Sozialrecht

Zur ausbildungsförderungsrechtlichen Zuordnung von Vermögensgegenständen

Aktenzeichen  M 15 K 14.2568

Datum:
6.10.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 133466
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG § 27, § 28 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1 Aus wessen Mitteln auf ein Konto eingezahlte Gelder stammen, ist für die Frage der Forderungsinhaberschaft gegenüber der Bank unerheblich (BVerwG BeckRS 2008, 40959). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für die Frage, ob ein das Vermögen mindernder Vertrag mit einem nahen Angehörigen geschlossen wurde, sind äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen; die Annahme einer wirksam begründeten Vereinbarung unter Angehörigen muss aber nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung (zB Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden – insbesondere mit einem Kreditinstitut – Üblichen zu entsprechen hat (Anschluss an BFH BeckRS 2002, 25000738 u.a.). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es spricht gegen die Glaubhaftigkeit entsprechenden Vortrags, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss einer Vereinbarung nicht genannt werden kann, die Durchführung des Vertrages nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann oder der Auszubildende eine etwaige Vereinbarung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Der Klageantrag ist gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Beklagte verpflichtet werden soll, der Klägerin für den Bewilligungszeitraum Oktober 2013 bis September 2014 Ausbildungsförderung ohne Anrechnung von Vermögen zu bewilligen.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung einer höheren Ausbildungsförderung. Der Bescheid des Studentenwerks München vom 10. Januar 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Mai 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 i.V.m. Absatz 1 Satz 1 VwGO). Die vom Beklagten vorgenommene Zurechnung der Wertpapierfonds bei der … ist rechtlich nicht zu beanstanden.
Nach § 1 BAföG hat ein Auszubildender Anspruch auf Ausbildungsförderung, wenn ihm die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen. Auf seinen Förderbedarf sind nach § 11 Abs. 2 Satz 1 BAföG u.a. eigenes Einkommen und Vermögen anzurechnen. Zum Vermögen des Auszubildenden zählen nach § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG Forderungen und sonstige Rechte, wozu auch Wertpapiere gehören (Ramsauer/Stallbaum, BAföG, 6. Auflage 2016, Rn. 2 zu § 27), wobei nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 BAföG die Höhe des Kurswertes zum Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich ist.
Grundsätzlich gelten nur solche Gegenstände, deren Eigentümer bzw. Inhaber der Auszubildende ist, als sein Vermögen. Dies ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, ergibt sich aber zweifelsfrei aus dem Sinn der §§ 26 Abs. 1 bis 30 BAföG. Maßgeblich für die Zuordnung ist das geltende Recht, insbesondere das Bürgerliche Gesetzbuch (Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, Stand April 2016, Anm. 8.1 zu § 27).
Unstreitig sind Vermögenswerte der Klägerin ihre Spar- und Girokonten bei der …-Bank … sowie ihr Bausparguthaben bei der …, von dem der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise nach Nr. 28.3.4 BAföGVwV 10 v.H. als sogenannte Verbindlichkeit zum Abzug gebracht hat, weil der auszubildenden Person als Rückforderung von Bausparprämien sowie durch die Nachversteuerung von Bausparbeiträgen Verbindlichkeiten erwachsen, wenn Guthaben aus Bausparverträgen vor Ablauf der Festlegungsfrist verwertet werden.
Auch die bei den beiden Wertpapierdepots Nr. …2 und …5 bei der … sind als Vermögen der Klägerin im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG zu werten. Diese …-Wertpapierdepots waren Vermögen der Klägerin im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BAföG, denn nach dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen, objektiv für die Bank erkennbaren Willen sollte die Klägerin mit Anlage des Depots Gläubigerin des Guthabens werden (BVerwG, U.v. 4.9.2008 – 5 C 12/08 – DVBl 2009,129 unter Hinweis auf BGH, U.v. 18.10.1994 – XI ZR 237/93 – BGHZ 127, 229). Aus wessen Mitteln auf ein Konto eingezahlte Gelder stammen, ist für die Frage der Forderungsinhaberschaft gegenüber der Bank unerheblich (BVerwG, U.v. 4.9.2008 – 5 C 30/07 – BVerwGE 132, 10). Der Vermögenswert ist gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BAföG bei Wertpapieren zu bestimmen auf die Höhe des Kurswerts zum Antragszeitpunkt (vgl. OVG NW, U.v. 21.10.2011 – 12 A 2774/09 – juris Rn. 30).
Unabhängig davon ist die Klägerin mit Eröffnung der Depots Gläubigerin des darauf befindlichen Vermögens geworden, weil sie als solche in den Bankunterlagen bezeichnet ist und abweichende Vereinbarungen, an denen die Bank nicht beteiligt ist, unbeachtlich sind. Es bestand auch kein Treuhandverhältnis. Eine Treuhandabrede zwischen der Klägerin und ihren Eltern ist weder von der Klägerin noch von ihren Eltern vorgetragen worden. Soweit der Vater der Klägerin als Zeuge ausgesagt hat, es habe sich nicht um das Geld der Klägerin, sondern um das Geld von seiner Frau und ihm gehandelt, steht dies außerdem im Widerspruch zu seiner Aussage im Telefonat vom 14. Januar 2014 gegenüber einer Mitarbeiterin des Beklagten, dass auch die Kinder aufgrund der prekären finanziellen Situation „mit ihrem Vermögen“ hätten herhalten müssen. Ähnlich schrieb der Vater der Klägerin am … Januar 2014 an das Studentenwerk, dass sie aufgrund der prekären finanziellen Situation alle Vermögenswerte mit Ausnahme des Hauses hätten liquidieren müssen und hiervon auch die Kinder betroffen gewesen seien; in diesem Zusammenhang sei 2009 die Übertragung der fraglichen Unterdepots vorgenommen worden. Die Aussage des Vaters der Klägerin, der in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, dass den Kindern immer bewusst gewesen sei, dass es sich nicht um ihr Geld handle, steht auch im Widerspruch zur Aussage der Mutter der Klägerin, die erklärt hat, dass den Kindern klargemacht worden sei, dass die Eltern das Geld bräuchten, um das Wohnhaus zu erhalten. Auch hat die Mutter ausgesagt, dass die Konten ursprünglich in der Absicht eröffnet worden seien, für die Kinder etwas anzusparen.
Die Unterdepots sind von der Klägerin auch nicht an ihre Mutter abgetreten worden. Zwar hat die Klägerin die Kopie einer „Übereignung“ vorgelegt, in der sie ihre bisherigen und künftigen Ansprüche aus den Investmentsparplänen der beiden Depots auf ihre Mutter übereignet. Diese Erklärung beinhaltet eine Abtretung im Sinne des § 398 BGB. Allerdings steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine Abtretung im Jahre 2009, wie von der Klägerin behauptet, tatsächlich erfolgt ist, denn mit Ausnahme des vorgelegten Schriftstücks, aus dem sich diese Abtretung ergeben soll, wurden keinerlei Nachweise vorgelegt oder Gründe vorgetragen, die diese Behauptung stützen würden. Vielmehr ergeben sich aus der Gesamtschau aller Umstände, insbesondere aus den erheblichen Widersprüchen im Vortrag der Klägerin bzw. ihres Vaters solche gewichtigen Zweifel, dass nicht von einer Abtretung im Jahre 2009 ausgegangen werden kann.
Für die Frage, ob eine behauptete Abtretung dazu führt, dass die abgetretene Forderung der Auszubildenden nicht mehr ihrem Vermögen zuzurechnen ist, übernimmt das Gericht wegen der vergleichbaren Interessenlage die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Anerkennung behaupteter Darlehensvereinbarungen oder Treuhandverhältnisse (grundlegend: BVerwG, Urteile v. 4.9.2008 – 5 C 30.07 und 5 C 12/08 – juris). Danach obliegt dem Auszubildenden, weil und soweit der für ihn förderungsrechtlich günstige Umstand, ob und in welchem Umfang er vermögensmindernde Schulden hat, seine Sphäre betrifft, bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen eine gesteigerte Mitwirkungspflicht; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten. Denn gerade im Ausbildungsförderungsrecht kann die Gefahr des Missbrauchs bestehen, wenn der Auszubildende die Behauptung aufstellt, er habe mit einem nahen Angehörigen einen sein Vermögen mindernden Vertrag geschlossen. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, ist es geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernsthaftigkeit der Verträge strenge Anforderungen zu stellen. Die Ämter für Ausbildungsförderung und die Tatsachengerichte haben ihrerseits zur Klärung der Frage, ob überhaupt ein wirksamer Vertrag geschlossen worden ist und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hat, alle Umstände des Einzelfalles sorgsam zu ermitteln und umfassend zu würdigen. Soweit die relevanten Umstände in familiären Beziehungen wurzeln oder sich als innere Tatsachen darstellen, die häufig nicht zweifelsfrei feststellbar sind, ist es gerechtfertigt, für die Frage, ob ein entsprechender Vertragsschluss vorliegt, äußerlich erkennbare Merkmale als Beweisanzeichen (Indizien) heranzuziehen (vgl. BVerfG, B.v. 7.11.1995 – 2 BvR 802/90 – BB 1995, 2624/2625 m.w.N.). Die Annahme einer wirksam begründeten Vereinbarung unter Angehörigen muss aber nicht zwingend einem strikten Fremdvergleich in dem Sinne standhalten, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Sicherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden – insbesondere mit einem Kreditinstitut – Üblichen zu entsprechen hat (zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs s. BFH U.v. 4.6.1991 – IX R 150/85 – BFHE 165, 53; B.v. 25.6.2002 – X B 30/01 – BFH/NV 2002, 1303).
Dabei sind die für und gegen einen wirksamen Vertragsabschluss sprechenden Indizien, deren nachfolgende Aufzählung sich nicht als abschließend versteht, im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu gewichten und zu würdigen. Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten Vertragspflichten) kann als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Vertrag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede und der Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht substantiiert dargelegt werden. Gleiches gilt, wenn ein plausibler Grund für den Abschluss einer Vereinbarung nicht genannt werden kann. Zweifel am Vertragsschluss können ferner berechtigt sein oder bestätigt werden, wenn die Durchführung des Vertrages nicht den Vereinbarungen entspricht und die Abweichung nicht nachvollziehbar begründet werden kann. Ebenso lässt es sich als Indiz gegen einen wirksamen Vertragsschluss werten, wenn der Auszubildende eine etwaige Vereinbarung nicht von vornherein in seinem Antragsformular bezeichnet, sondern gewissermaßen zum Zwecke der Saldierung erst angegeben hat, nachdem er der Behörde gegenüber nachträglich einräumen musste, anrechenbares Vermögen zu besitzen.
Gemessen an diesen Grundsätzen wurde unter Würdigung der gesamten Umstände des Falles nicht zur Überzeugung des Gerichts dargelegt, dass die Wertpapierdepots im Jahre 2009 von der Klägerin auf ihre Mutter übertragen worden sind. Trotz der Vorlage einer Kopie der vom … März 2009 datierten „Übereignung“ spricht die Gesamtschau gegen eine solche Abtretung:
Ein Schreiben an die Bank, in der die 2009 erfolgte Abtretung mitgeteilt wurde, ist nicht vorgelegt worden. Zudem findet sich auf der Auskunft der …-Bank vom 7. Januar 2014 kein entsprechender Hinweis auf eine erfolgte Übertragung.
Es fällt auch der eklatante Widerspruch des behaupteten Zwecks dieser Abtretung auf: Im Verwaltungsverfahren hat der Vater der Klägerin sowohl telefonisch gegenüber dem Beklagten als auch in seinem Schreiben vom … Januar 2014 ausdrücklich erklärt, dass Grund für die Übertragung des Wertpapierdepots die prekäre finanzielle Situation der Familie infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und sein Antrag auf die Erteilung einer Restschuldbefreiung (vgl. Beschluss des Amtsgerichts … – Insolvenzgericht – vom … November 2007) gewesen sei. Infolgedessen hätten bis auf das Wohnhaus alle vorhandenen Vermögenswerte liquidiert werden müssen. Zur Bekräftigung dieser Erklärung hat der Vater der Klägerin den Beschluss des Amtsgerichts … – Insolvenzgericht – vom … Dezember 2013 beigefügt, mit dem ihm die Restschuldbefreiung erteilt worden ist. Erstmals in der mündlichen Verhandlung haben die Eltern der Klägerin in Widerspruch hierzu ausgesagt, dass der Grund für die „Übereignung“ die Tatsache gewesen sei, dass die Klägerin mit Erreichen der Volljährigkeit keine Zugriffsmöglichkeit auf das Depotguthaben haben solle. Auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts, ob die Übertragung der Depots auch ohne seine wirtschaftliche Notsituation erfolgt wäre, hat der Vater der Klägerin dies bestätigt. Grund der Übertragung sei allein die Volljährigkeit gewesen und zwar von einer Notsituation völlig unabhängig, zumal im Zeitpunkt der Abtretung 2009 auch keine akute Notsituation bestanden habe. Die Mutter der Klägerin wiederum hat im Widerspruch zu ihrem Ehemann neben der Volljährigkeit auch auf eine finanzielle Notlage abgestellt und ausgesagt, dass es infolge der Privatinsolvenz finanziell relativ eng gewesen sei. Dabei hat allerdings die Mutter der Klägerin als Zeugin ausgesagt, die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf das Geld gehabt. Es sei direkt mit Volljährigkeit auf sie übergegangen. Dies steht im Widerspruch zu der vorgelegten „Übereignung“, die vom … März 2009 datiert, während die Klägerin bereits am … Februar 2009 volljährig geworden ist. Insgesamt weckt auch das Auftreten der Mutter in der mündlichen Verhandlung Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vortrags. Sie machte einen sehr nervösen Eindruck und vermittelte das Gefühl, dass sie sich nicht festlegen wollte, um nichts Falsches zu sagen. Die Mutter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung auch teilweise abweichend von ihrem Ehemann geantwortet.
Selbst für den Fall, dass man eine wirtschaftliche Notlage als Grund für die Übertragung annehmen würde, widersprechen sich die Aussagen, da noch im Verwaltungsverfahren darauf hingewiesen worden ist (Schreiben des Vaters der Klägerin vom … Januar 2014), dass aufgrund der prekären finanziellen Situation alle angesparten Vermögenswerte liquidiert werden mussten. In seiner Zeugenaussage relativierte der Vater der Klägerin die wirtschaftliche Lage trotz des laufenden Insolvenzverfahrens aber dahin gehend, dass eine akute Notsituation nur 2006/2007 und im Jahre 2014 bestanden habe. In jedem Fall ist es aber wenig nachvollziehbar, weshalb im Laufe der Jahre bis 2014 auf den Depots, die auf den Namen der Klägerin und ihres Bruders liefen, noch ein fünfstelliger Betrag angespart worden ist.
Damit fehlt es bereits an einem plausiblen, widerspruchsfreien Vortrag zur Begründung des Motivs für die behauptete Übertragung der Wertpapierdepots.
Auch der Vortrag, weshalb die übertragenen Depots erst im Jahre 2014 auf die Mutter umgeschrieben worden sind, ist nicht überzeugend und widerspruchsfrei. So hat der Vater der Klägerin zunächst angegeben, dass die Depotguthaben der Finanzierung der Heizung im Jahre 2014 hätten dienen sollen und daher das Geld auf die Mutter der Klägerin umgeschrieben worden sei. Dann habe man aber gemerkt, dass wegen der günstigen Zinslage eine Finanzierung über ein Darlehen günstiger sei. Im Widerspruch dazu hat der Vater der Klägerin später auf Nachfrage der Beklagtenvertreterin zum Grund der Umschreibung der Depots auf die Mutter im Jahre 2014 aber angegeben, dass damit eine Mithaftung der Kinder für die Heizung habe vermieden werden sollen, weil die Bank schon früher Unterschriften der Kinder gewollt habe. Er habe die Kinder heraushalten und sie nicht mit seinen Schulden belasten wollen. Diese Aussage, die Kinder durch die Umschreibung vor einer Mithaftung bewahren zu wollen, steht im Widerspruch zu der am Anfang seiner Einvernahme getätigten Aussage, die Übertragung sei erfolgt, um einen Kapitalstock für die Finanzierung der Heizung zu haben. Dieser Widerspruch löst sich auch nicht dadurch auf, dass der Vater der Klägerin ausgesagt hat, das Depotguthaben diene nunmehr als Sicherheit für das Darlehen.
Die Mutter der Klägerin konnte in diesem Zusammenhang überhaupt keine Aussage machen, was insofern verwundert, als die Finanzierung der Heizung nach der Aussage des Vaters der Klägerin eine große finanzielle Belastung darstellte und noch darstellt.
Überdies ist auch besonders auffällig, dass noch im Widerspruchsverfahren keine Notwendigkeit für eine solche Übertragung gesehen worden ist (vgl. Schreiben vom … Januar 2014), worauf der Beklagte im Widerspruchsbescheid auch hingewiesen hat, dann aber kurz nach Einreichen der Klage die Umschreibung auf die Mutter erfolgt ist.
Die Zeugen haben sich in der mündlichen Verhandlung auch im Hinblick auf die Verwendung der übertragenen Depots nach der behaupteten Übertragung widersprochen. So hat der Vater der Klägerin ausgesagt, dass die Depots in den Jahren 2006/2007, also noch vor der Volljährigkeit der Klägerin vollständig aufgelöst worden seien und erst im Anschluss daran mit einem monatlichen Betrag von 56,24 € wieder bespart worden seien. Demgegenüber hat die Mutter angegeben, dass nur Teilbeträge abgebucht worden seien.
Es fällt auch auf, dass die Klägerin auf das Schreiben des Beklagten vom 12. August 2013, mit dem mehrere Unterlagen zur Vervollständigung des BAföG-Antrags angefordert wurden, am … September 2013 mitgeteilt hat, dass sie die Nachweise über Geldanlagen, wobei sie in Klammern ausdrücklich Anlagen bei der … genannt hat, angefordert habe. Dies verwundert insoweit, als zu diesem Zeitpunkt nach dem klägerischen Vorbringen die „Übereignung“ ja schon erfolgt war und die Klägerin bereits damals hätte klarstellen können, dass sie die betreffenden Depots bei der … auf ihre Mutter übertragen hat. Dies gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass der Vater in der mündlichen Verhandlung ausgesagt hat, dass den Kindern ohnehin immer klar gewesen sei, dass es nicht ihr Geld sei.
Gegen die behauptete Abtretung spricht auch, dass die Klägerin in ihren BAföG-Anträgen weder Schulden noch abgetretene Guthaben angegeben hat.
Zusammenfassend bestehen aufgrund der Vielzahl der Ungereimtheiten erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Vortrags im Hinblick auf die behauptete Übertragung der Wertpapierdepots im Jahre 2009. Alle diese Ungereimtheiten führen dazu, dass das Gericht die behauptete Abtretung für unglaubwürdig hält. Jedenfalls ist diese nicht entsprechend den vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Anforderungen nachgewiesen, was zu Lasten der Klägerin geht. Dies führt dazu, dass die Depotwerte im Zeitpunkt der Antragstellung (30. Juli 2013) der Klägerin noch zugerechnet werden müssen.
Im Übrigen wären die Wertpapierdepots der Klägerin auch im Falle einer Übertragung auf ihre Mutter noch als Vermögen im Sinne von § 27 Abs. 1 Nr. 2 BAföG anzurechnen, da die Klägerin gegenüber ihrer Mutter einen Schenkungsrückforderungsanspruch aus § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB hätte: Nach dieser Bestimmung kann der Schenker, wenn er nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs sind hier gegeben, denn die Klägerin kann nach Übertragung ihres Vermögens auf die Mutter, welche mangels gleichwertiger Gegenleistung als Schenkung zu qualifizieren ist, ihren Lebensunterhalt und die Kosten für die Ausbildung nicht mehr bestreiten (BayVGH, U.v. 18.4.2007 – 12 B 06.2380 – juris).
Demgegenüber kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die Vorschrift des § 534 BGB berufen, nach der Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, nicht der Rückforderung unterliegen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen könnte nämlich nur angenommen werden, wenn die Eltern der Klägerin dringend Geld gebraucht hätten. Hiergegen spricht aber die Aussage der Zeugen, dass die Übertragung wegen der Volljährigkeit der Klägerin erfolgt sei und sie sich die Zugriffsmöglichkeit auf das Guthaben erhalten wollten. Soweit abweichend hierzu von den Eltern der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgebracht worden war, mit der Übertragung habe auf die wirtschaftliche Notlage reagiert werden sollen, ist anzumerken, dass nach Aussage des Vaters in der mündlichen Verhandlung im Zeitpunkt der Vereinbarung der Übertragung keine akute Notlage bestand. Auch die Tatsache, dass das Guthaben nicht für den Lebensunterhalt der Familie oder sonstige dringende Ausgaben verbraucht worden ist, sondern bis 2014 stetig angewachsen ist, spricht gegen das Vorliegen der Voraussetzungen des § 534 BGB.
Der Beklagte hat das Reinvermögen der Klägerin im Antragszeitpunkt daher zutreffend mit 9.490,17 € ermittelt und die der Klägerin im Bewilligungszeitraum Oktober 2013 bis September 2014 zustehende Förderung in nicht zu beanstandender Weise auf 64,- € Monat festgesetzt.
Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Gerichtskostenfreiheit beruht auf § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 2 ZPO.

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