Steuerrecht

Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung

Aktenzeichen  7 K 3194/16

Datum:
21.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 125709
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
FGO § 47 Abs. 1, § 56 Abs. 1, § 60 Abs. 3, § 90a Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die Klage ist wegen Versäumung der Klagefrist unzulässig. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war nicht zu gewähren, weil der Kläger nicht ohne Verschulden verhindert war, die Klagefrist einzuhalten.
1. Gemäß § 47 Abs. 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 Abgabenordnung (AO) bei einer Übermittlung im Inland grundsätzlich am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Im Streitfall gilt die Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2016, an deren Absendung keine Zweifel bestehen, gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO als am Montag, den 31. Oktober 2018 bekanntgegeben. Die einmonatige Klagefrist begann mithin am 1. November 2016 (§§ 47 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, 54 Abs. 2 FGO i.V.m § 222 Abs. 1 der Zivilprozessordnung -ZPO- i.V.m. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB), unabhängig davon, dass es sich dabei um einen gesetzlichen Feiertag handelt (vgl. § 193 BGB für den letzten Tag einer Frist). Die Klagefrist endete mit Ablauf des 30. November 2016, einem Mittwoch. Die Klage ging jedoch beim Finanzgericht erst am 1. Dezember 2016 und damit verspätet ein.
Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ist es nicht gelungen, die gesetzliche Zugangsfiktion des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO zu entkräften. Diese Vermutung greift dann nicht, wenn der Verwaltungsakt tatsächlich nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang zu beweisen. Um die Beweislast der Behörde zu begründen, muss der Steuerpflichtige nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch substantiierte Erklärungen darlegen, dass er nicht rechtzeitig in den Besitz des Bescheides gekommen ist (vgl. BFH vom 14. Februar 2012 V S 1/12 (PKH), BFH/NV 2012, 979 m.w.N.). Er muss Tatsachen vortragen, die den Schluss darauf zulassen, dass ein anderer Geschehensablauf als der typische – Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post – ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Es genügt danach nicht schon ein einfaches Bestreiten, um die gesetzliche Vermutung über den Zeitpunkt des Zugangs des Schriftstücks zu entkräften. Es müssen vielmehr nach dem schlüssigen oder jedenfalls vernünftig begründeten Vorbringen des Steuerpflichtigen Zweifel am Zugangszeitpunkt bestehen (BFH vom 6. Juli 2011 III S 4/11 (Pkh), BFH/NV 2011, 1717). Zur Begründung von Zweifeln am Zugang innerhalb der Drei-Tages-Frist reicht ein abweichender Eingangsvermerk allein nicht aus (BFH-Beschluss vom 25. Februar 2010 IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115, m.w.N.).
Im Streitfall liegen keine Umstände vor, nach denen ein anderer Geschehensablauf als der typische Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post ernstlich in Betracht zu ziehen ist. Insbesondere reicht der auf den 2. November 2016 lautende Eingangsvermerk allein nicht aus (BFH-Beschluss vom 25. Februar 2010 IX B 149/09, BFH/NV 2010, 1115, m.w.N.). Maßgebend für den Fristenlauf ist, wann das jeweilige Schriftstück in den Gewahrsam des Klägervertreters gekommen ist. Im Streitfall ist dies der Zugang in das Postfach des Klägervertreters, da er dieses auch auf den von ihm verwendeten Briefköpfen als Empfangsadresse angegeben hat (vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 1962 II 137/60, BStBl III 1962, 496). Soweit der Klägervertreter die Bearbeitung der Eingangspost in seiner Kanzlei dergestalt beschrieben hat, dass die für den Posteingang zuständige Mitarbeiterin die eingehende Post zunächst in einer Schütte sammelt und sie mit einem Eingangsstempel versieht, ist dies nicht geeignet, einen anderen Geschehensablauf als den typische Zugang binnen dreier Tage nach Aufgabe zur Post ernstlich in Betracht zu ziehen. Denn der Eingangsstempel kann insoweit nur belegen, wann die Post tatsächlich in den Büroräumen des Klägervertreters eingegangen ist, nicht jedoch, dass die Post auch an diesem Tag in das Postfach zugestellt worden ist.
Auch nach übrigen Umständen des Falles spricht nichts dafür, dass eine am 28. Oktober 2016 zur Post gegebene Postsendung nicht am 31. Oktober 2016 in das Postfach gelangt sein sollte, zumal die zuständige Filiale der Deutschen Post in A samstags von 8.00 Uhr bis 12 Uhr und montags von 8.00 Uhr bis 12.30 Uhr und von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet hat. Dem Klägervertreter wäre es daher möglich gewesen, das Postfach, das seinem Verfügungsbereich zuzurechnen sei, innerhalb der Drei-Tages-Frist leeren zu lassen.
2. Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist kommt vorliegend nicht in Betracht. War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm gemäß § 56 Abs. 1 FGO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung der im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen, vgl. § 56 Abs. 2 FGO.
Im Streitfall scheidet eine Wiedereinsetzung schon deswegen aus, weil der Kläger an der Einhaltung der Klagefrist nicht ohne Verschulden gehindert war. Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, handelt regelmäßig schuldhaft, wer Rechtsmittelbelehrungen nicht beachtet (BFH-Beschluss vom 29. März 2007 VIII B 52/06, BFH/NV 2007, 1515). Der Einspruchsentscheidung vom 28. Oktober 2016 war eine verständliche Rechtsbehelfsbelehrung:beigefügt, wonach gegen die Entscheidung Klage erhoben werden kann. Bei Beachtung der zumutbaren Sorgfalt wäre es dem Kläger ohne weiteres möglich gewesen, den zutreffenden Rechtsbehelf fristgerecht einzulegen.
3. Eine Beiladung der KG, und von X erfolgte nicht (§ 60 Abs. 3 FGO), da die Klage offensichtlich unzulässig ist und die Rechtsposition der Beizuladenden unter keinen Umständen berührt sein kann (Levedag in Gräber/FGO, Rz. 32 zu § 60 FGO).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung durch Gerichtsbescheid erschien sachgerecht (§ 90a Abs. 1 FGO).
5. Es erscheint als sachgerecht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a Finanzgerichtsordnung).


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