkrete Fehler des Gutachtens in der Diagnostik oder Untersuchungsmethode aufgezeigt, noch hat er selbst ein ärztliches Gutachten vorgelegt, das zu einem anderen Ergebnis hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen Vorschädigung und Körperverletzung kommt. Die allgemeine und nicht näher erläuterte Behauptung des Klägers in der Klageschrift, das Ereignis vom 17. März 2015 sei wegen der bestehenden geringen Instabilität und der wenigen Beschwerden des Klägers nicht auf die Vorverletzung vom 26. April 2013 zurückzuführen, begründet und belegt der Kläger nicht genauer und ist damit zu allgemein und pauschal gehalten, um die Feststellungen des Gutachtens in Frage zu stellen. Zwar führt der Gutachter aus, dass Kreuzbandverletzungen häufig auch bei nichtig erscheinenden Anlässen auftreten können. Letztendlich kommt er dennoch eindeutig zu dem Ergebnis, dass ohne Vorschädigung die Wahrscheinlichkeit für einen Körperschaden deutlich geringer gewesen wäre.
Auch der Grundgedanke der dem Schutzbereich der Dienstunfallfürsorge entsprechenden sachgerechten Risikoverteilung spricht hier dafür, die Anerkennung eines Dienstunfalls abzulehnen. In der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge kann nur eine solche Risikoverteilung sinnvoll sein, die dem Dienstherrn die eigentümlichen und spezifischen Gefahren der Beamtentätigkeit auferlegt, dagegen dem Beamten mindestens die Risiken belässt, die sich aus seinen persönlichen Anlagen und etwa bereits bestehenden Beeinträchtigungen seines Gesundheitszustandes ergeben. Körperschäden sind so dem individuellen Lebensschicksal des Beamten und damit seinem Risikobereich zuzurechnen, wenn der Körperschaden jederzeit auch außerhalb des Dienstes bei einer im Alltag vorkommenden Belastungssituation hätte eintreten können (vgl. BVerwG, U.v. 18.4.2002, a.a.O., juris Rn. 11). Hier hätte die Knieverletzung aufgrund der bestehenden Vorverletzung hypothetisch auch in absehbarer Zeit im privaten Bereich, z.B. beim Fußballspielen mit Freunden oder im Verein eintreten können. Eine spezifische Gefahr des Berufstandes des Polizeimeisters hat sich durch den Luftkick beim Fußballspielen und dem einhergehenden Umknicken mit dem linken Fuß nicht verwirklicht.
Nach alledem war die Klage auf Feststellung der Anerkennung der zwei Ereignisse als Dienstunfälle abzulehnen.
3. Die Rückforderung der mit Bescheiden vom 28. April 2015, vom 7. Mai 2015, vom 9. Juni 2015, vom 25. Juni 2015, vom 20. August 2015 und vom 29. September 2015 geleisteten vorläufigen Zahlungen in Höhe von insgesamt 8.415,36 € ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m. §§ 818 ff. BGB. Nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG regelt sich die Rückforderung zu viel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Zu den Versorgungsbezügen zählt gem. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayBeamtVG auch die Unfallfürsorge, die nach Art. 45 Abs. 1 Satz 1 BayBeamtVG gewährt wird, wenn ein Beamter oder eine Beamtin durch einen Dienstunfall verletzt wurde. Dabei umfasst die Unfallfürsorge auch das Heilverfahren nach Art. 50 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG. Versorgungsbezüge sind „zu viel gezahlt“ in diesem Sinne, wenn sie ohne rechtlichen Grund gezahlt wurden (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2011 – 14 B 10.567 – juris). Der Kläger erhielt vorliegend Versorgungsbezüge in Höhe von insgesamt 8.415,36 € ohne Rechtsgrund und damit zu viel i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG, da die abgerechneten Behandlungen und Leistungen, die mit Anträgen vom 9. April 2015, vom 6. Mai 2015, vom 3. Juni 2015 vom 18. Juni 2015 und vom 13. August 2015 als dienstunfallbedingte Heilverfahrenskosten beim Beklagten geltend gemacht und vorläufig gewährt wurden, obwohl es sich bei dem Ereignis vom 17. März 2015 nicht um einen Dienstunfall gehandelt hat (s.o Nr. 2) und diese damit nicht notwendig i.S.v. Art. 50 Abs. 1 BayBeamtVG waren.
Der Kläger ist daher nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m § 818 Abs. 1 BGB zur Rückzahlung des überbezahlten Betrags i.H.v. 8.415,36 € verpflichtet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger entreichert ist i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB. Denn der Beklagte hat vorliegend unabhängig von dem Wegfall der Bereicherung des Klägers einen Anspruch auf Rückzahlung der überbezahlten Bezüge. Der Kläger haftet verschärft nach Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m. §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 BGB und kann sich somit nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen. Denn die Überzahlungen wurden unter dem Vorbehalt der Rückforderung bzw. Rückzahlung geleistet.
Nach §§ 818 Abs. 4, 820 Abs. 1 Satz 2 BGB haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt. Diese Norm umfasst auch den Fall einer Überzahlung von unter Vorbehalt gezahlten Versorgungsbezügen (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2011 – 3 CS 11.165 – juris). Solch ein Fall ist hier gegeben, denn die Versorgungsbezüge des Klägers in Höhe von insgesamt 8.415,36 € wurden ausdrücklich unter einem Rückforderungsvorbehalt gezahlt.
Dass der Beklagte nicht aus Billigkeitsgründen von der Rückforderung abgesehen hat (Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG), ist nicht zu beanstanden. Billigkeitsgründe sind vorliegend nicht ersichtlich. Dem Kläger war von Anfang an bekannt, dass die Zahlungen nur vorläufig und unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Rückforderung gewährt werden. Aus den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Klägers ergeben sich keine Billigkeitsgründe, aufgrund derer nach Art. 7 Abs. 2 Satz 3 BayBeamtVG von der Rückforderung teilweise abgesehen werden könnte. Der Kläger ist durch die Rückforderung der überbezahlten Bezüge in Höhe von 8.415,36 € nicht unzumutbar belastet.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

BAföG – das Bundesausbildungsförderungsgesetz einfach erklärt

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, sorgt seit über 50 Jahren für finanzielle Entlastung bei Studium und Ausbildung. Der folgende Artikel erläutert, wer Anspruch auf diese wichtige Förderung hat, wovon ihre Höhe abhängt und welche Besonderheiten es bei Studium und Ausbildung gibt.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen