Steuerrecht

Armenien, Folgeantrag, Verpflichtungsklage auf Feststellung von Abschiebungsverboten, Bezugnahme auf Bescheidsgründe, Kläger in Haft bei unbekannter JVA, trotz Aufforderung keine Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, keine Ausnahme vom Erfordernis einer ladungsfähigen Anschrift

Aktenzeichen  W 6 K 21.30843

Datum:
9.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2936
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 82 Abs. 1
ZPO § 130 Nr. 1
VwGO § 102 Abs. 2
AsylG § 77 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Über die Klage konnte entschieden werden, obwohl in der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden ordnungsgemäß mit Schreiben vom jeweils 18. Januar 2022 geladen, die Klägerbevollmächtigte gegen elektronisches Empfangsbekenntnis vom 18. Januar 2022 und die Beklagte formlos, und auf diese Folge hingewiesen, § 102 Abs. 2 VwGO.
Die Klage hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist.
1. Die Klage ist unzulässig, da der Kläger seiner Pflicht zur Mitteilung einer aktuellen ladungsfähigen Anschrift nicht nachgekommen ist.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass die Zulässigkeit der Klage regelmäßig die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift voraussetzt, § 82 Abs. 1 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO (st.Rspr., vgl. BVerwG, B.v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 – NJW 2012, 1527 Rn. 11; BayVGH, B.v. 29.10.2019 – 10 ZB 19.1652 – BeckRS 2019, 27457 Rn. 4). Die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, unter der der Kläger tatsächlich zu erreichen ist, ist erforderlich, um den Kläger zu individualisieren und seine Erreichbarkeit für das Gericht sicherzustellen. Es soll dadurch darüber hinaus auch gewährleistet werden, dass der Kläger nach entscheidungserheblichen Tatsachen befragt wird und sich im Fall des Unterliegens der Kostentragungspflicht nicht entziehen kann. Dies gilt auch für ein verwaltungsgerichtliches Verfahren unter Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten (BVerwG, B.v. 14.2.2012 – 9 B 79.11 – NJW 2012, 1527 Rn. 11) oder wenn sich – wie hier – während des Verfahrens die ladungsfähige Anschrift ändert.
Anlässlich der Mitteilung des Bundesamts vom 20. August 2021 wurde dem Gericht bekannt, dass der Kläger seinen vormaligen, bei Klageerhebung benannten Wohnsitz in S … offenbar aufgegeben hat und sich ausweislich dieser Mitteilung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) B … befand. Seine Bevollmächtigte teilte am 26. August 2021 mit, dass ihr derzeit die aktuelle Anschrift des Klägers nicht bekannt sei. Mit weiterem Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 1. September 2021 ließ der Kläger mitteilen, dass er sich derzeit in der JVA W … befinde, wobei noch zu eruieren sei, ob die scheinbar beabsichtigte Verlegung des Klägers in die JVA A … bereits staatgefunden habe. Aus der mitgeschickten Haftzeitübersicht (Anlage K1) ergibt sich, dass eine „Verlegung in die zuständige JVA N “ geplant sei, wobei „N “ durchgestrichen und handschriftlich „A …“ darunter geschrieben ist. Folglich befindet sich der Kläger offenbar in einer Justizvollzugsanstalt, aber es ist unklar, in welcher. Trotz wiederholter Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 27. August 2021 und 17. Februar 2022 sowie einem Hinweis in der Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (B.v. 14.1.2022) wurde dem Gericht bis zur mündlichen Verhandlung keine gültige ladungsfähige Anschrift des Klägers mitgeteilt.
Gründe, die ausnahmsweise die Nennung einer ladungsfähigen Anschrift entbehrlich machen, liegen nicht vor. Die Pflicht zur Angabe der ladungsfähigen Anschrift des Klägers kann zwar im Hinblick auf den aus Art. 19 Abs. 4 GG fließenden Anspruch auf effektiven Rechtsschutz ausnahmsweise entfallen, etwa bei fehlendem Wohnort wegen Obdachlosigkeit oder wegen eines schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresses, wenn dem Gericht die Gründe hierfür mitgeteilt werden (BVerwG, B.v. 14.2.2012 − 9 B 79/11 – NJW 2012, 1527 Rn. 11). Weder wurden jedoch solche Gründe seitens des Klägers oder seiner Bevollmächtigten mitgeteilt, noch zeigen sich sonst derartige Gegebenheiten, insbesondere ist kein anerkennenswertes Geheimhaltungsinteresse erkennbar.
Die Klage entsprach deshalb nicht den zwingenden Formanforderungen des § 82 Abs. 1 VwGO, § 173 VwGO i.V.m. § 130 Nr. 1 ZPO und war deshalb als unzulässig mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen.
2. Ohne dass es darauf noch tragend ankommt, wäre die Klage auch unbegründet gewesen. Der angefochtene Bescheid ist in seiner verfahrensgegenständlichen Ziffer 2 rechtmäßig und verletzt den Kläger schon deshalb nicht in seinen Rechten. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines zielstaatlichen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angegriffenen Bescheid vom 21. Juli 2021 und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen on einer nochmaligen Darstellung ab, § 77 Abs. 2 AsylG.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass beim Kläger ein Abschiebungsverbot bestehen könnte. Die angekündigte Klagebegründung wurde trotz wiederholter Aufforderung bis zuletzt nicht vorgelegt, ebenso keine Unterlagen zur behaupteten Erkrankung des Klägers.


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