Steuerrecht

Rechtmäßigkeit einer Körperschaftssteuererhöhung

Aktenzeichen  6 K 2600/13

Datum:
16.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 129310
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
KStG § 8b Abs. 1, § 37 Abs. 3
BGB § 453
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

II.
Die Klage ist nicht begründet. Zu Recht hat das Finanzamt die Körperschaftsteuer unter Berufung auf § 37 Abs. 3 KStG (in der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung) erhöht.
1. Die Rechtsfolgen des § 37 Abs. 3 KStG kommen zur Anwendung, wenn
(1) eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft, deren Leistungen bei den Empfängern zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 des Einkommensteuergesetzes in der Fassung des Artikels 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3858) gehören
(2) Bezüge erhält, die nach § 8b Abs. 1 KStG bei der Einkommenermittlung außer Ansatz bleiben
(3) und diese Bezüge bei der leistenden Körperschaft zu einer Minderung der Körperschaftsteuer geführt haben.
2. Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen der Rechtsfolge der Körperschaftsteuererhöhung, die kumulativ gegeben sein müssen, vor.
a) Zu Recht ist unstreitig, dass die Klägerin, eine Bank, unbeschränkt steuerpflichtig ist und im Falle einer Gewinnausschüttung die Empfänger Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG beziehen.
b) Zu Recht trägt auch die Klägerin selbst vor, dass der Verkauf der Dividendenansprüche bei ihr zu Einnahmen gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a EStG führt und diese Bezüge nach § 8b Abs. 1 KStG (Satz 2 a.F. bzw. Satz 5 heutige Fassung) steuerfrei bleiben.
Entscheidend hierfür ist, dass der Kauf- und Abtretungsvertrag auch steuerrechtlich als Kaufvertrag anzuerkennen ist. Eine Umqualifizierung in eine Darlehensgewährung käme nur in Betracht, wenn das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 Abgabenordnung) am Anspruch auf Dividende bei der Klägerin verblieben wäre. Dies ist indes nicht der Fall.
Zur Abgrenzung zwischen Forderungskauf und Darlehen stellt der Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung auf das Bonitätsrisiko ab. Von einem Forderungskauf ist auszugehen, wenn das Risiko der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forderung auf den Erwerber übergeht, dieser also keine Möglichkeit des Regresses hat, falls die Forderung gegen den Schuldner nicht durchgesetzt werden kann (vgl. Urteile des BFH vom 26. August 2010 I R 17/09, BFH/NV 2011, 143 und vom 2. März 2010 I R 44/09, BFN/NV 2010, 1622). Im Streitfall hat die Käuferin das Bonitätsrisiko übernommen.
Nach allgemeiner zivilrechtlicher Ansicht fällt das Bonitätsrisiko, also das Risiko der Uneinbringlichkeit einer Forderung, in den Risikobereich des Käufers (vgl. z.B. Martinek in Staudinger § 453 BGB Rz. 8 und Ermann/Grunewald § 453 BGB Rz. 15). Anderes gilt nur, wenn der Verkäufer für die Bonität des Schuldners der abgetretenen Forderung eine Garantieerklärung abgegeben hat. Eine solche Garantie ist dem im Streitfall abgeschlossenen Kauf- und Abtretungsvertrag betreffend die Dividendenansprüche indes nicht zu entnehmen. Die in § 4 des Kaufvertrags gegebenen Garantien betreffen andere Umstände als die Frage, ob ein bestehender Dividendenanspruch gegen die X-.. durchgesetzt werden kann. Insoweit ist der Sachverhalt nicht mit dem Fall vergleichbar, über den der Senat mit Gerichtsbescheid vom 8. März 2013 6 K 1256/12, EFG 2013, 1009 entschieden hat. Dort war die Höhe des Kaufpreises nach ausdrücklicher vertraglicher Regelung von der tatsächlichen Höhe der Gewinnausschüttung abhängig.
c) Die von der Klägerin bezogenen Kapitaleinkünfte haben bei der die Dividende ausschüttenden Aktiengesellschaft zu einer Körperschaftsteuerminderung geführt. Dies genügt, um den Tatbestand des § 37 Abs. 3 KStG zu erfüllen.
In der Literatur wird allerdings zum Teil die Ansicht vertreten, es komme auf eine Körperschaftsteuerminderung bei der den Kaufpreis zahlenden Gesellschaft an (z.B. Thurmayr in Herrmann/Heuer/Raupach, § 37 KStG Anm. 71). Demgegenüber schließt sich der Senat der Ansicht des Hessischen Finanzgerichts an, das im Urteil vom 16. Februar 2012, EFG 2012, 1187, überzeugend dargelegt hat, dass die Körperschaftsteuerminderung bei der Gesellschaft, die die Dividende ausschüttet, genügt. Nur dieses Gesetzesverständnis wird dem Ziel des § 37 Abs. 3 KStG gerecht, eine Körperschaftsteuerminderung zu vermeiden, wenn auf der Ebene des Empfängers keine Versteuerung erfolgt.
Die Klägerin erhält auch nach der Wertung des § 20 EStG nicht einen Kaufpreis, sondern Kapitaleinkünfte. Die Gleichbehandlung einer Dividendenausschüttung an einen Anteilsinhaber und eines Kaufpreises bei vorzeitigem Verkauf eines Dividendenanspruchs bei den Kapitaleinkünften und bei der Steuerfreiheit des § 8b Abs. 1 KStG bestätigt die Ansicht des hessischen Finanzgerichts. Denn die Gleichbehandlung zeigt, dass es sich aus der Sicht des Gesetzgebers um wirtschaftlich gleichwertige Vorgänge handelt. Daher ist auch bei der Anwendung des § 37 Abs. 3 KStG eine Gleichbehandlung sachgerecht.
Denn es kann nicht angenommen werden, dass § 37 Abs. 3 KStG die Erhöhung der Körperschaftsteuer bei wirtschaftlich gleichwertigen Vorgängen vom Gestaltungsgeschick und den Gestaltungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen abhängig machen wollte.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Die Revision ist nicht zuzulassen, da es sich um ausgelaufenes Recht handelt.


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