Steuerrecht

Androhung der Ersatzvornahme zur Duchsetzung einer Beseitigungsanordnung

Aktenzeichen  M 11 K 16.4004

Datum:
7.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 144293
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG Art. 32
VwZVG Art. 36 Abs. 4
VwZVG Art. 41a
BayVwVfG Art. 51
BayVwVfG Art. 44
VwGO § 43 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Das Miteigentum an einem streitgegenständlichen Grundstück stellt dann kein Vollstreckungshindernis für die Durchsetzung einer Beseitigungsanordnung dar, wenn das Grundstück amtsgerichtlich unter Zwangsverwaltung gestellt worden ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei Vermögenslosigkeit des Verpflichteten ist die Androhung der Ersatzvornahme verhältnismäßig, weil eine Zwangsgeldandrohung keinen Erfolg erwarten lässt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat sowohl in den Hauptanträgen als auch dem Hilfsantrag keinen Erfolg.
1. Hinsichtlich des Bescheids vom 1. August 2016 ist die zulässige Klage unbegründet, da der Bescheid rechtmäßig ist und die Kläger daher nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für den Erlass der Ersatzvornahmeandrohung ist Art. 29 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 Nr. 2, Art. 32, 36 VwZVG.
Auch konnte eine isolierte Zwangsmittelandrohung erlassen werden, da die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und keine Vollstreckungshindernisse gegeben sind.
Die der Ersatzvornahme zugrundeliegende Rückbauanordnung vom 22. Februar 2007 in der Form des Änderungsbescheids vom 3. Februar 2012 ist bestandskräftig, da die hiergegen eingelegten Rechtsmittel erfolglos geblieben sind und sie somit mit ordentlichen Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbar ist.
Ein Vollstreckungshindernis liegt nicht deshalb vor, weil es noch weitere Miteigentümer am streitgegenständlichen Grundstück gibt, die auch mit dem Rüchbau nicht einverstanden sind. Zwar ist der Vortrag der Kläger insoweit zutreffend und es gibt tatsächlich noch weitere Miteigentümer (ob noch in Erbengemeinschaft oder bereits nach Auflösung in klassischer Bruchteilsgemeinschaft „Miteigentum“ kann insoweit dahinstehen), nämlich die Schwester des Klägers zu 2), Frau … Ob diese mit dem Rückbau des Carports einverstanden ist, kann jedoch offen bleiben, da es einer Duldungsanordnung gegenüber ihr ohnehin nicht bedurft hat, sodass auch die Aufhebung dieser Duldungsanordnung in der mündlichen Verhandlung vom 7. Dezember 2017 ohne Einfluss auf das Ergebnis des vorliegenden Falls ist. Dies folgt daraus, dass durch Beschluss des Amtsgerichts Weilheim vom 27. Dezember 2010 das streitgegenständliche Grundstück unter Zwangsverwaltung gestellt und ein Zwangsverwalter bestellt wurde. Gemäß § 148 Abs. 2 ZVG i.V.m. § 869 ZPO waren die Kläger hierdurch kraft Gesetzes von der Benutzung und Verwaltung des Grundstücks ausgeschlossen, die Befugnisse hierzu sind auf den vom Gericht bestellten Zwangsverwalter übergegangen. Frau … hatte daher, da ihr die (Mit-)Benutzung und Verwaltung des Grundstücks entzogen war, keine Möglichkeit, zivilrechtlich gegen die Kläger vorzugehen, um diesen den angeordneten Rückbau zu untersagen. Eine Duldungsanordnung soll auf vollstreckungsrechtlicher Ebene dazu dienen, entgegenstehende Rechte Dritter zu überwinden, die zivilrechtlich gegen den in Anspruch genommenen Störer vorgehen und die Erfüllung der Handlungspflicht verhindern könnten, indem diese durch vollziehbare öffentlich-rechtliche Anordnung zur Duldung verpflichtet werden. Wenn aber ein dem Grunde nach zwar zivilrechtlich Berechtigter keine Möglichkeit hat, sein eventuell fehlendes Einverständnis dem in Anspruch genommenen Störer entgegenzuhalten, ist der Erlass einer Duldungsanordnung nicht erforderlich. So liegt der Fall hier, da die Miteigentümerin Frau … zwar formal weiterhin Miteigentümerin ist, diese Miteigentumsposition jedoch aufgrund des Verlusts der Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis lediglich eine leere Hülle darstellt, aus der sie selbst keine Rechte geltend machen kann. Somit war der Erlass einer Duldungsanordnung allein gegen den Zwangsverwalter, wie vorliegend erfolgt, notwendig, aber auch ausreichend.
Auch ist die Androhung der Ersatzvornahme verhältnismäßig. Insbesondere steht Art. 32 Satz 2 VwZVG nicht entgegen. Aufgrund der Vermögenslosigkeit der Kläger und den zahlreichen vorangegangenen erfolglosen Vollstreckungsversuchen zur Beitreibung anderweitiger Schulden bei der öffentlichen Hand, zuletzt im Jahr 2015, war davon auszugehen, dass die Androhung eines Zwangsgeldes keinen Erfolg erwarten lässt, da nicht ausgeschlossen werden konnte, dass die Kläger eine zwangsgeldbewehrte Erfüllungsfrist gerade in dem Wissen verstreichen lassen, dass ein fällig gewordenes Zwangsgeld aufgrund ihrer Vermögenslosigkeit ohnehin nicht beigetrieben werden kann.
Die in der Androhung enthaltenen Regelungen zur vorläufigen Veranschlagung der Kosten der Ersatzvornahme, der Fälligkeit dieser Kosten sowie der Verzinsung dieses Betrags folgen aus Art. 36 Abs. 4 VwZVG und Art. 41a VwZVG.
2. Hinsichtlich der Duldungsanordnung vom 14. Februar 2017 gegenüber Frau … ist die vorliegende Klage bereits mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.
Zum einen folgt dies daraus, dass die Kläger durch eine gegenüber Frau … erlassene Duldungsanordnung mangels Adressatenstellung nicht beschwert sind. Zum anderen ist die Duldungsanordnung vom 14. Februar 2017 ohnehin vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung aufgehoben worden, sodass der gestellte Klageantrag insoweit ins Leere geht.
3. Der Verpflichtungsantrag bezogen auf einen geltend gemachten Anspruch auf Entscheidung über einen Wiederaufgreifensantrag vom 6. August 2016 hat ebenfalls keinen Erfolg.
Ob der Antrag in der gestellten Form, also auf Verpflichtung zur Verbescheidung über den Wiederaufgreifensantrag gemäß Art. 51 BayVwVfG zulässig ist oder nicht vielmehr nur ein Verpflichtungsantrag in der Form des „Durchentscheidens“, mithin direkt auf Aufhebung der Rückbauanordnung vom 22. Februar 2007 in der Form des Änderungsbescheids vom 3. Februar 2012 zulässig ist, kann vorliegend letztlich dahinstehen, da nach glaubhafter Einlassung des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung nicht aktenkundig ist, dass am 6. August 2016 tatsächlich ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gestellt worden ist. Laut seiner Auskunft wurden dem Gericht sämtliche im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren stehenden Akten vorgelegt. Aus den vorgelegten Akten ist in der Tat nicht ersichtlich, dass unter dem von den Klägern genannten Datum ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens hinsichtlich der Rückbauanordnung gestellt worden wäre.
Im Übrigen ergibt sich auch aus den sonstigen Umständen nichts, das auf die geltend gemachte Stellung dieses Antrags hindeutet.
4. Schließlich hat die Klage auch im Hilfsantrag keinen Erfolg.
Mit der Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann explizit auch das Begehren der Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts verfolgt werden.
Ob weitere Zulässigkeitsgesichtspunkte diesem Antrag entgegenstehen kann jedoch dahinstehen, da die Klage jedenfalls insoweit unbegründet ist. Der streitgegenständliche Bescheid ist nicht nichtig i.S.d Art. 44 BayVwVfG. Trotz etwaiger Rechtswidrigkeit ist die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts gemäß der klaren Regelung in Art. 44 BayVwVfG die gesetzlich gerade nur für diese Fälle vorgesehene Ausnahme. Vorliegend ist jedoch offensichtlich kein Nichtigkeitstatbestand des Art. 44 BayVwVfG im Hinblick auf den streitgegenständlichen Bescheid vom 1. August 2016 erfüllt.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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