Steuerrecht

15 K 1519/15

Aktenzeichen  15 K 1519/15

Datum:
18.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Gründe

Finanzgericht München
Az.: 15 K 1519/15
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
Stichwort. Vermietungseinkünfte bei 70 Objekten und auswärtiger Übernachtung
In der Streitsache
1. …
2. …
Kläger
prozessbevollmächtigt: …
zu 1-2: …
gegen
Finanzamt
Beklagter
Wegen Einkommensteuer 2009 (2. Rechtszug)
hat der 15. Senat des Finanzgerichts München
durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht …, die Richterin am Finanzgericht … und den Richter am Finanzgericht …, sowie die ehrenamtlichen Richterinnen … aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 18. August 2016
für Recht erkannt:
1. Der Einkommensteuerbescheid 2009 vom 30. April 2014 wird dahingehend geändert, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für Bürokosten in … in Höhe von 3.971,71 Euro, Übernachtungskosten von 2.411 Euro sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 2.328 Euro und Fahrzeugkosten von 12.787,37 Euro anerkannt werden, die zu Verwaltungskosten von insgesamt 31.821,72 Euro führen.
Die Berechnung der Einkommensteuer wird dem Beklagten übertragen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.
Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.
Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.
Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.
Gründe:
I.
Die Kläger erzielen Einkünfte aus gewerblicher Beteiligung, geringfügige Einkünfte aus sonstiger selbstständiger Arbeit (Klägerin, Hausverwaltung) sowie Renten. Sie erzielten jedoch vor allem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus verschiedenen Objekten mit ca. 70 Wohneinheiten. Zwei Objekte befinden sich in … (… Str. 2, Dreifamilienhaus, teilweise privat und beruflich selbstgenutzt), in … elf Objekte im Wiesenweg, in der S.-straße 43 Wohneinheiten sowie in … drei Wohneinheiten, ferner 9 Wohneinheiten in …, … Straße. Sie werden beim Beklagten, dem Finanzamt …, zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 machten die Kläger Aufwendungen für die Verwaltung umfangreichen Grundbesitzes als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung geltend. Sie beantragten die Anerkennung von Verwaltungskosten in Höhe von 34.004,29 € als Werbungskosten. Dem folgte der Beklagte nicht. Er kürzte im Einkommensteuerbescheid vom 26. Oktober 2010
– die Werbungskosten für das häusliche Arbeitszimmer von 3.971,71 € auf 1.250 € mit der Begründung, dass dieses nicht den Mittelpunkt der gesamten Betätigung darstelle;
– die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen i. H. v. 4.658 € auf 0 € mit der Begründung, dass zur Ausübung der Vermietertätigkeit in … eine eigene Doppelhaushälfte (DHH) genutzt würde und somit Kosten der privaten Lebensführung vorlägen;
– die geltend gemachten Kosten für Übernachtungen in der eigenen DHH der Kläger in … auf je 23,56 €/Übernachtung = 1.955 €;
– die Fahrtkosten für das Fahrzeug …-HG 88 nach Hinweis auf das Auslaufen der Nutzungsdauer im VZ 2009 von 6.333 € auf 3.168 € durch eine Verlängerung der Nutzungsdauer von 9.678,45 € auf 7.362,86 €.
Die anerkannten Verwaltungskosten wurden in den Bescheiderläuterungen mit 26.264,99 € beziffert.
Mit dem Einspruch trugen die Kläger vor, das Büro in ihrem Wohnhaus in … stelle den Mittelpunkt der gesamten Vermietungstätigkeit dar, weshalb ein sog. Mittelpunktsfall vorliege. Aus den Grundrissplänen, die von den Klägern für das Objekt … Str. 2 vorgelegt und in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten ausführlich durchbesprochen wurden, ist ersichtlich, dass sich im Obergeschoss des Gebäudes drei abgeschlossene Bereiche befinden, ein eigengenutzter Teil, eine fremdvermietete Einliegerwohnung und ein Arbeitszimmer. Alle drei Bereiche sind über eine zentrale Treppe vom Erdgeschoss aus zu erreichen. Die größere dieser Wohnungen bewohnen die Kläger selbst, die kleinere ist vermietet. Zwischen den beiden Wohnungen im Obergeschoss befindet sich ein einzelner Raum von 22,24 qm Größe, den die Kläger als Arbeitszimmer kenntlich gemacht haben. Von jedem dieser drei Bereiche aus führt jeweils eine Treppe in das Dachgeschoss. In den Grundrissplänen des Dachgeschosses haben die Kläger ein Zimmer von 12,25 qm Größe als weiteres Arbeitszimmer kenntlich gemacht.
Weitere vermietete Räumlichkeiten befinden sich im Erdgeschoss, das an einen Paketdienst vermietet und von außen zugänglich ist. Das Kellergeschoss wird teilweise selbstgenutzt (33,07 qm) und im Übrigen als Lagerraum fremdvermietet. Nach Aktenlage handelt es sich bei dem Objekt … Str. 2 um ein Dreifamilienhaus.
Im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens trugen die Kläger später vor, dass sie den Raum im Obergeschoss als Archiv nutzten. Sie würden darin 85 Aktenordner aufbewahren. Alle weiteren der insgesamt 210 Aktenordner – davon 12 private – würden im Bücherschrank des Arbeitszimmers im Dachgeschoss aufbewahrt. Zur Illustration waren den Planunterlagen Fotografien beigefügt, aus denen ersichtlich ist, dass in dem Kellerraum eine Schreibtischgarnitur, eine auf einen fahrbaren Untersatz gestellte Pflanze sowie ein drehbarer Akten-Rundschrank aufgestellt waren. Weiteres Mobiliar enthielt dieser Raum nicht.
Nach den Angaben der Kläger betreuen sie ihren Wohnungsbestand von … aus. Im Arbeitszimmer würden sie alle mit den Wohnungen in Zusammenhang stehenden Nebenkostenabrechnungen und die gesamte Buchhaltung erstellen. Außerdem führten sie von dort aus Finanzierungsverhandlungen mit den Banken, schrieben die Mietverträge, verfassten Inserate, holten Angebote ein und telefonierten mit den Mietern, Handwerkern und Hausmeistern. Des Weiteren überwiesen sie von dort per Online-Banking Rechnungen und die fälligen Grundsteuern, bereiteten Prozesse vor oder läsen Fachzeitschriften zu Fortbildungszwecken.
Die Klägerin besitzt ferner eine Doppelhaushälfte in Magdeburg (An der Lake 54a), die in der Zeit von 1997 bis Ende 2003 fremdvermietet war und die die Kläger seit 1. April 2004 selbst nutzen. In der Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. März 2004 hatten sie eine Wohnung der Klägerin in der … Chaussee 6 in … zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Geburtsort und Heimatort beider Kläger ist … Nach wie vor pflegten sie dort private Kontakte (Eltern, Studienkollegen, Freunde). In der Zeit ihrer jeweiligen Aufenthalte in … empfingen sie nach ihren Angaben in der Doppelhaushälfte auch private Besuche. Sie bezeichnen die darin liegende Wohnung als „Dienstwohnung“, weil sie dort übernachteten, wenn sie sich um Vermietungsangelegenheiten in … oder … kümmerten. In diesem Haus sei auch ein Büroraum eingerichtet. Die Kläger gaben an, dass sie die für die Betreuung der Wohnungen in .. und .. erforderlichen Ordner jeweils von .. nach .. mitnähmen. Die notwendigen Sanierungs- und Reparaturarbeiten würden von örtlichen Fachfirmen oder vom Hausmeister ausgeführt. Bei jeder Neuvermietung sei die Aufgabe mehrerer Inserate – manchmal bis zu 10 – vor Ort erforderlich. Die Inserate erfolgten im .. Tagblatt oder im .. Boten. Vermietungen über das Internet oder die Hausverwaltung, soweit überhaupt vorhanden, hätten sich nicht bewährt. Bis zur endgültigen Vermietung sei die Durchführung etlicher Besichtigungstermine erforderlich, wofür jeweils Dienstfahrten nach …und … notwendig seien. Die dort anfallenden Tätigkeiten seien unmöglich mit 2 Übernachtungen im Monat zu erledigen. Um den Ablauf eines typischen einwöchigen Arbeitsturnus in … zu schildern, übersandten die Kläger im Schreiben vom 14. Februar 2012 einen beispielhaften Tätigkeitsbericht, auf den verwiesen wird.
Die Fahrten nach … seien durch die Einkünfteerzielung veranlasst. Wegen des Charakters der Fahrten als Dienstreisen seien auch Übernachtungskosten anzusetzen. Da die Kosten für die Doppelhaushälfte ca. 8.600 € pro Jahr betrügen und diese nach Maßgabe des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 27. Juli 1995 (BStBl II 1995, 841) auf eine angemessene Größe von 60 qm zu reduzieren seien, seien Aufwendungen in Höhe von ca. 4.300 € (50% der jährlichen Gesamtaufwendungen) zu berücksichtigen. Ferner führten sie im Schreiben vom 17. Februar 2012 aus, dass sie zwar mit der vom Beklagten vorgeschlagenen Schätzung der Übernachtungskosten von 45 € pro Übernachtung einverstanden seien. Nicht einverstanden seien sie aber mit der pauschalen Beschränkung auf 2 Übernachtungen pro Monat.
Der Beklagte wies darauf hin, dass möglicherweise die Fahrtkosten entsprechend den Grundsätzen der doppelten Haushaltsführung und damit nicht mehr nach Reisekostengrundsätzen anzusetzen seien, und drohte die Verböserung in der Einspruchsentscheidung an.
Demgegenüber verwiesen die Kläger darauf, dass sie umfangreichen Grundbesitz mit insgesamt ca. 70 Wohnungen und einer Gesamtwohnfläche von ca. 5.486 qm zu verwalten hätten. Diese Objekte lägen ganz überwiegend in Magdeburg, es seien aber auch einige Mietobjekte in Dresden zu betreuen. In … würden die geschäftsleitenden Ideen und unternehmensbezogenen Entscheidungen getroffen. Die Kürzung auf 60 qm sei nicht als Antrag auf Anerkennung einer doppelten Haushaltsführung zu verstehen, und die beantragten 35€/Tag lägen unter den üblichen Hotelkosten. Später begehrten die Kläger die Berücksichtigung der Übernachtungskosten in Höhe der entstandenen Aufwendungen für die DHH im Verhältnis der Anwesenheitstage zu den Leerstandszeiten sowie zusätzlich die Berücksichtigung eines Verpflegungsmehraufwandes für die Fahrten nach Magdeburg i. H. v. 2.412 €. Schließlich legten sie für Arbeitsräume und Archiv Pläne und Fotos sowie eine Auflistung der gefahrenen Kilometer vor.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2012 teilweise als unbegründet zurück und erhöhte die Einkommensteuer 2009 im als Anlage beigefügten Änderungsbescheid auf 47.995 € (bisher: 46.749 €). Unbegründet sei er hinsichtlich des häuslichen Arbeitszimmers, das nicht den Mittelpunkt der Tätigkeit darstelle; auch der Kellerraum entspreche dem Typus Arbeitszimmer und unterliege der Begrenzung auf insgesamt 1.250 €. Die Kosten der DHH dienten eigenen Wohnzwecken und seien nach § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähig; beruflich bedingte Übernachtungskosten würden nach Kürzung der privaten Mitveranlassung und ausgehend von zwei Übernachtungen pro Monat jedoch auf 12 x 2 x 45 € = 1.080 € geschätzt. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des im April 2009 gebraucht erworbenen Pkw …-MD 169 werde abweichend vom Einkommensteuerbescheid mit sechs statt vier Jahren angesetzt, und die Fahrzeugkosten würden insgesamt wegen ungenauer Aufzeichnungen nur in Höhe von 10.630,08 € statt bisher 12.746,35 € anerkannt. Verpflegungsmehraufwendungen seien wegen der eigenen Wohnmöglichkeit für die Arbeitszeiten in … nicht anzuerkennen; für Tätigkeiten in Dresden seien nur 24 € geltend gemacht und anzuerkennen (16. Juli 2009, Kläger). Die Tage der An-bzw. Rückreise seien ohnehin nicht zu berücksichtigen, da an diesen Tagen keine Vermietungstätigkeit erfolgt sei. Die Verwaltungskosten seien daher in Höhe von 23.296,73 € als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Die Raumkosten in … dürften als Tätigkeitsmittelpunkt ungekürzt abgezogen werden. Die Unkosten der DHH seien wie beantragt zu gewähren. Eine (weitere) regelmäßige Tätigkeitsstätte liege in … nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Juni 2011 IV R 36/01, nicht vor. Denn danach könne es nur eine regelmäßige Tätigkeitsstätte geben. Sämtliche Kosten in … seien rein beruflich veranlasst. Es bestünden zwar private Kontakte nach …, weil die Kläger dort vor mehreren Jahrzehnten aufgewachsen seien. Freizeitaktivitäten außerhalb der zeitlich straff organisierten Vermietungstätigkeit in … seien jedoch unschädlich, da sie außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeit erfolgten. Die Reduzierung der Übernachtungen sei willkürlich, es seien für den Kläger 23 und für die Klägerin 72 Übernachtungen mit jeweils 45 €, zusammen 4.275 €, zu berücksichtigen. Der Verpflegungsmehraufwand werde mit 624 € beim Kläger und 1.704 € bei der Klägerin beziffert. Bei den Fahrtkosten sei zu berücksichtigen, dass der Pkw …-MD 169 bereits gebraucht angeschafft worden sei und somit eine Schätzung der Restnutzungsdauer mit vier Jahren gerechtfertigt sei.
Im Änderungsbescheid vom 30. April 2014 erkannte der Beklagte eine Restnutzungsdauer des Pkw …-MD 169 von vier Jahren an (AfA% x 8/12 x 12.620 € = 2.103 €). Die gesamten Fahrtkosten seien mit 12.787,37 € anzusetzen, die Verwaltungskosten beliefen sich damit auf 23.537 €.
Das Finanzgericht gab der Klage im ersten Rechtszug teilweise statt (Urteil vom 9.12.2014 Az. 15 K 2153/12). Der Bundesfinanzhof hob das Urteil mit Beschluss vom 12.05.2015, Az. IX B 4/15 auf und verwies den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung zurück. Aufhebungsgrund war, dass im Ersturteil unzutreffend von einer zumindest teilweisen unmittelbaren Einbindung der Büroflächen in die Wohnung der Kläger ausgegangen worden sei. Tatsächlich sei die gesamte Bürofläche nur über ein Treppenhaus zu erreichen, das auch von anderen Bewohnern des Hauses als Verkehrsfläche genutzt werde.
Im zweiten Rechtszug verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 30. April 2014 dahingehend zu ändern, dass Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 3.971,71 €, Übernachtungskosten von 2.422 € sowie Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 2.328 € anerkannt werden, die zu Verwaltungskosten von insgesamt 31.821,72 € als Werbungskosten führen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Mittelpunkt der Tätigkeit befinde sich nicht in …, so dass die dortigen Arbeitszimmerkosten nur beschränkt abgezogen werden könnten. Verpflegungsmehraufwand falle in … nicht an, da sich dort das private Wohngebäude der Kläger befinde. Für Übernachtungskosten sei nach Weisung des Landesamts für Steuern mangels eigenen Aufwandes ein Ansatz von 2 Übernachtungen pro Monat mit je 45 € zu gewähren. Im Übrigen seien die Fahrtkosten wegen ungenauer Aufzeichnungen und der Verfolgung privater Zwecke zu kürzen. Es liege ein Fall der doppelten Haushaltsführung vor. Unabhängig von der Zurechnung der Aufwendungen entsprechend der Eigentumsverhältnisse komme es auf jeden Fall zu einer Verböserung.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Akten, die Schriftsätze nebst Anlagen und den Beschluss vom 17. Dezember 2014 im Verfahren 15 V 1880/13 verwiesen. Die Beteiligten wurden vor der Rückübertragung zur Entscheidung durch den Senat angehört und haben ihr zugestimmt. In der mündlichen Verhandlung vom 18.08.2016 wurde der Sach- und Streitstand mit den Beteiligten erörtert; auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
II.
Die Klage ist begründet.
1. Bürokosten … :
Die Kosten sind voll berücksichtigungsfähig.
Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur dann in vollem Umfang abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellt, § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S.1 Nr. 6b S.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ansonsten ist der Abzug – objektbezogen – bei Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes auf maximal 1.250 € begrenzt. Nach Auffassung des Finanzgerichts Nürnberg ist wegen drei Wohnungen, von denen eine von einer Hausverwaltung betreut wird, kein Arbeitszimmer notwendig (Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 12. Februar 2014 5 K 1251/12, juris). Nach dem Finanzgericht Köln (Urteil vom 9. September 2010 10 K 944/06, EFG 2011, 136) fällt ein außerhäusliches Arbeitszimmer bei mehr als 50 Mietverhältnissen nicht unter die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 S.1 Nr. 6b S.1 EStG. Zur Beurteilung, wo der Mittelpunkt der Vermietungstätigkeit liegt, ist entscheidend, wo der Steuerpflichtige die Handlungen vornimmt, die für die Vermietungstätigkeit wesentlich und prägend sind. Dies gilt insbesondere auch bei Tätigkeiten, bei denen die bloße Nutzenziehung im Vordergrund steht (Finanzgericht Münster, Urteil vom 18. Juni 2009 10 K 645/08 E, juris). Ergibt die qualitative Betrachtung der Tätigkeit bereits ein Überwiegen der außerhäuslichen oder der häuslichen Tätigkeiten, kommt es auf die quantitative Beurteilung zur Festlegung des Mittelpunkts der Beschäftigung nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht mehr an (vgl. zusammenfassend BMF-Schreiben vom 2. März 2011 BStBl I 2011, 195).
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt der Mittelpunkt der Vermietungstätigkeit der Kläger in … Nach dem qualitativen Vergleich der Tätigkeiten in … bzw. in … ergibt sich nach dem Gesamteindruck des Senats aufgrund der mündlichen Verhandlung gerade nicht, dass in … die wesentlichen Entscheidungen gefällt und umgesetzt werden; es erfolgen in … ganz überwiegend nicht nur vor- und nachbereitende sowie buchhalterische Arbeiten erfolgten.
Das Gericht sieht diejenigen Tätigkeiten als prägend an, die die Kläger in … erbringen; demgegenüber sind die Tätigkeiten der Kläger „vor Ort“ nicht prägend und daher untergeordnet. Der Senat hat hierbei nicht nur gewürdigt, dass ihre Vermietungstätigkeit ohne externe Hausverwaltung erfolgt, und bezieht sich dabei nicht nur auf die von den Klägern exemplarisch vorgelegte Auflistung der Arbeitsabläufe während eines Aufenthalts in Magdeburg. Die Entscheidung des Senats beruht auch, wie in der Beratung deutlich wurde, auf dem „Werdegang“ als Vermieter, wie ihn die Kläger in der mündlichen Verhandlung geschildert haben. So sind sie, gelernter Tischlermeister bzw. Bauingenieurin, 1984 aus der ehemaligen DDR in die Bundesrepublik gekommen und haben 1994 aufgrund der damaligen Investitionsanreize das vom Kläger ererbte Grundstück Wiesenweg bebaut. Weitere Objekte seinen dann saniert worden, so … Straße 1999, S.-straße 2002 und … 2004. Der Senat hat sich aufgrund der Vielzahl der in … durchgeführten Tätigkeiten wie Planung laufender Renovierungsarbeiten, Auswertung von Angeboten, Auftragsvergabe, Liquiditätsplanung, Bankgespräche, Erarbeitung von Mieterhöhungsbegehren, die Überzeugung gebildet, dass sich der Mittelpunkt der Vermietungstätigkeit im Sinne von mehr als 50% der prägenden Vermietungstätigkeiten in … befindet. Prägend sind die wegen der großen Anzahl der verwalteten Objekte „routinemäßigen“ Arbeiten, Entscheidungsprozesse und Umsetzungshandlungen, die die Kläger selbst in ihren Büroräumen erbringen. Zwar erfolgt die Feststellung von Mängeln und notwendigen Erhaltungsmaßnahmen, die Wohnungsabnahme beim Mieterwechsel und die Besichtigung bei Neuvermietung in den jeweiligen Mietobjekten. Die Kläger haben jedoch überzeugend vorgetragen und veranschaulicht, dass sie ihre Fahrten zu den Mietobjekten jeweils ausführlich vorbereiten (z. B. durch Einholung von Mieterauskünften) und auch nachbereiten (z. B. durch Erstellung von Ausschreibungen mit Leistungsverzeichnissen bei größeren Instandhaltungsaufwendungen). Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung von den Klägern bekommen hat, erscheint deren Aussage äußerst glaubhaft, dass „schon auf der Heimfahrt nach … angefangen werde, die gewonnenen Informationen einzuordnen und die notwendigen Entscheidungen zu diskutieren“. Die Mehrzahl der Tätigkeiten in Ostdeutschland stellten daher eine bloße Umsetzung der Vorarbeiten dar, und die Nacharbeitung erfolgt nach Einholung der erforderlichen Informationen ebenfalls nicht in Magdeburg. Die Tätigkeiten außerhalb .s überwiegen in qualitativer Hinsicht deutlich, so dass es auf die quantitative Betrachtung des jeweils in Magdeburg bzw. in … erforderlichen Zeitaufwands nicht mehr ankommt.
Ob in … ein „außerhäusliches“ Arbeitszimmer vorliegt, kann wegen des Vorliegens eines sog. Mittelpunktsfalls und des damit verbundenen unbeschränkten Abzugs der Raumkosten dahingestellt bleiben.
2. Verpflegungsmehraufwand:
Ein Arbeitnehmer hat seine regelmäßige Arbeitsstätte dort, wo er in ständiger Wiederkehr wenigstens einen Teil der ihm insgesamt übertragenen Arbeiten mit eindeutigem, dauerhaftem und bestimmendem Übergewicht gegenüber den anderen Einsatzorten verrichtet. Übertragen auf Vermietungseinkünfte bedeutet dies, dass die regelmäßige Tätigkeitsstätte bei nicht umfangreichem Grundbesitz in der Wohnung des Steuerpflichtigen liegt und für Fahrten zum Mietobjekt Reisekostengrundsätze anzuwenden sind (vgl. auch R 21.2 EStH 2013 Abs. 4 S.2 und 3). Die regelmäßige Tätigkeitsstätte kann aber auch beim Vermietungsobjekt liegen, so dass für Fahrten dorthin nur die Entfernungspauschale zum Ansatz kommt und Verpflegungsmehraufwendungen nur für die ersten drei Monate zu gewähren sind (vgl. etwa Finanzgericht Münster Urteil vom 28. November 1989 VI 2090/86 E, EFG 1990, 303 sowie jüngst BFH-Urteil vom 1.12.2015 IX R 18/15 DB 2016, 935). Die Entfernungspauschale gelangt auch dann zur Anwendung, wenn der Steuerpflichtige ein für die Verwaltung des Grundbesitzes eingerichtetes Büro unterhält (von Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rn. B 808 sowie Schmidt, NWB 11/2014, 782, 788). In diesem Fall greifen bei Übernachtung am Tätigkeitsort die Grundsätze der doppelten Haushaltsführung ein, wenn der Steuerpflichtige zur Betreuung seiner Mietobjekte an deren Belegenheitsort übernachtet (von Bornhaupt, am angegebenen Ort, Rn. B 809). Die Aufwendungen können dann nur nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG berücksichtigt werden. Die Verpflegungspauschale wird in diesem Fall nicht gekürzt, wenn für die Tätigkeit ein Stützpunkt genützt wird, der nicht als Tätigkeitsmittelpunkt anzusehen ist; dann berechnet sich die Abwesenheitszeit von der Wohnung aus (Finanzgericht München, Gerichtsbescheid vom 19.1.2015 6 K 806/14, EFG 2015, 903, rkr.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen, denen sich das Gericht anschließt, sind Verpflegungsmehraufwendungen zu berücksichtigen, weil die Kläger An der. kein Büro zur Ausübung ihrer Vermietungstätigkeit unterhalten. Die Mehraufwendungen haben die Kläger nach Anzahl, Dauer und jeweiligem Satz zutreffend mit insgesamt 2.328 € beziffert. Eine Kürzung wegen privater Mitveranlassung über die von den Klägern selbst unterlassenen Ansätze hinaus scheitert nach Ansicht des Gerichts daran, dass die Nutzung der Freizeit nicht schädlich ist und sich zudem regelmäßig jeweils nur Kläger oder Klägerin, nicht jedoch beide gemeinsam, in … aufgehalten haben.
Die Dreimonatsfrist ist im Anschluss an den Gerichtsbescheid des Finanzgerichts München vom 19.1.2015, a. a. O., nicht zu prüfen. Es lagen im Übrigen auch, getrennt nach Kläger und Klägerin, jeweils Unterbrechungen von mindestens vier Wochen Dauer vor, die zum Neubeginn der Dreimonatsfrist geführt haben (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 2013 III R 94/10, BStBl II 2013, 725).
Es sind somit Mehraufwendungen für Verpflegung in Höhe von 2.328 € nach den Grundsätzen der doppelten Haushaltsführung als Werbungskosten zu berücksichtigen.
3. Übernachtungskosten:
Die Übernachtungskosten sind nach den Grundsätzen der Auswärtstätigkeit in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung des Maßes der Unterkunftsnutzung für Zwecke der Einkunftserzielung und der Anzahl der Übernachtungen war der beantragte Werbungskostenabzug von 84/360 der Kosten, somit 2.422 €, zu gewähren.
Es besteht auch kein Anlass, die Tage der An- bzw. Abreise nicht zu berücksichtigen, da wegen der Fahrtstrecke von über 600 km einfach jeweils ein Tag allein für die Fahrt unter Berücksichtigung von Erholungszeiten als angemessen und erforderlich anzusehen ist. Einen Anlass, Kürzungen für private Treffen in Freizeitstunden vorzunehmen, sieht das Gericht nicht. Privat veranlasste ganze Aufenthaltstage haben die Kläger ohnehin von ihrer Berechnung ausgenommen.
4. Fahrtkosten:
Die von den Klägern ermittelten gefahrenen Kilometer sind glaubhaft. Nach den dargestellten Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann nicht davon ausgegangen werden, dass eines oder mehrere der Mietobjekte für die Kläger eine erste Tätigkeitsstätte (bzw. für das Streitjahr; eine regelmäßige Arbeitsstätte) dargestellt hätten. Damit sind für die Fahrten nach Magdeburg sowie die drei Fahrten des Klägers von … nach … und zurück ohne Zwischenaufenthalt in … die Reisekostengrundsätze anzuwenden (auch auf die Fahrtkosten; die Übernachtungskosten … wurden bereits erklärungsgemäß anerkannt). Die Fahrtkosten waren in tatsächlicher Höhe wie beantragt zuzusprechen.
5. Die Berechnung der Einkommensteuer 2009 wird auf den Beklagten übertragen.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.


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