Steuerrecht

Baugenehmigung, Bescheid, Zwangsgeld, Untersagung, Bauantrag, Verwaltungsakt, Baueinstellung, Gemarkung, Einstellung, Vollstreckung, Zwangsgeldandrohung, Sperrwirkung, Errichtung, Feststellungsklage, Kosten des Verfahrens, bauliche Anlage, einstweiligen Anordnung

Aktenzeichen  Au 5 K 20.2670

Datum:
19.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41419
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist in der Sache unbegründet.
1. Die Klage ist zulässig.
Gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds in Höhe von 4.000,00 EUR im Schreiben vom 23. November 2020 ist die erhobene Feststellungsklage nach § 43 VwGO die statthafte Klageart. Die behördliche Mitteilung, dass ein Zwangsgeld zur Zahlung fällig geworden ist (sog. Fälligkeitsmitteilung), stellt keinen Verwaltungsakt im Sinn von Art. 35 BayVwVfG dar, sondern lediglich die Mitteilung eines Bedingungseintritts. Nach der Regelung in Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG ist bereits die Androhung eines Zwangsgeldes ein nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 VwZVG vollstreckbarer Leistungsbescheid, weshalb die Vollstreckung von Zwangsgeldern nicht den Erlass weiterer Bescheide voraussetzt, sondern unmittelbar aufgrund der erfolgten Androhung in die Wege geleitet werden kann. Die zeitlich nachfolgende Fälligkeitsmitteilung hat nur deklaratorische Wirkung und ist gesetzlich nicht vorgeschrieben (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.1.2015 – 1 CE 14.2460, 1 CE 14.2520 – juris Rn. 10). Insofern ist die Feststellungsklage der statthafte Rechtsbehelf.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Das angedrohte Zwangsgeld wurde von Seiten des Landratsamtes zu Recht fällig gestellt, nachdem die Klägerin der mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 bestandskräftig angeordneten und mit Zwangsgeldandrohung versehenen Verpflichtung zur Einstellung sämtlicher Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung * zuwidergehandelt hat (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG).
a) Mit der Verpflichtung der Klägerin zur Einstellung sämtlicher Arbeiten zur Gelände veränderung durch Bescheid vom 22. Oktober 2019, gestützt auf Art. 75 BayBO, liegt ein grundsätzlich vollziehbarer Grundverwaltungsakt vor. Dessen Vollziehbarkeit ergibt sich aus Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG aufgrund der Anordnung des Sofortvollzugs in Nr. 4. Im Übrigen ist der Bescheid bestandskräftig.
Überdies ist darauf zu verweisen, dass die Rechtmäßigkeit der Grundverfügung im Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen ist, da es ausschließlich auf die Vollziehbarkeit der der Vollstreckung zugrundeliegenden Maßnahme ankommt.
b) Der der Vollstreckung zugrundeliegende Verwaltungsakt ist auch nicht unwirksam.
Eine Nichtigkeit, die nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG zur Unwirksamkeit des der Vollstreckung zugrundeliegenden Verwaltungsakts führen würde, ist nicht erkennbar und wurde auch nicht vorgetragen.
c) Das Gericht ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den vorgeleg ten Lichtbildern überzeugt, dass die Klägerin der Einstellungsverfügung des Beklagten vom 22. Oktober 2019 zuwidergehandelt hat, sodass das im Bescheid vom 22. Oktober 2019 angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 4.000,00 EUR fällig geworden ist. Nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids vom 22. Oktober 2019 geht es vorliegend nur noch um die Feststellung, ob die Klägerin gegen die Einstellungsverfügung in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 tatsächlich verstoßen hat.
Mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 ordnete das Landratsamt die Einstellung sämtlicher Arbeiten zur Geländeveränderung im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung * an (Nr. 1). Dem Bescheid vorausgegangen war eine Baukontrolle am 21. Oktober 2019, im Zuge derer festgestellt und fotodokumentiert worden war, dass auf den vorgenannten Grundstücken auf einer Fläche von mehr als 500 m2 (ca. 700 m2), in Teilbereichen tiefer als 2 m, Geländeveränderungen stattgefunden haben.
Dieser Einstellungsverfügung wurde jedenfalls dadurch zuwidergehandelt, indem die Klägerin eine Stützmauer im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A errichtet hat. Die vom Landratsamt anlässlich einer Baukontrolle vom 20. November 2020 gefertigten Lichtbilder (Behördenakt Bl. 24 ff.) legen diesen Schluss hinreichend verlässlich nahe.
Die Einlassungen der Klägerseite im Schriftsatz vom 1. März 2021 sowie in der mündlichen Verhandlung, dass Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 nicht hinreichend bestimmt festlege, auf welchen Bereich sich die Einstellungsverfügung beziehe und nicht zweifelsfrei erkennbar sei, dass von „Arbeiten zur Geländeveränderung“ auch die Errichtung einer Stützmauer umfasst sei, überzeugen im Ergebnis nicht. Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 mangelt es nicht an der erforderlichen Bestimmtheit.
Aus dem Wortlaut von Nr. 1 des Bescheides ergibt sich zunächst hinreichend be stimmbar, welcher Bereich von der Baueinstellungsverfügung betroffen war und ist. Ausweislich der Begrifflichkeit „im südwestlichen Bereich der Grundstücke Fl.Nrn. 1/A und 1 der Gemarkung *“ handelt es sich dabei um einen gemeinsamen, zu einer Einheit zusammengefassten Bereich der beiden Grundstücke Fl.Nrn. 1/A und 1. Zwar bietet die Terminologie „südwestlicher Bereich“ keine zentimetergenaue Abgrenzung, der Bestimmtheitsgrundsatz ist jedoch insofern gewahrt, wenn für den Adressaten eines Verwaltungsakts die von der Behörde getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar ist, dass er sein Verhalten danach richten kann. Dabei reicht es aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheids, vor allem seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen – gegebenenfalls durch Auslegung – unzweifelhaft bestimmen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 5.12.2019 – 9 ZB 18.1263 – juris Rn. 6). Nachdem die Stützmauer unmittelbar in dem (südwestlichen) Bereich der beiden, im Bescheid zusammengefassten Grundstücke Fl.Nrn. 1 und 1/A der Gemarkung, auf dem die eingestellten Arbeiten im Oktober 2019 erfolgt sind, errichtet wurde, hätte der Klägerin als Adressatin des Bescheides bewusst sein müssen, dass sie nicht im unmittelbaren Umgriff bzw. in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zur Fläche der eingestellten Bauarbeiten weitere Arbeiten durchführen kann. Die Klägerin als Bauherrin weiß selbst am besten, in welchem Bereich auf den Grundstücken gearbeitet wurde. Der Vergleich der anlässlich beider Baukontrollen gefertigten Lichtbilder (Bl. 1 und Bl. 24 ff. der Behördenakte) belegt eindeutig, dass ab Hangkante in Richtung Süden/Südwesten Geländeveränderungen stattgefunden haben, indem in die Hangkante und in einer L-Form weiter nach Süden gezogen Quadersteine eingetragen wurden. Dass jedenfalls dieser Bereich von der Baueinstellungsverfügung erfasst war, war für die Klägerin zweifelsfrei erkennbar. Der Bescheid vom 22. Oktober 2019 ist insofern eindeutig.
Auch die in Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 gewählte Formulierung „sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung“ ist hinreichend klar und bestimmt. Bereits der Wortlaut lässt keinen Zweifel daran, dass nicht nur solche Arbeiten von der Baueinstellungsverfügung erfasst sind, die das Gelände per se verändern, sondern gerade auch all diejenigen Arbeiten, die einer Geländeveränderung letztlich dienen („zur“ Geländeveränderung). Selbst wenn in der Betreffzeile des Bescheides auch von „Auffüllungen“ und in den Hinweisen des Bescheides von „unzulässigen Bauarbeiten“ die Rede ist, kommt es zunächst primär auf den (vollstreckbaren) Tenor an. Dieser muss für den Adressaten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein, dass er sein Verhalten danach richten kann. Der Tenor des Nr. 1 des Bescheides erfasst „sämtliche Arbeiten zur Geländeveränderung“ und es erfolgte jedenfalls keine Beschränkung auf Auffüllungen, Abgrabungen oder unzulässige Bauarbeiten. Ziel einer auf der Grundlage des Art. 75 BayBO verfügten Baueinstellung ist es gerade, die Schaffung (zumindest formell) baurechtswidriger Zustände oder deren Verfestigung durch weitere Baumaßnahmen zu verhindern. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob die durchgeführten Arbeiten genehmigungspflichtig waren oder nicht. Dass auch die Errichtung einer Stützmauer in dem vorliegenden Umfang und Ausmaß unter „Arbeiten zur Geländeveränderung“ fällt, hätte die Klägerin vor diesem Hintergrund hinreichend sicher erkennen können. Denn es wurde eine aus Quadersteinen bestehende Steinmauer in die Hangkante und den nach Süden auslaufenden Hang eingebracht. Zwingend notwendige Voraussetzung dafür war unstrittig ein Eingriff in das bestehende Gelände, indem in einem gewissen Umfang abgegraben wurde und die Quadersteine hinterfüllt und angefüllt wurden. Die in diesem Zusammenhang eingetretene Verfestigung des Geländezustandes fällt – selbst wenn damit nicht zwangsläufig eine Modellierung des Geländes verbunden war – jedenfalls als Geländegestaltung unter die Baueinstellungsverfügung („Arbeiten zur Geländeveränderung“). Dass der Eintrag einer Stützmauer eine nicht nur untergeordnete Maßnahme ohne Auswirkungen auf das Gelände darstellt, sondern vielmehr einen besonderen Regelungsbedarf auslöst, hat der Gesetzgeber selbst erkannt und insofern die Regelung in Art. 57 Abs. 1 Nr. 7 a) BayBO getroffen. Die Errichtung der Stützmauer diente im vorliegenden Fall auch nicht einer statisch notwendigen Abstützung des Hanges. Dies lässt sich, abgesehen von der auf den Lichtbildern erkennbaren geringen Steilheit der Hangkante, jedenfalls angesichts des Ausmaßes und Umfangs der Mauer sowie der verwendeten Bauprodukte nicht erkennen. Hierzu wurde von der Klägerseite anderweitig auch nichts Substantiiertes vorgetragen.
Ob es sich bei den fotodokumentierten Einträgen eines Gastanks sowie von Rohrleitungen ebenfalls um „Arbeiten zur Geländeveränderung“ und damit Zuwiderhandlungen gegen Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 gehandelt hat, wofür angesichts der Tatsache, dass dafür ein Eingriff in das Gelände erforderlich war, vieles spricht, kann letztlich dahingestellt bleiben, da für die Fälligstellung des Zwangsgeldes ausreichend ist, dass eine der Arbeiten – vorliegend die Errichtung der Stützmauer – einen Verstoß gegen Nr. 1 des Bescheides vom 22. Oktober 2019 begründet. Zu diesem Schluss kommt die Kammer anhand objektiv vorliegender Indizien, insbesondere den bei Baukontrollen gefertigten Lichtbildern.
Das Landratsamt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin jedenfalls mit der Errichtung der Stützmauer gegen die Baueinstellungsverfügung vom 22. Oktober 2019 verstoßen hat. Das mit Bescheid des Landratsamtes vom 22. Oktober 2019 angedrohte Zwangsgeld konnte demnach gegen die Klägerin rechtmäßig fällig gestellt werden, deren Klage bleibt insoweit ohne Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Als im Verfahren un terlegen hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentschei dung ergibt sich aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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