Sozialrecht

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – fiktive Einbeziehung – betriebliche Voraussetzung – Betriebsumwandlung eines VEB in eine GmbH – Stichtag – Produktionsmittelübergang – “leere Hülle”

Aktenzeichen  B 5 RS 2/09 R

Datum:
15.6.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BSG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BSG:2010:150610UB5RS209R0
Normen:
§ 1 AAÜG
§ 8 AAÜG
Art 9 EinigVtr
Art 17 EinigVtr
Art 19 EinigVtr
Anlage II Kap VIII H EinigVtr
Anlage II Kap VIII H III Nr 9 EinigVtr
§ 7 VoEigUmwV
§ 1 TreuhG
§ 11 TreuhG
§ 22 RAnglG
Art 3 Abs 1 GG
§ 31 VoEigKombV
§ 37 VoEigKombV
§ 19 ZGB DDR
§ 1 RVInkrsG
§ 8 RVInkrsG
§ 1 GmbHG
§§ 1ff GmbHG
ZAVtIV
Anl 1 Nr 1 AAÜG
§ 5 AAÜG
Spruchkörper:
5. Senat

Verfahrensgang

vorgehend SG Mannheim, 25. April 2006, Az: S 9 R 3558/05, Urteilvorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 19. Mai 2009, Az: L 11 R 2534/06, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Mai 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 9.7.1973 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die dabei erzielten Entgelte festzustellen.
2
Der im 1940 geborene Kläger war ab 1.9.1954 beim VEB K. zunächst als Stahlbauschlosserlehrling, Montageschlosser und Kundendienstmonteur beschäftigt. Nachdem ihm das Recht verliehen worden war, die Berufsbezeichnung “Betriebsingenieur” zu führen, übte er ab 9.7.1973 beim VEB K. die Tätigkeit eines Kundendienstingenieurs aus.
3
Am 1.6.1990 erklärten der VEB K. und die Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (Treuhandanstalt), den VEB in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umzuwandeln. Gleichzeitig übertrugen sie die Fondsmittel des VEB rückwirkend zum 1.5.1990 auf die neu gegründete K. GmbH, die nach dem 30.6.1990 in das Handelsregister eingetragen wurde.
4
Den Antrag des Klägers, seine Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen und zu überführen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9.5.2005 ab. Während der Widerspruch erfolglos blieb (Widerspruchsbescheid vom 14.11.2005), hat das Sozialgericht Mannheim (SG) die Beklagte mit Urteil vom 25.4.2006 verurteilt, die streitigen Beschäftigungszeiten als Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) festzustellen.
5
Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) mit Urteil vom 19.5.2009 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, für einen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech fehle am 30.6.1990 (Stichtag) die betriebliche Voraussetzung. Der Kläger sei an diesem Tag weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch in einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen. Der VEB K. sei am 30.6.1990 auf Grund der Umwandlungserklärung und der rückwirkenden Übertragung seiner Fonds auf die teilrechtsfähige und nach außen handlungsfähige Vor-GmbH vermögenslos gewesen. Als “leere Hülle” ohne Betriebsmittel habe er am Stichtag nicht mehr aktiv am Produktionsprozess teilnehmen können. Ob die GmbH vor oder nach dem 30.6.1990 in das Handelsregister eingetragen worden sei, sei daher ohne Bedeutung.
6
Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts: Die Umwandlung und Übertragung von Fondsanteilen nach der “Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften” (UmwVO) vom 1.3.1990 (GBl DDR I 107) sei am 30.6.1990 noch nicht vollendet gewesen, sondern erst mit der später erfolgten Eintragung der GmbH in das Handelsregister wirksam geworden. Der VEB K. habe sein Vermögen nicht vor dem 30.6.1990 an eine Vor-GmbH verloren.
7
Der Kläger beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Mai 2009 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. April 2006 zurückzuweisen.
8
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
9
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.


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