Steuerrecht

Nichtannahmebeschluss: Billigkeitsentscheidung gem § 163 AO (juris: AO 1977) setzt zwingende atypische Besonderheiten als Rechtfertigung einer Abweichung von den im Rahmen des § 33 EStG anzuwendenden Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung sowie des Zufluss- und Abflussprinzips voraus – hier: keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen Versagung eines Billigkeitserlasses gem § 163 AO 1977 bzgl außergewöhnlicher Belastungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohnhauses

Aktenzeichen  1 BvR 33/18

Datum:
12.6.2018
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2018:rk20180612.1bvr003318
Normen:
§ 90 BVerfGG
§ 163 AO 1977
§ 8 EStG
§ 11 EStG
§ 33 Abs 1 EStG
Spruchkörper:
1. Senat 2. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend BFH, 23. Oktober 2017, Az: VI S 8/17, Beschlussvorgehend BFH, 12. Juli 2017, Az: VI R 36/15, Beschlussvorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 23. April 2015, Az: 3 K 1750/13, Urteil

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1
Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen finanzbehördliche und finanzgerichtliche Entscheidungen, die eine abweichende Festsetzung der Einkommensteuer aus Billigkeitsgründen (§ 163 AO) ablehnen. Einen Billigkeitserlass hatten die Beschwerdeführenden deshalb geltend gemacht, weil sie einen Anteil von etwa 15 % der Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau ihres Hauses bezogen auf ihren Gesamtbetrag der Einkünfte und nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung mangels steuerlicher Auswirkung im Streitjahr nicht als außergewöhnliche Belastung (§ 33 EStG) geltend machen konnten. Zwar können Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau eines Wohnhauses grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG steuermindernd berücksichtigt werden (vgl. BFH, Urteil vom 22. Oktober 2009 – VI R 7/09 -, BStBl 2010 II S. 280). Dies ist aber nur unter Berücksichtigung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung sowie des Zu- und Abflussprinzips möglich. Aus dem Vorbringen der Verfassungsbeschwerde ergibt sich nicht, inwieweit im Rahmen der beantragten Billigkeitsentscheidung – auch unter Berücksichtigung der Kreditfinanzierung der Aufwendungen (vgl. dazu BFHE 154, 63) – im vorliegenden Fall zwingende atypische Besonderheiten zu berücksichtigen gewesen wären. Nur solche können jedoch eine abweichende Billigkeitsentscheidung von den mit der Regelung des § 33 EStG zur Anwendung kommenden Prinzipien rechtfertigen, da die Billigkeitsentscheidung nicht die gesetzliche Regelung unterlaufen darf (vgl. BVerfGE 48, 102 ; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. Mai 2015 – 1 BvR 741/14 -, www.bverfg.de, Rn. 9; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 28. Februar 2017 – 1 BvR 1103/15 -, www.bverfg.de, Rn. 10 ff.). Daher sind die angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Eines Eingehens auf die Frage bedarf es nicht, ob, gegebenenfalls inwieweit und an welcher Stelle der Steuerfestsetzung der sich aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG auch im Lichte des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK; vgl. BVerfGE 142, 313 ) ergebenden besonderen Verantwortung für Behinderte (vgl. BVerfGE 96, 288 ) Rechnung zu tragen ist.
2
Von einer Begründung im Übrigen wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
3
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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