Steuerrecht

Unterliegen der Versorgungsleistungen an die Stifter dem Kapitalertragssteuerabzug

Aktenzeichen  6 K 719/18

Datum:
21.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2020, 1610
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 32d Abs. 1 S. 4 und 5, § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7a

 

Leitsatz

Versorgungsleistungen, die eine Stiftung aus den Erträgen ihres Stiftungsvermögens an ihre Stifter erbringt, sind jedenfalls dann mit Gewinnausschüttungen wirtschaftlich vergleichbar, wenn die Stifter unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. Denn dann sind sie als “hinter der Stiftung stehende Personen“ anzusehen, weil sie ähnlich einem Gesellschafter die Erträge aus dem einst hingegebenen Kapital erhalten und ähnlich einem Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch auf deren Vermögen nehmen können (vgl. BFH I R 98/09 v. 3.11.2010).

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-).
Bei den vorbehaltenen Versorgungsleistungen, welche die Klägerin in den Streitjahren an die Stifter erbrachte, handelt es sich um Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a EStG dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen.
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Einnahmen aus Leistungen einer nicht von der Körperschaftsteuer befreiten Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 des KStG, die Gewinnausschüttungen im Sinne der Nummer 1 wirtschaftlich vergleichbar sind, soweit sie nicht bereits zu den Einnahmen im Sinne der Nummer 1 gehören; Nummer 1 Satz 2 und 3 gelten entsprechend.
Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien, Genussrechten, mit denen das Recht am Gewinn und Liquidationserlös einer Kapitalgesellschaft verbunden ist, aus Anteilen an Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften sowie an bergbautreibenden Vereinigungen, die die Rechte einer juristischen Person haben. Zu den sonstigen Bezügen gehören auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Die Bezüge gehören nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG als verwendet gelten (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Die Klägerin ist eine Vermögensmasse im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG, die nicht von der Körperschaftsteuer befreit ist.
Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG sind sonstige juristische Personen des Privatrechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig, wenn sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben.
Die Klägerin ist eine Vermögensmasse, weil sie als Stiftung weder Anteilseigner noch Mitglieder hat (vgl. BFH-Urteil vom 03.11.2010, a.a.O.). Sie ist eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige sonstige juristische Person des Privatrechts, da sie ihren Sitz im Inland hat und nach bürgerlichem Recht rechtsfähig ist. Zudem ist sie nicht von der Körperschaftsteuer befreit, weil die Voraussetzungen des § 5 KStG mangels Gemeinnützigkeit nicht vorliegen.
Die vorbehaltenen Versorgungsleistungen gehören nicht bereits zu den Einnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, weil diese Vorschrift Leistungen von Stiftungen nicht erfasst.
Bei den vorbehaltenen Versorgungsleistungen, welche die Klägerin an die Stifter in den Streitjahren erbrachte, handelt es sich um Leistungen, die mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind.
Leistungen sind jedenfalls dann mit Gewinnausschüttungen wirtschaftlich vergleichbar, wenn die Destinatäre Erträge aus dem Stiftungsvermögen erhalten und unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können. Denn dann sind sie als „hinter der Stiftung stehende Personen“ anzusehen, weil sie ähnlich einem Gesellschafter die Erträge aus dem einst hingegebenen Kapital erhalten und ähnlich einem Gesellschafter in der Gesellschafterversammlung Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung und letztlich auch auf deren Vermögen nehmen können (vgl. BFH-Urteil vom 03.11.2010, a.a.O.).
Im Streitfall kann offenbleiben, ob -was die Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nahelegt-, die vorbehaltenen Versorgungsleistungen bereits deshalb Erträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind, weil es sich um auf Wiederholung angelegte Leistungen der Klägerin handelt, denen keine Gegenleistung der Stifter gegenübersteht (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 03.11.2010, a.a.O.). Denn die in den Streitjahren an die Stifter erbrachten Versorgungsleistungen sind jedenfalls deshalb mit Gewinnausschüttungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar, weil die unter 1.3.1. genannten Voraussetzungen vorliegen.
Die Klägerin hat in den Streitjahren die vorbehaltenen Versorgungsleistungen tatsächlich aus den Erträgen des Stiftungsvermögens erbracht. Aus den Kontennachweisen zu den Gewinn- und Verlustrechnungen für 2011 bis 2013 folgt, dass ihre liquiden Erträge aus Beteiligungen in jedem Jahr höher waren, als die Summe aus ihren Ausgaben und den Leistungen an die Destinatäre. Da unter Berücksichtigung von Gewinnvorträgen auch nach Zuführung von jährlich 62.500 € zum Grundstockvermögen in jedem Jahr nicht ausgeschüttete Erträge in der Stiftung verblieben und in den Jahren 2011 bis 2013 kein Aktivvermögen veräußert wurde, müssen die Versorgungsleistungen an die Stifter in den Streitjahren aus den Erträgen des Stiftungsvermögens erbracht worden sein. Die Stifter haben somit durch diese Leistungen ähnlich einem Gesellschafter die Erträge aus dem eingebrachten Stiftungsvermögen erhalten.
Unerheblich ist, ob die Klägerin die vorbehaltenen Versorgungsleistungen aus der Substanz des Stiftungsvermögens erbringen muss, wenn die Erträge aus dem Stiftungsvermögen hierfür nicht ausreichen, weil die Stifter auf diese Leistungen einen Anspruch haben, der nicht unter einem Ausschüttungsvorbehalt steht. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass die vorbehaltenen Versorgungsleistungen nicht mit Gewinnausschüttungen vergleichbar sind, wenn sie aus der Substanz des eingebrachten Grundstockvermögens erbracht werden, weil es sich dann um eine nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht steuerbare Einlagenrückgewähr handelt. Da für die Besteuerung jedoch die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sind und in den Streitjahren die vorbehaltenen Versorgungsleistungen tatsächlich aus den Erträgen des Stiftungsvermögens erbracht wurden, liegt keine Einlagenrückgewähr vor.
Für dieses Ergebnis spricht auch der Gesetzeszweck des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, die mit 15% bis 25% auf der Ebene der Stiftung vorbelasteten Gewinne nach Ausschüttung an die „hinter ihr stehenden Personen“ als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen, um die mit dem Halb- und Teileinkünfteverfahren angestrebte Ertragssteuerbelastung zu gewährleisten. Denn bei der Klägerin vorbelastete Gewinne würden gerade nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen nachversteuert, wenn die vorbehaltenen Versorgungsleistungen auch dann nicht von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG erfasst wären, wenn sie tatsächlich aus den Erträgen und nicht aus der Substanz des Grundstockvermögens erbracht werden.
Die Stifter hatten zudem unmittelbaren Einfluss auf die Verwendung der Erträge der Stiftung. Dem steht nicht entgegen, dass sie nach § 3 der von ihnen geschaffenen Satzung einen Anspruch auf die vorbehaltenen Versorgungsleistungen haben, der gemäß § 2 (2) a) der Satzung aus den Erträgen des Stiftungsvermögens zu erfüllen ist. Vielmehr begründet dieser Anspruch gerade den unmittelbaren Einfluss, weil er der Disposition der Stiftung entzogen ist (vgl. BFH-Urteil vom 03.11.2010, a.a.O.). Überdies ergibt sich auch aus § 9 Abs. 4 der Satzung ein unmittelbarer Einfluss der Stifter auf die Verwendung der Erträge des Stiftungsvermögens, da die Entscheidung hierüber zu den Aufgaben des Stiftungsvorstands gehört, in dem die Stifter in den Streitjahren mehrheitlich vertreten waren. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist eine solche Entscheidung auch erforderlich, wenn die Erträge für die vorbehaltenen Versorgungsleistungen verwendet werden. Denn nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 der Satzung ist die Verwendungsentscheidung nicht nur bei Leistungen ohne Anspruch zu treffen.
Die weiteren Einwände der Klägerin führen ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis.
Die Einbringung des Grundstockvermögens unter Vorbehalt von Versorgungsleistungen nach § 2 (2) b) aa) aaa) der Satzung und unter der Auflage, dass sie an die Stifter lebenslang erbracht werden, ändert nichts daran, dass es sich bei den Versorgungsleistungen in den Streitjahren um Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG handelt. Gleiches gilt für die Unterschiede zwischen den vorbehaltenen Versorgungsleistungen und den in § 2 (2) b) dd) der Satzung vorgesehenen Leistungen. Denn die in den Streitjahren nach § 2 (2) b) aa) aaa) erbrachten Versorgungsleistungen erfüllen trotzdem sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, weil der Anspruch der Stifter auf diese Leistungen tatsächlich aus den Erträgen des Stiftungsvermögens erfüllt wurde.
Unerheblich ist, wie der Streitfall zu beurteilen wäre, wenn die Stifter ihr Vermögen nicht in die Klägerin eingebracht und die Vermögenssubstanz für ihre Versorgung verbraucht hätten. Denn dieser hypothetische Fall ist mit dem Streitfall schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Versorgungsleistungen in den Streitjahren aus den Erträgen des Stiftungsvermögens erbracht wurden.
Aus dem BFH-Urteil vom 15.07.2014, a.a.O., folgt nicht, dass in den vorbehaltenen Versorgungsleistungen keine Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, sondern mit dem Ertragsanteil zu versteuernde sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG zu sehen sind. Der BFH hat in diesem Urteil nicht entschieden, dass vorbehaltene Versorgungsleistungen auch dann keine Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind, wenn sie von privatnützigen Stiftungen erbracht werden. Vielmehr hat er nur deshalb sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 2 Buchst. a EStG bejaht, weil vorrangige Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht vorlagen, da Leistungen einer gemeinnützigen Stiftung von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht erfasst werden. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 Nr. 1 EStG liegen sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen nur vor, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 EStG gehören. Im Streitfall gehören die in den Streitjahren erbrachten Versorgungsleistungen jedoch nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, so dass sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 1 EStG nicht in Betracht kommen.
Das Finanzamt hat die Klägerin zu Recht nach § 167 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 164 Abs. 2 Satz 1 AO durch Nachforderungsbescheide für die nicht angemeldete Kapitalertragsteuer in Anspruch genommen. Dies gilt nicht nur für die in den Streitjahren erbrachten vorbehaltenen Versorgungsleistungen, sondern auch -was zwischen den Beteiligten unstreitig istfür die weiteren Leistungen an die Stifter.
Das Finanzamt war nicht verpflichtet, gegenüber der Klägerin Haftungsbescheide nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG zu erlassen, sondern durfte sie auch durch Nachforderungsbescheide in Anspruch nehmen. Denn § 167 Abs. 1 Satz 1 AO begründet nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein Wahlrecht, den Entrichtungsschuldner der Kapitalertragsteuer entweder durch Haftungsbescheid oder durch Steuerbescheid (Nachforderungsbescheid) in Anspruch zu nehmen, wobei die Wahl des Verfahrens keiner Begründung bedarf (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2017 VIII R 59/14, BStBl II 2018, 163).
Die angefochtenen Bescheide sind dahin auszulegen, dass durch sie, unter Abänderung der für Dezember 2011 bis 2013 angemeldeten Kapitalertragsteuer, die in den jeweiligen Kalenderjahren entstandenen Kapitalertragsteuern festgesetzt wurden, soweit sie von der Klägerin noch nicht angemeldet wurden.
Dies folgt aus der Anlage 6 zum BP-Bericht, auf die in den angefochtenen Bescheiden verwiesen wird und die deshalb zu deren Auslegung herangezogen werden darf (vgl. BFH-Beschluss vom 07.04.2005 I B 140/04, BStBl II 2006, 530). Denn dort sind die in den jeweiligen Jahren erbrachten Leistungen nach Art (Versorgungsleistungen, Ausschüttungsvorauszahlungen, Übernahme von Privatschulden) und Höhe bezeichnet, welche das Finanzamt erstmals dem Kapitalertragsteuerabzug unterwarf. Für die Klägerin war somit klar erkennbar, dass durch die angefochtenen Bescheide nicht nur im Dezember 2011, im Dezember 2012 und im Dezember 2013 entstandene Kapitalertragsteuer festgesetzt wurde, weil die festgesetzten Beträge den in der Anlage 6 angegebenen Jahresbeträgen entsprachen.
Das Finanzamt konnte die Kapitalertragsteuer-Anmeldungen für Dezember 2011 bis 2013 nach § 164 Abs. 2 AO ändern, da sie nach § 168 Abs. 1 AO Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehen.
Die angefochtenen Bescheide sind auch der Höhe nach nicht zu beanstanden, weil das Finanzamt zu Recht sämtliche Leistungen an die Destinatäre als Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 7a EStG behandelt und die hierauf entfallende Kapitalertragsteuer zutreffend berechnet hat.
Das Finanzamt durfte die bisher nicht angemeldete Kapitalertragsteuer jahresbezogen nachfordern.
Denn nach § 44 Abs. 1 Satz 2 EStG entsteht die Kapitalertragsteuer nicht mit Ablauf des monatlichen Anmeldezeitraums (vgl. § 45a Abs. 1 EStG i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 3 EStG), sondern in dem Zeitpunkt, in dem die Kapitalerträge dem Gläubiger zufließen. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die in einem Kalenderjahr entstandene Kapitalertragsteuer in einem Sammelbescheid zusammengefasst wird, sofern aus ihm die Vorgänge, die als kapitalertragsteuerpflichtig behandelt wurden, hinreichend bestimmt hervorgehen (vgl. BFH-Urteil vom 16.11.2011 I R 108/09, BStBl II 2013, 328).
Dies ist vorliegend der Fall. Denn für die Klägerin war klar erkennbar, für welche Leistungen Kapitalertragsteuer nachgefordert wurde. In der Anlage 6 zum BP-Bericht, auf den in den angefochtenen Bescheiden verwiesen wird, sind nämlich für jedes Streitjahr die Leistungen nach Art und Höhe benannt, die das Finanzamt erstmals dem Kapitalertragsteuerabzug unterwarf.
Die Klägerin kann sich nicht nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG exkulpieren.
Nach § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG haften die Schuldner der Kapitalerträge für die Kapitalertragsteuer, die sie einzubehalten und abzuführen haben, es sei denn, sie weisen nach, dass sie die ihnen auferlegten Pflichten weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt haben. § 44 Abs. 5 Satz 1 EStG ist auch beim Erlass von Nachforderungsbescheiden zu beachten (vgl. BFH-Urteil vom 21.09.2017, a.a.O.). Ein Steuerpflichtiger handelt regelmäßig grob fahrlässig, wenn er seiner gesetzlichen Verpflichtung, Kapitalertragsteuer einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen nicht nachkommt. Das gilt auch bei nicht eindeutiger Rechtslage; eine abweichende Rechtsmeinung ist im Rechtsbehelfsverfahren durchzusetzen (vgl. BFH-Urteil vom 03.11.2010, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin grob fahrlässig für die Leistungen an die Stifter nach § 2 (2) b) aa) aaa), § 2 (2) b) cc) aaa) und bbb) der Satzung sowie für die Regulierung von Privatschulden der Stifter keine Kapitalertragsteuer einbehalten und abgeführt. Denn dadurch ist sie sowohl von der Verwaltungsauffassung (vgl. BMF-Schreiben vom 27.06.2006, BStBl I 2006, 417) als auch von den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 03.11.2010 abgewichen, ohne dies kenntlich zu machen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.


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