Steuerrecht

Entsorgung von Abfällen – u.a. Altfahrzeug

Aktenzeichen  W 10 K 19.1529

Datum:
7.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 35704
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KrWG § 3 Abs. 1,§ 15, § 28,§ 62
BayAbfG Art. 31
VwGO § 113 Abs. 1 S.1

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Gerichtsbescheid ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Über die Klage entscheidet das Gericht nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch Gerichtsbescheid, weil die Sache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Ein Einverständnis der Beteiligten ist hierzu nicht erforderlich.
Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg, da die angegriffenen Verwaltungsakte rechtmäßig sind und die Klägerin damit nicht in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Die statthafte Anfechtungsklage ist zulässig. Insbesondere liegt die erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO vor. Diese folgt aus Art. 2 Abs. 1 GG, da die Klägerin mit Bescheid vom 17. Oktober 2019 als Grundstücksmiteigentümerin zur Duldung der Entsorgung der auf dem Grundstück gelagerten Abfälle verpflichtet wurde und somit Adressatin belastender Verwaltungsakte ist. Soweit sie in der Klageschrift mit ihrem Ehemann nunmehr als Gesellschaft bürgerlichen Rechts auftritt, ist diese nicht klagebefugt, weil sie nicht Adressatin eines belastenden Verwaltungsaktes ist. Allerdings ist für das Gericht aus den Umständen hinreichend klar, dass die Klägerin als natürliche Person, mithin als Adressatin der zwangsgeldbewehrten Duldungsanordnung, Klage erheben will.
2. Die Klage erweist sich in der Sache jedoch als unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 17. Oktober 2019, mit dem die Klägerin unter Androhung eines Zwangsgelds verpflichtet wurde, die angeordnete Entsorgung der Abfälle auf dem vorgenannten Grundstück zu dulden, erweist sich im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung als formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Das Landratsamt H. hat als nach Art. 29 Abs. 2 BayAbfG i.V.m. § 4 Abs. 1 der Abfallzuständigkeitsverordnung zuständige Behörde den Bescheid nach Anhörung der Klägerin (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG) formell rechtmäßig erlassen.
b) Die Verpflichtung der Klägerin zur Duldung der Entsorgung der abgelagerten Abfälle durch den Kläger im Verfahren W 10 K 19.1528 in Ziffer 3 ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Als Minus zur gegenüber dem Ehemann der Klägerin angeordneten Entsorgung konnte die Duldungsanordnung ermessenfehlerfrei und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayAbfG gestützt werden (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2007 – 20 CS 07.275 – juris Rn. 15). Die an den Kläger im Verfahren W 10 K 19.1528 gerichtete Entsorgungsanordnung ist rechtmäßig (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2007 – CS 07.275 – juris Rn. 17) – aa) – und die Duldungsanordnung erforderlich, um die Anordnung gegenüber dem Ehemann der Klägerin durchsetzen zu können – bb).
aa) Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 BayAbfG kann die zuständige Behörde im Fall verbotener Ablagerungen die erforderlichen Anordnungen erlassen. Denn wer in unzulässiger Weise Abfälle ablagert, ist nach Abs. 1 dieser Vorschrift zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet. Erfasst werden insoweit alle „wilden“ Ablagerungen außerhalb von zugelassenen Entsorgungsanlagen. Die entsprechenden landesgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, die der Beseitigung von Verstößen gegen das Landesabfallrecht und damit primär der Gefahrenabwehr dienen, stehen als verfassungsrechtlich zulässige Befugnisnormen neben den bundesgesetzlichen Bestimmungen des KrWG, insbesondere dessen § 62 (vgl. BVerwG, B.v. 5.11.2012 – 7 B 25.12 – juris Rn. 10 f.; BayVGH, B.v. 27.3.2017 – 20 CS 16.2404 – juris Rn. 58). Bei der Anordnung unter Ziffer 1 des Bescheids vom 17. Oktober 2019 gegen den Ehemann der Klägerin geht es in erster Linie um die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands der „wilden“ Ablagerung mit ihrer negativen Vorbildwirkung. Es handelt sich mithin nicht um eine Maßnahme aus Gründen gerade der ordnungsgemäßen Entsorgung. Um diese geht es „lediglich“ im Anschluss an die Auflösung der unzulässigen Ablagerung, die der Beseitigung im Sinne des KrWG vorgelagert ist (vgl. BVerwG, B.v. 5.11.2012, a.a.O.; OVG RhPf, U.v. 26.1.2012 – 8 A 11081/11 – juris Rn. 62). Zudem bleibt der Kreis der Abfallentsorgungspflichtigen, welcher im KrWG (vgl. §§ 20 und 17 Abs. 1 KrWG) abschließend geregelt ist, unberührt (vgl. BVerwG, B.v. 5.11.2012, a.a.O.; BayVGH, B.v. 27.3.2017, a.a.O. Rn. 65), zumal es sich beim Kläger im Verfahren W 10 K 19.1528 unstreitig um den Abfallbesitzer gemäß § 3 Abs. 9 KrWG handelt. Die landesrechtlichen Anforderungen und die bundesrechtlichen Vorgaben des KrWG können darüber hinaus aufeinander aufbauen (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2017, a.a.O. Rn. 65 f.; OVG RhPf, U.v. 26.1.2012 – 8 A 11081/11 – juris Rn. 55 ff.). Daher ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Landratsamt die Regelung in Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ergänzend auf § 62 KrWG i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG stützt, wonach unter anderem Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, grundsätzlich verpflichtet sind, diese zu beseitigen, wobei die zuständige Behörde im Einzelfall die erforderlichen Anordnungen treffen kann.
Die vom Ehemann der Klägerin auf dem Grundstück Fl.Nr. 79 der Gemarkung R … gelagerten und im Bescheid aufgeführten Gegenstände unterfallen dem Abfallbegriff des KrWG.
Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG ist ein Wille zur Entledigung im Sinne von § 3 Abs. 1 KrWG hinsichtlich solcher Stoffe oder Gegenstände anzunehmen, deren ursprüngliche Zweckbestimmung entfällt oder aufgegeben wird, ohne dass ein neuer Verwendungszweck unmittelbar an deren Stelle tritt. Liegen dessen überwiegend subjektiv geprägte Voraussetzungen vor, begründet § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG die Fiktion des Entledigungswillens. Bei der Prüfung kommt jedoch der Verkehrsanschauung besondere Bedeutung zu, was eine gewisse Verobjektivierung der Tatbestandsmerkmale ermöglicht. Die materielle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Abfalleigenschaft trifft zwar die Behörde (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2020 – 12 CS 19.2505 – juris LS 5, Rn. 43), der Beklagte konnte jedoch die tatsächlichen Voraussetzungen der Abfalleigenschaft anhand der vorgelegten Lichtbilder, die im Rahmen verschiedener Ortseinsichten entstanden, und der ergänzenden Aktenvermerke in ausreichender Weise dartun. Der Kläger im Verfahren W 10 K 19.1528 ist diesen Feststellungen nicht in substantiierter Weise entgegengetreten, vielmehr blieben seine Behauptungen in Bezug auf die Verwendung der Gegenstände allesamt unbelegt.
Ein Wille zur Entledigung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KrWG ist hinsichtlich des Altfahrzeugs schon deshalb anzunehmen, da das mit Gestrüpp überwucherte und nicht mit einem Kennzeichen versehene Fahrzeug ausweislich der im Abstand von mehreren Monaten durchgeführten Ortseinsichten unbewegt und auf unbefestigtem Grund unter freiem Himmel abgelagert wird, wobei es infolge einer Beschädigung am Dach bereits zu Wasserschäden im Inneren gekommen ist. Es widerspricht aber der Verkehrsanschauung, ein Fahrzeug beschädigt über einen derart langen Zeitraum unter freiem Himmel abzustellen, da eine derartige Lagerung regelmäßig zu Substanzschäden führt, die bei einer eventuell späteren erneuten Inbetriebnahme erhebliche Reparaturaufwendungen erfordern (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 20 CS 13.768 – juris Rn. 16). Ob und ggf. wann die ursprüngliche Zweckbestimmung wiederhergestellt werden kann, ist nicht absehbar. Eine alsbaldige Zuführung des Fahrzeugs zu seinem früheren Zweck als Fortbewegungsmittel ist nicht ersichtlich. Ist eine Sache jedoch für ihren angestammten Zweck aktuell nicht mehr verwendungsfähig, bleibt ihre ursprüngliche Zweckbestimmung nur dann erhalten, wenn etwa eine Reparatur konkret ins Auge gefasst und in absehbarer Zeit auch realisiert wird (vgl. BayVGH, B.v. 14.5.2013 – 20 CS 13.768 – juris; VG Augsburg, B.v. 8.3.2018 – 8 S 17.1949 – BeckRS 2018, 16810 Rn. 38). Aufgrund vorgenannter Umstände ist nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung davon auszugehen, dass eine Wiederbenutzung nicht mehr in Betracht gezogen wird und die ursprüngliche Zweckbestimmung vielmehr willentlich und endgültig aufgegeben ist. Wäre die Aufgabe der Zweckbestimmung des Fahrzeugs als Fortbewegungsmittel unbeabsichtigt gewesen, so wäre ein dahingehender Schutz vor Witterungseinflüssen zu erwarten gewesen, um zu gewährleisten, dass es nicht ungehindert „verrottet“ (vgl. VG München, U.v. 30.8.2016 – M 17 K 15.3371 – juris Rn. 31). Ein unmittelbar an die Stelle der ursprünglichen Zweckbestimmung tretender Verwendungszweck liegt nicht vor. Zwar mag die Nutzung als Dekorations- bzw. Verkaufsobjekt grundsätzlich einen neuen Verwendungszweck im Sinne der Vorschrift darstellen (wenn man den Begriff des Verwendungszwecks wie bei § 5 Abs. 1 Nr. 1 KrWG weit versteht, vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2020 – 12 CS 19.2505 – juris LS 7, Rn. 52). Dieser Behauptung steht jedoch bereits der äußere Zustand des Fahrzeugs entgegen, zumal der Ehemann der Klägerin entgegen seiner Ankündigung einen möglichen Käufer bisher nicht benannt hat. Die unbelegten Ausführungen erweisen sich im Ergebnis als bloße Schutzbehauptungen, zumal sich dieser selbst widerspricht, wenn er behauptet, ein Dritter habe das Fahrzeug abgestellt, er wolle es aber nun verkaufen. Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt für das Gericht ist darüber hinaus der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dass bereits in diesem Zeitpunkt ein anderweitiger Verwendungszweck vorgelegen habe, wurde jedoch weder vorgetragen, noch ist dies aus den sonstigen Umständen ersichtlich. Ein zum jetzigen Zeitpunkt angestrebter Verkauf als Dekorationsobjekt wäre damit ohne Relevanz.
Entgegen der klägerischen Ansicht kommt es deshalb nicht auf die Gefährlichkeit des Gegenstands infolge Ölaustritts an (vgl. § 3 Abs. 4 KrWG). Aufgrund des Vorliegens der Abfalleigenschaft im Zeitpunkt des Bescheidserlasses erfüllte das Fahrzeug auch die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 AltfahrzeugV, so dass nach § 4 Abs. 1 der auf § 65 KrWG beruhenden AltfahrzeugV auch eine Pflicht zur Überlassung des Fahrzeugs an eine anerkannte Annahmestelle, Rücknahmestelle oder einen Demontagebetrieb bestand, der er nicht nachgekommen ist.
Der ursprüngliche Verwendungszweck des PKW-Anhängers als Transportmittel ist ausweislich der vorgelegten Lichtbilder und Aktenvermerke nach der Verkehrsauffassung als aufgegeben anzusehen. Dafür sprechen insbesondere die Umstände der Lagerung des bereits 1956 gefertigten Anhängers. Die Wand des ungeschützt im Freien abgestellten Anhängers weist ein Loch in der Bordwand auf, dieser ist bereits mit Gestrüpp überwachsen und auf Torso und Rädern hat sich Moos gebildet. Ob und wann die Zweckbestimmung wiederhergestellt werden kann, ist wiederum nicht absehbar, zumal die alsbaldige Zuführung des Anhängers zu seinem ursprünglichen Zweck oder dessen alsbaldige Reparatur weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Aufgrund des festgestellten Zustands erweist sich eine Nutzungsabsicht als Dekorations- bzw. Verkaufsobjekt als bloße Schutzbehauptung, zumal deren Vorliegen bereits im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung wiederum nicht einmal behauptet wird. Diesbezüglich wird auf die vorgenannten Ausführungen zum Altfahrzeug verwiesen.
Auch bezüglich der abgelagerten Altreifen, der beschädigten Blumentöpfe bzw. Plastikeimer und des abgelagerten Altholzes wird der Entledigungswille unter Anwendung vorgenannter Grundsätze fingiert. Nach der maßgeblichen Verkehrsanschauung ist die ursprüngliche Zweckbestimmung der Altreifen als Fortbewegungshilfe aufgrund des auf den Lichtbildern ersichtlichen Moosbewuchses und der dauerhaften unveränderten Ablagerung an verschiedenen Orten auf dem Grundstück erkennbar aufgegeben worden. Eine Nutzung der beschädigten Blumentöpfe und Plastikeimer zur Gartenarbeit ist aufgrund deren Beschädigungen schon nicht mehr möglich, jedenfalls nach den Umständen der dauerhaften Ablagerung auf einem ungeordneten Haufen nicht mehr beabsichtigt. Ein sonstiger Verwendungszweck ist in Bezug auf vorgenannte Gegenstände weder vorgetragen, noch ersichtlich.
Auch das Altholz wurde über einen langen Zeitraum unverändert auf einem ungeordneten Haufen gelagert, der Weg dorthin ist ausweislich der in der Behördenakte befindlichen Lichtbilder bereits mit Gestrüpp überwachsen, so dass auch diesbezüglich nach der Verkehrsauffassung davon auszugehen ist, dass der ursprüngliche Verwendungszweck aufgegeben wurde. Ein neuer Verwendungszweck, der unmittelbar an die Stelle der ursprünglichen Zweckbestimmung getreten ist, lässt sich dem Vorbringen dagegen nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich, zumal er das Holz (wohl jahrelang) auf dem Grundstück gelagert hat und der Zugangsweg von Gestrüpp überwachsen ist. Soweit dieser einem Abtransport des Holzes entgegenhält, es diene Igeln als Unterschlupf, so ist dies weder belegt, noch finden sich Anhaltspunkte dafür, dass dies bei Bescheidserlass der Fall gewesen wäre. Es handelt sich somit um eine bloße Schutzbehauptung.
Das Landratsamt hat zudem zu Recht angenommen, dass der Ehemann der Klägerin sich des Altholzes gemäß § 3 Abs. 4 KrWG entledigen muss. Bei den Fensterstöcken handelt es sich um gefährlichen Abfall im Sinne des § 3 Abs. 5 KrWG. Fensterstöcke werden gemäß § 2 Nr. 1, Nr. 3 AltholzV als Altholz klassifiziert und gehören ausweislich des Anhangs III der AltholzV zur Altholzkategorie IV im Sinne des § 2 Nr. 4 Buchstabe d AltholzV. Nach der Abfallverzeichnisverordnung (AVV) ist Altholz, welches mit gefährlichen Stoffen behandelt wurde, mit dem Abfallschlüssel 17 02 04 gemäß § 3 Abs. 1 AVV i.V.m. §§ 3 Abs. 5, 48 Satz 2 KrWG einem Abfallschlüssel zugewiesen, der dieses als gefährlichen Abfall einstuft.
Es wird zwar vorgetragen, die Fensterstöcke seien unbehandelt. Dieser unbelegte Einwand ist jedoch nicht geeignet, die weitgehende Vermutungsregel des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AltholzV zu widerlegen, die auf der in Anhang III der AltholzV vorgenommenen Typisierung fußt. Nach dieser Vorschrift sind bei der Zuordnung von Altholz nämlich Sortiment und Herkunft gemäß Anhang III als Regelvermutung zu beachten. Die Einstufung eines Stoffs oder Gegenstands als gefährlich im abfallrechtlichen Kontext beruht mithin auf einer normativen Vermutung, deren Widerlegung demjenigen, der sich gegen sie wendet, obliegt, vorliegend also dem Ehemann der Klägerin. Die Einstufung in eine andere Altholzkategorie ist dabei nur in besonders begründeten Ausnahmefällen zulässig, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AltholzV. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 AltholzV erfolgt zudem in Zweifelsfällen stets eine Einstufung in eine höhere Altholzkategorie. Das gleiche Ergebnis ergibt sich aus § 3 Abs. 3 Satz 1 AVV, wonach durch die Behörde eine Einstufung von Abfällen abweichend von der Gefährlichkeitseinstufung im Abfallverzeichnis ausdrücklich nur dann erfolgt, wenn der Abfallbesitzer nachweist, dass der als gefährlich aufgeführte Abfall keine der in Anhang III der RL 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) genannten Gefährlichkeitskriterien aufweist. Insoweit obliegt die materielle Beweislast für die Ungefährlichkeit eines Gegenstands dem Abfallbesitzer.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 2 BayAbfG liegen auch im Übrigen vor. Der Kläger im Verfahren W 10 K 19.1528 ist gemäß Art. 31 Abs. 1 BayAbfG zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustands verpflichtet, der durch die Ablagerung von Abfällen in unzulässiger Weise entstanden ist.
Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG ist der Erzeuger oder Besitzer von Abfällen, die nicht verwertet werden, verpflichtet, diese zu beseitigen. Da die in Rede stehenden Abfälle nicht verwertet worden sind, handelt es sich um Abfälle zur Beseitigung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 KrWG). Die Ablagerung erfolgte auch in unzulässiger Weise im Sinne des Art. 31 Abs. 1 BayAbfG. Für derartige Abfälle ist gemäß § 28 Abs. 1 KrWG die Behandlung und Lagerung in Abfallbeseitigungsanlagen vorgesehen. Das maßgebliche Grundstück Fl.Nr. 79 der Gemarkung R … ist jedoch ersichtlich keine zugelassene Abfallbeseitigungsanlage im Sinne des § 28 KrWG.
Die behördlichen Erkenntnisse sind dabei entgegen der klägerischen Ansicht auch verwertbar.
Soweit man nicht bereits eine konkludent erteilte Betretungserlaubnis annehmen möchte, da jedweder Hinweis auf ein ausgesprochenes Betretungsverbot in den behördlichen Aktenvermerken fehlt, ergibt sich die Berechtigung des Landratsamts zum Betreten des Grundstücks und eine damit korrespondierende Duldungspflicht jedenfalls aus § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG. Danach hat der Ehemann als Besitzer der Abfälle und somit als gemäß § 47 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 KrWG zur Auskunft verpflichtete Person den Bediensteten des zuständigen Landratsamts das Betreten des Grundstücks zur Prüfung der Einhaltung seiner Verpflichtungen zur Verwertung (§ 7 Abs. 2 KrWG) bzw. Beseitigung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 KrWG) zu gestatten. Aus dieser Gestattungspflicht ergibt sich im Umkehrschluss die entsprechende Eingriffsermächtigung der zuständigen Behörde und nicht bloß die Berechtigung, das Betretungsrecht einzufordern (vgl. VG München, U.v. 30.8.2016 – M 17 K 15.3371 – juris Rn. 50; VG Gelsenkirchen, B.v. 30.1.2008 – 14 L 1330/07 – juris Rn. 39; Beckmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand: Februar 2020, § 47 KrWG Rn. 62). Eine nicht von § 47 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfasste Durchsuchung des Grundstücks lag nicht vor, da die abgelagerten sperrigen Gegenstände ausweislich der vorgelegten Lichtbilder bei Betreten des Grundstücks ohne weiteres erkennbar waren, mithin keine zielgerichtete Suche nach diesen erfolgen musste.
Die Anordnung entspricht auch den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung, welche vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. § 114 VwGO).
Die Aufforderung des Landratsamts, die gelagerten Gegenstände ordnungsgemäß zu entsorgen, ist frei von Ermessensfehlern und nicht unverhältnismäßig. Nachdem die Qualifizierung als Abfall im Rechtssinne nicht zu beanstanden ist, brauchte die Behörde alternative Anordnungen nicht zu erwägen. Die Anordnung, in unzulässiger Weise gelagerten Abfall zu beseitigen, ist von Art. 31 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BayAbfG ohne Weiteres gedeckt. Insbesondere zeigt der Umstand, dass der Ehemann trotz des langen Zeitraums seit der ersten Aufforderung zur Beseitigung der Abfälle im April 2019 das maßgebliche Grundstück nicht vollständig von den Abfällen geräumt hat, dass die Entsorgungsanordnung erforderlich war. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich. Die Anordnung erweist sich auch als geboten, insbesondere schuldet derjenige, der im eigenen Interesse einen rechtswidrigen Zustand verursacht hat oder für diesen sonst verantwortlich ist, dessen Beseitigung im öffentlichen Interesse, ohne dass er dabei etwa die ihn treffende Kostenbelastung als allein in seinen Verantwortungsbereich fallenden Gesichtspunkt einwenden kann. Dies gilt umso mehr, als die Anordnung auch dazu dient, Bezugsfälle bzw. Nachahmungen zu vermeiden. Die Erfüllungsfrist weist einen ausreichend langen Zeitraum aus, innerhalb dessen der Entsorgungspflicht nachgekommen werden kann.
Es bestehen auch keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Störerauswahl. Die Anordnung konnte ermessensfehlerfrei gegen den Ehemann als Abfallbesitzer (§ 3 Abs. 9 KrWG) und Grundstücksmiteigentümer (Art. 9 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 LStVG) gerichtet werden. Die unbelegte klägerische Behauptung, dass die Gegenstände teilweise von Dritten dort abgestellt worden seien, ist schon deshalb ohne Belang, da die Anordnung nur gegen den Abfallerzeuger (§ 3 Abs. 8 KrWG) bzw. Abfallbesitzer (§ 3 Abs. 9 KrWG) gerichtet werden kann und deren Voraussetzungen in der Person des Dritten nicht vorliegen bzw. ein Abfallerzeuger nicht zu ermitteln ist.
bb) Die Duldungsanordnung ist auch erforderlich, um die Entsorgungsanordnung gegen den Ehemann der Klägerin durchsetzen zu können (vgl. VG Lüneburg, B.v. 23.6.2020 – 2 B 42/20 – juris Rn. 29 f.).
Die Anordnung, den Vollzug einer abfallrechtlichen Maßnahme zu dulden, hat eine Doppelnatur. Sie ist ein Gestaltungsakt, der zivilrechtliche Ansprüche des Duldungspflichtigen, die dem Vollzug entgegenstehen, ausschließt. Sie ist zugleich eine vollstreckungsfähige Anordnung, durch die dem Duldungspflichtigen untersagt wird, den Vollzug zu behindern (vgl. BayVGH, B.v. 11.6.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris LS 2, Rn. 21). Eine Duldungsanordnung dient der Überwindung eines bestehenden obligatorischen oder dinglichen Rechts eines Dritten, das ihn befähigt, den Adressaten einer abfallrechtlichen Verfügung an der Befolgung dieser Verfügung zu hindern. Eine Duldungsanordnung ist daher erforderlich, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine der Befolgung der abfallrechtlichen Verfügung entgegenstehende Rechtsposition bestehen (vgl. VG Lüneburg, B.v. 23.6.2020 – 2 B 42/20 – juris Rn. 29).
Unter Anwendung vorgenannter Grundsätze war der Erlass einer Duldungsanordnung gegenüber der Klägerin erforderlich. Das Grundstück, auf dem die Abfälle gelagert werden, steht im Miteigentum der Klägerin und ihres Ehemanns. Beide können auf die auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände zugreifen, ein (Eigen-)Besitzwille liegt ebenfalls vor, da vorgebracht wird, man wolle die Gegenstände verkaufen. Die Klägerin ist damit zivilrechtlich als Besitzerin der auf dem Grundstück befindlichen Gegenstände anzusehen, ihre Eigentümerstellung wird damit nach § 1006 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vermutet. Die Vermutung des § 1362 Abs. 1 BGB war vorliegend nicht einschlägig, da diese nur zugunsten der zivilrechtlichen Gläubiger und nicht im Innenverhältnis wirkt, ein Rückgriff auf § 1006 Abs. 1 BGB bleibt gleichwohl möglich (Weber-Monecke in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2019, § 1362 Rn. 17). Dem Ehemann ist es deshalb nicht möglich, die Abfälle zu entsorgen, ohne gleichzeitig in Eigentums- und Besitzrechte der Klägerin einzugreifen.
cc) Die Anordnung entspricht auch den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung, welche vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. § 114 VwGO), und erweist sich im Übrigen als verhältnismäßig.
Nachdem die Entsorgungsanordnung gegen den Kläger im Verfahren W 10 K 19.1528 nicht zu beanstanden ist und konkrete Hinweise darauf vorliegen, dass eine Entsorgung nicht ohne Eingriff in die Rechte der Klägerin möglich sein dürfte, kann die Behörde ermessensfehlerfrei die Duldungsanordnung erlassen. Diese ist von Art. 31 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BayAbfG ohne Weiteres gedeckt. Die Behörde kann deshalb – auch wenn eine (aktive) Handlung der Klägerin dahingehend, dass sie gestützt auf privatrechtliche Befugnisse dem Vollzug Hindernisse in den Weg legen wird, bislang fehlt – diese zur Duldung der Entsorgung verpflichten. Denn es besteht die Möglichkeit der Berufung auf ein Vollzugshindernis erst im Vollstreckungsverfahren, zumal die Klägerin bzw. ihr Ehemann mehrere Möglichkeiten zur Stellungnahme nicht wahrgenommen haben und der Ehemann, wohl im Einverständnis mit der Klägerin, auf konstruktive Vorschläge des Landratsamts nicht eingegangen ist.
c) Die Klage bleibt auch ohne Erfolg, soweit sich die Klägerin gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4.3 wendet. Die Androhung eines bestimmten Zwangsgelds (Art. 36 Abs. 3 VwZVG) stellt einen aufschiebend bedingten Leistungsbescheid im Sinne des Art. 23 Abs. 1 VwZVG dar (vgl. VG Würzburg, U.v. 20.12.2018 – W 5 K 17.1197 – juris Rn. 18; VG Augsburg, U.v. 2.7.2012 – Au 5 K 11.707 – juris Rn. 25). Dieser findet seine Rechtsgrundlage vorliegend in Art. 29 Abs. 1, 2 Nr. 1, 31, 36 Abs. 1 und 5 VwZVG. Die Zuständigkeit des Landratsamts als Anordnungsbehörde folgt aus Art. 20 Nr. 1 VwZVG, eine Anhörung war nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG nicht erforderlich.
In materieller Hinsicht ist gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 1 VwZVG grundsätzlich ein wirksamer und vollziehbarer Grundverwaltungsakt erforderlich. Dass aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 1 VwGO) bei Bescheidserlass die Voraussetzungen des Art. 19 VwZVG noch nicht vorlagen, ist jedoch unschädlich, da das Gericht vorliegend gleichzeitig über alle in dem Bescheid verbundenen Regelungen befindet, welche somit gleichzeitig in Bestandskraft erwachsen (vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris Rn. 14). Die Zwangsgeldandrohung ist im Übrigen nach Art und Höhe nicht zu beanstanden und hinreichend bestimmt. Es steht zur Überzeugung des Gerichts hinreichend sicher fest, unter welchen Voraussetzungen das Zwangsmittel zur Anwendung kommt (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2009 – 20 ZB 09.1332 – juris Rn. 2), nämlich bei jedem Verstoß gegen die Dauerunterlassungspflicht unter Ziffer 3 des angegriffenen Bescheids. Da eine Duldungsanordnung eine Dauerunterlassungspflicht begründet (vgl. Decker in Simon/ Busse, Bayerische Bauordnung, Stand: September 2020, BayBO Art. 76 Rn. 434), kann gegen diese grundsätzlich mehrfach verstoßen werden. In einem solchen Fall ist zwar grundsätzlich klarzustellen, für welchen Verstoß ein Zwangsgeld zur Zahlung fällig wird. Abweichend von diesem Grundsatz lässt sich aber bei mehreren in Frage kommenden Verstößen dann die Androhung eines einheitlichen Zwangsgeldbetrags rechtfertigen, wenn eine verständige Auslegung eindeutig ergibt, unter welchen Bedingungen das Zwangsgeld fällig werden soll (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2002 – 22 CS 02.2577 – juris Rn. 14; VG München, U.v. 13.5.2013 – 13.5.2013 – M 8 K 12.2500 – juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall ist es für einen objektiven Dritten in der Person der Klägerin hinreichend deutlich erkennbar, dass in jedem Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 3 statuierte Dauerunterlassungspflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 100,00 EUR zur Zahlung fällig werden soll (§§ 133, 157 BGB entsprechend). Das einheitliche Zwangsgeld von 100,00 EUR steht dabei auch zu jedem Verstoß gegen die Duldungsverpflichtung in einem angemessenen Verhältnis (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2002 – 22 CS 02.2577 – juris Rn. 14).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11 und 711 ZPO.


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