Steuerrecht

Überlassung eines Flugzeugs an den Geschäftsführer

Aktenzeichen  7 V 588/18

Datum:
22.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31704
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
LuftVG § 20, § 21 Abs. 1
KStG § 8b Abs. 1
FGO § 69
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2, § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 44 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Vollziehung der Bescheide vom 22. Januar 2018 zur Körperschaftsteuer 2009 bis 2013 wird in Höhe von 11.526 € (2009), 9.705 € (2010), 17.185 € (2011), 12.081 € (2012) und 11.082 € (2013) und die Vollziehung des Nachforderungsbescheids über Kapitalertragsteuer vom 1. Dezember 2017 wird in Höhe von 110.033,75 € für die Dauer des Einspruchsverfahrens ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist eine GmbH. Gegenstand ihres Unternehmens ist die wirtschaftliche Beratung von Unternehmen sowie die Verwaltung von Vermögen. Alleiniger Anteilseigner und Geschäftsführer ist S. Die Antragstellerin ist alleinige Anteilseignerin der Firma ABC AG (AG) mit Sitz in der Schweiz, Direktor des Verwaltungsrats der AG ist S. S hält außerdem 86,4% der Anteile an der Firma I GmbH mit Sitz im Inland und ist ihr Geschäftsführer. S war unter zwei Wohnsitzen im Inland und in Österreich gemeldet.
Die Antragstellerin hatte im Oktober 2008 ein Flugzeug zu Anschaffungskosten von 401.140 € erworben und ohne Pilot an die AG verchartert. Mit zusätzlicher Vereinbarung vom 5. Januar 2009 wurde festgelegt, dass das Flugzeug ausschließlich zur Herstellung von Luftbildern genutzt werden dürfe, andernfalls sei die Chartervereinbarung unwirksam.
Im Rahmen von Ermittlungen des Zollfahndungsamts wegen des Verdachts der Inanspruchnahme von unrechtmäßiger Steuerentlastung auf Flugbenzin erfolgte eine Auswertung der Flugbücher über einen Zeitraum von etwa 4,5 Jahren sowie eine Inaugenscheinnahme des Flugzeugs am 7. Januar 2014. Dabei kam die Zollfahndung zu dem Ergebnis, dass S jeweils am Beginn der Woche zu seinem Arbeitsplatz bei der Firma I geflogen und Mitte bis Ende der Woche wieder zurück zu seinem tatsächlichen Wohnort in Österreich geflogen ist. Anlässlich einer Steuerprüfung der AG seien zwar Rechnungen (unter anderem eine Rechnung vom 14. November 2012 über 6.000 €) für Luftbildaufnahmen vorgelegt worden. Als Auftraggeber und Rechnungsempfänger werde die Firma XYZ, vertreten durch XYZ mit Sitz in Österreich genannt. Dabei handle es sich jedoch nicht um eine Firma, sondern lediglich um einen Projektnamen für künftig geplante geschäftliche Aktivitäten. XYZ sei die Ehefrau von S. In den Jahren 2008 bis 2013 seien insgesamt 3.722 Luftbildaufnahmen minderer Qualität erstellt worden. Bei den Durchsuchungen der Privat- und Geschäftsräume des S seien weder Kameras, Ausdrucke oder Luftbilder noch Fotobearbeitungssoftware gefunden. In einem Schreiben des S als Verwaltungsdirekter der AG vom 13. April 2009 habe S das Flugzeug als Reiseflugzeug bezeichnet, dessen Kosten „1:1“ an die Firma I weiterberechnet würden, um Nachfragen der Steuerverwaltung zu vermeiden. Somit sei aus Sicht des Finanzamts widerlegt, dass der Hauptzweck jedes Fluges ausschließlich der Durchführung von Luftbildaufnahmen gedient habe.
Das Amtshilfeersuchen in die Schweiz betreffend die AG ergab, dass diese im Geschäftsverkehr der Schweiz nicht als Dienstleister für Luftbildaufnahmen aufgetreten sei und es sich bei ihren Geschäftsräumen um einen mit mindestens drei anderen Firmen genutzten Büroraum handle. Im Rahmen einer bei der AG durchgeführten Außenprüfung kam das zuständige Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die AG im Inland beschränkt steuerpflichtig sei, da sie in den Räumlichkeiten der I GmbH zur Erbringung von Beratungsleistungen an die I GmbH eine Betriebsstätte unterhalte. Die Tätigkeit der AG erschöpfe sich in der Beratung verbundener Unternehmen, so dass die Einkünfte der AG in Deutschland zu versteuern seien.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Antragstellerin (vgl. Bericht vom 20. November 2017) für den Zeitraum 2008 bis 2013 kam das Finanzamt unter anderem zu folgendem Ergebnis:
Im Zusammenhang mit den für das Flugzeug berücksichtigten Kosten lägen verdeckte Gewinnausschüttungen an S vor. Gemäß den Ermittlungen der Zollfahndung sei die beschriebene gewerbliche Nutzung des Flugzeugs aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen (Art des Flugzeugs, fehlende Vorrichtungen zur Erstellung von Flugbildern) nicht möglich. Eine weitere Bildnachbearbeitung sei laut der bisherigen Erkenntnisse ebenfalls nicht möglich, da beispielsweise die entsprechende Computer-Software nicht vorhanden sei. Aufgrund der Auswertung der Flugbücher, die Flüge jeweils am Angang bzw. Mitte/Ende der Woche ausweisen, sei anzunehmen, dass das Flugzeug hauptsächlich für die Flüge des Geschäftsführers von Österreich zur Firma I verwendet würde.
Da es sich bei der Antragstellerin nicht um ein Luftfahrtunternehmen handle, sei das Flugzeug ab 2009 nicht auf 14 Jahre, sondern auf 21 Jahre abzuschreiben (vgl. Tz. 1.5 des Berichts). Jährlich seien daher AfA-Beträge nur in Höhe von 19.102 € und nicht wie von der Antragstellerin angesetzt in Höhe von 28.869 € zu berücksichtigen.
Den Feststellungen der Betriebsprüfung und des Zollfahndungsamts folgend erließ das Finanzamt am 1. Dezember 2017 einen Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer gemäß § 44 Einkommensteuergesetz (ESt) in Höhe von 110.033,75 € und änderte mit Bescheiden jeweils vom 22. Januar 2018 die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung der Jahre 2008 bis 2013.
Die beim Finanzamt gestellten Anträge auf Aussetzung der Vollziehung wurden mit Verfügung vom 23. Februar 2018 (Nachforderungsbescheid über Kapitalertragsteuer) bzw. 26. Februar 2018 (Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag 2008 bis 2013) abgelehnt. Über die ebenfalls eingelegten Einsprüche hat das Finanzamt noch nicht entschieden.
Mit ihrem bei Gericht gestellten Antrag trägt die Antragstellerin im Wesentlichen vor, dass es sich entsprechend den Feststellungen des Berichts der Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Vercharterung des Flugzeugs um die Vermietung eines Beförderungsmittels gehandelt habe. Damit liege ein unternehmerischer Zweck vor. Aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Steuerbefreiung für Luftfahrtunternehmen ergebe sich, dass ein Luftfahrtunternehmen vorliege, wenn das Flugzeug zu kommerziellen Zwecken gewerblich genutzt werde (BFH-Urteil vom 28. Februar 2012 VII R 9/06).
Nach der Anschaffung des Flugzeugs seien einige Flugstunden nicht im Rahmen der Vercharterung, sondern auch zu Ausbildungszwecken des Flugführers angefallen. Von den nicht im Rahmen der Vercharterung angefallenen Stunden seien zwei Drittel den Ausbildungszwecken und ein Drittel als Privatnutzung durch S erfasst worden. Es stehe jedoch fest, dass die Vercharterung des Flugzeugs weit überwiegend den Nutzungszweck des Flugzeugs ausmache. Die dabei erzielten Einnahmen seien angemessen und hielten einem Fremdvergleich stand. Zur Berechnung des Stundensatzes für die Weiterberechnung sei im Jahr 2009 ein Kalkulationsprogramm des Flugzeugherstellers genutzt worden. Mit der Überlassung des Flugzeuges verwirkliche die Antragstellerin ihren Geschäftszweck. Von einer verdeckten Gewinnausschüttung könne daher nicht die Rede sein.
Im Übrigen müssten – sofern der im Rahmen der Flugzeugvercharterung geltend gemachte Aufwand als verdeckte Gewinnausschüttung zu berücksichtigen sei – die damit erzielten Einnahmen gegengerechnet werden.
Der Nachforderungsbescheid zur Kapitalertragsteuer sei nichtig. Entgegen des Wortlauts von § 44 Abs. 6 Satz 5 EStG sei die Inanspruchnahme der Antragstellerin nicht durch einen Haftungsbescheid, sondern durch einen Nachforderungsbescheid erfolgt, so dass der Bescheid nicht hinreichend bestimmt sei. Im Übrigen beruhe der Nachforderungsbescheid auf den unberechtigten Feststellungen des Finanzamts zur verdeckten Gewinnausschüttung. Da keine Forderung gegenüber der Antragstellerin bestehe, sei eine Nachforderung schon vom Wortlaut her nicht möglich. Es sei dem Bescheid nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Antragstellerin als originäre Schuldnerin der Steuer oder für die Schuld des S in Haftung genommen werde.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide zur Körperschaftsteuer und zum Gewerbesteuermessbetrag der Jahre 2008 bis 2013 jeweils vom 22. Januar 2018 sowie des Nachforderungsbescheids für die Jahre 2008 bis 2013 vom 1. Dezember 2017 für die Dauer des Einspruchsverfahrens auszusetzen, hilfsweise die Beschwerde zum Bundesfinanzhof zuzulassen.
Das Finanzamt beantragt sinngemäß,
die Vollziehung der Bescheide zur Körperschaftsteuer 2009 bis 2013 in Höhe von 5.857 € für 2009, in Höhe von 5.088 € für 2010, in Höhe von 3.840 € für 2011, in Höhe von 6.486 € für 2012 und in Höhe von 5.880 € für 2013 für die Dauer des Einspruchsverfahrens auszusetzen und den Antrag im Übrigen abzulehnen.
Zur Begründung trägt es unter anderem vor, dass bereits aus § 20 Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) ersichtlich werde, dass die von der Antragstellerin ausgeübte Tätigkeit bzw. die tatsächliche Verwendung des Flugzeugs nicht als Luftfahrtunternehmen im engeren Sinne gelte. Der Hinweis auf die durchgeführte Umsatzsteuersonderprüfung gehe fehl.
Aufgrund der Feststellungen der Zollfahndung stehe fest, dass die Überlassung des Flugzeugs an die AG nicht zum Zwecke der Erstellung von Luftbildaufnahmen erfolgt sei. Aufgrund der Zweckentfremdung liege keine vertragliche Grundlage für die Leistungsbeziehungen zur AG vor, so dass dem Grunde nach eine verdeckte Gewinnausschüttung gegeben sei. Bislang sei jedoch nicht berücksichtigt worden, dass zusätzlich eine verdeckte Gewinnausschüttung der AG an die Antragstellerin in Höhe der bisher als Miete bezeichneten Zahlungen anzunehmen sei. Dabei handle es sich jedoch um steuerfreie Ausschüttungserträge gemäß § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG), außerdem sei gemäß § 8b KStG ein Anteil von 5% der Ausschüttung als nicht abziehbare Betriebsausgaben zu behandeln. Insoweit sei Aussetzung der Vollziehung zu gewähren.
Im Übrigen habe der Nachforderungsbescheid materiell-rechtlich den Charakter eines Haftungsanspruchs. Die Entrichtungsschuld sei im Verhältnis zur Kapitalertragssteuerschuld (Primärschuld) akzessorisch. Die Antragstellerin werde nicht für die Einkommensteuer des Empfängers einer Ausschüttung in Haftung genommen, insoweit gälten dieselben Grundsätze wie bei der Lohnsteuer. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamtsakten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist teilweise unzulässig.
Soweit die Antragstellerin die Aussetzung der Vollziehung der Bescheide zur Körperschaftsteuer 2008 und zum Gewerbesteuermessbetrag der Jahre 2008 bis 2013 begehrt, ist der Antrag unzulässig. Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbescheide, mit den die Körperschaftsteuer bzw. der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festgesetzt wird, sind weder vollziehbar noch aussetzungsfähig (Stapperfend in Gräber, 8. Aufl., § 69 FGO, Rz. 90, 69, 79). Bei dem Körperschaftsteuerbescheid 2008 sowie den Gewerbesteuermessbetragsfestsetzungen der Jahre 2008 bis 2013 handelt es sich um Nullbescheide.
2. Im Übrigen ist der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) überwiegend begründet.
Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts u.a. ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen.
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn bei summarischer Prüfung neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die AdV setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. BFH-Beschluss vom 20. Mai 1997 VIII B 108/96, BFHE 183, 174, m.w.N.).
Die Entscheidung über einen Antrag auf AdV ergeht wegen der Eilbedürftigkeit aufgrund des Prozessstoffs, der sich aus den dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Akten der Finanzbehörde und präsenten Beweismitteln ergibt (BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116).
Im Streitfall bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide jeweils vom 22. Januar 2018 zur Körperschaftsteuer 2009 bis 2013 und des Nachforderungsbescheids über Kapitalertragsteuer vom 1. Dezember 2017, da das Finanzamt bei summarischer Prüfung zu Unrecht vom Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen ausgegangen ist.
2.1. Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige BFH-Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BStBl III 1967, 626). Ist der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn oder an eine ihm nahe stehende Person erbringt, für die es an einer klaren, im Voraus getroffenen, zivilrechtlich wirksamen und tatsächlich durchgeführten Vereinbarung fehlt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545; vom 27. März 2001 I R 27/99, BFHE 195, 228, BStBl II 2002, 111, jeweils m.w.N.). Dieser Grundsatz gilt jedoch nur dann, wenn das Fehlen der tatsächlichen Durchführung darauf schließen lässt, dass die von vornherein abgeschlossene Vereinbarung lediglich die Unentgeltlichkeit der Leistung des Gesellschafters verdecken soll (Blümich/ Rengers KStG § 8 Rn. 350 m.w.N.).
Zur Begründung des „Nahestehens“ reicht jede Beziehung eines Gesellschafters der Kapitalgesellschaft zu einer anderen Person aus, die den Schluss zulässt, sie habe die Vorteilszuwendung der Kapitalgesellschaft an die andere Person beeinflusst. Zum Kreis der dem Gesellschafter nahestehenden Personen zählen natürliche und juristische Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, an denen der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft beteiligt ist, wobei es auf die Höhe der Beteiligung nicht ankommt (BFH-Urteil vom 1. Oktober 1986 I R 54/83, BStBl II 1987, 459, vgl. Lang/Bott in: Ernst & Young, KStG, 121. Lieferung, § 8 Rz. 509 und Wilk in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Stand 01.2017, § 8 Rz. 125 m.w.N.)
2.2. Im Streitfall ist die Antragstellerin als alleinige Anteilseignerin der AG ihre beherrschende Gesellschafterin, so dass die zwischen den beiden Gesellschaften geschlossenen Vereinbarungen über die Überlassung des Flugzeugs den oben genannten Sonderbedingungen zu unterwerfen sind. S war sowohl Geschäftsführer und alleiniger Anteilseigner der Antragstellerin als auch Direktor des Verwaltungsrates der AG.
Bei summarischer Prüfung liegt der Überlassung des Flugzeugs an die AG eine klare und von vornherein abgeschlossene Vereinbarung zugrunde, da die Antragstellerin der AG das Flugzeug mittels eines Vercharterungsvertrages zur Nutzung überlassen hat (vgl. Bericht über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung vom 14. September 2010, Bl. 47 ff RB-Akte). Der Chartervertrag über ein Flugzeug ohne gleichzeitige Gestellung eines Piloten entspricht seiner Rechtsnatur einem Mietvertrag i.S.d. § 535 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), so dass die Hauptpflichten der Vertragsparteien in der Gebrauchsgewährung gegen Entrichtung der vereinbarten Miete bestehen.
Im Streitfall wurden die Hauptpflichten der getroffenen Vereinbarung erfüllt, da der Leistungsaustausch wie vereinbart stattgefunden hat. Unstreitig erfolgte in den Jahren 2009 bis 2013 eine Nutzung des Flugzeugs durch die AG. Dabei hat die AG auch Luftbildaufnahmen erstellt. Insoweit kommt es grundsätzlich weder auf die Quantität und Qualität der Aufnahmen infolge der verwendeten Aufnahmegeräte bzw. Bearbeitungssoftware noch auf den Auftraggeber der Luftbilder an. Die AG entrichtete die vereinbarten Nutzungsentgelte, die von der Antragstellerin als Erlöse erfasst worden sind. Damit sind die wesentlichen Vertragsbestandteile einer vertraglichen Nutzungsüberlassung erfüllt (vgl. zur Beurteilung eines Mietverhältnisses zwischen nahen Angehörigen BFH-Urteil vom 31. Juli 2007 IX R 8/07, BFH/NV 2008, 350, Blümich/Rengers KStG § 8 Rn. 521 m.w.N.). Anhaltspunkte, dass die Höhe der entrichteten Nutzungsentgelte einem Drittvergleich nicht standhält (vgl. BFH-Urteil vom 22. Dezember 2010 I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019), sind bei summarischer Prüfung weder ersichtlich noch vorgetragen. Es fehlen auch ausreichende Ermittlungen des Finanzamts, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine verdeckte Gewinnausschüttung deshalb anzunehmen ist, weil die Mieteinnahmen nicht die Kosten und einen angemessenen Gewinnaufschlag abdecken (vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 2016 I R 12/15, BStBl II 2017, 217).
Soweit das Finanzamt die Annahme von verdeckten Gewinnausschüttungen damit begründet, dass die Vercharterung nicht vertragsgemäß durchgeführt worden sei, weil die Nutzung des Flugzeugs durch die AG entgegen der Zusatzvereinbarung zur Chartervereinbarung vom 5. Januar 2009 nicht – ausschließlich – zur Erstellung von Bildmaterial erfolgt ist, sondern S das Flugzeug für Flüge zwischen den Betriebsstätten der AG, der Firma I sowie seinem Wohnsitz genutzt hat, kann der Senat dieser Argumentation nicht folgen. So werden in der Regel verdeckte Gewinnausschüttungen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgrund der fehlenden Durchführung vertraglicher Vereinbarungen nur dann angenommen, wenn das Fehlen der tatsächlichen Durchführung darauf schließen lässt, dass die von Vereinbarung lediglich die Unentgeltlichkeit der Leistung des Gesellschafters verdecken soll (Blümich/Rengers KStG § 8 Rn. 350 m.w.N.). Dafür liegen jedoch im Streitfall keine Anhaltspunkte vor, da die AG die vereinbarte Chartergebühr entrichtet hat. Darüber hinaus muss – soweit nur eine lediglich geringfügige und damit unbeachtliche Abweichung von den Vereinbarungen vorliegt – bei einer nur teilweisen Durchführung von Verträgen der tatsächlich durchgeführte Teil als zwischen den Beteiligten ernsthaft gewollt angesehen werden (vgl. BFH-Urteile vom 28. Oktober 1987 I R 110/83, BStBl II 1988, 301 und vom 15. Dezember 2004 I R 32/04, BFH/NV 2005, 1374). Im Übrigen ist es möglich, dass bei Dauerschuldverhältnissen eine ständige tatsächliche Übung oder eine sonstige langjährige Praxis innerhalb einer Geschäftsbeziehung eine ursprünglich bestehende Unklarheit beseitigen oder den Nachweis eines Änderungsvertrages erbringen kann (Lang in Dötsch/Jost/Pung/Witt, KStG, § 8 Abs. 3 Teil C Rz 271 m.w.N.). Da im Streitfall die Leistungen aus dem Mietvertrag tatsächlich erbracht worden sind, erscheint es denkbar, dass der formelle Mangel geheilt worden ist.
Da die von der AG gezahlten Nutzungsentgelte auf Grundlage der Vercharterungsvereinbarung geleistet worden sind, geht auch die vom Finanzamt vorgenommene Behandlung der Zahlungen als steuerfreie Ausschüttungserträge gemäß § 8b Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) fehl.
2.3. Da ernstliche Zweifel am Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen bestehen, werden im Streitfall auch keine sonstigen Bezüge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG Kapitalertragsteuer i. H. v. 25% (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) ausgelöst. Das Finanzamt war daher bei summarischer Prüfung anhand präsenter Beweismittel nicht befugt, die Antragstellerin im Wege eines Nachforderungsbescheids nach §§ 167 Abs. 1 Satz 1, 155 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 44 Abs. 5 EStG in Anspruch nehmen, so dass die Vollziehung des Nachforderungsbescheids zur Kapitalertragsteuer ebenfalls auszusetzen ist.
3. Bei summarischer Prüfung bestehen jedoch keine Zweifel, soweit das Finanzamt entsprechend Tz. 4.3.1.der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter (AfA-Tabelle „AV“, BStBl I 2000, 1532) von einer Nutzungsdauer des Flugzeugs von 21 Jahren ausgegangen ist und dementsprechend die Abschreibungsbeträge auf 9.767 € herabgesetzt hat. Das streitige Flugzeug zählt zu den Flugzeugen, deren höchstzulässiges Fluggewicht unter 20 t liegt.
Die AfA-Tabelle für Luftfahrtunternehmen und Flughafenbetriebe vom 28. September 1994 (BStBl I 1994, 769) findet im Streitfall keine Anwendung, da es sich bei der Antragstellerin um kein Luftfahrtunternehmen i.S.d. Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) handelt. Die Antragstellerin bietet weder gewerbsmäßige Rundflüge (§ 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LuftVG) noch die gewerbsmäßige Beförderung von Fluggästen, Post oder Fracht im Gelegenheitsverkehr (§ 20 Abs. 4 LuftVG) oder im Fluglinienverkehr (§ 21 Abs. 1 LuftVG) an. Zu Recht weist das Finanzamt auch darauf hin, dass die von der Umsatzteuer-Sonderprüfung vorgenommene Einordnung, nach der es sich bei der Vercharterung eines Flugzeugs um die Vermietung eines Beförderungsmittels handelt, keinen Rückschluss auf die rechtliche Einordnung der Antragstellerin als Luftfahrtunternehmen zulässt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO.
5. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen, da keiner der in § 128 Abs. 3 i. V. m. 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist.


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