Steuerrecht

Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer

Aktenzeichen  4 K 16/17

Datum:
4.8.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NWB – 2017, 3187
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 35a Abs. 4

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2015 vom 30.05.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Finanzamt hat zu Recht bei der Berechnung der Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG die Aufwendungen der Kläger für die Herstellung und Montage der Haustür in Höhe von insgesamt 3.252,80 € inklusive Mehrwertsteuer nicht berücksichtigt, denn hinsichtlich der Aufwendungen für die Herstellung der Haustür fehlt es am räumlich-funktionalen Zusammenhang der ausschließlich in der Werkstatt erbrachten Arbeiten mit dem Haushalt der Kläger. Mangels geeigneter Anhaltspunkte für eine Aufteilung der gesamten Lohnkosten auf die in der Schreinerei durchgeführten Arbeiten und auf die im Haushalt der Kläger erfolgte Montage der Tür kommt eine Schätzung – und damit eine anteilige Berücksichtigung der auf die Montage entfallenden Lohnkosten – nicht in Betracht.
1. Nach § 35a Abs. 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs-, und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1.200 €. Gemäß § 35a Abs. 4 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung kann die Steuerermäßigung nur in Anspruch genommen werden, wenn die Handwerkerleistungen in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. Gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung ist Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach Absatz 3 der Vorschrift, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.
a) Handwerkerleistungen sind einfache wie qualifizierte handwerkliche Tätigkeiten, unabhängig davon, ob es sich um regelmäßig vorzunehmende Renovierungsarbeiten oder um Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen handelt (vgl. BFH-Urteil vom 20.03.2014 VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882). Begünstigt werden handwerkliche Tätigkeiten, die von Mietern und Eigentümern für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung in Auftrag gegeben werden, z.B. das Streichen und Tapezieren von Innenwänden, die Beseitigung kleinerer Schäden, die Erneuerung eines Bodenbelags (Teppichboden, Parkett oder Fliesen), die Modernisierung des Badezimmers oder der Austausch von Fenstern. Hierzu gehören auch Aufwendungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsarbeiten auf dem Grundstück, z.B. Garten- und Wegearbeiten (vgl. BT-Drs. 16/643, 10 und BT-Drs. 16/753, 11), aber auch die Reparatur, Wartung und Austausch von Gas- und Wasser-installationen.
b) Die Handwerkerleistung muss ferner „in“ einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden. „In“ einem Haushalt wird eine Leistung erbracht, wenn sie im räumlichen Bereich des vorhandenen Haushalts geleistet wird. Der Begriff des Haushalts ist räumlich-funktional auszulegen (vgl. BFH-Urteile vom 20.03.2014 VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882 und vom 03.09.2015 VI R 18/14, BFHE 251, 435, BStBl II 2016, 272). Deshalb werden die Grenzen des Haushalts im Sinne des § 35a Abs. 4 EStG nicht ausnahmslos durch die Grundstücksgrenzen abgesteckt. Vielmehr kann auch die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen, die jenseits der Grundstücksgrenze auf fremdem, beispielsweise öffentlichem Grund erbracht werden, nach § 35a Abs. 3 und Abs. 4 EStG begünstigt sein. Es muss sich dabei allerdings um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden und dem Haushalt dienen (vgl. BFH-Urteile vom 20.03.2014 VI R 55/12, BFHE 245, 45, BStBl II 2014, 880 und vom 20.03.2014 VI R 56/12, BFHE 245, 49, BStBl II 2014, 882).
2. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist der Tatbestand der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 und Abs. 4 EStG nicht erfüllt, soweit die Handwerkerleistungen mit der Herstellung der Haustür nicht im Haushalt der Kläger, sondern in der Werkstatt des Handwerksbetriebs erbracht wurden. Die Arbeitsleistung wurde insoweit unstreitig nicht im räumlichen Bereich des Haushalts geleistet, sondern ausschließlich in einer nach Aktenlage ca. 22 km vom Haushalt entfernt liegenden Werkstatt und damit außerhalb des Haushalts der Kläger. Solche Arbeiten sind nicht begünstigt (vgl. Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 06.07.2016, 1 K 1252/16, EFG 2016, 1350 und Urteil des Finanzgerichts München vom 24.10.2011, 7 K 2544/09, DStRE 2012, 1118 sowie Krüger in Schmidt, EStG, 36. Aufl. 2017, § 35a Rz. 21 m.w.N.). Zwar hat der Bundesfinanzhof in den Verfahren VI R 55/12 und VI R 56/12 ausgeführt, dass der Gesetzgeber selbst den Begriff „Haushalt“ nicht nur als Räumlichkeit, sondern darüber hinaus als funktionalen Bezugspunkt im Sinne von „in der Nähe des Haushalts“ begriffen hat. Zugleich fordert der VI. Senat die Durchführung der Leistung in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt. Dies wurde konkret bejaht für den Fall, dass Montagearbeiten auf dem direkt an das Grundstück angrenzenden öffentlichen Grund erbracht werden.
Demnach reicht nicht jedwede Verknüpfung der Handwerkerleistung mit dem Haushalt aus. Ein derartiges Verständnis ginge weit über den Wortlaut der Vorschrift hinaus. Wo die begünstigte Tätigkeit geleistet würde, würde dann nur noch eine geringe Rolle spielen. Dies würde gar eine Abkehr vom räumlich-funktionalen Verständnis des Bundesfinanzhofes bedeuten (so auch Schlenk, DStR 2016, 781, 785). Allein die Benutzung eines – wie im Streitfall – außerhalb des Haushalts angefertigten Haushaltsgegenstandes in einem Haushalt kann daher zur Begründung eines räumlich-funktionalen Zusammenhangs nicht ausreichen. Dabei ist auch der in der Gesetzesbegründung umschriebene Förderzweck des § 35a EStG mit in den Blick zu nehmen, der sich auf die Bekämpfung der Schwarzarbeit im Bereich von Dienstleistungen, die im Privathaushalt erbracht werden, beschränkt.
Dass die zu erbringenden Leistungen Gegenstand eines einheitlichen Vertrages waren und ein Teil der Handwerksarbeiten auf dem klägerischen Grundstück durchgeführt wurde, mag die Planungs- und Montageleistungen mit den Herstellungsarbeiten in einem funktionellen Sinn verknüpfen, ein unmittelbar räumlicher Zusammenhang kann aber nur bei einer engen räumlichen Nähe zwischen Leistungsort und Haushalt angenommen werden. Von einer solchen kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn die Handwerkerleistung (Herstellung) in einem vom Grundstück entfernten Betrieb erbracht wird.
Zwar vermag es im Einzelfall von der Entscheidung des Handwerkers abhängig sein, ob eine Steuerbegünstigung gemäß § 35a Abs. 3 und Abs. 4 EStG zu gewähren ist, nämlich ob er seine Leistung im Haushalt des Kunden oder in seiner Werkstatt erbringen will bzw. kann. Hätte der Gesetzgeber Handwerkerleistungen unabhängig vom Ort der Durchführung begünstigen wollen, dann hätte er auf das Tatbestandsmerkmal „im Haushalt“ verzichten müssen.
Soweit die Kläger sich auf die Rechtsprechung des Finanzgerichts München im Urteil vom 23.02.2015 (7 K 1242/13, juris), wonach die Arbeitskosten eines Schreiners für den Austausch einer renovierungsbedürftigen Haustür des Steuerpflichtigen als begünstigt im Sinne des § 35a Abs. 3 EStG anzusehen seien, berufen, vermag der erkennende Richter daraus keine Rückschlüsse auf das vorliegende Klageverfahren ziehen. Zum einen ist der Entscheidung nicht zu entnehmen, worauf die Arbeitskosten im Einzelnen entfallen sind noch sind der Entscheidung nähere Ausführungen zur Begründung des räumlich-funktionalen Zusammenhangs – mit denen sich der erkennende Richter auseinandersetzen müsste – zu entnehmen.
3. Jedenfalls stellt die Montageleistung (Einbau der neuen Haustür) vor Ort im Haushalt der Kläger eine begünstigte Handwerkerleistung dar. Eine entsprechende Aufteilung der durchgeführten Arbeitsleistung nach dem Ort der Leistung ist nach Auffassung des erkennenden Richters im Regelfall ohne weiteres möglich. Allerdings wurden auf der Rechnung der Schreinerei A vom 20.10.2015 die auf die Montage der Haustür entfallenden Arbeitskosten nicht gesondert ausgewiesen.
Von einer möglichen Aufteilung geht auch der Prozessbevollmächtigte der Kläger in seinem Schriftsatz vom 24.02.2017 aus, wenn er ausführt, dass eine Aufteilung der Lohnkosten im Streitfall vermutlich möglich sei. Der Berichterstatter hat unter Bezugnahme auf diesen Schriftsatz mit Schreiben vom 10.04.2017 Nachweis darüber erbeten, welcher Anteil der gesamten Lohnkosten auf die in der Schreinerei durchgeführten Arbeiten und welcher Anteil der Lohnkosten auf die im Haushalt des Klägers erfolgte Montage der Tür entfällt und um Vorlage einer entsprechenden Bestätigung der Schreinerei bis 15.05.2017 gebeten.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2017 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger nochmals ausgeführt, dass eine solche Aufteilung seiner Meinung nach nicht notwendig sei. Ein Nachweis über die Aufteilung der Lohnkosten wurde nicht vorgelegt. Es wurde auch weder dargelegt noch nachgewiesen, dass eine solche Aufteilung im vorliegenden Streitfall nicht möglich sei.
Mangels Angaben hinsichtlich einer möglichen Aufteilung (z.B. geleistete Arbeitsstunden) auf der Rechnung und mangels Vorlage geeigneter anderweitiger Nachweise durch die Kläger kommt eine Schätzung der auf die Montageleistung (Einbau der neuen Haustür) entfallenden Arbeitskosten zu Gunsten der Kläger nicht in Betracht. Die Kläger tragen die Feststellungslast für die Abzugsfähigkeit steuerbegünstigter Aufwendungen für Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Ihre Mitwirkungspflichten verletzen die Kläger, wenn diese mögliche Nachweise über eine Aufteilung nicht vorlegen. Dies geht zu Lasten der Kläger.
4. Schließlich haben die Kläger weder dargelegt noch nachgewiesen, dass die Zahlung der Rechnung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist, obwohl dies gemäß § 35a Abs. 5 Satz 3 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach Absatz 3 der Vorschrift ist. Allein der auf der Rechnung handschriftlich angebrachte Vermerk, „bez. 5.11.15“, reicht hierzu als Nachweis nicht aus, da er auch eine „Barzahlung“ mitbeinhaltet.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 143 Abs. 1, 135 Abs. 1 FGO.


Ähnliche Artikel

Steuererklärung für Rentner

Grundsätzlich ist man als Rentner zur Steuererklärung verpflichtet, wenn der Grundfreibetrag überschritten wird. Es gibt allerdings Ausnahmen und Freibeträge, die diesen erhöhen.
Mehr lesen

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben