Steuerrecht

Gewerbeuntersagung wegen fehlender Zuverlässigkeit

Aktenzeichen  M 16 K 18.5231

Datum:
22.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42552
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 35 Abs. 1 S. 1, S. 2

 

Leitsatz

1. Ein Gewerbetreibender ist unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird, wobei sich die Unzuverlässigkeit insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung ergeben kann. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der Umstände, derentwegen ihm eine negative Prognose hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit seines künftigen gewerblichen Verhaltens ausgestellt werden muss, ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm „mildernde Umstände“ zur Seite stehen; vielmehr muss im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. (Rn. 21 – 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit wegen Steuerschulden und Nichtnachkommen der steuerlichen Erklärungspflichten ist es nicht erforderlich, die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung zu prüfen. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine zeitliche Grenze für die Heranziehung von Straftaten bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ergibt sich aus dem Verwertungsverbot des § 51 BZRG. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende Verpflichtungen verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben; dies ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Klagefrist von einem Monat gemäß § 74 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erhoben. Die Klage ist aber nicht begründet. Der streitgegenständliche Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1. Rechtsgrundlage für die Untersagung des vom Kläger ausgeübten Gewerbes ist § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Danach ist die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebs beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist.
a) Die Beklagte ist zu Recht von der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Klägers ausgegangen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus der mangelnden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit der gewerblichen Betätigung ergeben (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes nach § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung. Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, wie eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Auf die Ursachen für entstandene Zahlungsrückstände und die Nichterfüllung von Erklärungspflichten kommt es nicht an, da sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nach objektiven Kriterien bestimmt. Daher ist es grundsätzlich unerheblich, ob den Gewerbetreibenden hinsichtlich der Umstände, derentwegen ihm eine negative Prognose hinsichtlich der Ordnungsgemäßheit seines künftigen gewerblichen Verhaltens ausgestellt werden muss, ein Verschuldensvorwurf trifft oder ihm „mildernde Umstände“ zur Seite stehen (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff; BayVGH, B.v. 8.5.2015 – 22 C 15.760 – juris).
Vielmehr muss im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs von einem Gewerbetreibenden erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt. Diese – durch die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung begründete – Erwartung ist der eigentliche Grund, den wirtschaftlich leistungsunfähigen Gewerbetreibenden als unzuverlässig zu bewerten (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris).
Dieser Grund entfällt nur dann, wenn der Gewerbetreibende zahlungswillig ist und trotz seiner Schulden nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept arbeitet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris). Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan auch effektiv eingehalten wird (BayVGH, B.v. 8.7.2013 – 22 C 13.1163 – juris).
Nach diesen Maßstäben rechtfertigt sich die negative Prognose hinsichtlich der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit des Klägers aus der Zusammenschau der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Tatsachen. So hatte der Kläger Steuerrückstände beim Finanzamt, die sowohl nach ihrem absoluten Betrag wie auch im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des Gewerbes erheblich erscheinen. Auch ist der Kläger seinen steuerlichen Erklärungspflichten nicht nachgekommen. Zudem wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom 6. März 2018 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit Bankrott in drei Fällen gemäß §§ 15a Abs. 4 Insolvenzordnung (InsO), 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7b, 14, 53 Strafgesetzbuch (StGB) rechtskräftig verurteilt und hat sich damit als gewerberechtlich unzuverlässig erwiesen. Hinzu kommt, dass der Kläger ausweislich der Eintragungen im Vollstreckungsportal in fünf Fällen die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat. Hieraus wird deutlich, dass der Kläger die zur Erfüllung der ihm im Vollstreckungsverfahren obliegenden Pflicht, seinen Gläubigern den notwendigen Überblick über seine Vermögensverhältnisse zu verschaffen, freiwillig nicht bereit und daher nicht nur leistungsunfähig, sondern auch leistungsunwillig ist (BayVGH, B.v. 28.8.2013 – 22 ZB 13.1419 – juris).
Soweit der Kläger vorbringt, dass die Steuerforderungen auf Schätzungen beruhen würden und sich derzeit in Prüfung durch den Insolvenzverwalter der ehemaligen GmbH befänden, ist dies unerheblich. Für die Beurteilung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit wegen Steuerschulden und Nichtnachkommen der steuerlichen Erklärungspflichten ist es nicht erforderlich, die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung zu prüfen (BVerwG, B.v. 12.1.1996 – 1 B 177/95 – juris). Auch ist eine auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen beruhende Steuerfestsetzung im Rahmen des § 35 GewO nicht anders zu würdigen als eine Steuerschuld, die sich aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergibt (BVerwG, B.v. 25.10.1996, 1 B 214/96 – juris; BayVGH, B.v. 23.10.2012 – 22 ZB 12.888 – juris). Steuerrückstände, die zur Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führen können, sind solche nicht gezahlte Steuern, die der Steuerschuldner von Rechts wegen bereits hätte zahlen müssen. Die Steuern bedürfen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der Festsetzung durch Steuerbescheid gemäß § 155 Abgabenordnung (AO). Dies gilt auch für die Fälle, in denen die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO nicht exakt ermittelt, sondern geschätzt werden. Wann die Steuerschuld fällig ist, ergibt sich aus den einzelnen Steuergesetzen und im Übrigen aus § 220 AO. Ein Steuerbescheid ist gemäß § 361 Abs. 1 AO i.V.m. § 69 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) grundsätzlich vollziehbar, auch wenn ein Rechtsbehelf dagegen eingelegt wird. Nur in Fällen, in denen die Finanzbehörde die Vollziehung nach § 361 Abs. 2 AO, § 69 Abs. 2 FGO ausgesetzt hat, braucht der Steuerpflichtige die festgesetzte Steuer noch nicht zu entrichten. Eine Aussetzung der Vollziehung lag, zumindest im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses, nicht vor.
Der Kläger arbeitet auch nicht nach einem sinnvollen und erfolgversprechenden Sanierungskonzept. Ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept setzt grundsätzlich voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und ein Tilgungsplan effektiv eingehalten wird. Wie das Finanzamt der Beklagten mitgeteilt hat, bestanden zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses keine Zahlungsvereinbarungen.
Im Hinblick auf die strafrechtliche Verurteilung ist auszuführen, dass sich die von der Behörde anzustellende Prognose, wonach der Gewerbetreibende auf Grund der für die Vergangenheit festgestellten Verstöße auch für die Zukunft als unzuverlässig gilt, schon auf eine erhebliche gewerbebezogene Straftat stützen kann. Maßgeblich ist dabei nicht die Verurteilung als solche, sondern die der Verurteilung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen. Die Behörde hat zu prüfen, ob diese die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden dartun. Eine zeitliche Grenze für die Heranziehung von Straftaten bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden ergibt sich aus dem Verwertungsverbot des § 51 des Gesetzes über das Zentralregister und das Erziehungsregister (BZRG) (Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand März 2019, § 35 Rn. 37, 41). Nach alledem durfte die Beklagte die Unzuverlässigkeit des Klägers auf den der Verurteilung vom 6. März 2018 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit Bankrott in drei Fällen zugrunde liegenden Sachverhalt, wie er vom Amtsgericht München ermittelt wurde, stützen. Danach ist der Kläger als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer GmbH nicht seiner Verpflichtung nachgekommen, innerhalb von drei Wochen für die von ihm vertretene GmbH einen Insolvenzantrag zu stellen, obwohl ihm bekannt war, dass diese zahlungsunfähig ist. Auch ist er nach den Ermittlungen des Amtsgerichts München seiner Verpflichtung, die Handelsbücher zu führen und Bilanzen über das Vermögen der Gesellschaft zu erstellen, nicht nachgekommen.
b) Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung des Gewerbes bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen zu untersagen. Ein Ermessensspielraum steht der zuständigen Behörde insoweit grundsätzlich nicht zu. In Anbetracht der erheblichen Steuerrückstände, der zahlreichen Eintragungen im Vollstreckungsportal sowie der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer gewerbebezogenen Straftat war die Untersagung der Gewerbeausübung auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich.
c) Die Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine den gesetzlichen Anforderungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO entsprechende Gewerbeuntersagung allenfalls in extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5/94 – juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines solchen ex-tremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
2. Rechtsgrundlage für die Erweiterung der Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden und als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf die Ausübung jeglicher selbständigen Tätigkeit ist § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Danach kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebs beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist.
a) Die Beklagte hat aus überzeugenden Gründen eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Klägers angenommen.
Eine gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn der Gewerbetreibende Verpflichtungen verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten und nicht nur einen Bezug zu einer bestimmten gewerblichen Tätigkeit haben. Dies ist bei steuerlichen Pflichtverletzungen und bei ungeordneten Vermögensverhältnissen der Fall (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff).
Indem der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Finanzamt nicht nachgekommen ist und ausweislich der Eintragungen im Vollstreckungsportal mehrfach die Vermögensauskunft nicht abgegeben hat, hat er Pflichten verletzt, die für jeden Gewerbetreibenden gelten. Zudem wurde der Kläger mit Urteil des Amtsgerichts München vom 6. März 2018 wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in Tatmehrheit mit Bankrott in drei Fällen gemäß §§ 15a Abs. 4 InsO, 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 7b, 14, 53 StGB rechtskräftig verurteilt, weil er nach den Feststellungen des Amtsgerichts München als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer GmbH weder seiner Verpflichtung nachgekommen ist, innerhalb von drei Wochen für die von ihm vertretene GmbH einen Insolvenzantrag zu stellen, obwohl ihm bekannt war, dass diese zahlungsunfähig ist, noch die Handelsbücher geführt und die Bilanzen über das Vermögen der Gesellschaft erstellt hat. Dies rechtfertigt die Annahme, dass er ein entsprechendes Verhalten auch bei Ausübung eines anderen Gewerbes oder anderer gewerblicher Tätigkeiten an den Tag legen würde.
b) Die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf andere gewerbliche Tätigkeiten ist auch erforderlich.
Erforderlich ist die Erstreckung der Gewerbeuntersagung, wenn zu erwarten ist, dass der Gewerbetreibende auf entsprechende andere gewerbliche Tätigkeiten ausweichen wird. Dabei folgt die Wahrscheinlichkeit der anderweitigen Gewerbeausübung schon daraus, dass der Gewerbetreibende trotz Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festgehalten hat, wodurch er regelmäßig seinen Willen bekundet hat, sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen. Die erweiterte Gewerbeuntersagung ist unter dem Gesichtspunkt wahrscheinlicher anderweitiger Gewerbeausübung schon dann zulässig, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, die es ausschließen, dass der Gewerbetreibende das andere Gewerbe in Zukunft ausübt, eine anderweitige Gewerbeausübung nach Lage der Dinge also ausscheidet (BVerwG, U.v. 15.4.2015 – 8 C 6/14 – juris; BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff). Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch ersichtlich.
c) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich, § 114 Abs. 1 VwGO.
Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO steht im Ermessen der Behörde. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere – nicht ausgeübte – gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch hinsichtlich dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht rechtswidrig, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, die anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch darauf erstrecken soll (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – BVerwGE 65, 9 ff). Eine Ermessenserwägung dieser Art lässt sich der angefochtenen Untersagungsverfügung entnehmen.
d) Die Erweiterung der Gewerbeuntersagung ist nicht unverhältnismäßig. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der Ausschluss eines gewerbeübergreifend unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsverkehr auch mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 12 Grundgesetz in Einklang steht. Sind die Voraussetzungen auch der erweiterten Gewerbeuntersagung erfüllt, kann die Untersagung grundsätzlich nicht hinsichtlich der Folgen unverhältnismäßig sein (BVerwG, B.v. 12.1.1993 – 1 B 1/93 – juris). Anhaltspunkte für das Vorliegen eines extremen Ausnahmefalls sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
3. Hinsichtlich der Bemessung der Frist zur Einstellung der Gewerbeausübung und hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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