Steuerrecht

Ablehnung eines Antrags auf Widereinsetzung in den vorigen Stand

Aktenzeichen  RO 3 K 17.31311

Datum:
10.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 60 Abs. 2 S. 1, S. 2, § 74 Abs. 1
AsylG AsylG § 74 Abs. 1

 

Leitsatz

Fällt ein unverschuldetes Hindernis noch vor Ende der für die Prozesshandlung vorgeschriebenen Frist weg, so wird in einem Asylstreitverfahren, bei dem auch Wochenfristen gelten, keine Wiedereinsetzung zu gewähren sein, wenn der Kläger noch eine Woche Zeit hat, um die Klage fristgerecht zu erheben. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage, über die aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist bereits unzulässig, da die Klagefrist versäumt wurde und keine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist zu gewähren ist.
a) Der streitgegenständliche Bescheid wurde dem Kläger ausweislich der in der Bundesamtsakte enthaltenen Zustellungsurkunde am 7. März 2017 durch Einwurf in den zu seiner Wohnung gehörenden Briefkasten zugestellt. Dies findet sich bestätigt sowohl durch das eigene Vorbringen des Klägers wie auch durch die von Klägerseite vorgelegte Kopie des Umschlags, in dem der Bescheid zugestellt wurde und auf dem als Zustelldatum ebenfalls der 7. März 2017 vermerkt ist. Das Schriftstück gilt mit dem Einwurf in den Briefkasten als zugestellt. Dadurch wurde der Lauf der zweiwöchigen Klagefrist (vgl. § 74 Abs. 1 AsylG) ausgelöst, über die in der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung:auch ordnungsgemäß informiert worden ist. Ausgehend vom Zustelldatum 7. März 2017 (Dienstag) und von einer zweiwöchigen Klagefrist ist die am 23. März 2017 (Donnerstag) erfolgte Klageerhebung jedoch verfristet.
b) Dem Kläger ist auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO zu gewähren. Er hat zwar am 23. März 2017 und damit innerhalb von zwei Wochen (vgl. § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO) nach Wegfall des geltend gemachten Hindernisses einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt. In dem Schriftsatz vom 23. März 2017 hat der Klägervertreter jedoch noch keine Tatsachen vorgetragen, die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags dienen sollen, sondern nur angekündigt, die Begründung des Schriftsatzes werde dem Gericht fristgemäß zugehen. Der Klägervertreter trug dann mit Schreiben vom 30. März 2017 erstmals vor, der Bescheid sei von einem N. … aus dem gemeinsam genutzten Briefkasten entnommen und dem Kläger erst am 14. März 2017 übergeben worden. Diese Tatsachen, die zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags dienen sollen, wären jedoch jedenfalls dann, wenn sie nicht ohnehin offenkundig sind, spätestens innerhalb der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag darzulegen gewesen (vgl. BVerwG E 49, 252; Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 31. EL Juni 2016, § 60 Rn. 58; Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 60 Rn. 23; Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 60 Rn. 29; Beck´scher Online-Kommentar VwGO, Stand: 40. Edition Januar 2017, § 60 Rn. 35; nur die Glaubhaftmachung dieser geltend gemachten Umstände hätte womöglich auch noch zu einem späteren Zeitpunkt im Wiedereinsetzungsverfahren erfolgen können, vgl. § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Nachdem der geltend gemachte Hinderungsgrund für eine fristgemäße Klageerhebung bzw. die für diesen geltend gemachten Umstände nicht offensichtlich waren, hätte der Kläger die entsprechenden Tatsachen also innerhalb von zwei Wochen nach dem am 14. März 2017 (Dienstag) erfolgten Wegfall des geltend gemachten Hinderungsgrundes vortragen müssen. Tatsächlich wurden die als Hinderungsgrund geltend gemachten und nicht offenkundigen Umstände jedoch erstmals mit Schriftsatz vom 30. März 2017 (Donnerstag), bei Gericht eingegangen am 3. April 2017 (Montag) vorgetragen. Dieser Vortrag erfolgte mithin selbst dann erst nach Ablauf von zwei Wochen nach dem 14. März 2017, wenn man auf das Datum des Anwaltsschreibens abstellen würde, weil dieses noch am Tag des Verfassens per Telefax dem Gericht zugeleitet worden wäre; tatsächlich erfolgte der Eingang des Schreibens bei Gericht, auf den es ankommt, aber ohnehin sogar erst am 3. April 2017 ein, nachdem es nur auf dem normalen Postweg zugeleitet wurde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist kann daher allein schon deshalb keinen Erfolg haben, weil die zur Begründung dienenden Tatsachen nicht vor Ablauf der Frist für den Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen wurden, sodass die Klage unzulässig bleibt und abzuweisen ist.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass selbst bei rechtzeitigem Vorbringen der das geltend gemachte Hindernis begründenden Umstände einiges dafür sprechen mag, eine Wiedereinsetzung zu versagen, weil das Hindernis rechtzeitig vor Ablauf der noch offenen Klagefrist weggefallen ist. Fällt ein unverschuldetes Hindernis noch vor Ende der für die Prozesshandlung vorgeschriebenen Frist Weg, so ist zwar umstritten, ob überhaupt noch eine Wiedereinsetzung in Betracht kommt (dafür z.B. Kopp/Schenke, a.a.O., § 60 Rn. 7, dagegen z.B. Redeker/v.Oertzen, VwGO, 16. Aufl. 2014, § 60 Rn. 14). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird dazu eine vermittelnde Lösung vertreten, die bei einem vorzeitigen Fortfall des Hindernisses nicht automatisch, sondern nur im Einzelfall wegen des Schwierigkeitsgrades der rechtlichen Beurteilung eine Beratungs- und Überlegungsfrist in Gang gesetzt sehen will, deren Bemessung sich an § 60 Abs. 2 VwGO orientieren, aber auch kürzer sein kann (vgl. BVerwG NVwZ-RR 1999, 472; dem folgend Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 60 Rn. 50 m.w.N.). Bei Anwendung dieses dem Grundsatz der adäquaten Kausalität entsprechenden Ansatzes des Bundesverwaltungsgerichts dürfte vorliegend einiges dafür sprechen, die bei Zustellung am 7. März 2017 und einem Wegfall des geltend gemachten Hindernisses am 14. März 2017 noch eine Woche offene restliche Klagefrist als ausreichend anzusehen. Immerhin wird zum Beispiel in asylrechtlichen Verfahren, in denen der Asylantrag vom Bundesamt als offensichtlich unbegründet abgelehnt wird, kraft Gesetzes generell eine einwöchige Klagefrist (vgl. § 74 Abs. 1 VwGO) als für eine Beratung und Überlegung ausreichend angesehen. Letztlich kommt es darauf vorliegend jedoch nicht an, da eine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist wie oben ausgeführt schon wegen verspäteten Vorbringens von Hinderungsgründen ausscheidet.
Die Klage ist demgemäß verfristet erhoben und somit unzulässig. Darauf, ob die Klage darüber hinaus auch als unbegründet anzusehen ist, kommt es deshalb nicht mehr an. Sie ist nach allem vielmehr bereits wegen fehlender Zulässigkeit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist nach § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf
§ 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.


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