Steuerrecht

Einkommensteuerrechtliche Behandlung der an frühere Bedienstete des Europäischen Patentamts gezahlten Altersversorgungsleistungen

Aktenzeichen  9 K 2869/17

Datum:
24.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43143
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
PPI Art. 16 Abs. 2
EStG § 19 Abs. 1 Nr. 2,§ 22 Nr. 1 S. 3 lit. a
VersO Art. 12
FGO § 115 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die Kläger sind Ehegatten, die in den Streitjahren 2009 bis 2014 zusammen veranlagt wurden.
Der Kläger (geb. … 1942) war seit dem 10. September 1980 beim Europäischen Patentamt (EPA), einem nicht rechtsfähigen Organ der Europäischen Patentorganisation (EPO), als Beamter tätig gewesen. Zum 1. Januar 2007 ist er in den Ruhestand getreten. Seither erhält er gemäß der Versorgungsordnung für das EPA (VersO) Altersversorgungsleistungen, deren einkommensteuerrechtliche Behandlung im vorliegenden Verfahren streitig ist.
Vor Aufnahme seiner Tätigkeit beim EPA war der Kläger in Deutschland rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Nach Art. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der EPO über die Durchführung des Art. 12 der VersO (DurchfAbk) vom 8. Dezember 1995 (BGBl II 1996, 961) kann ein Beamter des EPA, der in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, die Summe der für ihn gezahlten Beiträge zuzüglich 3,5% Zinsen für jedes vollendete Jahr nach der Beitragszahlung bis zum Zeitpunkt der Übertragung auf das Versorgungssystem des EPA übertragen lassen. Der Kläger machte von dieser Möglichkeit Gebrauch. Dementsprechend überwies die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) den pauschalen Rückkaufwert der bei ihr bestehenden Rentenanwartschaften (151.625,56 DM) zum 1. September 1998 auf das Versorgungssystem der EPO. Aufgrund dessen erhält der Kläger seine Altersbezüge ausschließlich von der EPO. Diese setzen sich in den Streitjahren wie folgt zusammen:
Der Beklagte, das Finanzamt, erfasste in den Einkommensteuerbescheiden der Streitjahre sämtliche Altersbezüge als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die hiergegen gerichteten Einsprüche ruhten zunächst antragsgemäß. Nach Wiederaufnahme der Verfahren erließ der Beklagte am 20. Oktober 2017 eine zusammengefasste Teil-Einspruchsentscheidung, mit der er den Einsprüchen insoweit abhalf, als er wegen der Übertragung der Rentenanwartschaften von der Grundversorgung einen Anteil von 16% als Renteneinkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG behandelte. Die restlichen Altersbezüge berücksichtigte er weiterhin als Versorgungsbezüge nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Hinsichtlich der Frage der vom Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 7. Juli 2015 I R 38/14, BFH/NV 2016, 180, bejahten Steuerpflicht der Teilausgleichzahlung wurde im Hinblick auf die unter dem Aktenzeichen 2 BvR 49/16 beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungsbeschwerde über die Einsprüche nicht entschieden.
Zur Begründung der dagegen gerichteten Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:
a) Der Beklagte habe den Rentenanteil an der Grundversorgung unter Berücksichtigung des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 3. August 1998, BStBl I 1998, 1042, dergestalt berechnet, dass er das von der BfA an die EPO überwiesene Guthaben von 151.625,56 DM (gerundet 152.000 DM) vom Zeitpunkt der Übertragung bis zum Eintritt in den Ruhestand aufgezinst und den so errechneten Betrag von 246.095,60 DM (125.826,68 €) zum Kapitalwert der gesamten Grundversorgung bei Ruhestandsbeginn (812.850 €) ins Verhältnis gesetzt habe. Nach Auffassung der Kläger sei jedoch auf den Zeitraum zwischen dem Dienstantritt bei der EPO und dem Ruhestandsbeginn abzustellen. Der Aufzinsung sei daher nicht der am 1. September 1998 von der BfA überwiesene Betrag in Höhe von 151.625,56 DM, sondern der von der EPO bei der Ermittlung der zusätzlichen ruhegehaltsfähigen Dienstjahre berücksichtigte Betrag in Höhe von 84.486,34 DM (gerundet 85.000 DM) zugrunde zu legen, da dieser Betrag in ruhegehaltsfähige Dienstjahre umgerechnet worden sei. Der Bedienstete werde damit so gestellt, als hätte die BfA das bei ihr bestehende Rentenguthaben bereits am Tag des Dienstbeginns auf die EPO übertragen. Die auf dieser Grundlage vorgenommene Aufteilung des Ruhegehalts, durch die sich der Anteil der Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG auf 23% erhöhe, sei systematisch richtiger als die Berechnungsmethode der Finanzverwaltung. Der Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 3. August 1998, in dem als Aufzinsungsbeginn der Zeitpunkt der Übertragung des Guthabens durch die BfA festgelegt worden sei, sei nicht zielführend. Die ersten Übertragungen von Rentenanwartschaften hätten erst ab 1997 stattgefunden. Das BMF habe die von der EPO angewandte Methode der Berechnung der zusätzlichen ruhegehaltsfähigen Dienstjahre noch nicht berücksichtigen können, da sie ihm zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Schreibens nicht bekannt gewesen sei. Das Finanzgericht München (Urteil vom 26. März 2015 13 K 2758/11, EFG 2015, 1192) habe die Berechnungsmethode der Kläger als zutreffend erachtet. Sie sei auch im darauffolgenden Revisionsverfahren vom BFH (Urteil vom 23. Februar 2017 X R 24/15, BStBl II 2017, 636) nicht beanstandet worden.
b) Außerdem seien sowohl die Haushaltszulage als auch die Teilausgleichszahlung (im Falle ihrer Steuerpflicht) in die Aufteilungsberechnung einzubeziehen. Sowohl die Haushaltszulage als auch die Teilausgleichszahlung seien Zuschläge zum Ruhegehalt, die nach der Versorgungsordnung der EPO an den ehemaligen Bediensteten zu leisten seien. Es handle sich somit um einen Annex zur Ruhegehaltszahlung, der den gleichen steuerlichen Regelungen unterliege wie das Grundruhegehalt selbst. Der Sachverhalt sei vergleichbar mit den Zuschlägen, die ein Rentner von der Deutschen Rentenversicherung erhalte (z. B. der Zuschlag für Spätrentner). Die Haushaltszulage betrage 6% des Grundruhegehalts; sie hänge also von dessen Höhe ab. Die Haushaltszulage sei somit dadurch erhöht, dass sich das Grundruhegehalt durch die Übertragung von Ansprüchen gegen die BfA erhöht habe. Wenn aber durch die Übertragung dieser Rentenanwartschaften bereits das Grundruhegehalt in Einkünfte nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG und Einkünfte nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufzuteilen sei, gelte dies in gleichem Maße für eine prozentual von der jeweiligen Einkunftsart abhängige Zulage. Das Gleiche gelte für die zum teilweisen Ausgleich der Ertragssteuerbelastung im Ansässigkeitsstaat gezahlte Teilausgleichszahlung, deren Höhe von der des Grundruhegehalts und der Haushaltszulage abhänge. Somit sei ein direkter Bezug zur jeweiligen Einkunftsart gegeben. Die Einkünftequalifikation der Teilausgleichszahlung müsse daher der Einkünftequalifikation ihrer Berechnungsgrundlage folgen.
c) Ferner sei ein Drittel des als Versorgungsbezug i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu beurteilenden Anteils am Gesamtruhegehalt als steuerfreier, nur dem Progressionsvorbehalt unterliegender Betrag anzusehen, da es sich insoweit um die nachträgliche Auszahlung früherer Dienstbezüge aus dem aktiven Dienstverhältnis handle. Der BFH habe in Rz. 31 des Urteils vom 23. Februar 2017 in BStBl II 2017, 636 die Qualifizierung des Ruhegehalts als Versorgungsbezug damit begründet, dass der Teil der Dienstbezüge, der während der aktiven Dienstzeit von den Dienstbezügen einbehalten werde, noch nicht zugeflossen sei und somit keine Gehaltsverwendung vorliege. Die Bediensteten der EPO hätten nach den einschlägigen Rechtsvorschriften (Artikel 64 des Beamtenstatuts der EPO) während der aktiven Dienstzeit Anspruch auf ein Bruttogehalt, das die Arbeitnehmerbeiträge zur Altersversorgung mit beinhalte. Auf diese zukünftig zufließenden Gehaltsbestandteile könne der Bedienstete gemäß Artikel 64 Abs. 1 Satz 2 des Beamtenstatuts der EPO, welches als völkerrechtliche Vereinbarung für die Finanzverwaltung bindend sei, nicht verzichten. Wenn der BFH in der vorgenannten Entscheidung davon ausgehe, dass ein Teil des Bruttogehalts des EPO-Bediensteten zum Zeitpunkt des Einbehalts durch die EPO noch nicht zugeflossen sei, könne darin nur eine hinausgeschobene Fälligkeit dieses Teils des Aktivgehalts gesehen werden. Lediglich der Teil der ab dem Eintritt in den Ruhestand zufließenden Bezüge, der aus den Beiträgen des Dienstherrn in das Altersversorgungssystem resultiere, sei demnach als Ruhegehalt zu beurteilen. Soweit die Ruhestandsbezüge auf dem vom Arbeitnehmer aufzuwendenden Beitrag, der sich nach den Feststellungen des BFH im Urteil vom 23. Februar 2017 in BStBl II 2017, 636 (Rz. 4) auf ein Drittel des Gesamtbeitrags belaufe, beruhten, handle es sich um später zufließendes Aktivgehalt, das nach Artikel 16 Abs. 1 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der EPO (BGBl II 1976, 649, 985 – PPI -) steuerfrei sei.
Die Kläger beantragen,
die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2014 in Gestalt der zusammengefassten Einspruchsentscheidung vom 20. Oktober 2017 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 57.628 € (2009), 61.345 € (2010), 59.643 € (2011), 59.964 € (2012), 65.497 € (2013) sowie 65.400 (2014) und Einkünfte des Klägers gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG in Höhe von 15.468 € (2009), 17.134 € (2010), 16.536 € (2011), 16.680 € (2012), 19.159 € (2013) sowie 19.120 € (2014) zugrunde gelegt werden und die Einkommensteuer 2009 bis 2014 unter Berücksichtigung von dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG) unterliegenden Einkünften von 30.659 € (2009), 32.518 € (2010), 31.666 € (2011), 31.827 € (2012), 34.593 € (2013) sowie 34.545 € (2014) entsprechend herabgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Teil-Einspruchsentscheidung.
Am 24. Juli 2019 hat Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden. Auf das Protokoll hierzu wird verwiesen.
II.
1. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat den gemäß § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG zu besteuernden Teil der Ruhebezüge des Klägers zutreffend berechnet. Die Ruhebezüge sind auch nicht teilweise von der Einkommensteuer befreit und nur dem Progressionsvorbehalt unterworfen.
Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil in BStBl II 2017, 636), der der Senat folgt, sind Ruhebezüge aus einer ehemaligen Tätigkeit beim Europäischen Patentamt, soweit sie nicht auf Versorgungsanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung beruhen, als Ruhegehalt nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren. Sie sind auch nicht teilweise steuerfrei, sondern unterliegen als „Renten und Ruhegehälter“ i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI der Besteuerung in Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Klägers.
a) Der Beklagte hat den als Rente zu besteuernden Anteil an der gesamten Versorgung (ohne Haushaltszulage und Teilausgleichszahlung) entsprechend der Verwaltungsauffassung (Tz. 5 des BMF-Schreibens in BStBl I 1998, 1042) zutreffend mit 16% ermittelt.
Dabei hat er zunächst den Kapitalwert gesamten Versorgung (ohne Haushaltszulage und Teilausgleichszahlung) für den Zeitpunkt des Pensionsbeginns festgestellt. Dieser berechnet sich nach der Tabelle in Anlage 9 zu § 14 Bewertungsgesetz (BewG) zur Berechnung des Kapitalwerts einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung, wobei das zum Pensionsbeginn vollendete Lebensalter des Berechtigten (im Streitfall: 64. Lebensjahr) zugrunde zu legen ist. Der nach der o.g. Tabelle auf den Jahresbetrag der Grundversorgung bei Pensionsbeginn anzuwendende Vervielfältiger, wonach sich im Streitfall der vom Beklagten ermittelte Kapitalwert der Gesamtversorgung in Höhe (87.281,22 € x von 9,313 =) 812.850 € ergibt, ist nach der „Sterbetafel für die Bundesrepublik Deutschland 1986/88; Gebietsstand seit dem 3. Oktober 1990“ unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit 5,5% errechnet worden.
Hiervon abzusetzen ist der Kapitalanteil an der Grundversorgung, der auf das am 1. September 1998 an von der BfA überwiesene Guthaben in Höhe von 151.625,56 DM entfällt (Kapitalwert der Leibrente). Dieser Anteil berechnet sich in der Weise, dass das 1. September 1998 überwiesene Guthaben durch Aufzinsung auf den Pensionsbeginn ermittelt wird. Für die Berechnung ist der überwiesene Kapitalbetrag auf volle Tausend DM (im Streitfall 152.000 DM) und der Aufzinsungszeitraum (im Streitfall: 8 Jahre und 4 Monate) auf volle Jahre (im Streitfall 9 Jahre) aufzurunden; der aufgezinste Betrag kann der Tabelle in Tz. 6 des o.g. BMF-Schreibens entnommen werden. Dabei wird gleichfalls ein Zinssatz von 5,5% zugrunde gelegt. Im Streitfall beträgt der Kapitalwert der Leibrente danach (152.000 DM x 1,61905 =) 246.095,80 DM (125.826,68 €) und der der Pensionsleistungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG somit (812.850 € – 125.826,68 € =) 657.023,32 €. Der Anteil des Kapitalwerts der Leibrente am Gesamtwert der Versorgungsleistung beläuft sich damit auf 16%. Nach diesem für den Zeitpunkt des Pensionsbeginns maßgebenden Verhältnis sind alle künftigen Versorgungsleistungen in einen Renten- und einen Pensionsanteil aufzuteilen.
Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Kapitalwert der Leibrente nicht dergestalt zu ermitteln, dass der vom EPA bei der Berechnung der durch die Übertragung der Rentenanwartschaften zusätzlich erworbenen ruhegehaltsfähigen Dienstjahre zugrunde gelegte Kapitalwert der Rente bei Dienstbeginn in Höhe von 84.486,34 DM (aufgerundet 85.000) unter Anwendung des entsprechenden in der Tabelle in Tz. 6 des BMF-Schreibens für einen Zeitraum von 27 Jahren ausgewiesenen Vervielfältigers von [(1 + 0,055) 27 ] = 4,24415 auf den Ruhestandsbeginn aufgezinst wird. Der so errechnete Wert von (85.000 DM x 4,24415 =) 360.752,75 DM (184.449,95 €) ist für die Ermittlung des Verhältnisses zwischen Pensions- und Rentenanteil schon deshalb unbrauchbar, weil das EPA bei der Berechnung des Kapitalwerts der Rentenanwartschaften zum Zeitpunkt des Dienstantritts nicht einen Zinssatz von 5,5%, sondern einen solchen von 3,5% zugrunde gelegt und den von der BfA überwiesenen Betrag nicht vom 1. September 1998, sondern vom 10. September 1997 auf den Zeitpunkt des Dienstantritts abgezinst hat. Dementsprechend ergab sich bei der auf die Dauer von (nur) 17 Jahren vorgenommenen Abzinsung des überwiesenen Betrags von 151.625,56 DM ein Vervielfältiger von [(1 + 0,035) -17 ]= 0,557204 und damit ein Kapitalwert bei Dienstantritt in Höhe von (151.625,56 DM x 0,557204 =) 84.486,34 DM. Um zu einer zutreffenden Aufteilung zwischen Pensions- und Rentenanteil zu kommen, kann dieser mit 3,5% abgezinste Betrag anschließend nicht, wie die Klägern meinen, mit 5,5% aufgezinst werden. Dass dieser Ansatz offensichtlich falsch ist, zeigt sich schon daran, dass dann der Kapitalwert des übertragenen Guthabens im Übertragungszeitpunkt höher wäre als das tatsächlich überwiesene Guthaben von 151.625,56 DM. Bei Aufzinsung des Betrags von 84.486,34 DM mit 5,5% auf den Übertragungszeitpunkt, d.h. auf die Dauer von 18 Jahren, ergäbe sich nach dem dann anzuwendenden Vervielfältiger von [(1 + 0,055) 18] = 2,48480 nämlich ein Kapitalwert von (84.486,34 x 2,62147 =) 221.478,08 DM. Bei Zugrundelegung eines einheitlichen Zinssatzes von 5,5% für die Ab- und Aufzinsung des Rentenguthabens kommt es auch nicht darauf an, ob, wie vom Beklagten angenommen, auf den Übertragungszeitpunkt oder auf den Zeitpunkt des Dienstantritts abgestellt wird. Wird der von der BfA überwiesene Betrag von 151.625,56 DM mit 5,5% auf den Zeitpunkt des Dienstantritts abgezinst, ergibt sich ein Kapitalwert von ([1 + 0,055) -18 ] = 0,38147 x 151.625,56 DM =) 57.839,98 DM. Wird dieser Betrag auf den Zeitpunkt des Ruhestandseintritts, d. h. auf die Dauer von 26 Jahre und 3 Monate (aufgerundet 27 Jahre) mit 5,5% aufgezinst, ergibt sich Kapitalwert von ([1 + 0,055) 27 ]= 4,24440 x 57.839,98 DM =) 245.496,08 DM und damit nahezu derselbe Kapitalwert wie vom Beklagten angenommen (246.095,60 DM). Die geringfüge Abweichung beruht auf Rundungsdifferenzen.
Dass die EPA den Betrag von 84.786,34 €, d.h. das mit 3,5% abgezinste Rentenguthaben der Berechnung der zusätzlich erworbenen ruhegehaltsfähigen Dienstjahre zugrunde gelegt hat, ist nur dann von Bedeutung, wenn, was ebenso möglich ist, das Verhältnis zwischen Renten- und Pensionsanteil nicht nach den jeweiligen Kapitalwerten zum Ruhestandsbeginn, sondern nach dem Verhältnis zwischen den zusätzlich erworbenen ruhegehaltsfähigen Dienstjahren zu den gesamten ruhegehaltsfähigen Dienstjahren bestimmt wird. Diese Berechnungsmethode kann der Klage allerdings nicht zum Erfolg verhelfen, da sich danach gleichfalls ein Rentenanteil von ca. 16% ergibt. Wie den Anlagen zum Schreiben des EPA vom 22. Oktober 1998 entnommen werden kann, wurden durch die Übertragung von anzurechnenden Rentenansprüchen in Höhe von 84.786,34 € die ruhegehaltfähigen Dienstjahre um (4 Jahre, 11 Monate und 21 Tage =) 4,9757 Jahre erhöht. Vom Dienstantritt am 10. September 1998 bis zum Ruhestandseintritt am 1. Januar 2007 hat der Kläger (26 Jahre, 3 Monate und 20 Tage =) 26,3062 Dienstjahre zurückgelegt. Der Anteil der zusätzlich erworbenen 4,9757 Dienstjahre beträgt im Verhältnis zu den gesamten ruhegehaltfähigen (26,3062 + 4,9757 =) 31,2819 Dienstjahren damit 15,91%.
b) Nach dem vom Beklagten ermittelten Rentenanteil von 16% ist nur die Grundversorgung aufzuteilen. Die Haushaltszulage und die Teilausgleichszahlung enthalten keinen Rentenanteil. Insoweit handelt es sich nicht um die Rückzahlung eines verrenteten Guthabens, an dessen Aufbau sich der Versorgungsempfänger mit eigenen Beiträgen beteiligt hat. Dass die Grundversorgung die Bemessungsgrundlage für die Haushaltszulage bildet, ändert nichts daran, dass der Kläger zur Erlangung dieser Einkünfte kein eigenes Vermögen – insbesondere zugeflossenen Arbeitslohn – eingesetzt hat (BFH-Urteil vom 22. November 2006 X R 29/05, BStBl II 2007, 402).
c) Der als Versorgungsbezug i.S.d. § 19 Abs. 2 EStG zu beurteilende Anteil am Gesamtruhegehalt ist auch nicht teilweise als steuerfreier, nur dem Progressionsvorbehalt unterliegender Betrag anzusehen.
Nach der Rechtsprechung des BFH (Rz. 29 und 38 des Urteils vom 23. Februar 2017 in BStBl II 2017, 636) stellen die Ruhestandsleistungen der EPO, soweit sie nicht auf der Übertragung der bei der BfA begründeten Rentenanwartschaften beruhen, einkommensteuerrechtlich Ruhegelder i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG dar. Es handelt sich danach gerade nicht um später ausgezahlte Bezüge für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, sondern um Ruhegelder aus früheren Dienstleistungen, die als „Renten und Ruhegehälter“ i.S. von Art. 16 Abs. 2 PPI der Besteuerung in Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Klägers unterliegen.
Wie der BFH in der o.g. Entscheidung (Rz. 52) weiter ausgeführt hat, steht auch Art. 64 Abs. 1 Satz 2 des Statuts der Beamten des EPA, wonach ein Verzicht auf die Dienstbezüge ausgeschlossen ist, der Einordnung als Ruhegelder i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht entgegen, da diese Vorschrift nicht die Befugnis des Dienstherrn berührt, die Höhe der Bezüge eigenständig zu regeln und damit einen Teil der Nominalbezüge für Zwecke der Altersversorgung des Bediensteten einzubehalten. Dies bedeutet, dass der Bedienstete während seiner aktiven Dienstzeit von vornherein nur Anspruch auf ein gekürztes Gehalt hat. Er hat in dieser Zeit keinen aufschiebend bedingten Anspruch auf Auszahlung der einbehaltenen Beträge erworben. Es handelt sich folglich auch nicht teilweise um (ab dem Ruhestand ausbezahlte) Aktivbezüge, sondern um Ruhegelder.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO).
3. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht erfüllt sind.


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