Steuerrecht

Jährliche Sonderzahlung, Sonstige Rückstellungen, Rückstellungsbildung, Beitragsverordnung, Streitjahr, Sonderbeitragsbescheid, Entschädigungsfall

Aktenzeichen  7 K 1776/16

Datum:
29.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2018, 1437
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Bildung von Rückstellungen für Verpflichtungen gegenüber der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW).
Die Klägerin ist eine GmbH. Ihr Unternehmensgegenstand ist die Vermögensberatung und -verwaltung. Sie ist ein Finanzdienstleistungsinstitut i.S.d. § 1 Abs. 1a Kreditwesengesetz (KWG). Ihr Wirtschaftsjahr entspricht dem Kalenderjahr. Für die Streitjahre wurde den Steuererklärungen ein Jahresüberschuss von … € (2008), … € (2010) bzw. … € (2011) zu Grunde gelegt.
In den Bilanzen für die Streitjahre waren sonstige Rückstellungen (Konto 970) in Höhe von … € (2008), … € (2010) und … € (2011) eingestellt. Darin war nach den Ausführungen in den Anhängen zu den Jahresabschlüssen sowie den Lageberichten für die Geschäftsjahre eine Rückstellung für den „Entschädigungsfall P“ enthalten.
Im März 2005 hatte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die P … GmbH („P“) den Entschädigungsfall festgestellt und damit die Voraussetzungen für die Entschädigung der P-Anleger nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG) geschaffen. Zuständig für die Durchführung des Entschädigungsverfahrens ist die EdW, deren Pflichtmitglied die Klägerin ist. Die EdW wurde bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) errichtet und ist ein nichtrechtsfähiges Sondervermögen des Bundes (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EAEG). Die Mittel für die Durchführung von Entschädigungen durch die EdW werden durch Beiträge der Mitglieder erbracht (§ 8 EAEG). Mit dem Gesetz zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze (EAEGuaÄndG) vom 25.6.2009 (BGBl I 2009, 1528) wurden insbesondere die Regelungen zur Finanzierung der Entschädigungseinrichtungen nach dem EAEG geändert und konkretisiert. Dabei wurde u.a. die Erhebung von Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen näher geregelt (§ 8 Abs. 3 bis 7 EAEG i.d.F.d. des EAEGuaÄndG).
Nach der Feststellung des Entschädigungsfalls rechnete die Klägerin damit, dass neben den Jahresbeiträgen weitere Zahlungen von den Mitgliedern der EdW zur Erledigung des Schadensfalles „P“ eingefordert werden. Sie bildete deshalb bereits ab 2005 Rückstellungen, in den Jahren 2006 und 2007 eine Rückstellung i.H.v. … €. Dieser Betrag wurde aufgrund einer früheren Betriebsprüfung in der Prüferbilanz 2007 auf … € reduziert. Im Dezember 2007 war mit Bescheid ein Sonderbeitrag von … € durch die EdW festgesetzt worden, der jedoch von der Klägerin mit Einspruch angegriffen wurde. Die Rückstellung für den Entschädigungsfall „P“ blieb in den Jahren 2008 und 2009 unverändert bei … €.
Die EdW nahm in den Jahren 2008 und 2011 zur Finanzierung der Entschädigungszahlungen Darlehen beim Bund auf. Da die EdW den Finanzbedarf (Tilgung, Zinsen) mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln nicht decken konnte, erhob sie Sonderzahlungen. So wurde mit Bescheid vom 30. August 2010 gegenüber der Klägerin eine Sonderzahlung in Höhe von … € festgesetzt. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Da die Klägerin mit weiteren Nachforderungen und Sonderzahlungen rechnete, stockte sie lt. Lagebericht die Rückstellung für den Entschädigungsfall „P“ zum 31.12.2010 zunächst von … € um … € auf … € auf. Nachdem am 30. August 2011 eine weitere Sonderzahlung in Höhe von … € durch die EdW erhoben worden war, wurde die Rückstellung für den Entschädigungsfall „P“ zum 31.12.2011 auf … € erhöht. Daneben wurde eine zeitanteilige Rückstellung (1.10 bis 31.12.2011) für den im Folgejahr fälligen EdW-Jahresbeitrag 2012 angesetzt (… €). Auch in den Folgejahren wurden Sonderzahlungen erhoben. Im Jahr 2012 wurde mit Bescheid vom 17. August 2012 eine Sonderzahlung i.H.v. … € festgesetzt.
Die Festsetzungen der Körperschaftsteuern sowie der Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre erfolgten zunächst unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Dabei wurden die erklärten Jahresüberschüsse zu Grunde gelegt.
Im November 2013 wurde eine Außenprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2012 angeordnet. Diese erstreckte sich u.a. auf die Körperschaftsteuer sowie die Gewerbesteuer. Im Prüfungsbericht vom 6. Dezember 2013 berücksichtigte der Prüfer im Zusammenhang mit dem Entschädigungsfall „P“ Rückstellungen/Verbindlichkeiten zum 31.12.2008 in Höhe von … €, zum 31.12.2010 in Höhe von … € und zum 31.12.2011 in Höhe von … €. Der Prüfer berief sich auf ein nicht veröffentlichtes BMF-Schreiben vom 7.11.2008. Er ließ Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit zukünftigen Sonderzahlungen an die EdW nicht mehr zu, sondern berücksichtigte diese lediglich ab dem Zeitpunkt der Festsetzung als Verbindlichkeiten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 6. Dezember 2013 verwiesen.
Der Beklagte (Finanzamt) folgte den Feststellungen des Prüfers und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Körperschaftsteuerfestsetzungen sowie die Festsetzungen der Gewerbesteuermessbeträge für die Streitjahre jeweils mit Bescheid vom 28. März 2014 und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2016). Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Bildung einer Rückstellung in der Bilanz im Zusammenhang mit den Beitragspflichten bei der EdW nicht möglich sei. Eine Verpflichtung entstehe erst mit Erlass des Beitragsbescheids.
Die Klägerin macht geltend, die vorliegend streitbefangenen Rückstellungen beträfen ausschließlich solche, welche zum einen für Jahresbeiträge (zeitanteilig) und zum anderen für Sonderzahlungen an die EdW im Entschädigungsverfahren „P“ gebildet worden seien. Bezüglich des Entschädigungsfalls „P“ seien nach einer Verlautbarung der EdW vom September 2012 Entscheidungen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von rund … Million € getroffen worden. Mit der Bekanntgabe des Entschädigungsfalles durch die BaFin im März 2005 sei die Entschädigungsverpflichtung wirtschaftlich entstanden. Die Mittel für die Durchführung der Entschädigung würden ausschließlich und in voller Höhe durch Beiträge der Mitgliedsinstitute der EdW erbracht. Da die Mittel für die Durchführung von Entschädigungen ausschließlich durch die Mitgliedsinstitute erbracht würden, hafteten diese den geschädigten Anlegern in wirtschaftlicher Hinsicht ohne Beschränkung jedenfalls mittelbar.
Die Rückführung des Gesamtfinanzierungsbedarfs einschließlich der anfallenden Zinsen müsse voraussichtlich über Jahrzehnte gestreckt werden, sodass weitere Sonderzahlungen und darüber hinaus Verzugszinsen in erheblichem Ausmaß anfallen würden. Damit sei sie auf unbestimmte Zeit hinaus gesetzlich dazu verpflichtet, Entschädigungsleistungen in Form von jährlich festgesetzten Sonderbeiträgen und/oder Sonderzahlungen an die EdW zu erbringen. Hierfür habe sie Rückstellungen in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags passiviert. Für eine Beschränkung der Passivierung dieser Rückstellungen auf Beträge, die in Form von Bescheiden bis zum jeweiligen Bilanzstichtag durch die EdW erhoben worden seien, fehle sowohl eine handelswie auch eine steuerrechtliche Grundlage.
Rückstellungen für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen dürften auch gebildet werden, wenn keine Beitragsbescheide vorlägen. Die Anforderungen an die Konkretisierung seien als nähere Beschreibung des Tatbestandsmerkmals der Wahrscheinlichkeit des Bestehens bzw. Entstehens und Inanspruchnahme zu verstehen. Für die Bildung der Rückstellung sei es ausreichend, dass man mit einer Inanspruchnahme durch die EdW ernsthaft rechnen müsse. Im Übrigen gehe die Beitragsverordnung zur Finanzierung der EdW davon aus, dass für Beitragsverpflichtungen gegenüber der EdW Rückstellungen gebildet werden könnten, da diese im Einzelnen betragsmäßig gegenüber der EdW angezeigt werden müssten. Die Bildung von Rückstellungen sei somit ausdrücklich zugelassen.
Auch sei zu berücksichtigen, dass durch das EAEGuaÄndG vom 25.6.2009 die Regelungen über die Finanzierung der Entschädigungseinrichtungen völlig neu ausgestaltet worden seien. Das vom Finanzamt zitierte BMF-Schreiben vom 7. November 2008 beruhe auf einem veralteten Sachstand. Im Entschädigungsfall „P“ seien ausschließlich Sonderzahlungen festgesetzt worden, sodass diesem BMF-Schreiben keine Bedeutung mehr zukomme.
Die Bildung der streitigen Rückstellungen sei zur finanziellen Absicherung von Risiken, welche branchenüblich seien, zwingend erforderlich. Da die BaFin im Entschädigungsfall „P“ den Eintritt des Entschädigungsfalls bereits 2005 bekannt gegeben habe, sei die sich daraus ergebende Verpflichtung bereits vor den Streitjahren verursacht und der Ansatz einer Rückstellung geboten gewesen.
Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. habe bereits 2006 festgestellt, dass sich die Höhe der Sonderzahlungen im Entschädigungsfall „P“ je Mitglied der EdW auf das 60 bis 70-fache des EdW-Jahresbeitrags belaufe. Im November 2011 sei dieser Verband von einem Schadensvolumen von mehr als 300 Mio. € ausgegangen und habe erklärt, dass die Mitglieder der EdW auf unabsehbare Zeit bis zur verfassungsrechtlich gebotenen Obergrenze zu Sonderzahlungen herangezogen würden. Diese Einschätzungen seien ursächlich für die Rückstellungsbemessung gewesen.
Die Klägerin beantragt,
die Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbescheide für 2008, 2010 und 2011 jeweils vom 28. März 2014 sowie die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2016 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das Finanzamt verweist auf die Einspruchsentscheidung und macht ergänzend geltend, dass es sich bei der EdW um eine öffentlich-rechtliche Sicherungseinrichtung handele und damit eine Verpflichtung erst mit Erlass des Beitragsbescheids entstehe. Die Änderungen durch das EAEGuaÄndG vom 25.6.2009 hätten neue gesetzliche Vorgaben im Hinblick auf das Beitragsverfahren und die Beitragshöhe gemacht und konkretisiert, indem risikoorientierte Zuschlags- und Abzugsmöglichkeiten eingeführt worden seien. Im Übrigen seien die Beitragssätze erhöht worden, um die Leistungsfähigkeit der EdW vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit bisherigen Entschädigungsfällen und Risiken zu stärken.
Der Begründung des BMF für eine 4. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen sei nicht zu entnehmen, dass die Bildung von Rückstellungen zugelassen werde.
Die im Jahresabschluss zum 31.12.2011 für den anteiligen Jahresbetrag für den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2011 gebildete Rückstellung i.H.v. 50.000 € hätte angesichts der neuen Rechtsprechung nicht gebildet werden dürfen.

II.
Die Klage ist unbegründet.
Über die bereits als Verbindlichkeiten berücksichtigten Verpflichtungen gegenüber der EdW hinaus sind zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre (2008, 2010, 2011) keine Rückstellungen für zukünftige Festsetzungen von Beiträgen bzw. Sonderzahlungen der EdW anzusetzen.
1. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 Handelsgesetzbuch (HGB) sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus folgende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und ist daher gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1, § 7 Körperschaftsteuergesetz (KStG) auch in der zur Gewinnermittlung erstellten Steuerbilanz zu beachten (ständige Rechtsprechung vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900).
1.1. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende oder überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus, deren Höhe zudem ungewiss sein kann.
Diese Voraussetzungen sind im Einzelfall auf der Grundlage objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender Tatsachen aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns zu beurteilen. Dieser muss ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Besteht die Verbindlichkeit rechtlich noch nicht, ist ein wirtschaftlicher Bezug zum Zeitraum vor dem jeweiligen Bilanzstichtag erforderlich. Sie muss wirtschaftlich in dem bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahr verursacht sein (so zuletzt wieder BFH-Urteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900).
Das Bestehen einer Verbindlichkeit setzt ferner den Anspruch eines Dritten im Sinne einer Außenverpflichtung voraus, die erzwingbar ist. Der Dritte als Gläubiger muss das Recht haben, vom Steuerpflichtigen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen verlangen zu können. Ausreichend ist allerdings auch ein faktischer Leistungszwang, dem sich der Steuerpflichtige aus sittlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht entziehen kann, obwohl keine Rechtspflicht zur Leistung besteht (BFH-Urteil vom 05.11.2014 VIII R 13/12, BFHE 248, 296, BStBl II 2015, 523).
1.2. Diese Grundsätze gelten grundsätzlich auch für eine Rückstellungsbildung bei Verpflichtungen aus öffentlichem Recht. Nach der Rechtsprechung des BFH muss die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zusätzlich konkretisiert sein (BFH-Urteile vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900; vom 05.11.2014 VIII R 13/12, BFHE 248, 296, BStBl II 2015, 523, unter II. 2. c): „sofern“). Konkretisiert ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt ist (BFH-Urteil vom 08.09.2011 IV R 5/09, BFHE 235, 241, BStBl II 2012, 122).
Konkretisiert wird eine öffentlich-rechtliche Pflicht regelmäßig durch einen gesetzeskonkretisierenden Rechtsakt (Verwaltungsakt, Verfügung oder verwaltungsrechtliche Vereinbarung) oder durch unmittelbare Erfüllung der Merkmale des gesetzlichen Tatbestands. In diesen Fällen ist eine Verbindlichkeit bereits entstanden (BFH-Urteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900). Aber auch eine Pflicht, die sich allein aus gesetzlichen Bestimmungen ergibt, kann eine Rückstellung rechtfertigen; dies setzt allerdings einen entsprechend konkreten Gesetzesbefehl voraus (BFH-Urteil vom 08.11.2000 I R 6/96, BFHE 193, 399, BStBl II 2001, 570).
1.3. Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, so kann eine Rückstellung gleichwohl gebildet werden, wenn sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Verpflichtungen (vgl. BFHUrteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900, Rn. 20).
Eine wirtschaftliche Verursachung einer rechtlich noch nicht entstandenen Verbindlichkeit liegt vor, wenn die Verpflichtung so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahres verknüpft ist, dass es geboten ist, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahres zu behandeln. Dafür müssen die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des die Verpflichtung auslösenden Tatbestands erfüllt sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen (BFH-Urteil vom 17.10.2013 IV R 7/11, BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302).
Bei der Unterscheidung zwischen wirtschaftlich wesentlichen und wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen ist die rechtliche Struktur des die Verbindlichkeit begründenden Tatbestands zu beachten. Der rechtliche und wirtschaftliche Bezugspunkt der Verpflichtung muss in der Vergangenheit liegen, sodass die Verbindlichkeit nicht nur an Vergangenes anknüpft, sondern auch Vergangenes abgilt (BFH-Urteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900).
2. Ausgehend von diesen Grundsätzen können zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre keine Rückstellungen für zukünftige Verpflichtungen gegenüber dem EdW im Zusammenhang mit dem Entschädigungsfall „P“ gebildet werden. Das Finanzamt hat zu Recht nur die Verpflichtungen gegenüber der EdW als Verbindlichkeit berücksichtigt, die zum jeweiligen Bilanzstichtag mit Bescheid festgesetzt und noch offen waren.
2.1. Zwar ist der Klägerin zuzustimmen, dass aufgrund der im Raum stehenden Entschädigungssumme im Entschädigungsfall „P“ zu den Bilanzstichtagen nahelag war, dass die EdW in diesem Zusammenhang einen gesteigerten Mittelbedarf haben wird und die Mitgliedsinstitute zur Finanzierung herangezogen werden. Auch ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen, dass jedenfalls ab 2010 bis 2015 jährlich Sonderzahlungen festgesetzt wurden. Dies allein reicht jedoch – unter Berücksichtigung der im Streitfall maßgeblichen Regelungen des EAEG – nicht aus, über die festgesetzten und als Verbindlichkeiten passivierten Sonderzahlungen hinaus daneben zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre noch Rückstellungen für weitere zukünftige Verpflichtungen zu bilden.
2.2. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 EAEG werden die Mittel für die Durchführung von Entschädigungen durch Beiträge der Mitgliedsinstitute erbracht. Die Institute sind verpflichtet, Jahresbeiträge an die Entschädigungseinrichtung zu leisten, der sie zugeordnet sind (vgl. § 8 Abs. 2 EAEG). Die Entschädigungseinrichtungen haben die Aufgabe, die Beiträge der ihnen zugeordneten Institute einzuziehen, die Mittel nach Maßgabe des § 8 Abs. 1 EAEG anzulegen und im Entschädigungsfall die Gläubiger eines ihnen zugeordneten Instituts für nicht zurückgezahlte Einlagen oder für nicht erfüllte Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu entschädigen (§ 6 Abs. 3 EAEG i.d.F.d Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze – EAEGuaÄndG – vom 25.6.2009, BGBl I 2009, 1528). Die Beiträge werden mittels Beitragsbescheid erhoben (vgl. § 8 Abs. 9 EAEG i.d.F.d EAEGuaÄndG).
Durch das EAEGuaÄndG vom 25.6.2009 (BGBl I 2009, 1528) wurde erstmals eine Obergrenze für die Erhebung der Jahresbeträge festgelegt, die in der Verordnung über die Beiträge zu der Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (EdW-Beitragsverordnung) festgelegt wird (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Neben den Jahresbeträgen kann die EdW Sonderbeiträge erheben, wenn dies zur Durchführung des Entschädigungsverfahrens erforderlich ist (§ 8 Abs. 3 Satz 1 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG; zuvor § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG – EAEG a.F.).
In § 8 Abs. 3 und 3a EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG wurden erstmals nähere Bestimmungen zu den Sonderbeiträgen im EAEG getroffen (zuvor geregelt in § 5 EdW-Beitragsverordnung in der vor 26.08.2009 gültigen Fassung – EdW-Beitragsverordnung a.F.). Demzufolge sind Sonderbeiträge Vorausleistungen zur Deckung des in einem Entschädigungsfall bestehenden Mittelbedarfs (§ 8 Abs. 3a Satz 1 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG), welche mit der Bekanntgabe der Sonderbeitragsbescheide fällig werden (§ 8 Abs. 3a Satz 6 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Soweit der Mittelbedarf der Entschädigungseinrichtung jedoch durch die Erhebung von Sonderbeiträgen nicht rechtzeitig zur Erfüllung ihrer Pflichten nach § 5 Abs. 4 EAEG gedeckt werden kann, ist ein Kredit aufzunehmen (§ 8 Abs. 4 Satz 1 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Kann die Entschädigungseinrichtung den Kredit voraussichtlich nicht aus dem verfügbaren Vermögen bedienen, hat sie für Tilgung, Zins und Kosten Sonderzahlungen zu erheben (§ 8 Abs. 4 Satz 2 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Vor der Änderung des EAEG durch das EAEGuaÄndG war die Festsetzung von Sonderzahlung gesetzlich in der EdW-Beitragsverordnung geregelt (§ 5 Abs. 5 EdW-Beitragsverordnung a.F.).
Die Pflicht zur Leistung von Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen besteht seit Inkrafttreten des EAEGuaÄndG für alle Unternehmen, die der Entschädigungseinrichtung zu Beginn des Abrechnungsjahres (1.10. bis 30.09; § 8 Abs. 2 Satz 2 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG), in dem ein Sonderbeitrag oder eine Sonderzahlung erhoben wird, zugeordnet waren (§ 8 Abs. 5 Satz 1 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Dies gilt nicht für Institute, die vor der Feststellung des Entschädigungsfalls aus der Entschädigungseinrichtung ausgeschieden sind (§ 8 Abs. 5 Satz 2 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Zuvor waren alle Institute verpflichtet, die der Entschädigungseinrichtung zum Zeitpunkt der Erhebung der Sonderbeiträge zugeordnet waren (§ 5 Abs. 3 Satz 1 EdW-Beitragsverordnung a.F.).
In § 8 Abs. 6 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG wurden erstmals im EAEG konkrete Regelungen zur Ermittlung des Sonderbeitrags und der Sonderzahlung getroffen. Grundsätzlich orientieren sich sowohl der Sonderbeitrag als auch die Sonderzahlung am zuletzt fälligen Jahresbeitrag. Unter besonderen Voraussetzungen kann ein Mitgliedsinstitut von der Pflicht zur Leistung eines Sonderbeitrags oder einer Sonderzahlung ganz oder teilweise befreite werden (§ 8 Abs. 6 Satz 7 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG).
2.3. Unter Berücksichtigung der dargelegten rechtlichen Struktur der Sonderbeiträge und Sonderzahlungen sind zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre (2008, 2010, 2011) die in den Folgejahren festgesetzten Sonderzahlungen bzw. noch zu erwartenden Beitragsfestsetzungen rechtlich nicht entstanden.
Sonderbeitragsverpflichtungen sowie die Verpflichtung zur Leistung von Sonderzahlungen sind öffentlich-rechtliche Verpflichtungen, die vorliegend erst durch den Erlass eines Beitragsbescheids (Verwaltungsakt) rechtlich entstehen und sich konkretisieren. Sie waren ohne eine solche Festsetzung nicht bereits deshalb – wie z.B. Betriebssteuern (Gewerbesteuer) mit Ablauf des Veranlagungszeitraums – zum Bilanzierungszeitpunkt der Klägerin (31.12.) rechtlich entstanden, weil aufgrund der Feststellung eines Entschädigungsfalls zukünftig mit Sonderbeiträgen bzw. Sonderzahlungen zu rechnen war.
So setzt die Festsetzung von Sonderbeiträgen nicht nur voraus, dass diese zur Deckung des in einem Entschädigungsfall bestehenden Mittelbedarfs erforderlich sind. Vielmehr sind keine Sonderbeiträge zu erheben, sondern es ist ein Kredit aufzunehmen, soweit der Mittelbedarf der Entschädigungseinrichtung durch die Erhebung von Sonderbeiträgen nicht rechtzeitig gedeckt werden kann (§ 8 Abs. 4 Satz 1 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Auch nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EAEG vor Änderung durch das EAEGuaÄndG war neben der Erhebung von Sonderbeträgen auch die Aufnahme von Krediten vorgesehen. Da somit nach den Verhältnissen an den Bilanzstichtagen der Erlass von Sonderbeitragsbescheiden in den Folgejahren nicht zwingend war, waren Sonderbeitragsverpflichtungen bis zum Erlass eines Festsetzungsbescheids rechtlich auch noch nicht entstanden. Tatsächlich wurden auch ab 2008 bis jedenfalls 2015 keine Sonderbeitragsbescheide, sondern Bescheide über Sonderzahlungen erlassen.
Aber auch weitere Verpflichtungen zu Sonderzahlungen waren – über die tatsächlich festgesetzten hinaus – rechtlich zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre noch nicht entstanden. Denn gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG sind nur dann Sonderzahlungen für Tilgung, Zins und Kosten zu erheben, wenn die Entschädigungseinrichtung den Kredit voraussichtlich nicht aus dem verfügbaren Vermögen bedienen kann. Die Sonderzahlungsverpflichtungen entstanden somit nicht zwangsläufig mit Kreditaufnahme, sondern waren von den finanziellen Verhältnissen der EdW im Zeitpunkt der Fälligkeit von Tilgungsleistungen, Zinsen und Kosten abhängig. Eine konkrete rechtliche Verpflichtung ohne Erlass eines Festsetzungsbescheides konnte somit zu den Bilanzstichtagen für zukünftige Tilgungsleistungen, Zinsen und Kosten noch nicht entstehen. Für die Zeit vor Inkrafttreten des EAEGuaÄndG kommt hinzu, dass Sonderzahlungen nur von den Instituten verlangt werden konnten, die zum Zeitpunkt der Zinszahlungen und Tilgung des Kredits der Entschädigungseinrichtung zugeordnet waren (§ 5 Abs. 5 EdW-Beitragsverordnung a.F.).
2.4. Auch eine wirtschaftliche Verursachung von zukünftigen Zahlungsverpflichtungen nach den EAEG zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre liegt nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Festsetzung von Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen nicht vor. Denn dies würde voraussetzen, dass die Verpflichtungen so eng mit dem betrieblichen Geschehen des Wirtschaftsjahres verknüpft sind, dass es geboten ist, sie wirtschaftlich als Aufwand des jeweiligen Wirtschaftsjahres zu behandeln. Dafür müssen die wesentlichen Tatbestandsmerkmale des die Verpflichtung auslösenden Tatbestands erfüllt sein und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängen (BFH-Urteil vom 17.10.2013 IV R 7/11, BFHE 243, 256, BStBl II 2014, 302). Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.
2.4.1. Allein die Feststellung des Entschädigungsfalls im Jahr 2005 führte für die Mitgliedsinstitute der EdW – die nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar über die EdW für Entschädigungsansprüchen von Anlegern in Anspruch genommen werden können – wirtschaftlich noch nicht zu einem Aufwand.
Dabei ist vor allem maßgeblich, dass ein Mitgliedsinstitut nach der bis zur Anwendbarkeit des EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG vom 25.6.2009 (BGBl I 2009, 1528) geltenden Rechtslage bei einem Ausscheiden aus der EdW vor Erhebung der Sonderbeiträge bzw. vor dem Zeitpunkt der Zinszahlung und Tilgung eines aufgenommenen Kredits der Festsetzung von Sonderbeiträge und Sonderzahlungen entgehen konnte (§ 5 Abs. 3 und 5 EdW-Beitragsverordnung a.F.). Damit waren bis zum 31.12.2008 noch nicht festgesetzte Sonderbeiträge bzw. Sonderzahlungen auch wirtschaftlich noch nicht entstanden.
Dass sich die Höhe von im Folgejahr festzusetzenden Sonderbeiträgen bzw. Sonderzahlungen nach dem Jahresbeitrag für 2008 richtete (§ 5 Abs. 2, Abs. 5 EdW-Beitragsverordnung a.F.) und damit an den letzten vor dem 1. Juli 2008 festgestellten Jahresabschluss anknüpfte (§ 2 Abs. 1 EdW-Beitragsverordnung a.F.), reicht für eine wirtschaftliche Verursachung nicht aus. Im Jahr 2009 festgesetzte Sonderbeiträge bzw. Sonderzahlungen hätten dadurch keine bis zum Ablauf des Streitjahres 2008 entstandenen Aufwendungen abgegolten, sondern lediglich an Vergangenes angeknüpft (vgl. zu Zusatzbeiträge zur Handwerkskammer BFH-Urteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403, BStBl II 2017, 900).
2.4.2. Auch unter Berücksichtigung der Änderungen des EAEG durch das EAEGuaÄndG vom 25.6.2009 (BGBl I 2009, 1528) sind im Streitfall zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre 2010 und 2011 für noch nicht festgesetzte Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen keine Rückstellungen zu bilden.
Zwar besteht die Pflicht zur Leistung von Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen seit Inkrafttreten des EAEGuaÄndG nun für alle Unternehmen, die der Entschädigungseinrichtung zu Beginn des Abrechnungsjahres (1.10. bis 30.09; § 8 Abs. 2 Satz 2 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG), in dem ein Sonderbeitrag oder eine Sonderzahlung erhoben wird, zugeordnet waren (§ 8 Abs. 5 Satz 1 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Damit konnte die Klägerin grundsätzlich durch ein Ausscheiden aus der EdW bis zum 31.12. die Festsetzung von Sonderbeiträgen bzw. Sonderzahlungen zu ihren Lasten im Folgejahr nicht verhindern. Dies führt jedoch unter Berücksichtigung der in den Streitjahren geltenden Regelungen des EAEG nicht dazu, dass die Klägerin zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre 2010 und 2011 zumindest für die in den Folgejahren festgesetzten Sonderzahlungen (2011: 335.956,78 € bzw. 2012: 353.546,29 €) Rückstellungen bilden kann. Denn zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre 2010 und 2011 waren noch nicht alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale für die Festsetzung von Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen im Folgejahr erfüllt.
Wesentliche Voraussetzung für die Festsetzung von Sonderbeiträgen und Sonderzahlungen ist ein aktueller Mittelbedarf der EdW (vgl. § 8 Abs. 3a Satz 1, Abs. 4 EAEG i.d.F.d. EAEGuaÄndG). Dieser bestimmt sich grundsätzlich nach den fälligen Entschädigungsverpflichtungen sowie dem jeweils verfügbaren Vermögen der EdW und ist von der aktuellen finanziellen Situation der EdW im Zeitpunkt des Mittelbedarfs abhängig.
Im Streitfall war zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre 2010 und 2011 mit einer Festsetzung von Sonderbeiträgen im Folgejahr nicht zu rechnen, da die EdW zur Finanzierung von Entschädigungszahlungen im Entschädigungsverfahren „P“ Kredite aufgenommen und sich somit konkludent gegen die Erhebung von Sonderbeiträgen entschieden hatte. Anhaltspunkte dafür, dass wegen anderer Entschädigungsfälle Bescheide über Sonderbeiträge zu den Bilanzstichtagen der Streitjahre 2010 und 2011 bevorstanden, liegen nicht vor.
Auch die jeweils im August in den Jahren 2011 und 2012 festgesetzten Sonderzahlungen waren zu den Bilanzstichtagen 31.12.2010 bzw. 31.12.2011 wirtschaftlich nicht verursacht. Aus dem Bescheid vom … 2012 über die Erhebung einer Sonderzahlung ergibt sich, dass die Tilgungsraten sowie Zinszahlungen regelmäßig zum 30. September fällig wurden. Maßgeblich für die Erhebung einer Sonderzahlung war daher der Finanzbedarf der EdW zu diesem Zeitpunkt. Diese wesentliche Tatbestandsvoraussetzung (Finanzbedarf EdW zum 30.9) für die Festsetzung von Sonderzahlung stand zum Bilanzstichtag des Vorjahres noch nicht fest, da auch die finanzielle Entwicklung der EdW im Zeitraum von 01.01. bis 30.9. des Folgejahrs maßgeblich war. Eine Rückstellungsbildung für zukünftige Festsetzungen von Sonderzahlungen zum 31.12.2010 bzw. 31.12.2011 ist daher nicht möglich.
2.4. Soweit in § 1 Abs. 1 Satz 3 EdW-Beitragsverordnung n.F. bestimmt ist, dass die Bildung und Auflösung von Rückstellungen der Institute für Beitragsverpflichtungen nach dem Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz bei der Ermittlung des Jahresüberschusses nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EdW-Beitragsverordnung n.F. nicht berücksichtigt wird, hat dies keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der steuerlichen Rückstellungsbildung. Denn diese bestimmt sich allein nach den für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblichen Vorschriften. Die EdW-Beitragsverordnung enthält lediglich Regelungen, die die Ermittlung der an die EdW zu leistenden Beiträge konkretisieren. Regelungen über die steuerliche Zulässigkeit der Bildung von Rückstellung können durch die EdW-Beitragsverordnung nicht statuiert werden.
3. Eine anteilige Rückstellung für den Jahresbetrag des Folgejahres 2012 war zum 31.12.2011 ebenfalls nicht zu berücksichtigen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 05.04.2017 X R 30/15, BFHE 257, 403) kann für Kammerbeiträge eines künftigen Beitragsjahres, die sich nach der Höhe des in einem vergangenen Steuerjahr erzielten Gewinns bemessen, keine Rückstellung gebildet werden. Die Verpflichtung muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten. Das ist der Fall, wenn sie auch dann zu erfüllen ist, wenn der Betrieb zum Ende des Bilanzzeitraums aufgegeben würde.
Der Jahresbeitrag zur EdW ist nur von den Instituten zu erbringen, die der Entschädigungseinrichtung am 1. Januar vor Fälligkeit des Jahresbeitrags zugeordnet sind (§ 1 Abs. 2 Satz 1 EdW-Beitragsverordnung n.F.). Demzufolge kann für den Jahresbeitrag für das Jahr 2012 zum 31.12.2011 auch keine anteilige Rückstellung (1.10. – 31.12.2011) gebildet werden. Denn bei Ausscheiden aus der EdW zum 31.12.2011 wäre ein Jahresbeitrag für 2012 nicht zu erbringen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen


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