Aktenzeichen B 5 K 14.769
– § 25a, § 25b, § 26 BVG
– §§ 33 – 38 SGB IX
Leitsatz
1 Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 26 Abs. 1 BVG) ist die Wiederherstellung des Teilhabestatus, den Beschädigte vor dem schädigenden Ereignis innehatten oder den sie ohne die Schädigung haben würden. Voraussetzung der Leistungserbringung ist daher ein Ursachenzusammenhang (medizinische Kausalität) zwischen der Schädigung und der bereits eingetretenen oder erst drohenden beruflichen Betroffenheit. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2 Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind (vgl. ebenso BayVGH BeckRS 2014, 49923). (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3 Maßgeblicher Zeitpunkt der Kausalitätsbeurteilung ist der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses. Liegt zwischen dem Eintritt des Schadens und der ersten Beurteilung ein längerer Zeitraum und ist in diesem Zeitraum der Gesundheitszustand durch Hinzutreten schädigungsunabhängiger Einflüsse Veränderungen ausgesetzt, ist zunächst zu prüfen, ob die schädigenden Einwirkungen, bezogen auf diesen Zeitpunkt, mindestens die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache hatten (ebenso VG Würzburg BeckRS 2014, 46358). (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
1. Über die Streitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis hiermit erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
2. Das Gericht legt den Antrag des anwaltschaftlich vertretenen Klägers dahingehend aus, dass er nicht nur – wie im Erörterungstermin am 19. April 2016 beantragt – die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für die Ausbildung zum Physikalisch-technischen Assistenten an der … Akademie … G … in I … ( …1993 – …1995) begehrt, sondern – wie sich aus seinem nach dem Erörterungstermin gefertigten und dem Gericht zugegangenen Schriftsatz vom 23. April 2016 zweifelsfrei ergibt – einen solchen Anspruch auch für die Schulausbildung an der BAS … ( …1991 – …1992) geltend macht. Darüber hinaus begehrt der Kläger eine Verzinsung der geltend gemachten Leistungen.
3. Die so verstandene Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Besuch der BAS … ( …1991 – …1992) begehrt (dazu unten Buchst. a). Im übrigen, d.h. im Hinblick auf das Begehren des Klägers, die Beklagte zur Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation für die Ausbildung zum Physikalisch-technischen Assistenten an der … Akademie … G … in I … ( …1993 – …1995) zu verpflichten, ist die Klage zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
a) Die Klage ist, soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Besuch der BAS … ( …1991 – …1992) begehrt, mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Denn nach ständiger Rechtsprechung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis in den Fällen, in denen der Kläger sein Ziel auf anderem Wege einfacher und schneller erreichen könnte. Demnach ist eine Leistungsklage, d.h. eine Verpflichtungsklage oder eine allgemeine Leistungsklage, dann unnötig, solange der Bürger bei der Behörde einen entsprechenden Antrag nicht gestellt und eine angemessene Bescheidungsfrist nicht abgewartet hat (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Rn. 11 ff. Vor §§ 40-53 m.w.N.).
Gemessen daran, fehlt es vorliegend an der insoweit gebotenen Antragstellung durch den Kläger. Es mag zwar sein, dass der Kläger am 10. September 1991 beim Versorgungsamt Bayreuth einen „Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes wegen einer Wehrdienstbeschädigung“ gestellt hat. Über diesen Antrag hat das Versorgungsamt auch entschieden (Bescheid vom 26.2.1993 und Widerspruchsbescheid vom 5.11.1993); die Bescheide waren nachfolgend Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens (Urteil vom 30.6.1998). Dass der vorgenannte Antrag neben dem Begehren auf Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung zugleich auch auf die Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation – hier also konkret für den obengenannten Besuch der BAS … – gerichtet sein sollte, ist diesem Begehren – anders als dem Antrag vom 11. November 1992 („Hiermit beantrage ich die erforderlichen Leistungen für meine berufliche Rehabilitation.“) – nicht einmal ansatzweise zu entnehmen. Insoweit führte nicht einmal die Anwendung sozialhilferechtlicher Grundsätze zu einem anderen Ergebnis. Denn selbst im Bereich der antragsunabhängig zu gewährenden Sozialhilfe, bei dem es für das Einsetzen der Hilfegewährung genügt, wenn die Behörde Kenntnis vom Bedarfsfall als solchem hat, d.h. ihr – erstens – der Bedarf und – zweitens – die Hilfebedürftigkeit bekannt werden (BSG, U.v. 10.11.2011 – B 8 SO 18/10 R – juris Rn. 21), wird dem Sozialhilfeträger nicht angesonnen, die Notwendigkeit der Hilfe zu „erahnen“; es genügt vielmehr, wenn hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine Notlage bestehen und die weiteren Einzelheiten dann im Rahmen der Amtsermittlungspflicht aufgeklärt werden (st.Rspr. vgl. nur: BVerwG, B.v. 21.4.1997 – 5 PKH 2/97 – juris Rn. 2; LSG NRW, U.v. 28.8.2014 – L 9 SO 28/14 – Juris Rn. 28; SächsLSG, U.v. 6.3.2013 – L 8 SO 4/10 – juris Rn. 25; LSG RhPf, U.v. 25.11.2010 – L 1 SO 8/10 – juris Rn. 27; Dauber in: Mergler/Zink, SGB XII, Stand August 2013, § 18 Rn. 12). Eine solche Situation lag hier aber, wie oben dargelegt, gerade nicht vor.
b) Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation für die Ausbildung zum Physikalisch-technischen Assistenten an der … Akademie … G … in I … ( …1993 – …1995) begehrt, ist die Klage zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Regierung von Oberfranken vom 28. Januar 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberfranken vom 30. Juni 1999 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der beantragten Leistungen gemäß § 80 Satz 1 SVG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 80 Satz 1 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Wehrdienstbeschädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit in diesem Gesetz nichts Abweichendes bestimmt ist. Leistungen der Kriegsopferfürsorge werden gem. § 25a Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) dann erbracht, wenn und soweit die Beschädigten infolge der Schädigung nicht in der Lage sind, den nach den nachstehenden Vorschriften anzuerkennenden Bedarf aus den übrigen Leistungen nach diesem Gesetz und dem sonstigen Einkommen und Vermögen zu decken. Dabei wird nach der Regelung in § 25a Abs. 2 Satz 1 BVG (stets) ein Zusammenhang zwischen der Schädigung und der Notwendigkeit der Leistung vermutet, sofern nicht das Gegenteil offenkundig oder nachgewiesen ist. § 25a Abs. 2 Satz 2 BVG sieht ergänzend vor, dass Leistungen der Kriegsopferfürsorge auch erbracht werden können, wenn zwar kein Zusammenhang zwischen der Schädigung und der Notwendigkeit der Leistung besteht, die Leistung aber im Einzelfall durch besondere Gründe der Billigkeit gerechtfertigt ist. Fürsorgeleistungen in diesem Sinne sind nach § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVG unter anderem auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 33 bis 38 SGB IX (vgl. § 26 Abs. 1 BVG).
Demnach ist Voraussetzung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, dass Beschädigte wegen einer nicht nur vorübergehenden Schädigung den erlernten oder zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr auf Dauer im Wettbewerb mit Nichtbehinderten ausüben können oder bei Verbleib in dieser Tätigkeit Behinderung oder Verschlimmerung der anerkannten Schädigung drohen. Dieser Ursachenzusammenhang (medizinische Kausalität) zwischen der Schädigung und der bereits eingetretenen oder erst drohenden beruflichen Betroffenheit ist Voraussetzung für die Leistungserbringung, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf den Grad der Schädigungsfolgen ankäme. Vorrangige Ursache für den Teilhabebedarf ist mithin das schädigende Ereignis, welches regelmäßig durch eine ärztliche Feststellung dokumentiert sein muss. Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist die Wiederherstellung des Teilhabestatus, den Beschädigte vor dem schädigenden Ereignis innehatten oder den sie ohne die Schädigung haben würden (vgl. Empfehlungen zur Kriegsopferfürsorge, Stand 1.1.2015, Nrn. 26.2.1 und 3.3).
Darüber hinaus setzen nach der Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (B.v. 26.2.2016 – 12 B 15.2255 – juris Rn. 26 f.) Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach § 25a Abs. 1 BVG zwar grundsätzlich voraus, dass der Beschädigte infolge der Schädigung nicht in der Lage ist, den nach den nachstehenden Vorschriften anzuerkennenden Bedarf aus den übrigen Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz und dem sonstigen Einkommen und Vermögen zu decken (sog. wirtschaftliche Kausalität). Gemäß § 26 Abs. 5 Satz 2 BVG sind jedoch bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und den sie ergänzenden Leistungen, die hier allein streitgegenständlich sind, Einkommen und Vermögen des Beschädigten nicht zu berücksichtigen, so dass das Vorliegen einer wirtschaftlichen Kausalität keine Voraussetzung für diese Form der Kriegsopferfürsorgeleistungen ist (vgl. Empfehlungen zur Kriegsopferfürsorge, Stand 1.1.2015, Nr. 26.2.1).
Gemessen daran, kann einem möglichen Anspruch des Klägers – entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung – zwar nicht entgegengehalten werden, dass kein Anspruch auf Hilfe für die Vergangenheit bestehe (dazu unten Buchst. aa). Jedenfalls steht dem Klagebegehren das Fehlen der erforderlichen medizinischen Kausalität entgegen (dazu unten Buchst bb). Zudem ist für einen großen Teil der geltend gemachten Leistungen bereits Bedarfsdeckung eingetreten (dazu unten Buchst cc). Schließlich liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Übergangsgeld nicht vor (dazu unten Buchst. dd).
aa) Zur Überzeugung des Gerichts greift zwar der von der Beklagten erhobene Einwand (vgl. Schriftsatz vom 8.8.2016) nicht durch, auch der Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz setze einen gegenwärtigen Bedarf voraus, so dass den hier geltend gemachten Ansprüchen des Klägers entgegenzuhalten sei, dass kein Anspruch auf Hilfe für die Vergangenheit bestehe. Denn insoweit verkennt die Beklagte, dass das Bundesverwaltungsgericht – wie auch das Bundessozialgericht – in seiner ständigen Rechtsprechung Ausnahmen vom Erfordernis eines tatsächlich (fort-)bestehenden Bedarfs anerkannt hat, und zwar in Eilfällen um der Effektivität der gesetzlichen Gewährung des Rechtsanspruchs auf Sozialhilfe und bei Einlegung von Rechtsbehelfen um der Effektivität des Rechtsschutzes auf Sozialhilfe willen. Damit trägt das Bundesverwaltungsgericht der aus der Zeitgebundenheit der Sozialhilfe resultierenden Existenzschwäche des Sozialhilfeanspruchs Rechnung und sichert ihn normativ ab (BVerwG, U.v. 13.11.2003 – 5 C 26/02 – NVwZ 2004, 1002 f.; BVerwG, U.v. 23.6.1994 – 5 C 26/92 – BVerwGE 96, 152/154 f.; BVerwG, U.v. 30.4.1992 – 5 C 12/87 – BVerwGE 90, 154/156; so auch: BayVGH, B.v. 17.12.2003 – 12 C 03.2868 – juris Rn. 43 f.; BSG, U.v. 29.9.2009 – B 8 SO 16/08 R – NVwZ-RR 2010, 362/363 f.; vgl. auch: Neumann in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand 9/2015, Rn. 17 f. zu § 18 SGB XII; Rothkegel, ZFSH/SGB 2002, 8/9; Grube, NVwZ 2002, 1458/1459). Dieser für das Sozialhilferecht entwickelte Gedanke ist auf das Sozialrecht, sofern dort der o.g. Grundsatz („keine Hilfe für die Vergangenheit“) Anwendung finden sollte, übertragbar. In diesem Zusammenhang übersieht die Beklagte ferner, dass der Kläger bereits am 11. November 1992 einen Antrag auf Leistungen für die berufliche Rehabilitation bei der Bundesanstalt für Arbeit gestellt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts wird die Kenntnis über eine Notlage aber auch durch einen Antrag bei einem unzuständigen Leistungsträger vermittelt (BSG, U.v. 29.9.2009 – B8 SO 16/08 R – NVwZ-RR 2010, 362/363).
bb) Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen der beruflichen Rehabilitation scheidet aber deshalb aus, weil es an der erforderlichen medizinischen Kausalität zwischen der Wehrdienstschädigung und dem Umschulungsbedarf fehlt. Denn es steht nicht zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts fest, dass der Kläger aufgrund der mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2014 anerkannten Schädigungsfolgen („Innenseitig betonte Gelenkknorpel- und Meniskusschäden des linken Kniegelenks bei vorbestehendem vorderem Kreuzbandschaden; Instabilität und Belastungseinschränkung des linken Kniegelenks“) seinen vor Beginn des Wehrdienstes erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker nicht mehr fortsetzen konnte und ihm durch die deshalb erforderliche Umschulung Mehraufwendungen entstanden sind, die ohne die Schädigung nicht entstanden wären.
Es mag zwar sein, dass gem. § 25a Abs. 2 Satz 1 BVG die Tatsache, dass der Geschädigte seinen Bedarf – hier also die Ausbildung an der BAS sowie die Umschulung zum Physikalisch-technischen Assistenten – aufgrund der Schädigung nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken kann, vermutet wird, sofern nicht das Gegenteil offenkundig oder nachgewiesen ist. Diese Vermutung bezieht sich jedoch allein auf die wirtschaftliche Kausalität, während für die hier maßgebliche Frage der medizinischen Kausalität keine derartige Vermutungsregel besteht (vgl. VG Würzburg, U.v. 21.11.2013 – W 3 K 12.342 – juris Rn. 26 ff.; BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 12 ZB 14.399 – juris Rn. 4 f.; a.A. BayVGH, B.v. 26.2.2016 – 12 B 15.2255 – juris Rn. 26 f.). Soweit der Bayerische Verwaltungsgerichtshof seine letztgenannte Entscheidung so verstanden wissen wollte, dass damit eine Abkehr von einer ständigen Rechtsprechung verbunden sein sollte, so folgt das erkennende Gericht dieser Rechtsprechung nicht. Denn eine solche Sichtweise, d.h. eine Ausdehnung der Vermutungsregelung der § 25a Abs. 2 Satz 1 BVG auch auf Fragen der medizinischen Kausalität widerspräche, worauf die Beklagtenseite zutreffend hinweist, dem Grundsystem des sozialen Entschädigungsrechts. Sie führte nämlich zu dem Ergebnis, dass in allen Fällen, in denen sich die Ursachen für die Notwendigkeit einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme nicht auf einfache Art und Weise zweifelsfrei feststellen ließen, ein Anspruch auf Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation gegeben wäre.
Für die Beurteilung der medizinischen Kausalität ist somit die Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung anzuwenden. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, ob im konkreten Fall die Bedingung, d.h. die Schädigung, bei natürlicher Betrachtungsweise wesentlich zum Erfolg, hier also zum Bedarf für die berufliche Ausbildung, beigetragen hat. Haben mehrere Umstände zu einem Erfolg beigetragen, sind sie versorgungsrechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des Erfolges annähernd gleichwertig sind. Kommt einem der Umstände gegenüber einem anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand allein Ursache i.S. des Bundesversorgungsgesetzes (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 27.3.2014 – 12 ZB 14.399 – juris Rn. 5; OVG Lüneburg, U.v. 29.9.1973 – IV OVG A 105/71 – NJW 1975, 276; VG Würzburg, U.v. 21.11.2013 – W 3 K 12.342 – juris Rn. 26 ff.; Kunz/Zellner/Gelhausen/Weiner, Opferentschädigungsgesetz, 5. Auflage 2010, § 1 OEG Rn. 41; Nr. 2 zu § 1 VV BVG). Maßgeblicher Zeitpunkt der Kausalitätsbeurteilung ist der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses. Liegt zwischen dem Eintritt des Schadens und der ersten Beurteilung ein längerer Zeitraum und ist in diesem Zeitraum der Gesundheitszustand durch Hinzutreten schädigungsunabhängiger Einflüsse Veränderungen ausgesetzt, ist zunächst zu prüfen, ob die schädigenden Einwirkungen, bezogen auf diesen Zeitpunkt, mindestens die Bedeutung einer wesentlichen Teilursache hatten. Bejahendenfalls ist der Schaden für diesen Zeitpunkt zu bestimmen. Die weitere Behandlung richtet sich nach den Grundsätzen über die Beurteilung einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse (VG Würzburg, U.v. 21.11.2013 – W 3 K 12.342 – juris Rn. 28 m.w.N.).
Gemessen daran, wäre die medizinische Kausalität vorliegend nur dann gegeben, wenn die Notwendigkeit der Umschulung zum physikalisch-technischen Assistenten allein auf die gesundheitlichen Folgen der o.g. Wehrdienstbeschädigung, also auf die „Innenseitig betonte Gelenkknorpel- und Meniskusschäden des linken Kniegelenks bei vorbestehendem vorderem Kreuzbandschaden; Instabilität und Belastungseinschränkung des linken Kniegelenks“ zurückzuführen ist und andere gesundheitliche Faktoren als bedarfsbegründende Ursachen fehlen bzw. doch nur von so geringem Gewicht sind, dass sie außer Betracht bleiben können (so: VG Würzburg, U.v. 21.11.2013 – W 3 K 12.342 – juris Rn. 29; VG München, U.v. 10.12.2009 – M 15 K 08.101 – juris Rn. 46). Das ist hier indessen nicht der Fall.
Aus den vorliegenden Behördenakten ergibt sich vielmehr zweifelsfrei, dass bei dem Kläger bereits am 11. September 1985 durch einen Sportunfall eine massive Schädigung des linken Kniegelenks eingetreten war, die nachfolgend zu einem zweimaligen Krankenhausaufenthalt mit operativen Eingriffen und zwar vom … bis … 1985 sowie vom … bis … 1986 geführt hat. Es mag zwar sein, dass während des Wehrdienstes, d.h. am 11. September 1987 beim Sport und während der sich anschließenden Wehrübung, d.h. am 29. Juli 1991 beim Aussteigen aus dem Pkw weitere Schädigungen des linken Kniegelenks eingetreten sind. Es steht jedoch nicht zur Überzeugungsgewissheit des Gerichts fest, dass die hierdurch verursachten und anerkannten Schädigungsfolgen in Bezug auf die bestehende, u.a. auf den am 11. September 1985 erlittenen Sportunfall zurückzuführende Vorschädigung eine wenigstens gleiche Bedingung für die Umschulungsmaßnahme zum physikalisch-technischen Assistenten darstellen. Bei dieser Einschätzung stützt sich das Gericht auf folgende Erwägungen:
So lässt sich den vorliegenden Befunden überzeugend und widerspruchsfrei entnehmen, dass nicht die anerkannte Wehrdienstbeschädigung, sondern die bereits bei der Knieoperation am 19. November 1985 festgestellten und später, d.h. bei der Kniegelenkspiegelung am 2. September 1991 erneut diagnostizierten ausgedehnten Knorpelschäden Ursachen für die Minderbelastbarkeit des linken Kniegelenks sind (vgl. C. E …, Facharzt für Chirurgie, versorgungsärztliche Stellungnahme vom 7.4.1999; Dr. K …, Facharzt für Neurologie und Sozialmedizin, versorgungsärztliche Stellungnahme vom 3.12.1998). Bereits im Zeitpunkt der zweiten Knieoperation, die rund ein halbes Jahr nach Beginn des Wehrdienstes nach einem weiteren Sportunfall im Bundeswehrkrankenhaus … ( …- …1987) durchgeführt worden war, lagen bei dem Kläger im linken Kniegelenk degenerative Knorpelveränderungen im Sinne einer Chrondromalazie sowie eine beginnende Arthrose vor. Aufgrund der ausgeprägten degenerativen Knorpelveränderungen war im Rahmen dieser zweiten Knieoperation die Durchführung einer anderen, bessere Stabilität versprechende Behandlungsmethode, d.h. ein primäres Patellarissehnentransplantat, nicht möglich (so: Dr. B …, Fachärztin für Chirurgie, versorgungsärztliche Untersuchungsstelle München, Stellungnahme vom 21.10.1993). Letztgenannter Stellungnahme lässt sich ferner der Hinweis entnehmen, der sportlich außerordentlich aktive Kläger habe, wie sich aus einem Arztbrief vom 16. Dezember 1987 ergebe, „durch leichtfertige, unangemessene Belastungen den erzielten Operationserfolg in Frage gestellt“ (ebda.). Auch das Vorliegen einer für das Alter des Klägers ausgeprägten drittgradigen Varusgonarthrose (so: C. E …, Facharzt für Chirurgie, versorgungsärztliches Gutachten vom 1.2.1993), die u.a. im Rahmen einer am 2. September 1991, d.h. während der Wehrübung durchgeführten Arthroskopie diagnostiziert worden war, ist demnach u.a. auf eine Innenmeniskusteilresektion bzw. auf altersbedingte, degenerative Erscheinungen zurückzuführen (Gutachten von Prof. Dr. B …, Bezirkskrankenhaus …, vom 4.2.1998 für das Sozialgericht Bayreuth, Bl. 224/239 der Gerichtsakte B 5 K 99.639 und vom 18.5.2000 für das Verwaltungsgericht Bayreuth, Bl. 44/47 der Gerichtsakte B 5 K 99.639). Auch die aktuell von der Beklagten eingeholte gutachtliche Stellungnahme weist überzeugend und widerspruchsfrei darauf hin, dass der Arthroskopiebefund vom 2. September 1991 einen Zerfall der Knorpeloberfläche des medialen Femurkondylus in der Belastungszone, eine faserige Aufspaltung des Restinnenmeniskus, faserig aufgesplitterte Bandreste im Bereich des vorderen Kreuzbandes und eine grobhöckerige Gelenkfläche an der Kniescheibe beschreibe. Diese Knorpel- und Meniskusschäden ließen sich nicht dem kurz zuvor stattgehabten Ereignis beim Aussteigen aus dem Auto mit Knieverdrehung zuordnen. Die im September 1991 bei der Arthroskopie nachweisbaren strukturellen Schäden seien zum damaligen Zeitpunkt nicht Ausdruck einer akuten Verletzung, sondern sie entsprächen einem über einen gewissen längeren Zeitraum hinweg vor dem Ereignis abgelaufenen Prozess in Richtung auf einen zunehmenden Knorpelaufbrauch an den Gelenkbinnenstrukturen (Dr. Dr. G …, versorgungsmedizinische gutachtliche Stellungnahme vom 20.10.2016, Bl.263/266 der Gerichtsakte).
Auch der Einwand des Klägers, eine am 23. Juni 2000 am rechten Kniegelenk durchgeführte Operation habe bis auf eine kleine Stelle keine degenerativen Veränderungen erwiesen, führt zu keiner anderen Einschätzung. Insoweit ergibt sich aus dem für das Verwaltungsgericht erstellten Gutachten, dass als Ursachen für die Entstehung einer Arthrose neben einer Beinachsenfehlstellung insbesondere auch vorhergehende Traumata, Instabilitäten bzw. Operationen anzuführen seien (Prof. Dr. B … Gutachten vom 18.5.2000 für das Verwaltungsgericht Bayreuth, Bl. 44/47 der Gerichtsakte B 5 K 99.639; ergänzende Stellungnahme vom 4.8.2000, Bl. 65/66 der Gerichtsakte B 5 K 99.639).
Anhaltspunkte dafür, dass durch die Belastung des Wehrdienstes ( …1987 – …1991) oder der Wehrübung ( … – …1991) eine Verursachung oder Verschlimmerung eingetreten sein könnte, lassen sich den Befunden nicht entnehmen; auch ist die Frage, ob die körperliche Belastbarkeit des Klägers möglicherweise durch die vordere Kreuzbandrekonstruktion vermindert war, aufgrund des guten klinischen Ergebnisses dieser Rekonstruktion zu verneinen (Prof. Dr. B …, Bezirkskrankenhaus …, Gutachten vom 4.2.1998 für das Sozialgericht Bayreuth, Bl. 224/238 der Gerichtsakte B 5 K 99.639; Dr. … E …, Arzt für Orthopädie und öffentliches Gesundheitswesen, Gutachten für das Sozialgericht Bayreuth vom 30.7.1995, Bl. 50/70 f. der Beiakte I).
Schließlich liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das zweite Trauma im September 1987 bei einem Fußballspiel bzw. das dritte Trauma beim Aussteigen aus dem Pkw am 29. Juli 1991 für die Zerreißung des vorderen Kreuzbandes ursächlich waren. Demnach haben die bei der am 2. September 1991 durchgeführten Arthroskopie festgestellten faserigen Aufsplitterungen ehemaliger Kreuzbandreste im Bereich der proximalen und distalen Insertion ohne erkennbare Kreuzbandrekonstruktion des vorderen Kreuzbandes gezeigt, dass die am 21. September 1987 durchgeführte zweite Kreuzbandrekonstruktion erfolglos geblieben war (C. E …, Facharzt für Chirurgie, versorgungsärztliches Gutachten vom 1.2.1993). Gleichwohl hat die Art und Weise der im Bundeswehrkrankenhaus … am 21. September 1987 durchgeführten Operation die Beeinträchtigung des linken Kniegelenks weder verursacht noch verschlimmert (Dr. … E …, Arzt für Orthopädie und öffentliches Gesundheitswesen, Gutachten für das Sozialgericht Bayreuth vom 30.7.1995, Bl. 50/70 f. der Beiakte I).
Angesichts dessen steht für die Kammer das Vorliegen einer medizinischen Kausalität zwischen der Wehrdienstbeschädigung und dem beruflichen Rehabilitationsbedarf – sowohl im Hinblick auf die schulische Ausbildung an der BAS … ( …1991 – …1992) als auch hinsichtlich der Ausbildung zum Physikalisch-technischen Assistenten an der … Akademie … G … in I … ( …1993 – …1995) – nicht mit der erforderlichen Überzeugungsgewissheit fest.
cc) Darüber hinaus hat die Beklagte – zuletzt mit Schriftsatz vom 15. März 2017 – zu Recht den Einwand der Erfüllung gem. § 107 SGB X (vgl. nur Becker in: Hauck/Noftz, SGB, 04/12, § 107 SGB X, Rn. 8) erhoben. Denn die Kammer ist zu der Überzeugungsgewissheit gekommen, dass in Bezug auf die vom Kläger vom … 1993 bis … 1995 absolvierte Umschulung (Ausbildung zum physikalisch-technischen Assistenten) in wesentlichen Bereichen des Klagebegehrens eine Bedarfsdeckung eingetreten ist. Das gilt insbesondere für die mit Nr. 2 des Klageantrags vom 19. April 2016 geltend gemachten Unterhaltsbeiträge und die Reisekosten. Denn das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger insoweit – selbst wenn man die vom Landratsamt … für die Zeit vom 1. April 1994 bis zum 30. Juni 1995 darlehensweise gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt ausklammerte – unstreitig umfassende, d.h. bedarfsdeckende Leistungen erhalten hat: zunächst, d.h. für die Zeit bis zum 23. Februar 1994, Leistungen des Landratsamts … – Amt für Ausbildungsförderung – sowie des Berufsförderungsdienstes und danach Leistungen des Arbeitsamts … (Bescheid vom 15.3.1994). Gerade aus dem letztgenannten Bescheid ergibt sich, dass das Arbeitsamt dem Kläger Unterhaltsgeld sowie die Kosten für die Maßnahme, für Arbeitskleidung, Unterkunft, Verpflegung und Heimreisen gewährt hat. In diesem Zusammenhang hat die Beklagte auch in nicht zu beanstandender Weise und, ohne dass dem die Klägerseite substantiiert entgegengetreten wäre, darauf hingewiesen, dass der Leistungsumfang, den das Arbeitsamt … aufgrund des vorgenannten Bescheids gem. § 11 RehaAnglG erbracht hatte, den Leistungen entspricht, die die Beklagte nach § 26 BVG in der damals geltenden Fassung hätte erbringen müssen.
dd) Schließlich hat die Beklagte zutreffend gegen den nunmehr von Klägerseite mit Schriftsatz vom 24. Februar 2017 geltend gemachten Anspruch auf Gewährung von Übergangsgeld eingewandt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen gem. § 26a Abs. 8 BVG nicht vorliegen. Denn Voraussetzung ist demnach, dass sich der Beschädigte im Anschluss an eine abgeschlossene berufsfördernde Maßnahme arbeitslos gemeldet und zur beruflichen Eingliederung zur Verfügung stand. Das ist hier indessen nicht der Fall, weil der Kläger nach Abschluss der Umschulungsmaßnahme (Ausbildung zum physikalisch-technischen Assistenten) sich nicht arbeitslos gemeldet, sondern ein Hochschulstudium aufgenommen hat.
4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben (vgl. VG Augsburg, U.v. 4.11.2011 – Au 2 K 10.952 – juris Rn. 35; VG Würzburg, U.v. 5.5.2010 – W 3 K 08.2241 – juris Rn. 38; VG München, B.v. 4.8.2005 – M 6b E 05.2159 – juris Rn. 26). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.