Aktenzeichen W 1 S 20.253
BayBG Art. 62, Art. 64 Nr. 2, Art. 86, Art. 143
VwGO § 80 Abs. 3, 5, § 113 Abs. 1 S. 1, § 154
StBerG § 4 Nr. 11, § 13, § 23 Abs. 6, § 61
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
Leitsatz
1. Für die in § 41 S. 2 BeamtStG erforderliche Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen genügt bereits der Anschein einer Ausnutzung der früheren Amtsstellung im Rahmen der Nebentätigkeit. (Rn. 27 und 30 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Untersagung der Tätigkeit eines Finanzamtsbeamten im Ruhestand als Berater für einen Lohnsteuerhilfeverein ist rechtmäßig, auch wenn dieser bereits als Beratungsstellenleiter in das Lohnsteuerhilfeverzeichnis eingetragen ist. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Dauer des Tätigkeitsverbots kann den in § 61 StBerG genannten Zeitraum von drei Jahren übersteigen. § 61 StBerG ist keine lex specialis zu § 41 BeamtStG. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der am … … … geborene Antragsteller wurde mit Ablauf des 30. September 2019 gemäß Art. 64 Nr. 2 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in den Ruhestand versetzt. Zuletzt war er im Amt eines Steuerinspektors mit Amtszulage vom 1. Dezember 2010 bis 30. Juni 2017 in der Arbeitnehmerstelle des Finanzamts … … …, vom 1. Juli 2017 bis 31. Oktober 2018 in der Arbeitnehmerstelle des Finanzamts B… und vom 1. November 2018 bis 30. September 2019 erneut in der Arbeitnehmerstelle des Finanzamts … … … eingesetzt (vom 1.11.2018 bis 15.1.2019 war der Antragsteller neben seinem Einsatz in der Arbeitnehmerstelle zu 0,3-Anteil in der allgemeinen Veranlagung tätig). Der letzte tatsächliche Arbeitstag des Antragstellers war der 26. April 2019, von da an befand er sich bis zur Ruhestandsversetzung im Urlaub.
Mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 teilte das Bayerische Landesamt für Steuern in Nürnberg dem Antragsteller mit, dass er ab diesem Zeitpunkt als Beratungsstellenleiter für eine Beratungsstelle in H… (unter Nennung der entsprechenden Anschrift) in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine eingetragen wurde.
Am 25. Oktober 2019 schloss der Antragsteller einen Mietvertrag über Räumlichkeiten zum Betrieb der Beratungsstelle ab, beginnend mit dem 1. Januar 2020 über eine Laufzeit von drei Jahren und mit einem Mietzins von insgesamt 606,90 EUR/Monat.
Am 11. November 2019 teilte der Antragsteller dem Finanzamt … mit, dass er ab dem 2. Januar 2020 eine Nebentätigkeit als Beratungsstellenleiter bei der Lohnsteuerhilfe Bayern beginnen werde. Mit Schriftsatz des Landesamts für Steuern vom 10. Dezember 2019 wurde dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme im Hinblick auf eine beabsichtigte Untersagung der Tätigkeit gegeben, die der Antragsteller mit Schreiben vom 12. Dezember 2019 wahrnahm.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2020 wurde dem Antragsteller gemäß § 41 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) i.V.m. Art. 86 BayBG bis zum 30. Juni 2024 untersagt, im Rahmen der Tätigkeit als Beratungsstellenleiter bei der Lohnsteuerhilfe Bayern in Steuerfällen tätig zu werden, die im örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes … … … und des Finanzamtes B** … liegen (Ziffer 1). Darüber hinaus wurde der Sofortvollzug angeordnet (Ziffer 2). Die Untersagungsverfügung wurde auf § 41 Abs. 2 BeamtStG gestützt, wonach eine Erwerbstätigkeit eines Ruhestandsbeamten zu untersagen sei, wenn zu besorgen sei, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt würden. Hierdurch solle vor allem die Integrität der Verwaltung und das Vertrauen des Bürgers in diese Integrität geschützt werden. Das zu schützende dienstliche Interesse liege in der Abwehr eventueller Entscheidungsbeeinflussungen aus einem besonderen Informationsstand und besonderen kollegialen Beziehungen. Diese Besorgnis sei insbesondere bei steuerberatenden Tätigkeiten eines früheren Finanzbeamten gegenüber dem Finanzamt gegeben, da ein Tätigwerden in der neuen Funktion als Beratungsstellenleiter gegenüber dem vorherigen Beschäftigungsfinanzamt zu erheblichen Irritationen in der Öffentlichkeit führen würde. Der Sofortvollzug sei anzuordnen, da das öffentliche Vollzugsinteresse vorliegend namentlich in der Aufrechterhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität der öffentlichen Verwaltung liege; dahinter müsse das Interesse an der Ausübung der Tätigkeit gegenüber den ehemaligen Beschäftigungsfinanzämtern zurückstehen. Der gute Glaube der Allgemeinheit in die Redlichkeit der öffentlichen Verwaltung werde bereits mit dem ersten Tätigwerden gefährdet, wie auch eine mögliche Interessenkollision bei einem Auftreten gegenüber einem ehemaligen Kollegen. Solche Vertrauensverluste könnten nicht mehr geheilt werden. Es sei dem Antragsteller unbenommen, in einem anderen Zuständigkeitsbereich steuerberatend tätig zu werden. Die Dringlichkeit der Untersagung ergebe sich auch daraus, dass der Antragsteller bereits als Beratungsstellenleiter zugelassen und in der Folge finanzielle Dispositionen getroffen habe, um die Tätigkeit aufzunehmen.
Gegen den Bescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 3. Februar 2020 Widerspruch einlegen lassen, über den bislang nicht entschieden wurde.
Am 4. Februar 2020 hat der Kläger einstweiligen Rechtsschutz gegen die Untersagungsverfügung in Anspruch genommen.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei formell rechtswidrig, da der Antragsteller dazu nicht angehört worden sei. Es fehle auch an einer ausreichenden Begründung nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO; diese sei zu allgemein gehalten und setze sich mit den Interessen des Antragstellers nicht detailliert auseinander.
Die aufschiebende Wirkung sei anzuordnen, da die Untersagungsverfügung auch materiell rechtswidrig sei. Eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen sei nicht zu besorgen. Die beabsichtigte Tätigkeit erstrecke sich allein auf die Erstellung von Steuererklärungen von Arbeitnehmern, nicht auf weitere Steuerangelegenheiten. Überdies kenne der Antragsteller keinen einzigen Fall mehr aus seiner aktiven Zeit und könne dadurch auch keine Vorteile für jemanden ziehen. Die Gefahr einer Beeinflussung von früheren Kollegen sei nicht gegeben, da von den ehemals fünf Mitarbeitern der Arbeitnehmerstelle beim Finanzamt … nur noch einer dort tätig sei und dies auch nur in Teilzeit. Mitarbeiter des Finanzamts würden sich ohnehin nicht beeinflussen lassen, da sie an Gesetze gebunden seien. Zudem sei der Antragsteller in den letzten drei Jahren seiner aktiven Dienstzeit höchstens zwölf Monate in … eingesetzt gewesen; 16 Monate sei er nach B** … versetzt und wegen Urlaubs und Krankheit mindestens acht Monate nicht im Amt gewesen. Loyalitätskonflikte seien daher nicht zu befürchten. Eine solche Gefahr bestehe auch deshalb nicht, da der Antragsteller nur Sachbearbeiter gewesen sei und keine Vorgesetztenfunktion innegehabt habe. Eine solche sei jedoch stets gegeben gewesen, wenn die Rechtsprechung die Untersagung einer steuerberatenden Tätigkeit eines Finanzbeamten im Ruhestand gebilligt habe. Die Untersagung sei auch unverhältnismäßig, da der Antragsteller seine Tätigkeit in H… ausüben wolle, sodass von dem Verbot fast alle künftigen Arbeitnehmerfälle in der Beratungsstelle betroffen seien. Die Unverhältnismäßigkeit ergebe sich auch daraus, dass § 61 Steuerberatungsgesetz (StBerG), einer spezielleren Norm, eine weniger weitreichende Regelung vorsehe, da dort ein Tätigkeitsverbot für Auftraggeber, mit denen der Beamte innerhalb der letzten drei Jahre im Finanzamt zu tun gehabt habe, nur für den Zeitraum von drei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst vorgesehen sei. Daher sei höchstens eine Beschränkung bis zum 30. September 2022 zulässig.
Die Untersagung verbiete sich auch vor dem Hintergrund, dass die Tätigkeit – ebenfalls durch das Landesamt für Steuern – bereits mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 genehmigt worden sei, als die Beratungsstelle in H… in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine aufgenommen worden sei. Dem Antragsteller sei nicht bewusst gewesen, dass es sich bei der Eintragung in das Lohnsteuerhilfeverzeichnis und der Genehmigung der Tätigkeit als Ruhestandsbeamter um verschiedene Verfahren handele; er habe die Behörde als Einheit wahrgenommen. Der Antragsteller habe daher davon ausgehen dürfen, dass einer Ausübung der Tätigkeit keine Hinderungsgründe entgegenstehen. Im Vertrauen hierauf habe er bereits finanzielle Dispositionen getroffen. Der Antragsteller sei davon ausgegangen, dass aus den im Eintragungsverfahren nach § 23 Abs. 4 StBerG vorgelegten Unterlagen hervorgegangen sei, dass er Finanzbeamter sei, da hierfür eine mindestens 3-jährige Berufserfahrung als ausgebildeter Steuerfachwirt Voraussetzung sei; entsprechende Unterlagen, u.a. eine Kopie seines letzten Personalstammdatenblattes, habe er dem Lohnsteuerhilfeverein zur Verfügung gestellt, auch wenn sich seiner Kenntnis entziehe, welche Unterlagen seitens der Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. genau dem Landesamt für Steuern vorgelegt worden seien.
Selbst im Falle von offenen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels müsse eine Abwägung zugunsten des Antragstellers berücksichtigen, dass die beabsichtigte Tätigkeit mit Schreiben vom 17. Oktober 2019 gestattet worden sei. Zudem habe er im Vertrauen hierauf Vermögensdispositionen getroffen. Demgegenüber bestehe keine Gefahr, Kollegen in Loyalitätskonflikte zu bringen, da die seinerzeitigen Kollegen überwiegend nicht mehr im Dienst seien.
Der Kläger beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers und einer nachfolgenden Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 10. Januar 2020 wiederherzustellen.
Das Landesamt für Steuern beantragt für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen.
Hinsichtlich des Sachverhaltes sei auszuführen, dass dem Antragsteller bewusst gewesen sei, dass es sich bei der Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine (§ 23 Abs. 6 StBerG) und der Genehmigung nach § 41 BeamtStG um verschiedene rechtliche Verfahren mit unterschiedlichen Zwecksetzungen und Prüfungskriterien handele. Er habe sowohl den Antrag auf Eintragung gestellt, woraufhin ihm am 17. Oktober 2019 ein Abdruck dieser Eintragung übersandt worden sei, als auch am 11. November 2019 die Anzeige der Erwerbstätigkeit gefertigt. Zudem sei der Antragsteller bereits in der Ruhestandsverfügung vom 29. Juli 2019 auf die Anzeigepflicht einer Erwerbstätigkeit nach den beamtenrechtlichen Vorschriften hingewiesen worden. Eine beamtenrechtliche Genehmigung enthalte das Schreiben vom 17. Oktober 2019 nicht.
In rechtlicher Hinsicht sei auszuführen, dass der Sofortvollzug formell rechtmäßig angeordnet worden sei. Es bedürfe hierfür keiner vorherigen Anhörung des Antragstellers, da die sofortige Vollziehung keinen Verwaltungsakt darstelle; zudem seien mit dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO über die Anhörung zur Untersagungsverfügung hinaus keine neuen Sachverhalte vorgetragen worden. Eine ausreichende Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO liege vor, da sie auf den konkreten Einzelfall abstelle und nicht lediglich formelhaft sei; auch habe eine Auseinandersetzung mit dem Interesse des Antragstellers stattgefunden.
Die Untersagungsverfügung sei rechtmäßig, sodass Erfolgsaussichten für den Rechtsbehelf in der Hauptsache nicht gegeben seien. Unter Vertiefung der bereits im Untersagungsbescheid enthaltenen Begründung wird zudem darauf hingewiesen, dass nicht maßgeblich sei, ob eine tatsächliche Beeinträchtigung des öffentlichen Glaubens in die Integrität der öffentlichen Verwaltung zu erwarten sei, sondern vielmehr, ob das öffentliche Ansehen aufgrund der Tätigkeit in Mitleidenschaft gezogen werden könne; Maßstab sei hierfür ein sachlich denkender Bürger. Gerade das Bekanntwerden der Tätigkeit eines früheren Finanzbeamten als Beratungsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins gegenüber dem früheren Beschäftigungsfinanzamt werde aber zu erheblichen Irritationen in der Öffentlichkeit führen. Damit sei der Anschein gegeben, dass frühere Kollegen zugunsten der Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins beeinflusst würden. Der Anschein bestehe nach außen hin unabhängig davon, wie viele frühere Kollegen tatsächlich noch an den beiden betroffenen Finanzämtern tätig seien. Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation führe auch das Nichtvorliegen einer höheren Position bzw. Führungsfunktion beim Antragsteller nicht zum Wegfall der die Untersagung begründenden Außenwirkung in der Öffentlichkeit. Denn der Antragsteller sei gerade in der Arbeitnehmerstelle tätig gewesen, wo die Personen veranlagt würden, die er nun steuerlich beraten wolle. In einem solchen Fall könne es nicht darauf ankommen, dass keine Führungsfunktionen wahrgenommen worden sei. Es sei auch davon auszugehen, dass in einem Bereich wie der Arbeitnehmerstelle, in dem die Steuerpflichtigen häufiger Kontakt mit den Sachbearbeitern und weniger mit dem Sachgebietsleiter hätten, in der Allgemeinheit nicht zwischen der Position des Sachgebietsleiters und des Sachbearbeiters unterschieden werde. Aus Sicht der Bevölkerung habe der Antragsteller vielmehr bei dem Finanzamt gearbeitet, bei dem viele von den nun zu beratenden Personen veranlagt würden. Zudem sei bei der Entscheidung im Hinblick auf die Art. 2 Abs. 1, 12 und 14 GG auch berücksichtigt worden, dass der Antragsteller in H… wohne und somit im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Finanzamts … … … beruflich tätig werden wolle. Ein milderes Mittel zum Schutz der genannten Rechtsgüter stehe jedoch nicht zur Verfügung. Die Anzeigepflicht ende vorliegend gemäß Art. 86 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 i.V.m. Nr. 1 BayBG drei Jahre nach dem Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze gemäß Art. 62, 143 BayBG, welche der Antragsteller mit Ablauf des Monats Juni 2021 erreiche. Mit dem Ende der Anzeigepflicht am 30. Juni 2024 ende auch die Untersagung, Art. 86 Abs. 2 Satz 2 BayBG.
Im Rahmen der Interessenabwägung überwiege das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Aussetzungsinteresse. Dem Abwägungsergebnis stehe auch nicht entgegen, dass sowohl die Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine als auch die Untersagung der Tätigkeit jeweils vom Bayerischen Landesamt für Steuern, allerdings in verschiedenen Funktionen und nach unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben (wurde ausgeführt), vorgenommen worden sei. Dies ändere nichts daran, dass durch das Schreiben vom 17. Oktober 2019 keine Genehmigung der Erwerbstätigkeit ausgesprochen worden sei, was dem Antragsteller auch bewusst gewesen sei, da er sowohl einen Antrag auf Eintragung nach dem Steuerberatungsgesetz gestellt als auch die Tätigkeit nach Art. 86 BayBG angezeigt habe. Da diese Anzeige zeitlich nach der Mitteilung über die erfolgreiche Eintragung erfolgt sei, könne das Schreiben vom 17. Oktober 2019 auch keine Reaktion auf die Anzeige darstellen. Eine Genehmigung sei dem Schreiben auch inhaltlich nicht zu entnehmen, sodass der Antragsteller sich nicht darauf berufen könne, im Vertrauen auf eine in Wahrheit nicht erteilte Genehmigung Investitionen getätigt zu haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist nicht begründet.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Verwaltungsakt ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn die sonst nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO eintretende aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dadurch entfallen ist, dass die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten besonders angeordnet hat.
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage vor und trifft eine eigene originäre Entscheidung darüber, welche Interessen höher zu bewerten sind – die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts oder die für die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs streitenden (Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 80 Rn. 146). Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht als einziges Indiz zu berücksichtigen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 85 ff.). Maßgeblich ist hierbei die sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darbietende Sach- und Rechtslage (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 80 Rn. 147).
Vorliegend ist nach der im hiesigen Verfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung davon auszugehen, dass der eingelegte Widerspruch und eine etwaige Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 10. Januar 2020 in der Hauptsache voraussichtlich keinen Erfolg haben werden, da die angegriffene Untersagungsverfügung rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Entsprechend dieser mangelnden Erfolgsaussichten war der gestellte Antrag abzulehnen, da auch die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung kein hiervon abweichendes Ergebnis rechtfertigt.
1. Die Anordnung des Sofortvollzugs wurde im Bescheid vom 10. Januar 2020 hinreichend begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 Satz 1 VwGO). Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass der Verwaltungsakt schon jetzt und nicht erst nach Eintritt der Bestands- oder Rechtskraft verwirklicht, umgesetzt oder vollzogen wird (vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 54 ff.). An den Inhalt der Begründung sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es müssen jedoch die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben werden, die die Behörde dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt auszuschließen (Hoppe in Eyermann, a.a.O. § 80 Rn. 55).
Der Antragsgegner hat vorliegend nicht lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholt oder formel- bzw. floskelhafte Ausführungen zum besonderen Vollzugsinteresse gemacht, sondern im Hinblick auf die Anordnung des Sofortvollzugs – einzelfallbezogen – in besonderem Maße auf die Aufrechterhaltung des Vertrauens der Allgemeinheit in die Integrität der öffentlichen Verwaltung abgestellt. Dass dieser Aspekt zugleich auch ein maßgebliches Begründungselement für die Untersagungsverfügung bildet, stellt keinen Begründungsmangel für den Sofortvollzug dar, da in bestimmten Fällen das Erlassinteresse mit dem Vollzugsinteresse identisch sein kann, nämlich dann, wenn die den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigenden Gründe zugleich die Dringlichkeit der Vollziehung belegen (vgl. Hoppe in Eyermann, a.a.O., § 80 Rn. 36, 43 m.w.N.). Ein derartiger Fall ist hier gegeben, da mit der Anordnung des Sofortvollzugs die Gefahrenabwehr für ein ausgesprochen empfindliches Schutzgut, die Aufrechterhaltung der Integrität der öffentlichen Verwaltung, bezweckt wird (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1989 – 6 C 52/87 – juris; BayVGH, B.v. 20.8.2013 – 3 CS 13.1110 – juris m.w.N.). In diesem Zusammenhang hat der Antragsgegner darüber hinaus auch noch dargelegt, dass bereits mit dem ersten Tätigwerden des Antragstellers der gute Glaube an die Integrität der öffentlichen Verwaltung gefährdet ist und ein Vertrauensverlust nicht rückwirkend geheilt werden kann. Zudem wurde mit Bezug auf den konkreten Einzelfall dargelegt, dass die Dringlichkeit der Durchsetzung der Untersagung auch aus dem Grunde angezeigt ist, da der Antragsteller bereits als Beratungsstellenleiter zugelassen wurde und finanzielle Dispositionen getroffen hat, um die Tätigkeit alsbald aufzunehmen. Die Interessen des Antragstellers wurden ebenfalls in die abwägende Begründung einbezogen, indem ihm ein steuerberatendes Tätigwerden in einem anderen örtlichen Zuständigkeitsbereich eröffnet sei. Da es sich bei § 80 Abs. 3 VwGO um eine Formvorschrift handelt, hat das Gericht an dieser Stelle nicht zu prüfen, ob die Begründung im Einzelnen richtig ist oder nicht (vgl. ThürOVG, B.v. 15.6.1999 – 3 EO 364/96 – juris). Insofern ist es beim vorliegenden Prüfungspunkt auch nicht von Relevanz, inwieweit das private Aussetzungsinteresse korrekt gewürdigt worden ist.
Auch bedarf es vor der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit keiner gesonderten Anhörung des Betroffenen (vgl. BayVGH, B.v. 13.11.2003 – 8 CS 03.2170 – juris, st.Rspr.; Hoppe in Eyermann, a.a.O. § 80 Rn. 41 m.w.N.), da es sich bei der Anordnung nicht um einen Verwaltungsakt handelt.
2. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung vom 10. Januar 2020 bestehen nicht. Auch in materieller Hinsicht ist der angegriffene Bescheid nach summarische Prüfung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Untersagung gegenüber dem Antragsteller, bis zum 30. Juni 2024 bei der Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. in Steuerfällen tätig zu werden, die im örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich der Finanzämter … … … und B** … liegen, stützt sich in rechtmäßiger Weise auf § 41 Satz 2 i.V.m. Satz 1 BeamtStG, Art. 86 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BayBG.
Die Untersagung einer Tätigkeit eines Ruhestandsbeamten nach § 41 Satz 2 BeamtStG knüpft an die Anzeigepflicht des Satzes 1 dieser Vorschrift an. Danach haben Ruhestandsbeamte die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung außerhalb des öffentlichen Dienstes, die mit der dienstlichen Tätigkeit innerhalb eines Zeitraums, dessen Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt (hier gemäß Art. 86 Abs. 1 Satz 1 BayBG 5 Jahre vor Beendigung des Beamtenverhältnisses), im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können, anzuzeigen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Der Antragsteller ist seit dem 01.10.2019 Ruhestandsbeamter und begehrt mit der steuerberatenden Tätigkeit für die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. nach §§ 13, 4 Nr. 11 StBerG die Ausübung einer Erwerbstätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes. Diese Tätigkeit steht auch im Zusammenhang mit der dienstlichen Tätigkeit des Antragstellers innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren vor Beendigung seines (aktiven) Beamtenverhältnisses, Art. 86 Abs. 1 Satz 1 BayBG. Denn der Antragsteller will nunmehr im Bereich der Hilfeleistung in (gesetzlich festgelegten) Einkommensteuerangelegenheiten für die Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins tätig werden (§ 13, § 4 Nr. 11 StBerG) und war in den letzten fünf Jahren seiner aktiven Dienstzeit als Finanzbeamter ebenfalls im Bereich der Festsetzung der Einkommensteuer tätig, indem er vom 1. Dezember 2010 bis 30. Juni 2017 sowie ab dem 1. November 2018 bis zu seiner Ruhestandsversetzung (abzüglich Resturlaub) in der Arbeitnehmerstelle des Finanzamts … … … beschäftigt war und vom 1. Juli 2017 bis 31. Oktober 2018 in der Arbeitnehmerstelle des Finanzamts B** … Ein Zusammenhang der im Ruhestand angestrebten Tätigkeit mit der zuvor dienstlich ausgeübten Tätigkeit drängt sich bei dieser Sachlage auf, da der Antragsteller in der Sache jeweils mit der Einkommensteuerveranlagung befasst war/ist und auch im gleichen örtlichen Zuständigkeitsbereich wie vor seiner Ruhestandsversetzung tätig zu werden gedenkt, soweit der räumliche Einzugsbereich der Finanzämter … … … und B** … betroffen ist. Ein Zusammenhang besteht nämlich gerade in den Fällen, in denen der Beamte zu Sachverhalten oder Rechtsverhältnissen hoheitlich tätig war, die er nach seinem Ausscheiden gestaltend oder beratend betreuen will (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BeamtStG, § 41 Rn. 18). Überdies können durch die angestrebte Erwerbstätigkeit für die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. auch dienstliche Interessen beeinträchtigt werden. Die Möglichkeit der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen (zu der Besorgnis, dass durch die Tätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigt werden, als Voraussetzung für die Untersagung vgl. sogleich unter 3.) ist mit Blick auf das Schutzgut des § 41 BeamtStG – der Wahrung der Integrität der Verwaltung und das Vertrauen der Bürger hierauf – grundsätzlich bereits dann gegeben, wenn ein Zusammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit besteht und die neue Erwerbstätigkeit eine Beziehung zum früheren Verwaltungshandeln bringen kann (vgl. Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BeamtStG, § 41 Rn. 19). Dies ist vorliegend der Fall, da eine Verbindung zur früher ausgeübten Tätigkeit im Beamtenverhältnis hier in besonderer Weise gegeben ist, indem der Antragsteller nunmehr als Sachwalter der Steuerpflichtigen gegenüber dem Finanzamt tätig wird, deren Einkommensteuer er zuvor als Beschäftigter eben jener Finanzämter hoheitlich festgesetzt hat.
3. Dem Antragsteller wurde darüber hinaus auch zurecht die Tätigkeit für die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. bis zum 30. Juni 2024 im örtlichen und sachlichen Zuständigkeitsbereich der Finanzämter … … … und B** … nach § 41 Satz 2 BeamtStG untersagt. Nach der genannten Vorschrift ist die Erwerbstätigkeit oder sonstige Beschäftigung zu untersagen, wenn zu besorgen ist, dass durch sie dienstliche Interessen beeinträchtigt werden.
§ 41 Satz 2 BeamtStG schützt das Vertrauen der Allgemeinheit in die durch Art. 33 Abs. 2, 4 und 5 GG gewährleistete Integrität der Verwaltung und dient der Wahrung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Die Regelung soll verhindern, dass durch die private Verwertung von Amtswissen nach Ausscheiden aus dem Amt oder durch eine Tätigkeit bei einem unter den früheren Amtsbereich fallenden Interessenten das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität des öffentlichen Dienstes beeinträchtigt wird (vgl. BT-Drs. 16/4027 S. 33). Insoweit begegnet das in § 41 Satz 2 BeamtStG vorgesehene Tätigkeitsverbot mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich um sachgerechte und vernünftige Gründe des Gemeinwohls. Dadurch wird das Recht des Ruhestandsbeamten auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit und seine Berufsausübungsfreiheit, die ihn grundsätzlich zu einer beruflichen Tätigkeit nach seinem Eintritt in den Ruhestand berechtigen, bei sachgerechter Auslegung nicht unverhältnismäßig eingeschränkt (BVerwG v. 6.12.1989 – 6 C 52/87 – BVerwGE 84, 194; v. 14.2.1990 – 6 C 54/88 – NVwZ-RR 1990, 430; v. 24.9.1992 – 2 A 6/91 – BVerwGE 91, 57; v. 12.12.1996 – 2 C 37/95 – BVerwGE 102, 326; BayVGH B.v. 20.8.2013 – 3 CS 13.1110; v. 26.2.2009 a.a.O.; v. 15.12.2010 a.a.O.; v. 5.9.2012 – 3 CS 12.1241 – juris).
Entsprechend dem oben dargelegten Schutzzweck des § 41 Satz 2 BeamtStG stehen die Erhaltung der Unbefangenheit und Unparteilichkeit und die Wahrung des Ansehens der Verwaltung im Vordergrund. Es soll der Eindruck vermieden werden, dass Amtswissen und persönliche Beziehungen von Bediensteten zu Lasten des Dienstherrn genutzt werden. Ausreichend für eine Untersagung ist daher bereits das Hervorrufen eines Anscheins, der Anlass zur Besorgnis einer Beeinträchtigung dienstlicher Belange gibt. Maßstab hierfür ist die Sichtweise des sachlich denkenden Bürgers (vgl. BVerwG U.v. 6.12.1989 a.a.O.). Der Schutz der Integrität der Verwaltung setzt demgemäß nicht den begründeten Verdacht persönlicher Befangenheit und Parteilichkeit voraus. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob bei verständiger Würdigung der gegenwärtig erkennbaren Umstände der Anschein erweckt werden kann, dass durch die persönlichen Beziehungen des Beamten im Ruhestand zu den Mitarbeitern der Behörde, der er bis zu seiner Pensionierung angehörte, eine Rechtssache in einer nicht sachgemäßen Weise gefördert werden könnte (BayVGH B.v. 20.8.2013 – 3 CS 13.1110 – juris; B.v. 11.1.1988 – 3 CS 87.03322 – juris; B.v. 26.2.2009 – 3 CS 08.3301 – juris); insoweit ist auch nicht entscheidend, ob tatsächlich ein Loyalitätskonflikt besteht (VG Saarland v. 16.7.2012 – 2 L 419/12 – juris). Voraussetzung einer Untersagung ist damit nicht, dass die Beeinträchtigung bereits eingetreten ist oder im konkreten Falle droht. Ausreichend für den Vorfeldtatbestand der Besorgnis ist vielmehr der „begründete Anschein“, dass durch eine entsprechende Tätigkeit bei einem verständig und sachlich denkenden Bürger Zweifel an der Integrität des öffentlichen Dienstes entstehen könnten. Die Tätigkeit des Ruhestandsbeamten muss also bei verständiger Würdigung den Anschein einer Ausnutzung seiner früheren Amtsstellung einschließlich persönlicher Kontakte zu den früheren Kollegen zulassen (vgl. BVerwG, U.v. 04.05.2017 – 2 C 45/16 – juris; Hess. VGH, B.v. 20.12.2017 – 1 B 1573/17 – juris).
Vorliegend ist zu besorgen, dass durch die Tätigkeit des Antragstellers für den Lohnsteuerhilfeverein Bayern e.V. – soweit der sachliche und örtliche Zuständigkeitsbereich der Finanzämter … … … und B** … betroffen ist – dienstliche Interessen beeinträchtigt werden, da aus dem Blickwinkel eines sachlich denkenden Bürgers der begründete Anschein erweckt werden kann, dass vom Antragsteller dienstlich erworbene vertrauliche interne Kenntnisse – wie etwa Prüfungsmethoden, Stärken und Schwächen der Beweisführung etc. – nunmehr im Rahmen der vom Antragsteller im Ruhestand ausgeübten Tätigkeit zugunsten der Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins Bayern e.V. genutzt werden. Es kann in diesem Zusammenhang auch der Eindruck hervorgerufen werden, es könne ratsam sein, sich in Steuerangelegenheiten gerade vom Antragsteller vertreten zu lassen, weil er zuvor in der Arbeitnehmerstelle der beiden genannten Finanzämter tätig war. Es handelt sich hierbei nicht um eine übertriebene Befürchtung, sondern um eine durchaus berechtigte Annahme, ohne dass dem Antragsteller hiermit zugleich der Vorwurf gemacht würde, dass er das im Laufe seiner aktiven Dienstzeit erworbene spezifische Amtswissen tatsächlich zugunsten der Steuerpflichtigen ausnutzt; denn konkrete Zweifel an der persönlichen Integrität des Antragstellers müssen gerade nicht bestehen, um eine Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen anzunehmen (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2012 – 3 CS 12.1241 – juris). Der beschriebene Anschein drängt sich hier in besonderer Weise auf, weil der Kläger in seiner neuen Tätigkeit die gleiche Materie – Einkommensteuerveranlagung – in demselben örtlichen Zuständigkeitsbereich mit einem sich überschneidenden Personenkreis bearbeitet wie zuvor im aktiven Dienst, also gleichsam nur „die Seiten wechselt“, sodass ein unmittelbarer und enger Zusammenhang zwischen seiner früheren dienstlichen Tätigkeit und der nunmehr von ihm ausgeübten Tätigkeit besteht verbunden mit einer der früheren Tätigkeit diametral entgegenstehenden Interessenwahrnehmung (vgl. BayVGH, B.v. 19.9.2016 – 3 ZB 14.1306 – juris; Hess. VGH, B.v. 20.12.2017 – 1 B 1573/17 – juris). Dass ein solcher Sachverhalt in der Bevölkerung begründete Zweifel hinsichtlich der Integrität des öffentlichen Dienstes im Hinblick auf die Zuständigkeitsbereiche der Finanzämter … … … und B** … aufzuwerfen vermag, liegt auf der Hand. Der Antragsteller war auch an beiden Finanzämtern ausreichend lange beschäftigt, um einen derartigen Anschein in der Öffentlichkeit als begründet erscheinen zu lassen. In … … … war der Antragsteller von den maßgeblichen letzten fünf Dienstjahren – abgesehen von einem Zeitraum einer 16-monatigen Versetzung nach B** … – dauerhaft bis zu seiner Ruhestandsversetzung in der Arbeitnehmerstelle eingesetzt. Gleichzeitig erscheint auch der 16-monatige Zeitraum seiner Tätigkeit in B** … ausreichend lange, um sich relevante Interna anzueignen und auch im Hinblick auf die Bewertung der Öffentlichkeit ist ein derartiger Zeitraum von ausreichender Dauer, um den begründeten Anschein in der Bevölkerung entstehen zu lassen, dass der Antragsteller als ehemaliger Mitarbeiter der Arbeitnehmerstelle des Finanzamtes B** … relevantes Amtswissen zugunsten des von ihm nunmehr beratenen Personenkreises in nicht sachgemäßer Weise einsetzen könnte.
Unabhängig von vorstehenden Ausführungen liegt zudem hier auch die Annahme nahe, dass dem Antragsteller bzw. den von ihm vertretenen Steuerpflichtigen seitens der Mitarbeiter des Finanzamtes … … … und B** … eine Sonderbehandlung widerfahren könnte. Aus der maßgeblichen Sicht eines sachlich denkenden Bürgers ist aufgrund der Umstände die Befürchtung begründet, dass Bedienstete der beiden genannten Behörden, insbesondere ehemalige Kollegen des Antragstellers, in Loyalitätskonflikte geraten könnten und in ihrer Unparteilichkeit gefährdet sind. Diese Besorgnis bezieht sich auf ein nicht sicher auszuschließendes Verhalten Dritter, das der Antragsteller nicht steuern kann. Er hat keine verlässliche Möglichkeit darauf hinzuwirken, dass es nicht zu einer bewussten oder unbewussten Sonderbehandlung kommt. Von daher ist es sachgerecht und notwendig, bereits im Vorfeld etwaiger Loyalitätskonflikt dafür Sorge zu tragen, dass solche gar nicht erst zur Entstehung gelangen können. Es soll schon der Anschein verhindert werden, die dienstliche Tätigkeit, die dienstlichen Kenntnisse und die dienstlichen Kontakte des Ruhestandsbeamten könnten zu einer günstigeren Bearbeitung der von dem Antragsteller vertretenen Steuerfälle führen (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1989 – 6 C 52/87 – juris; OVG NRW, B.v. 22.4.2014 – 6 B 34/14 – juris; VG München, B.v. 18.11.2019 – M 5 S 19.4865 – juris). Hieran ändert auch nichts, dass der Antragsteller erklärt hat, dass bezogen auf das Finanzamt … … … nur noch ein Mitarbeiter, mit dem er in der Arbeitnehmerstelle zusammengearbeitet habe, tätig sei. Denn allein dies reicht aus, um die geschilderte begründete Befürchtung in der öffentlichen Wahrnehmung entstehen zu lassen. Unabhängig davon handelt es sich bei den insoweit maßgeblichen nach außen hin erkennbaren Umständen beim Antragsteller in der öffentlichen Wahrnehmung „vor Ort“ um einen ehemaligen Mitarbeiter des Finanzamtes … … …, dem entsprechende bleibende Kontakte in die Behörde hinein auch im Ruhestand zugeschrieben werden. In der Bevölkerung wird insoweit regelmäßig nicht differenziert danach unterschieden, ob noch frühere Kollegen des Antragstellers in der Behörde aktiv tätig sind, zumal dies in der Bevölkerung in der Regel auch gar nicht bekannt ist.
Eine andere Einschätzung ergibt sich zudem nicht daraus, dass der Antragsteller in den Finanzämtern … … … und B… keine Führungsfunktionen innehatte, sondern dort zuletzt im Amt eines Steuerinspektors mit Amtszulage seinen Dienst versehen hat. Zwar mag es sein, dass in Bezug auf etwaige Loyalitätskonflikte die diesbezügliche Gefahr umso größer sein mag, je höher ein Beamter in der Hierarchie der Steuerverwaltung angesiedelt war, sodass in diesem Zusammenhang gegebenenfalls ein früheres Hierarchieverhältnis nachwirken kann. Allerdings vermag dies zum einen nicht den begründeten Anschein der nicht sachgemäßen Nutzung von Amtswissen auszuschließen und zum anderen ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller während seiner aktiven Dienstzeit gerade in der Arbeitnehmerstelle der beiden Finanzämter in der Einkommenssteuerveranlagung eingesetzt war und nunmehr – wie bereits oben dargelegt – in genau jenem Tätigkeitsfeld steuerberatend tätig werden möchte, was die Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen in besonderer Weise nahelegt, ohne dass es auf das Innehaben einer bestimmten früheren Führungsposition ankäme. Wie der Antragsgegner zu Recht ausgeführt hat, handelt es sich bei der Tätigkeit in der Arbeitnehmerstelle überdies um einen Einsatzbereich, in dem die Steuerpflichtigen häufiger Kontakt mit den Sachbearbeitern haben und weniger mit dem Sachgebietsleiter, sodass von der Bevölkerung Loyalitätskonflikte auch eher auf Kollegenebene angenommen werden. Zentral ist hierbei, dass der Antragsteller aus dem Blickwinkel eines sachlich denkenden Bürgers bei den beiden Finanzämtern … … … und B** … Dienst geleistet hat, bei denen viele der von ihm nunmehr zu beratenden Personen veranlagt werden. Bereits hieraus ist der Anschein gegeben, dass Bedienstete dieser beiden Behörden, insbesondere frühere Kollegen, zugunsten der Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins beeinflusst werden könnten.
4. Die Untersagungsverfügung ist darüber hinaus auch nicht unverhältnismäßig.
a) Die streitgegenständliche Verfügung schränkt die Berufsausübungsfreiheit des Antragstellers nicht über das erforderliche Maß hinaus ein. Dem Antragsteller verbleibt vielmehr für seine steuerberatende Tätigkeit ein ausreichend großes Betätigungsfeld, da das Verbot in angemessener Weise auf den Zuständigkeitsbereich der Finanzämter … … … und B** … beschränkt ist. Eine mildere ebenso wirksame Maßnahme zur Erreichung des angestrebten Ziels der Aufrechterhaltung des Vertrauens in die Integrität der Verwaltung ist nicht gegeben.
b) Die Unverhältnismäßigkeit folgt auch nicht daraus, dass das Landesamt für Steuern dem Antragsteller mit Schreiben vom 17.10.2019 mitgeteilt hat, dass er mit der geplanten Beratungsstelle in H… im Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine aufgenommen wurde. Denn damit wurde im Hinblick auf die künftige Tätigkeit des Antragstellers ersichtlich keine beamtenrechtliche „Genehmigung“ ausgesprochen, die sich der Antragsgegner sodann nach dem Gebot von Treu und Glauben entgegenhalten lassen müsste. Eine Genehmigungswirkung des seinerzeitigen Schreibens samt beigefügter Anlagen war für den Antragsteller bereits aus deren Wortlaut nicht erkennbar; die Unterlagen bezogen sich vielmehr allein auf die Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine nach § 23 Abs. 6 StBerG und das Vorliegen der Voraussetzungen nach dieser Vorschrift. Es kann dem Antragsteller überdies aufgrund seiner Vorbildung und langjährigen beruflichen Tätigkeit in der Finanzverwaltung nicht abgenommen werden, wenn er – auch in Ansehung der verschiedenen rechtlichen Grundlagen in § 23 StBerG auf der einen und § 41 BeamtStG auf der anderen Seite – nunmehr vorträgt, dass ihm nicht bewusst gewesen sei, dass es sich bei der Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine und der Genehmigung der Tätigkeit als Ruhestandsbeamter um verschiedene Verfahren handele. Dass ihm deren rechtliche Unabhängigkeit bekannt war, erschließt sich nicht zuletzt auch daraus, dass er zeitlich nach dem erwähnten Schreiben des Landesamts für Finanzen am 11. November 2019 seine „Nebentätigkeit als Beratungsstellenleiter bei der LoHi Bayern“ angezeigt hat, was im Falle der Annahme, dass es sich bei dem Schreiben vom 17. Oktober 2019 bereits um die relevante Genehmigung gehandelt hat, nicht nachvollziehbar erschiene. Überdies wurde der Antragsteller auch bereits im Rahmen der Ruhestandsverfügung vom 29. Juli 2019 auf seine Anzeigepflicht nach § 41 BeamtStG im Falle der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, welche mit der dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang steht, ausdrücklich hingewiesen.
c) Die Unverhältnismäßigkeit der angefochtenen Entscheidung ergibt sich darüber hinaus nicht daraus, dass § 61 StBerG ein Tätigkeitsverbot für ehemalige Angehörige der Finanzverwaltung nur für einen (kürzeren) Zeitraum von drei Jahren vorsieht. Denn die Regelung des § 61 StBerG hindert die Anwendung von § 41 Satz 2 BeamtStG nicht; sie ist nicht lex specialis gegenüber der letztgenannten Vorschrift. Die Regelungen des Steuerberatungsgesetzes haben eine andere Zielrichtung als § 41 BeamtStG, der insbesondere die Integrität der öffentlichen Verwaltung und das Vertrauen der Bevölkerung hierauf schützen soll. Jene Vorschriften sollen vielmehr im Interesse des Steueraufkommens, der Steuermoral sowie zum Schutz gesetzesunkundiger Steuerpflichtiger, die durch Falschberatung unfähiger oder ungeeigneter Berater schwere Nachteile erleiden können, sicherstellen, dass nur solche Berater geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, die die dazu erforderliche sachliche und persönliche Zuverlässigkeit besitzen. Die Vorschriften haben ersichtlich verschiedene und voneinander zu trennende Anwendungsbereiche (vgl. OVG NRW, B.v. 22.4.2014 – 6 B 34/14 – juris). Nach dem Wortlaut des § 61 StBerG dürfen überdies ehemalige Beamte der Finanzverwaltung während eines Zeitraums von drei Jahren nach dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst nicht für Auftraggeber tätig werden, mit deren Steuerangelegenheiten sie innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Ausscheiden materiell befasst waren. Wenn ein Steuerberater hingegen nicht in derselben Rechtssache tätig wird, in der er bereits als Angehöriger des öffentlichen Dienstes tätig geworden ist, dann ist durch § 61 StBerG, wie auch der vorliegende Fall zeigt, der Bereich der möglichen Gefährdung dienstlicher Belange durch eine Erwerbstätigkeit nach Beendigung der aktiven Dienstzeit als Beamter nicht umfassend abgesichert (so auch: VG Köln, B.v. 13.12.2013 – 19 L 1671/13 – juris). Vor diesem Hintergrund war es nicht unverhältnismäßig, die Untersagungsverfügung entsprechend der beamtenrechtlichen Regelungen in zeitlicher Hinsicht bis zum 30. Juni 2024 festzusetzen.
d) Hinsichtlich der Dauer der Untersagung räumt die Bestimmung des § 41 Satz 3 BeamtStG i.V.m. Art. 86 Abs. 2 Satz 2 BayBG dem Antragsgegner kein Ermessen ein; es handelt sich vielmehr bei der Entscheidung nach § 41 Satz 2 BeamtStG um eine gebundene Entscheidung. Mit der Regelung des § 41 Satz 3 BeamtStG i.V.m. Art. 86 Abs. 2 Satz 2 BayBG wird lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Voraussetzungen der Untersagung auch für einen kürzeren Zeitraum gegeben sein können. Nur wenn dies der Fall ist, ist das Verbot für diesen kürzeren Zeitraum auszusprechen (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1996 – 2 C 37/95 – juris, zu § 20a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 SG. a.F.). Diesbezüglich sind vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich bzw. vorgetragen.
Die zeitliche Befristung der Untersagung bis zum 30. Juni 2024 steht mit Art. 86 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BayBG in Einklang, da der Antragsteller nach Art. 64 Nr. 2 BayBG vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand getreten ist. Diese erreicht der am 1. Oktober 1955 geborene Antragsteller gemäß Art. 62, 143 Abs. 1 Satz 2 BayBG mit Ablauf des Monats Juni 2021, sodass der Zeitraum der Untersagung drei Jahre nach diesem Zeitpunkt, mithin mit Ablauf des 30. Juni 2024, endet. Einwendungen hinsichtlich der Fristberechnung wurden überdies nicht erhoben.
5. Die vom Gericht im Rahmen des vorliegenden Verfahrens zu treffende eigene Interessensabwägung hinsichtlich des angeordneten Sofortvollzuges orientiert sich hier an den oben dargestellten Erfolgsaussichten des Widerspruchs bzw. einer Klage gegen den Untersagungsbescheid vom 10. Januar 2020. Der Wahrung der Integrität der Verwaltung sowie der Verhinderung diesbezüglicher Vertrauenseinbußen kommt eine so überragende Bedeutung zu, dass das Interesse an der Abwehr eines solchen Anscheins bei der erforderlichen Abwägung der widerstreitenden Belange stets (vgl. BVerwG v. 6.12.1989 – 6 C 52/87 – juris; OVG Lüneburg v. 11.6.2010 – 5 ME 78/10 – juris) bzw. jedenfalls im Regelfall (vgl. OVG Münster v. 8.2.1991 – 1 B 3117/90) die Belange des Ruhestandsbeamten an der vorläufig unbeschränkten Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegt (vgl. BayVGH, B.v. 20.08.2013 – 3 CS 13.1110 – juris). Dieser Zweck begründet auch im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der sofort eintretenden Wirkung der Untersagungsverfügung und setzt sich gegenüber dem privaten Interesse des Antragstellers durch, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache eine Tätigkeit für die Lohnsteuerhilfe Bayern e.V. in der Beratungsstelle in H… auszuüben; denn andernfalls würde der vom Antragsgegner befürchtete Ansehensverlust für die Verwaltung zunächst eintreten können, ohne dass diese Wirkung durch eine Bestätigung der Untersagungsverfügung im Klageverfahren rückgängig gemacht werden könnte (vgl. BayVGH, a.a.O.). An dieser Abwägung vermag auch das Schreiben des Landesamts für Steuern vom 17. Oktober 2019 in Verbindung mit der Aufnahme des Antragstellers in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine nichts zu ändern, da hierin bereits keine beamtenrechtliche Genehmigung der Tätigkeit zu erblicken ist; auf die diesbezüglichen obigen Ausführungen wird vollumfänglich verwiesen. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht dem Antragsgegner anzulasten, dass der Antragsteller bereits am 25. Oktober 2019 Investitionen in Form des Abschlusses eines Mietvertrages getätigt hat. Wie ebenfalls bereits ausgeführt stellt die Untersagungsverfügung auch keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit des Antragstellers dar; ihm verbleibt vielmehr außerhalb der Zuständigkeitsbereiche der Finanzämter B** … und … … … die ausreichende Möglichkeit einer entsprechenden Beratungstätigkeit. Der Antragsteller ist schließlich auch wirtschaftlich nicht zwingend auf diese Tätigkeit angewiesen, da er eine amtsangemessene Versorgung aus seinem letzten Amt eines Steuerinspektors mit Amtszulage bezieht. Wenn der Antragsteller vorträgt, dass er zweimal geschieden sei und 500 EUR Versorgungsausgleich von seinen Versorgungsbezügen abgezogen bekomme, so ist dieser Aspekt allein der privaten Lebensführung des Antragstellers zuzurechnen und vermag sich nicht gegenüber dem überragenden Belang der Wahrung der Integrität der öffentlichen Verwaltung, die es hier zu schützen gilt, durchzusetzen.
Nach alledem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.