Steuerrecht

Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit wegen Leistungsunfähigkeit und hohen Steuerschulden

Aktenzeichen  22 ZB 16.837

Datum:
25.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2016, 1392
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO GewO § 12 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 1, 2
InsO InsO § 21, § 260
AO AO § 177
VwGO VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 u. 2, Abs. 4

 

Leitsatz

1 § 12 S. 1 GewO schließt eine Gewerbeuntersagung nur in einem bestimmten Zeitraum aus, der mit etwaigen vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO beginnt und nur solange dauert, als noch ein Insolvenzplan zu erfüllen ist; das Insolvenzverfahren endet spätestens nach der Schlussverteilung und einem entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichts. (redaktioneller Leitsatz)
2 Angesichts des ordnungsrechtlichen Charakters des Gewerbeuntersagungsverfahrens kommt es auf das Verschulden für aufgelaufene Steuerrückstände grundsätzlich nicht an. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs wird von einem Gewerbetreibenden auch erwartet, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt (Ergänzung zu BayVGH BeckRS 2015, 56204). (redaktioneller Leitsatz)
3 Der Rechtsmittelführer, der die Zulassung der Berufung beantragt, muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (im Anschluss an BVerfG BeckRS 2010, 45931). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 15.495 2016-03-10 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Klägerin wehrt sich gegen eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Sie hat in der Vergangenheit seit 1990 zeitweise zusammen mit ihrem Sohn und zuletzt (Anmeldung zum 1.2.2015) alleine einen Gärtnereibetrieb geführt (Gewerbe „Gärtnerei, Einzelhandel mit Blumen, Garten- und Landschaftsbau“), der mindestens seit 2002 (Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 16.5.2002: Ablehnung eines Fremdinsolvenzantrags mangels Masse) wiederholt in finanzielle Schwierigkeiten geriet. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. März 2015 verfügte das Landratsamt die erweiterte Gewerbeuntersagung, die es u. a. auf die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin stützte.
Die Klägerin hat den Bescheid vom 9. März 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg überwiegend erfolglos angefochten. Ihre Klage hatte nur hinsichtlich der (vom Verwaltungsgericht als zu knapp angesehenen) Frist zur Abwicklung des untersagten Geschäftsbetriebs sowie der hierauf bezogenen Zwangsgeldandrohung Erfolg; im Übrigen (zu ¾) wurde sie mit Urteil vom 10. März 2016 abgewiesen.
Die Klägerin hat die Zulassung der Berufung beantragt.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Soweit mit dem Antrag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend gemacht werden, ergeben sich solche Zweifel aus den Darlegungen der Klägerin nicht; im Übrigen genügt die Antragsbegründung schon nicht den Mindestanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist dann auszugehen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7 und 7a, m. w. N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B. v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).
1.1. Vorliegend macht die Klägerin geltend, dass der Gewerbeuntersagung entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts § 12 Satz 1 GewO entgegenstehe. Hierbei räumt sie ausdrücklich ein, dass – wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen sei – das Insolvenzverfahren nach Vollzug der Schlussverteilung bereits mit Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 16. November 2009 beendet worden ist (Schriftsatz vom 21.5.2016, S. 3 Nr. 1). Sie meint gleichwohl, § 12 Satz 1 GewO sei deswegen anwendbar, denn es hätten „alle Steuern während des Insolvenzverfahrens entweder durch Abgabe einer Steuererklärung für das Vorjahr angemeldet und erklärt werden … oder sogar während des Insolvenzverfahrens angefallen und auch deshalb vom Insolvenzverwalter die entsprechende Steuererklärung abgegeben … werden müssen“ (Schriftsatz vom 21.5.2016, S. 3 Nr. 1); dies sowie weitere (unter Nrn. II.A.2 bis 6 der Antragsbegründung aufgeführte) Umstände geboten nach der „ratio des § 12 GewO“ die Anwendung dieser Vorschrift (Schriftsatz vom 21.5.2016, S. 6 Nr. 6 a.E.). Dem ist nicht zu folgen. § 12 Satz 1 GewO ist insofern eindeutig und lautet: „Vorschriften, welche die Untersagung eines Gewerbes oder die Rücknahme oder den Widerruf einer Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden, die auf ungeordnete Vermögensverhältnisse zurückzuführen ist, ermöglichen, finden während eines Insolvenzverfahrens, während der Zeit, in der Sicherungsmaßnahmen nach § 21 der Insolvenzordnung angeordnet sind, und während der Überwachung der Erfüllung eines Insolvenzplans (§ 260 der Insolvenzordnung) keine Anwendung in bezug auf das Gewerbe, das zur Zeit des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeübt wurde“. § 12 Satz 1 GewO schließt somit eine Gewerbeuntersagung nur in einem bestimmten Zeitraum aus, der mit (etwaigen) vorläufigen Sicherungsmaßnahmen nach § 12 InsO beginnt und nur solange dauert, als noch ein Insolvenzplan zu erfüllen ist; das Insolvenzverfahren endet spätestens nach der Schlussverteilung und einem entsprechenden Beschluss des Insolvenzgerichts (Friauf, GewO, § 12 Rn. 10 a.E.). Auch Sinn und Zweck von § 12 GewO erfordern kein über diesen Zeitraum hinausgehendes Verbot einer Gewerbeuntersagung oder anderer behördlicher Maßnahmen mit vergleichbarer Wirkung. Durch § 12 Satz 1 GewO soll erreicht werden, dass während des Insolvenzverfahrens und diesem gleichgestellter Verfahren keine dem Ziel des Insolvenzverfahrens zuwiderlaufende Entscheidung im gewerberechtlichen Verfahren getroffen wird, um nicht mit den Zielen des Insolvenzverfahrens in Konflikt zu geraten und vor allem die Möglichkeit einer Sanierung des insolventen Unternehmens nicht durch derartige Maßnahmen zu vereiteln (vgl. BT-Drs. 12/3803, S. 103 f.; BVerwG, U. v. 15.4.2015 -8 C 6.14 – GewArch 2015, 366 – Rn. 24; Friauf, GewO, § 12 Rn. 9 und 9a; Landmann/Rohmer, GewO, § 12 Rn. 1, 6 und 7; Pielow, GewO, 1. Aufl. 2009, § 12 „Überblick“ sowie Rn. 46 und 49). Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich nicht, auf welche Weise die Ziele des Insolvenzverfahrens noch durch hoheitlich verfügte Einschränkungen der gewerblichen Betätigung der Klägerin gefährdet werden könnten, nachdem – wovon das Verwaltungsgericht vorliegend ausgegangen ist und was von der Klägerin nicht infrage gestellt wird – die Schlussverteilung vollzogen ist.
1.2. Soweit die Klägerin zur Begründung der geltend gemachten ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf Unklarheiten (Irrtum oder Verwechslung) zweier verschiedener Steuernummern hinweist, für die sie selbst keine Erklärung habe (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. II.A.2), bleibt vollständig im Dunkeln, welche Bedeutung dies zum Einen für die Anwendbarkeit von § 12 Satz 1 GewO haben sollte und inwiefern zum Andern sich hierdurch ernstliche Zweifel daran ergeben sollen, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.
1.3. Die Klägerin macht weiter geltend, das Verwaltungsgericht messe die Zuverlässigkeit oder Unzuverlässigkeit der Klägerin entsprechend seinen Ausführungen im angegriffenen Urteil (Urteilsabdruck – UA – S. 9 Mitte) daran, ob die Klägerin nach dem Gesamtbild ihres Verhaltens gegen ihre Pflichten verstoßen habe und künftig willens und in der Lage sei, ihre beruflichen Pflichten zu erfüllen. Gemessen an diesen von ihm selbst aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen verkenne das Verwaltungsgericht anschließend jedoch, dass im Hinblick auf die steuerlichen Erklärungs- und Zahlungspflichten hier gerade kein Pflichtenverstoß der Klägerin selbst vorliege, sondern ein Fehlverhalten des Insolvenzverwalters, und dass außerdem die Klägerin in steuerlicher Hinsicht ihre Pflichten erfüllen wolle, daran aber durch das Verhalten des Finanzamts gehindert werde, das sich auf den Standpunkt stelle, es lägen bestandskräftige Verwaltungsakte vor, die nicht mehr geändert werden könnten, und keine – zu niedrigeren Steuern führenden – nachträglichen Steuererklärungen der Klägerin akzeptiere (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. II.A.7 und Nr. II.B.1).
Dieser Vortrag vermag dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Klägerin beschränkt sich darauf, Einwendungen gegen diejenigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu erheben, die sich mit der – vom Verwaltungsgericht angenommenen – „Leistungunwilligkeit“ der Klägerin befassen; sie unterlässt allerdings die gebotenen Darlegungen dazu, inwiefern auch ein Mangel an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit nicht gegeben sein soll und inwiefern trotz der wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit und der hieraus abzuleitenden gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit ernstliche Zweifel daran bestehen sollen, dass das angegriffene Urteil im Ergebnis richtig ist.
Die von der Klägerin zitierten Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA, S. 9 Mitte) könnten nur dann missverständlich erscheinen, wenn sie nicht im Gesamtzusammenhang gelesen und dahingehend – verkürzt – wiedergegeben würden, das Verwaltungsgericht habe lediglich auf das persönliche Fehlverhalten der Klägerin und auf ihre Zahlungsunwilligkeit abgestellt. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich im Kontext aber hinreichend deutlich, dass das Verwaltungsgericht – im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs sowie dem Schrifttum (BVerwG, U. v. 2.2.1982 – 1 C 146.80 – GewArch 1982, 294; BayVGH, z. B. B. v. 26.10.2015 – 22 ZB 15.2022 – juris, m. w. N.; Pielow, GewO, a. a. O., § 35 Rn. 23a) – angenommen hat, dass es angesichts des ordnungsrechtlichen Charakters des Gewerbeuntersagungsverfahrens auf das Verschulden für aufgelaufene Steuerrückstände grundsätzlich nicht ankommt und dass im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden auch erwartet wird, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt (UA, S. 11, Abschn. 3). Darüber hinaus besagen die Entscheidungsgründe (UA, S. 12 unten), dass bereits aufgrund der beträchtlichen Steuerschulden der Klägerin beim Finanzamt (diese beliefen sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses auf ca. 177.000 €) unter Berücksichtigung des Einkommens und des Vermögens der Klägerin eine „mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine ausweglose wirtschaftliche Situation“ habe angenommen werden dürfen. Unter Berücksichtigung der zusätzlichen Rückstände der Klägerin bei der AOK (mehr als 7.000 €) und der Stadt Aichach (mehr als 13.000 €) hat das Verwaltungsgericht die Überzeugung gewonnen, dass die „wirtschaftliche Leistungsunfähigkeit sowie das Verhalten der Klägerin“ die Prognose rechtfertigten, eine künftig ordnungsgemäße Gewerbeausübung durch die Klägerin sei nicht gewährleistet (UA, S. 13, Abschn. 2).
1.4. Die Höhe der Rückstände bestreitet die Klägerin in ihren Darlegungen nicht substantiiert, sondern erhebt insoweit andere Einwände; ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich indes auch hieraus nicht.
1.4.1. Hinsichtlich des von der Klägerin an mehreren Stellen erhobenen Vorwurfs, das Finanzamt habe die Steuern viel zu hoch geschätzt, es beharre zu Unrecht auf der Bestandskraft der Steuerbescheide und die Behörden gingen fälschlicherweise von einer in Wahrheit nicht gegebenen Gewerbesteuerpflicht der Klägerin aus (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. II.A.3 und 7, Nr. II.B.1), kann die Klägerin nicht durchdringen. Auf Schätzungen beruhende Steuerschulden haben nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum (z. B. BVerwG, B. v. 12.3.1997 – 1 B 72.97 – juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 25.6.2013 – 22 ZB 13.1102 – juris Rn. 17; Landmann/Rohmer, GewO, § 35 Rn. 52 m. w. N.) dieselbe Qualität wie ein aufgrund entsprechender Steuererklärung festgesetzter Betrag. Maßgeblich ist nicht die Rechtmäßigkeit, sondern die Vollziehbarkeit von Steuerbescheiden; über Einwände gegen deren Rechtmäßigkeit entscheiden im Streitfall die Finanzgerichte. Abgesehen davon müssen bestandskräftige Steuerbescheide nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen (§ 172 bis § 177 AO) geändert werden und beanspruchen zudem erst nach erfolgter Änderung keine Verbindlichkeit mehr. Dass diese Voraussetzungen im Fall der Klägerin vorlägen, ergibt sich aus ihren Darlegungen nicht.
1.4.2. Fehl gehen die Einwände der Klägerin im Hinblick auf die Schulden bei der Stadt Aichach (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. II.B.2). Denn dass Schuldner und Gläubiger im Hinblick auf die Höhe der Forderung und eine Ratenzahlung grundsätzlich einigungswillig sind, ist so lange unerheblich, wie eine Einigung tatsächlich nicht zustande gekommen ist. Auf eine unter dem 19. April 2016 erklärte Einigungsbereitschaft der Stadt Aichach kommt es schon deswegen nicht an, weil der maßgebliche Zeitpunkt des Bescheidserlasses mehr als ein Jahr zurückliegt.
1.4.3. Im Hinblick auf die Forderungen der AOK beschränkt sich die Klägerin darauf, diese Forderungen angesichts einer (angeblich oder tatsächlich) von der AOK drei Monate vorher abgegebenen gegenteiligen Erklärung als für die Klägerin „unerklärlich“ zu bezeichnen und Vermutungen dahingehend anzustellen, dass es sich um gezahltes Insolvenzgeld handeln könne, das der Klägerin aber nicht rückbelastet werden dürfe, und zudem wäre es Verpflichtung des Insolvenzverwalters gewesen, sich um die Abgeltung etwaiger Sozialversicherungsbeiträge im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu kümmern (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. II.C). Mit dieser vagen Darlegung können weder für sich genommen noch in der Gesamtschau erfolgreich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils vorgebracht werden; dies gilt umso mehr, als – wie ausgeführt – das Insolvenzverfahren seit 2009 abgeschlossen ist.
2. Soweit die Klägerin „besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) begründen will, meint sie, aus ihrer vorherigen Darstellung (betreffend die Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) ergebe sich zugleich, dass eine „tatsächlich wie rechtlich sehr komplexe Situation“ vorliege (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. III). Dies trifft aber nicht zu. Die tatsächlichen und rechtlichen Umstände im Zusammenhang mit dem Insolvenzverfahren mögen schwierig gewesen und schwierig zu beurteilen sein; sie sind aber – wie ausgeführt – für die Beurteilung der anhaltenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit der Klägerin und die hieraus folgende Prognose der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit nicht entscheidungserheblich.
Woraus sich die eingangs der Antragsbegründung (Schriftsatz vom 21.5.2016, Nr. I.A) ausdrücklich geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ergeben soll, legt die Klägerin im weiteren Verlauf ihrer Ausführungen mit keinem Wort dar und genügt daher insoweit den Darlegungsanforderungen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO auch nicht ansatzweise. Nachdem vorliegend die zweimonatige Frist zur Begründung des Zulassungsantrags am 23. Mai 2016 abgelaufen ist, können Mängel in Bezug auf die erforderliche Darlegung auch nicht mehr behoben werden.
3. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
4. Streitwert: § 52 Abs. 1, § 47 GKG i. V. m. Nrn. 54.21 und 54.22 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Ausgehend von dem – zutreffenden – Streitwertansatz des Verwaltungsgerichts für die erweiterte Gewerbeuntersagung insgesamt (20.000 €) und der erstinstanzlichen Kostenquotelung berücksichtigt der Verwaltungsgerichtshof, dass sich der Antrag auf Zulassung der Berufung nicht gegen denjenigen Teil des Streitgegenstands richtet, bezüglich dessen die Klägerin in erster Instanz (zu einem Viertel) erfolgreich war, und vermindert daher den Gesamtstreitwert um ein Viertel.


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