Steuerrecht

Geltend gemachte Besorgnis der Befangenheit wegen Versagung einer erneuten Terminverlegung durch die Einzelrichterin, Weigerung eines Rechtsanwalts, an einem bestimmten Wochentag überhaupt für mündliche Verhandlungstermine zur Verfügung zu stehen, Zweimalige vorherige Terminierung auf dem Rechtsanwalt genehmen Wochentag, Erneute Terminverlegung auf seinen Antrag hin aber auf einen anderen Wochentag, Verpflichtung eines Rechtsanwalts zu rechtzeitigen Vorkehrungen für seine Terminvertretung bei einer längerfristigen oder regelmäßig wiederkehrenden Verhinderung an bestimmten Wochentagen

Aktenzeichen  Au 6 K 19.30146

Datum:
29.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 21486
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 54
ZPO § 42

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf Ablehnung der Richterin * als Einzelrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Kläger macht die Besorgnis der Befangenheit geltend gegen die Einzelrichterin, die seinen Antrag auf Terminverlegung abgelehnt hat.
Der auf Mittwoch, 20. Januar 2021, anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung des Klageverfahrens musste aus infektionsschutzrechtlichen Gründen aufgehoben werden. Der auf Mittwoch 31. März 2021 um 14:00 Uhr anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung wurde auf Antrag des Klägerbevollmächtigten aufgrund einer Terminkollision auf Dienstag, 30. März 2021, 11:00 Uhr verlegt.
Mit beim Verwaltungsgericht am 28. Januar 2021 eingegangen Schreiben teilte der Klägerbevollmächtigte informatorisch „erneut“ mit, dass er durchgehend dienstags keine Termine wahrnehmen könne.
Mit beim Verwaltungsgericht am 10. Februar 2021 eingegangenen Schreiben ließ der Kläger beantragen, den Termin am Dienstag, 30. März 2021, 11:00 Uhr aufzuheben. Wie dem Gericht bereits mitgeteilt, sei der Unterzeichnende dienstags durchgehend aufgrund der Betreuung seiner drei Kinder im Alter von neun und vier Jahren verhindert. Aufgrund dieses unvermeidbaren familiären Grundes könne der Unterzeichner eben den anberaumten Termin nicht wahrnehmen und dieser sei daher aufzuheben. Es sei mehr als befremdlich, dass das Verwaltungsgericht gerade auf Dienstag terminiere, obwohl dem Gericht vor der Terminierung ausdrücklich mitgeteilt worden sei, dass dienstags eben keine Termine wahrgenommen werden können.
Die Einzelrichterin lehnte diesen und einen weiteren Terminverlegungsantrag mit Beschlüssen vom 18. Februar 2021 und vom 3. März 2021 ab mit der Begründung, zwar habe die 6. Kammer des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg in der Vergangenheit auf die informatorisch mitgeteilte Kinderbetreuung durch den Klägerbevollmächtigten Rücksicht genommen und in Absprache mit ihm Termine an Mittwochen festgelegt, obwohl ihr aktuell ein Sitzungssaal für Asylsitzungen nur an Dienstagen für Einzelrichtersitzungen und an jedem zweiten Mittwoch für Kammersitzungen zur Verfügung stehe, welcher unter Beachtung der aktuellen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie die Einhaltung der nötigen Abstände ermögliche. Vorliegend sei die klägerseitig vorgetragene generelle Verhinderung an Dienstagen aufgrund der Betreuung seiner Kinder durch den Klägerbevollmächtigten kein Grund zur Terminverlegung. Es sei nicht dargelegt oder ersichtlich, dass generell an einem bestimmten Wochentag keine anderweitigen Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder vorliegen bzw. der Klägerbevollmächtigte solche für konkrete Einzelfälle schaffen oder organisieren könne. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund der vielfältigen Möglichkeit insbesondere von innerfamiliären Absprachen, Notbetreuungsmöglichkeiten in Kindergärten und Schulen etc. und alternativ der wegen des wochenlang vorher mitgeteilten Dienstagstermins auch in Untervollmacht möglichen Beiziehung eines örtlich näheren und nicht verhinderten Terminvertreters.
Die gegen die Einzelrichterin deswegen erhobene Dienstaufsichtsbeschwerde blieb erfolglos.
Am 25. März 2021 rügte der Klägerbevollmächtigte die Befangenheit der entscheidenden Einzelrichterin, denn ihre Anfrage wegen eines Verzichts auf mündliche Verhandlung und die Terminierung auf einen Dienstag, an welchem der Klägerbevollmächtigte aus privaten Gründen grundsätzlich nie für Verhandlungen zur Verfügung stehe, lasse an ihrer Unvoreingenommenheit zweifeln.
Die Beteiligten erhielten Gelegenheit zur Äußerung zur dienstlichen Stellungnahme der Einzelrichterin, die ausführte, sie habe über die beiden Terminsaufhebungsanträge des Klägerbevollmächtigten entsprechend der gesetzlichen Regelungen entschieden. Wegen der Einzelheiten werde auf die Beschlüsse vom 18. Februar und 3. März 2021 (Gerichtsakte, Bl. 82 ff., 88 ff.) verwiesen. Zudem habe der Kläger mit Schreiben vom 18. Januar 2021 mitteilen lassen, dass kein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bestehe (Gerichtsakte, Bl. 54). Daraufhin sei nach Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 20. Januar 2021 aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erneut der Termin zur mündlichen Verhandlung auf Mittwoch, den 31. März 2021, anberaumt und auf einen Aufhebungsantrag des Klägers hin auf Dienstag, den 30. März 2021, verlegt worden. Die Ladung für Mittwoch, 31. März 2021, sei dem Klägerbevollmächtigten am 25. Januar 2021 und die Terminverlegung auf Dienstag, 30. März 2021, am 10. Februar 2021 zugegangen. Dies spreche gegen den Vorwurf, dass die erkennende Richterin keine mündliche Verhandlung bzw. eine solche nur pro forma durchführen wolle.
Die Beklagte führte aus, keine Besorgnis der Befangenheit zu erkennen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II.
Der zulässige Antrag auf Ablehnung der Einzelrichterin wegen Besorgnis der Befangenheit hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Über das verfahrensgegenständliche Ablehnungsgesuch gegen einen Einzelrichter konnte durch die nach Nr. II. 4. der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichts Augsburg zuständigen übrigen Richter der Kammer entschieden werden.
2. Das Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg.
Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 ZPO kann ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.
Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, § 42 Abs. 2 ZPO. Zwar setzt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nicht voraus, dass der Richter tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es ist vielmehr ausreichend, wenn vom Standpunkt der Beteiligten aus gesehen hinreichende objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit des Richters zu zweifeln (BVerwG, B.v. 14.11.2012 – BVerwG 2 KSt 1.11 – BA S. 4). Dabei kann die Ablehnung grundsätzlich nicht erfolgreich auf die Verfahrensweise oder die Rechtsauffassung eines Richters gestützt werden, denn im Ablehnungsverfahren geht es allein um die Persönlichkeit des Richters, nicht um die Richtigkeit seiner Handlungen und Entscheidungen, deren Überprüfung allein einem Rechtsmittelgericht vorbehalten ist. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist geboten, wenn sich die Verfahrensgestaltung oder die Entscheidungen des Richters so weit von rechtlichen und verfassungsrechtlichen Grundsätzen entfernen, dass sie aus Sicht einer Partei nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen und dadurch der Eindruck einer unsachlichen Einstellung des Richters erweckt wird (BayVGH, B.v. 31.5.2011 – 5 ZB 11.831 – juris Rn. 7 m.w.N.).
Nach diesen Maßgaben kann vorliegend nicht von einer Befangenheit der Einzelrichterin ausgegangen werden. Aus den vom Kläger gerügten richterlichen Verfahrenshandlungen ergeben sich keine Gründe im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO:
Die Ablehnung der Terminverlegung ist nicht geeignet, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Einzelrichterin zu rechtfertigen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Begründungen der den Beteiligten bekannten Beschlüsse verwiesen und ergänzend darauf hingewiesen, dass sich ein Rechtsanwalt bei einer längerfristigen Verhinderung rechtzeitig um eine Vertretung für den Termin zu kümmern hat (vgl. BFH, B.v. 5.5.2020 – III B 158/19 – juris Rn. 12 m.w.N.: drei Wochen andauernde Erkrankung). Erst recht gilt dies, wenn ein Rechtsanwalt – wie der Klägerbevollmächtigte – von vornherein an einem bestimmten Wochentag für Verhandlungen nicht zur Verfügung stehen will. So ist z.B. eine durch Übernahme von Lehrveranstaltungen absehbare und wiederkehrende Verhinderung eines Einzelanwalts kein erheblicher Grund für eine Terminverlegung, wenn der Rechtsanwalt keine rechtzeitige Vorsorge für die Wahrnehmung von Gerichtsterminen trifft; es handelt sich vielmehr um eine schuldhafte Verletzung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht (so OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 17.9.2013 – OVG 7 N 78/13 – NJW 2013, 3739; arg ex § 53 Abs. 1 BRAO).
Aus der in Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung abgelehnten erneuten Terminverlegung und der zuvor erfolgten dreimaligen Ladung zur mündlichen Verhandlung – darunter zwei Mal mit Rücksicht auf die Terminwünsche des Klägerbevollmächtigten mittwochs – liegt daher kein Grund für die klägerseitige Annahme vor, die Einzelrichtern wolle dem Kläger eine mündliche Verhandlung vorenthalten oder sei sonst nicht unvoreingenommen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 146 Abs. 2 VwGO; § 81 AsylG).


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