Steuerrecht

(Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 15.04.2021 IV R 25/18 – Voraussetzungen des Verbots des Abzugs von sog. Bestechungsgeldern nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG i.V.m. § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB)

Aktenzeichen  IV R 26/18

Datum:
15.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BFH:2021:U.150421.IVR26.18.0
Normen:
§ 4 Abs 4 EStG 2002
§ 4 Abs 5 S 1 Nr 10 S 1 EStG 2002
§ 11 Abs 1 Nr 5 StGB
§ 15 StGB
§ 299 Abs 2 StGB
§ 299 Abs 3 StGB
§ 160 Abs 1 S 1 AO
§ 56 Abs 1 FGO
§ 96 Abs 1 S 1 Halbs 2 FGO
§ 7 S 1 GewStG 2002
§ 5 AO
§ 90 Abs 2 AO
Spruchkörper:
4. Senat

Leitsatz

NV: Soweit die Zuwendung von Vorteilen sowie die damit zusammenhängenden Aufwendungen als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG den Gewinn nicht mindern dürfen, wenn die Zuwendung der Vorteile eine rechtswidrige Handlung darstellt, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht, muss auch der subjektive Tatbestand des Strafgesetzes erfüllt sein.

Verfahrensgang

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 13. Juni 2018, Az: 11 K 11085/16, Urteil

Tenor

Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist gewährt.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 13.06.2018 – 11 K 11085/16 aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

A.
1
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die A-GmbH & Co. KG i.L., ist Gesamtrechtsnachfolgerin der mit Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1989 errichteten A-GmbH (GmbH), deren Geschäftsgegenstand die Fertigung und der Vertrieb von … insbesondere für die X-industrie sowie die Herstellung von und der Handel mit Hilfsmitteln für die X-industrie war.
2
Alleingesellschafter der GmbH war seit dem 07.02.1998 B, der zum 15.01.2001 auch zum alleinigen Geschäftsführer bestellt wurde. Mit Gesellschafterbeschluss vom …2005 wurde die GmbH rückwirkend zum 30.06.2004 in die Klägerin umgewandelt. Deren Komplementärin ist die A-Verwaltungsgesellschaft mbH mit B als Alleingesellschafter und Geschäftsführer. B hält das gesamte Kommanditkapital in Höhe von 50.000 €, die Komplementärin ist nicht am Kapital beteiligt. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am …2005. Beide Gesellschaften wurden bzw. werden beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt –FA–) steuerlich geführt. Die Klägerin befindet sich in Liquidation, wobei B zum Liquidator bestellt worden ist. Die Liquidation ist noch nicht abgeschlossen. B ist am …2005 in die Schweiz verzogen. Die Klägerin und auch ihre Rechtsvorgängerin ermittelten ihren Gewinn für ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres.
3
Für die Streitjahre (2003 und 2004) erließ das FA zunächst erklärungsgemäße Gewerbesteuermessbescheide für 2003 vom 21.04.2005 und für 2004 vom 07.07.2005, jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
4
In der Zeit vom 18.08.2009 bis zum 06.11.2013 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung X (FA X) Außenprüfungen durch, die die steuerlichen Verhältnisse bei B, der GmbH und der Klägerin u.a. in den Streitjahren umfassten. Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen Y (FA Y) leitete gegen B am 28.11.2009 ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren u.a. wegen des Verdachts der Hinterziehung von Gewerbesteuer für die Streitjahre zugunsten der Klägerin ein.
5
Bereits im Jahr 2001 hatte das FA Y gegen B wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung zugunsten der GmbH für die Jahre 1995 bis 2002 ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Der Fahndungsprüfer ermittelte dabei u.a., dass die GmbH, vertreten durch B, mit ausländischen Abnehmern für zu liefernde …maschinen und … sog. Überfakturierungen vereinbart und durchgeführt hatte. Die GmbH stellte ihren Abnehmern höhere Preise als die tatsächlich vereinbarten in Rechnung, wobei die Abnehmer die höheren Beträge auch tatsächlich beglichen. In Höhe der Mehrbeträge leistete die GmbH Provisionszahlungen an die jedenfalls ab Ende der 1990er Jahre wirtschaftlich nicht mehr aktive Firma G als angebliche Handelsvertreterin. Die Provisionen bezogen sich dabei auf Vermittlungsleistungen, die tatsächlich nicht erbracht wurden. Die GmbH erfasste die jeweiligen Zahlungen in ihrer Buchführung als Betriebsausgaben. Ein ebenfalls strafrechtlich verfolgter H hob die Gelder in Absprache mit B in regelmäßigen Abständen in bar vom Girokonto der G ab. Ein Großteil der Beträge floss an die Abnehmer der GmbH zurück. Die Restbeträge leitete H nach Abzug eines eigenen Anteils von bis zu 15 % an B weiter, der die Gelder wiederum auf Konten in der Schweiz und in den Niederlanden einzahlte. U.a. auf der Grundlage dieses Sachverhalts verurteilte das Landgericht X den B mit Urteil vom …2005 wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.
6
Die GmbH und später die Klägerin setzten ihre Geschäftsbeziehungen mit französischen Abnehmerfirmen über das Jahr 2001 hinaus in unveränderter Form fort. Wie B in einer Stellungnahme vom 21.01.2013 über seine damaligen steuerlichen Berater gegenüber dem Großbetriebsprüfer eingeräumt hatte, wurden für die Lieferungen von … weiterhin Preisabsprachen getroffen.
7
Nach den vom Finanzgericht (FG) wiedergegebenen, von der Großbetriebsprüfung hinsichtlich der Klägerin getroffenen, auch die Streitjahre betreffenden Feststellungen lieferte die GmbH bzw. (sinngemäß) die Klägerin die … zum verhandelten Marktpreis, der um einen Zuschlag pro Quadratmeter erhöht wurde. Den abnehmenden Firmen seien deshalb deutlich überhöhte Preise in Rechnung gestellt worden, die diese dann gezahlt hätten. Dieser sog. “Up-Lift” sei in den Rechnungen der GmbH bzw. später der Klägerin nicht erkennbar gewesen. Ab April 2002 habe die GmbH den “Up-Lift” an die Schweizer C AG (C) als “Provision” auf der Grundlage eines zwischen der C und der GmbH geschlossenen Agenturvertrags vom 10.12.2001 gezahlt, der für die GmbH von B und für die C von K, einem gelernten Koch, der fachfremd in der X-industrie gewesen sei, unterschrieben worden sei. In der Buchführung der GmbH seien die Abrechnungen fortlaufend mit “…” verbucht worden. Nach einer weiteren Vereinbarung zwischen beiden Gesellschaften, die den Agenturvertrag habe ersetzen sollen, habe die C die eingehenden Provisionen an Unteragenten oder Unterkommissionäre weiterleiten sollen. Der C hätten 10 % der eingehenden Provisionen als Honorar zugestanden. Die verbleibenden 90 % seien nach der Schweizer “50/50-Regel” besteuert und dann gemäß den Anweisungen der GmbH bzw. (sinngemäß) der Klägerin weitergeleitet worden. Die Unteragenten hätten nach der Vereinbarung möglichst ein Konto in der Schweiz errichten oder einen Anwalt als Treuhänder beauftragen sollen.
8
Die C war im Handelsregister des Kantons Z eingetragen. Danach wurde sie am …1997 zunächst als V AG gegründet. Geschäftszweck war ursprünglich in erster Linie die Führung eines Unternehmens der Reisebranche. Nach mehreren Sitzverlegungen innerhalb der Schweiz wurden am …2002 die Statuten der Gesellschaft geändert. Der neue Unternehmenszweck bestand in erster Linie aus Beratungen und Gestionen in- und ausländischer Gesellschaften insbesondere im Y-Bereich. Seit dem 21.03.2003 befand sich der Sitz der C in R (Schweiz), c/o K. Nach eigenen Angaben unterhielt die C keine eigenen Geschäftsräume; Alleingesellschafter und einziger Verwaltungsrat war K. Nach einer Auskunft der Informationszentrale Ausland des Bundeszentralamts für Steuern handelte es sich bei der C um eine Domizilgesellschaft. Auch die Anwendung der genannten Schweizer Steuerregel sei nur möglich, wenn die C eine Domizilgesellschaft sei, wobei die wesentlichen Elemente ihres Geschäfts durch ausländische Personen bestimmt werden müssten.
9
Bei einer vom FA X über die Schweizer Behörden veranlassten Hausdurchsuchung bei K fand sich eine eidesstattliche Versicherung des Schweizer Rechtsanwalts Dr. M vom …2012. Sie enthält die Erklärung des Dr. M, dass die C im fraglichen Zeitraum verschiedene Beträge auf ein Treuhandkonto überwiesen habe, das im Interesse und gemäß Instruktion seiner französischen Klientschaft geführt worden sei, die Gutschriften per Überweisungen der C und nicht in bar erfolgt, die Auszahlungen immer gemäß Instruktion der französischen Klienten durchgeführt und keine Überweisungen zugunsten des B oder dessen Familie getätigt worden seien.
10
Der Großbetriebsprüfer gelangte zu der Feststellung, dass der zwischen der GmbH und der C ursprünglich geschlossene Agenturvertrag tatsächlich nicht durchgeführt worden sei, weil die C keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhalten habe. Maßgeblich sei ausschließlich die dem Agenturvertrag folgende Vereinbarung gewesen. Der Großbetriebsprüfer forderte die GmbH und auch die Klägerin, beide jeweils vertreten durch B, auf, die tatsächlichen Empfänger der einzelnen Provisionszahlungen in der Schweiz nach § 160 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) zu benennen. Anschließend kam er zu dem Ergebnis, dass die Zahlungen an die C nicht als Betriebsausgaben abziehbar seien, weil B dem Benennungsverlangen nicht nachgekommen sei. Außerdem hätten die Zahlungen als Handlungen im ausländischen Wettbewerb der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gedient (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren gültigen Fassung –EStG– i.V.m. § 299 Abs. 2 und Abs. 3 des Strafgesetzbuchs i.d.F. des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Protokolls vom 19.06.1997 zum Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, der Gemeinsamen Maßnahme betreffend die Bestechung im privaten Sektor vom 22.12.1998 und des Rahmenbeschlusses vom 29.05.2000 über die Verstärkung des mit strafrechtlichen und anderen Sanktionen bewehrten Schutzes gegen Geldfälschung im Hinblick auf die Einführung des Euro vom 22.08.2002, BGBl I 2002, 3387 –StGB–).
11
Von den insgesamt nicht anerkannten Aufwendungen in den Jahren 2003 bis 2007 in Höhe von … € entfielen auf die beiden Streitjahre 956.973,85 € (2003) und 1.169.149,34 € (2004).
12
In seinen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbescheiden für 2003 und 2004 vom 06.08.2014 vertrat auch das FA (u.a.) die Auffassung, dass die Zahlungen an die C den Gewinn nicht mindern dürften. Der Einspruch der Klägerin hatte (auch) hinsichtlich der Zahlungen an die C keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 22.04.2016).
13
Das Niedersächsische FG wies mit Urteil vom 13.06.2018 – 11 K 11085/16 die Klage (u.a.) insoweit ab, als sie die als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen an die C in den Streitjahren betraf.
14
Zur Begründung führte das FG u.a. aus, zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Zahlungen der Klägerin in Höhe von 956.973,85 € (2003) und 1.169.149,34 € (2004) an die C mit dem Auftrag der Weiterleitung von Teilbeträgen an ihre französischen Abnehmer als Betriebsausgaben i.S. von § 4 Abs. 4 EStG anzusehen seien. Diese seien jedoch nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG nicht abzugsfähig. Ein Betriebsausgabenabzug scheide insbesondere aus, wenn mit einer Zahlung der Straftatbestand des § 299 Abs. 2 StGB verwirklicht werde. Dabei genüge die abstrakte Strafbarkeit nach deutschem Recht unabhängig vom Verschulden des Zuwendenden. In der Literatur sei umstritten, ob für die Anwendbarkeit der steuerrechtlichen Vorschrift neben der Verwirklichung des objektiven Tatbestands auch der Vorsatz des Täters erforderlich sei. Nach Auffassung des FG sei allein auf die Verwirklichung des objektiven Tatbestands abzustellen, um den Gesetzeszweck der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen durchzusetzen. Die Klägerin habe mit den Zahlungen an die C und der Weiterleitung eines Großteils dieser Gelder an ihre französischen Abnehmer den objektiven Tatbestand des § 299 Abs. 2 und Abs. 3 StGB erfüllt. Die über die C an Mitglieder der Familie der Inhaber einer französischen Firma (Familie T) zurückfließenden Gelder seien Zuwendungen im Rahmen einer Unrechtsvereinbarung mit der GmbH und später der Klägerin als Gegenleistung für die unlautere Bevorzugung durch ihre französischen Abnehmer gegenüber anderen Anbietern am Markt, die sich auf derartige Konditionen nicht eingelassen hätten. Die Zahlungen seien nicht an die Alleingesellschafter der betroffenen Kapitalgesellschaften erfolgt. Lediglich ergänzend wies das FG darauf hin, dass es davon überzeugt sei, dass der ehemalige Geschäftsführer und heutige Liquidator der Klägerin (B) hinsichtlich des streitbefangenen Sachverhalts zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe.
15
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 Satz 1 EStG i.V.m. § 299 Abs. 2 StGB) sowie als Verfahrensfehler einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung –FGO–) und Verstöße gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO).
16
Die auf den 28.01.2019 datierte Begründung der Revision ist per Fax beim Bundesfinanzhof (BFH) am 13.02.2019 erst nach Ablauf der (zuletzt) bis zum 31.01.2019 verlängerten Revisionsbegründungsfrist eingegangen. Ausweislich eines von den Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 11.02.2019 vorgelegten Übersendungsprotokolls ist die Revisionsbegründung jedoch bereits am 28.01.2019 über das “besondere elektronische Anwaltspostfach” an den BFH übermittelt worden.
17
Zur Begründung ihrer Revision trägt sie u.a. vor, ihre in den Streitjahren als Betriebsausgaben abzuziehenden Zahlungen an die C habe diese an die Inhaber der französischen Firmen weitergeleitet, mit denen sie –die Klägerin– Geschäfte gemacht habe. Die Weiterleitung sei über den Rechtsanwalt Dr. M erfolgt, der dies mit beurkundeter eidesstattlicher Versicherung vom …2012 ausdrücklich bestätigt habe. Das FG habe zu Unrecht den Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG versagt. Dazu müsse festgestellt werden, dass ein Straf- oder Bußgeldtatbestand durch eine rechtswidrige Handlung i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG erfüllt sei. Das FA treffe insoweit die Feststellungslast. Das FG habe jedoch keine Tatsachen festgestellt, nach denen eine rechtswidrige Tat i.S. des § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB, im Streitfall eine solche, die den Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB verwirkliche, gegeben sei. Es müsse sowohl der objektive als auch –entgegen der Ansicht des FG– der subjektive Tatbestand der Vorschrift erfüllt sein. Bei Zahlungen an den Geschäftsinhaber sei der objektive Tatbestand der Vorschrift ausgeschlossen, denn von ihr würden nur Zuwendungen an Angestellte oder Beauftragte eines geschäftlichen Betriebs erfasst. Zu den Zuwendungsempfängern habe das FG jedoch keine Feststellungen getroffen, vielmehr habe es nur zwei französische Abnehmerfirmen festgestellt, mit denen die Klägerin Geschäfte gemacht haben solle. Rechtsirrig gehe das FG wohl davon aus, dass § 299 Abs. 2 StGB nur dann nicht einschlägig sei, wenn eine Zuwendung an den Alleingesellschafter des betreffenden Unternehmens erfolge. Dabei habe es aber auch nicht festgestellt, dass es sich bei den Geldempfängern um die Alleingesellschafter der beiden französischen Abnehmerfirmen gehandelt habe. Des Weiteren habe das FG keine Unrechtsvereinbarung festgestellt, die zu einer unlauteren Bevorzugung gegenüber Konkurrenten führe. Nachdem der objektive Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB nicht erfüllt sei, sei das FG auch zu Unrecht ohne weitere –nach Auffassung des FG ohnehin entbehrliche– Feststellungen zum subjektiven Tatbestand davon ausgegangen, dass zumindest bedingter Vorsatz des Geschäftsführers der Klägerin vorliege. FG-Urteil und Akteninhalt lasse sich nur entnehmen, dass der Geschäftsführer immer in dem Glauben gewesen sei, mit den Inhabern der französischen Unternehmen zu tun zu haben, und dass die gelieferten Produkte nicht von anderen Unternehmen hätten geliefert werden können. Statt den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 299 Abs. 2 StGB zu prüfen, habe das FG eine Beweislastentscheidung zulasten der Klägerin getroffen. Es habe einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der dem Akteninhalt widerspreche. Während dem Tatbestand des Urteils die Empfänger der Zahlungen nicht zu entnehmen seien, ergäben sich die Geldempfänger aus einer vom FA mit Schriftsatz vom 15.07.2016 vorgelegten Anlage. Zudem seien in der mündlichen Verhandlung vor dem FG weitere Unterlagen zu den Geldempfängern eingereicht worden. Dass es sich dabei um Arbeitnehmer oder Beauftragte der französischen Unternehmen handele, mit denen die Klägerin Geschäfte gemacht habe, ergebe sich weder aus dem FG-Urteil noch aus dem Inhalt der Akten. Dem klaren Inhalt der Akten widerspreche auch, wenn sich danach ein Geldempfänger (E) ergebe, der Alleingesellschafter von zwei Firmen gewesen sei, mit denen die Klägerin Geschäfte gemacht habe. Insoweit habe das FG von seinem Rechtsstandpunkt aus die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG nicht als erfüllt ansehen dürfen. Auch habe das FG nicht aufgeklärt, ob es sich bei den Mitgliedern der Familie T um Inhaber der Geschäftspartnerunternehmen der Klägerin gehandelt habe.
18
Die Klägerin beantragt,
1.
ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist zu gewähren,
   
2.  
unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung die Gewerbesteuermessbescheide 2003 und 2004 vom 06.08.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2016 dahin zu ändern, dass bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags Zahlungen an die C in Höhe von 956.973,85 € (2003) und 1.169.149,34 € (2004) als Betriebsausgaben gewinnmindernd berücksichtigt werden.
19
Das FA beantragt,die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
20
Es trägt u.a. vor, nachdem B während der Betriebsprüfung Erläuterungen zu den französischen Abnehmern abgegeben und im Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 23.03.2015 die Geldempfänger benannt habe, habe das FA die über die C zurückgeführten Gelder als betrieblich veranlasste Aufwendungen anerkannt, jedoch deren Abzug nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 10 EStG versagt. Die Staatsanwaltschaft Y habe den Verdacht bestätigt, dass die Klägerin über die C als Provisionen gezahlte Schmiergelder an Entscheidungsträger der französischen Firmen gezahlt habe, eine auf den Verdacht der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gemäß § 299 Abs. 2 StGB gestützte Strafverfolgung jedoch wegen Verjährung ausgeschlossen. Es seien überfakturierte Beträge unstreitig an die Firmen L 1, L 2, L 3 und L 4 in bar zurückgeführt worden, die alle in der Rechtsform einer (z.T. vereinfachten) Aktiengesellschaft nach französischem Recht geführt worden seien. Mitglieder der Familie T und E seien Beauftragte der Firmengruppe L 1 bzw. L 4 gewesen. Es stehe aber nicht fest, in welchen rechtlichen Beziehungen die in einem Schreiben des Rechtsanwalts Dr. M vom …2006 benannten Empfänger zu den belieferten Gesellschaften gestanden hätten; es sei keinesfalls sicher, dass die Zahlungen an Firmeninhaber geflossen seien. Dass dies nicht aufgeklärt sei, gehe zulasten der Klägerin, weil B die Zahlungswege über die C und Dr. M bewusst verschleiert habe. Zweifelsfrei hätten auch Konkurrenzunternehmen als Lieferanten neben der Klägerin existiert. B habe als Geschäftsführer der Klägerin auch vorsätzlich gehandelt, indem er die geforderten Überfakturierungen akzeptiert und damit Konkurrenzunternehmen wirtschaftlich benachteiligt habe.


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