Steuerrecht

Erlass von Nachzahlungszinsen

Aktenzeichen  X R 23/11

Datum:
7.11.2013
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 233a Abs 2 AO
§ 233a Abs 3 S 1 AO
§ 233a Abs 3 S 3 AO
§ 238 Abs 1 S 2 AO
§ 233a Nr 70.1.2 S 2 AEAO
§ 227 AO
Spruchkörper:
10. Senat

Leitsatz

NV: Soweit aufgrund von freiwilligen Leistungen des Steuerpflichtigen nach Beginn des Zinslaufes (§ 233a Abs. 2 AO) Nachzahlungszinsen zu erlassen sind, kann die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen entsprechend Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO diesen Erlass auf die Zinsen beschränken, die für jeweils volle Monate zwischen der Annahme der Zahlung durch das Finanzamt und der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung angefallen sind.

Verfahrensgang

vorgehend FG Köln, 25. März 2011, Az: 9 K 2386/10, Urteil

Tatbestand

1
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) reichte Anfang April 2009 ihre Einkommensteuererklärung 2007 ein und zahlte am 9. April 2009 einen Betrag von … € nebst darauf entfallenden Nebenforderungen an den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–). Das FA nahm den Gesamtbetrag in Verwahrung.
2
Am 25. November 2009, einem Mittwoch, erließ das FA den Einkommensteuerbescheid, in dem es nach Abzug von Lohn- und Kapitalertragsteuern sowie Zinsabschlag einen verbleibenden Einkommensteuerbetrag von … € auswies. Außerdem wurden in diesem Bescheid Zinsen gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von … € festgesetzt. Dabei legte das FA einen Zinslauf von acht Monaten (1. April 2009 bis 30. November 2009) zugrunde.
3
Die Klägerin beantragte den Erlass der Zinsen in voller Höhe wegen sachlicher Unbilligkeit. Mit Bescheid vom 5. März 2010 sprach das FA einen Teilerlass in Höhe von … € aus. Dabei berechnete das FA sog. “fiktive Erstattungszinsen” für einen Zeitraum von sieben Monaten, und zwar vom 9. April 2009 bis zum 9. November 2009.
4
Den Einspruch der Klägerin wies das FA durch die Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 als unbegründet zurück. Zwar sei ausnahmsweise für den Fall einer vorzeitigen und vom FA angenommenen und behaltenen Zahlung ein Erlass von Nachzahlungszinsen geboten. Nr. 70.1.2 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 233a AO sehe insoweit aber ausdrücklich vor, dass bei einer erst nach Beginn des Zinslaufs erbrachten Leistung ein Erlass nur für volle Monate bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung möglich sei.
5
Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 25. März 2011 ab.
6
Mit ihrer Revision macht die Klägerin Verletzung materiellen Rechts geltend.
7
Sie ist der Ansicht, Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO sei nicht ermessensgerecht, da diese Regelung die Steuerpflichtigen benachteilige. Obwohl nach Nr. 70.1.1 AEAO zu § 233a AO Nachzahlungszinsen nur bis zum Zeitpunkt des Zahlungseingangs zu entrichten seien, komme es aufgrund der in Nr. 70.1.2 AEAO zu § 233a AO gewählten Methode zu einem anderen Ergebnis. Auch seien die Folgen der Fiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO im vorliegenden Erlassverfahren zu beachten. Ohne diese Fiktion wären nämlich sämtliche Nachzahlungszinsen erlassen worden, da dann die Zeiträume der Zinsfestsetzung und des Erlasses mit jeweils sieben Monaten übereingestimmt hätten.
8
Da das Gesetz die Festsetzung von Erstattungszinsen erst mit der Zahlung vorsehe, sei der Schluss zu ziehen, dass auch Nachzahlungszinsen nur bis zum Zeitpunkt der Zahlung festzusetzen seien. Das Monatsprinzip aus § 238 Abs. 1 Satz 2 AO gelte lediglich für die Zinsfestsetzung.
9
Die Klägerin beantragt sinngemäß,das angefochtene Urteil sowie den Ablehnungsbescheid vom 5. März 2010 und die Einspruchsentscheidung vom 21. Juni 2010 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die festgesetzten Zinsen zur Einkommensteuer 2007 um weitere … € zu erlassen.
10
Das FA beantragt,die Revision zurückzuweisen.
11
Entscheidend sei bei der Berechnung der zu erlassenden Nachzahlungszinsen, so das FA, dass Nr. 70.1.2 Satz 2 AEAO zu § 233a AO aus Vereinfachungsgründen auf das Monatsprinzip nach § 238 Abs. 1 Satz 2 AO zurückgreife. Darüber hinaus sei diese Regelung auch deshalb sachlich gerechtfertigt, weil sie sich an § 233a Abs. 3 Satz 3 AO orientiere, der für die vergleichbare Situation bei Erstattungszinsen gelte.


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