Steuerrecht

Einkommensgrenze, Vertrauensschutz

Aktenzeichen  B 8 K 19.1107

Datum:
5.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31146
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WFB 2012
BayWoFG

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Entscheidung ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat inhaltlich keinen Erfolg.
Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
I. Der angegriffene Bescheid vom 29.10.2019, in dem eine Förderung nach Ziffer 2.3 der Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Wohnraumförderungsbestimmungen 2012 vom 11.01.2012 (AllMBl. S. 20), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 28.11.2019 (BayMBl. Nr. 533 – WFB 2012 -)) i.V.m. Art. 3 Abs. 3 BayWoFG abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Er hat keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Förderung, § 113 Abs. 5 VwGO.
Im Zuge des Bayerischen Wohnungsbauprogramm gewährt der Freistaat Bayern im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel Zuwendungen für die Wohnraumförderung auf der Grundlage des Bayerischen Wohnraumförderungsgesetzes (BayWoFG), Ziff. 1 WFB 2012. Gegenstand der Förderung sind unter anderem bauliche Maßnahmen im Bestand von Mietwohnraum und Eigenwohnraum zur Anpassung an die Belange von Menschen mit Behinderung (vgl. § 2 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch) im Sinn des Art. 3 Abs. 3 BayWoFG, Ziff. 2.13 WFB 2012. Förderempfänger ist hierbei der Grundstückseigentümer, der Erbbauberechtigte oder der Nießbraucher, Ziff. 3.1 und 42.1 WFB i.V.m. Art. 10 Abs. 2 BayWoFG.
Voraussetzung für eine Förderung hierfür ist unter anderem, dass das Gesamteinkommen des Haushaltes die Einkommensgrenzen nicht übersteigt, Ziff. 42.3 WFB 2012 i.V.m. Art. 11 Abs. 1 BayWoFG. Der Haushalt des Klägers übersteigt die maßgebliche Einkommensgrenze.
1. Die Einkommensgrenze beträgt vorliegend 43.000,00 EUR.
a. Nach Art. 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayWoFG beträgt die Einkommensgrenze für einen Zweipersonenhaushalt 34.500,00 EUR und sie erhöht sich für jede weitere zum Haushalt rechnende Person um 8.500,00 EUR. Für den Drei-Personenhaushalt des Klägers ergibt sich damit eine Einkommensgrenze von 43.000,00 EUR.
Dieser Betrag ist auch nicht nach Art. 11 Abs. 1 Satz 3 BayWoFG um weitere 2.500,00 EUR zu erhöhen. Eine solche Erhöhung erfolgt nach dem Wortlaut für jedes zum Haushalt gehörende Kind nur, wenn es sich um ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1 bis 5 EStG handelt. Nach § 32 Abs. 1 bis 5 EStG kommen Freibeträge für Kinder allenfalls bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres in Betracht. Dieses Alter hat der Kläger bereits überschritten.
b. Die Einkommensgrenze ist auch nicht aus anderen Gesichtspunkten anzupassen. Sie ist weder flexibel zu handhaben, noch ergibt sich aus Vertrauensschutzerwägungen eine Anpassung.
aa
Art. 11 BayWoFG enthält keine Befugnis für die Bewilligungsstellen selbst die Einkommensgrenzen anzupassen. In Absatz 1 ist vielmehr geregelt, dass als Einkommensgrenzen höchstens die genannten Grenzen bestimmt werden dürfen. Allein Absatz 2 ermächtigt das Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen und für Heimat durch Rechtsverordnung, die Grenzen anzupassen. In Ziff. 42.3 WFB ist jedoch nur auf Art. 11 Abs. 1 verwiesen, sodass es auf diese Möglichkeit vorliegend nicht ankommt. Die Gerichte sind an die gesetzlichen Vorgaben in Art. 11 Abs. 1 BayWoFG zu den Einkommensgrenzen gebunden.
Auch aus allgemeinen verfassungsrechtlichen Erwägungen ergibt sich kein Anspruch auf Förderung des Klägers. Es steht dem Gesetz- und Normgeber im Rahmen seiner Zuständigkeit grundsätzlich frei, zu entscheiden, welche Sachverhalte bis zu welchen Einkommensgrenzen er als besonders förderbedürftig ansehen will. Die gerichtliche Überprüfbarkeit reduziert sich letztlich auf die Frage, ob der Gleichheitssatz verletzt ist und dem Kläger Fördermittel in einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Weise vorenthalten wurden.
Dass der Gesetzgeber bei Erlass des BayWoFG die Einkommensgrenzen willkürlich festgelegt oder in sonstiger Weise von der Ermächtigungsnorm fehlerhaft Gebrauch gemacht hätte, ist nach derzeitigem Stand weder ersichtlich noch hinreichend substantiiert vorgetragen.
bb
Soweit der Kläger vorträgt, ihm sei in einem Erstgespräch beim Landratsamt … im Jahr 2019 eine Einkommensgrenze in Höhe von 60.000,00 € mitgeteilt worden, führt dies zu keinem anderen Ergebnis.
Bei der Bewilligung einer Förderung kommt Vertrauensschutz grundsätzlich nur auf Grund einer Selbstbindung der Verwaltung in Betracht. Ein Anspruch auf die Förderung besteht im Einzelfall über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Gleichheitssatz dann, wenn die in den Richtlinien dargelegten Fördervoraussetzungen vorliegen und vergleichbare Anträge in ständiger Förderpraxis des Beklagten auch positiv verbeschieden werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 23). Daran setzt der Maßstab der gerichtlichen Überprüfung an.
Eine geänderte ständige Förderpraxis des Beklagten ist nicht ersichtlich und vom Kläger auch nicht dargelegt.
Ist eine Förderung zugesagt, wird zwar ein weitergehender Vertrauensschutz begründet, der allerdings unter dem Vorbehalt einer gleichbleibenden Sach- oder Rechtslage steht. Erst nach der Bewilligung einer Zuwendung besteht ein rechtsverbindlicher Anspruch auf Förderung und damit Vertrauensschutz, der nur unter den strengen Voraussetzungen der Art. 48 und Art. 49 BayVwfG beseitigt werden kann. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass es in der Regel unerheblich ist, ob dem Interessenten an einer Bewilligung von Fördermitteln die Vergabepraxis vorher bekannt gewesen ist und wie er sich hierauf einstellen konnte. Erörterungsbedarf kann insoweit allenfalls für die Fälle bestehen, in denen die Verwaltung ihre bisherige Praxis und damit die Handhabung der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift für die Zukunft ändert (BVerwG B.v. 11.11.2008 – 7 B 38/08 – juris m.w.N.).
Ein derartiger Fall ist vorliegend jedoch nicht gegeben, da hier nicht die Änderung einer bestehenden Verwaltungspraxis, sondern allenfalls eine falsche Auskunft in Rede steht. Diese findet jedoch keinen Anknüpfungspunkt in der Behördenakte. Falschauskünfte werden zudem regelmäßig unter dem Gesichtspunkt des Folgenbeseitigungsanspruches behandelt, aus dem kein Anspruch auf Förderung erwächst (HessVGH B.v. 01.11.2010 − A 686/10 – juris). Unter diesem Gesichtspunkt könnten gegebenenfalls entstandene Schäden, etwa in Form der geschilderten Kosten, kompensiert werden. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des hiesigen Rechtsstreits.
Hinreichende Anhaltspunkte für eine schriftliche Zusicherung nach Art. 38 BayVwVfG, es werde dem Kläger bis zu einer Einkommensgrenze von 60.000,00 EUR ein Zuschuss gewährt, lassen sich den Akten und diesem Vortrag entnehmen.
Auch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ergibt sich deshalb kein Anspruch auf Förderung.
2. Das nach Art. 5 BayWoFG maßgebliche Gesamteinkommen beträgt, wie vom Beklagten richtig angenommen, 46.002,57 EUR.
Das Gesamteinkommen ist die Summe der Jahreseinkommen der Haushaltsangehörigen abzüglich der Beträge nach Art. 5 Abs. 2 und 3 BayWoFG. Das Jahreseinkommen ist nach Art. 6 Abs. 1 BayWoFG vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 und 5a EStG jedes Haushaltsangehörigen. Ein Ausgleich mit negativen Einkünften aus anderen Einkunftsarten findet nicht statt. Die Verwendung des einkommenssteuerrechtlichen Begriffs „Summe der Einkünfte“ sowie die Verweisung auf § 2 Abs. 1, 2 und 5a EStG machen deutlich, dass Grundlage der Berechnung die erzielten Einkünfte und nicht das zu versteuernde Einkommen im Sinne von § 2 Abs. 5 EStG (vgl. VG München, U.v. 26.03.2015 – M 12K 14.2667 – juris, Rn. 33) sind. Die in § 2 Abs. 3 bis 5 EStG aufgeführten Abzugsbeträge sind damit nicht zum Abzug zu bringen. Art. 6 Abs. 3 BayWoFG enthält jedoch eigene Pauschalabzugsbeträge. Steuern vom Einkommen, laufende Beiträge zu einer Kranken- und Pflegeversicherung, sowie laufende Beiträge zu einer Lebensversicherung oder einer Versicherung zur Altersversorgung werden demnach vom nach Art. 6 Abs. 1 und 2 BayWoFG ermittelten Betrag in Höhe von jeweils zehn von Hundert pauschal abgezogen.
a. Das nach Art. 6 BayWoFG anzusetzende Jahreseinkommen des … beträgt 15.824,27 EUR.
Bei der Berechnung des Einkommens wurde in nicht zu beanstandender Weise gemäß Art. 7 Satz 2 und 3 BayWoFG der erhöhte Rentenbetrag zu Grunde gelegt. Danach sind Änderungen bei der Berechnung auch dann zu berücksichtigen, wenn eine solche Änderung innerhalb von zwölf Monaten ab dem Monat der Antragstellung zu erwarten ist. Nur Änderungen, deren Beginn oder Ausmaß nicht ermittelt werden können, bleiben außer Betracht. Aus dem Schreiben der Deutschen Rentenversicherung zur Rentenerhöhung ergibt sich eine hinreichend erwartbare Einkommensänderung ab dem 31.07.2019 und damit innerhalb von zwölf Monaten ab dem Monat der Antragstellung im Juni 2019.
Hiervon ist nach Art. 11 Abs. 3 Nr. 2 BayWoFG ein pauschaler Abzug von 10% für laufende Beträge zu einer Kranken- und Pflegeversicherung abzuziehen.
Ein weiterer Abzug insbesondere nach § 33b Abs. 3 EStG findet nicht statt. Dieser findet keinen Anknüpfungspunkt in den Regelungen zur Einkommensberechnung nach Art. 5 bis 7 BayWoFG. Aus den Regelungen ergibt sich im Gegenteil ein eigenständiges lediglich an den Einkünften nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a EStG anknüpfendes Rechenregime. § 33b Abs. 3 EStG trifft keine Regelung zu den steuerbaren Einkünften, sondern setzt die Ermittlung der steuerbaren Einkünfte vielmehr voraus: Von diesen kann zur Ermittlung des steuerrechtlich relevanten Einkommens ein Behinderten-Pauschbetrag abgezogen werden. Art. 6 Abs. 1 BayWoFG stellt jedoch nicht auf das steuerlich relevante Einkommen, sondern auf die steuerbaren Einkünfte ab. Nachdem eine etwaige Behinderung auch im Rechenregime des BayWoFG über den in Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 vorgesehenen Freibetrag in Höhe von 4.000,00 EUR Berücksichtigung findet, ist ein weitergehender Abzug auch nicht aus Billigkeitserwägungen geboten. Es ergibt sich folgendes Einkommen für … Einkommen …:
Erwerbsminderungsrente mtl. 1.473,71 EUR x 12 = 17.684,52 abzüglich Werbungskostenpauschbetrag gem. § 9a EStG 102,00 Jahresbetrag 17.582,52 Pauschalabzug von 10% gem. Art.11 Abs. 3 Nr. 2 WoFG 1.728,25 anzurechnende Einkünfte 15.824,27 b. Das Einkommen des Klägers wurde rechtmäßig mit 34.178,30 EUR angesetzt. Es setzt sich wie folgt zusammen.
Einkommen …
Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit Juni 2018-Mai 2019 49.816,35
abzüglich Werbungskosten 2.551,00
Jahresbetrag 47,265,35
Zuzüglich Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 1.560,80
Gesamteinkünfte 48.826,15
abzüglich Pauschalabzug von 30% gem. Art. 11 Abs. 1 Nrn. 1-3 BayWoFG 14.647,85
anzurechnende Einkünfte 34.178,30
Nachdem das BayWoFG ein eigenes Rechenregime anknüpfend an die Einkünfte nach § 2 Abs. 1, 2 und 5a EStG eröffnet (s.o.), ist die Auffassung des Klägers, es sei ein Pauschbetrag nach § 33 Abs. 6 EStG abzuziehen, rechtsfehlerhaft. Dieser wird – unter Zugrundelegung der bereits ermittelten steuerbaren Einkünfte – erst bei der Bestimmung des steuerlich relevanten Einkommens, abgezogen § 32 Abs. 4 EStG regelt, was als außergewöhnliche Belastung vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden kann, um das steuerrechtlich relevante Einkommen zu bestimmen (§ 2 Abs. 4 EStG). Nach Art. 5 BayWoFG kommt es jedoch auf die Einkünfte an.
Negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft können nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 BayWoFG nicht berücksichtigt werden.
Ein Abzug nach § 2 Abs. 2 DVWoR scheidet ebenfalls aus, da weder ersichtlich ist, noch substantiiert vorgetragen wurde, dass beim Kläger Einkünfte nach § 2 Abs. 1 DVWoR vorliegen, was jedoch Voraussetzung für einen Abzug nach § 2 Abs. 2 DVWoR ist.
c. Damit errechnet sich ein Gesamteinkommen des Haushalts in Höhe von 46.002,57 EUR. Dabei werden nach Art. 5 BayWoFG die Jahreseinkommen der Haushaltsmitglieder zusammengerechnet und der Freibetrag aufgrund der Schwerbehinderung von … in Höhe von 4.000,00 EUR nach Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 BayWoFG abgesetzt.
Ermittlung des Gesamteinkommens:
Jahreseinkommen des Antragstellers 34.178,30
Jahreseinkommen des Begünstigten 15.824,27
Gesamteinkommen des Haushaltes 50.002,57
abzüglich Freibetrag für Schwerbehinderte gem. Art. 5 Abs. 2 Nr. 1 BayWoFG 4.000,00
Gesamteinkommen des Haushaltes 46.002,57
Das ermittelte Gesamteinkommen in Höhe von 46.002,57 EUR liegt über der ermittelten Einkommensgrenze von 43.000,00 EUR. Insofern ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Förderung.
II. Als unterlegener Teil trägt der Kläger die Kosten des Verfahrens, § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt aus § 167 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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