Steuerrecht

Widerruf einer Maklererlaubnis

Aktenzeichen  RN 5 K 17.1292

Datum:
21.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 5727
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 48, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
GewO § 11, § 34a, § 34c Abs. 2 Nr. 1
StGB § 266a
BZRG § 47 Abs. 3 S. 1, § 51 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 187 Abs. 2 S. 1
StPO § 102
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist auch beim Widerruf einer Immobilienmakler- bzw. Bauträger/Baubetreuererlaubnis nach § 34c GewO der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Verurteilung nach § 266a StGB kann nicht als Unterfall der Untreue iSd Katalognorm des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 1 GewO angesehen werden. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine erweiternde Auslegung des Wortlautes aus § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO auf ganze Abschnitte des Besonderen Teils des StGB kommt nicht in Betracht. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4 Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden ist auf sein Verhalten bei der Ausübung seines Gewerbes abzustellen. Deshalb können vornehmlich Pflichtverletzungen ggü. Beschäftigten, Sozialversicherungsträgern, Gläubigern und Kunden die Annahme der Unzuverlässigkeit tragen. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
5 Erkenntnisse aus Strafakten sind aufgrund § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 GewO zumindest hinsichtlich des daraus hervorgehenden Sachverhalts bei der Prüfung der Zuverlässigkeit verwertbar. (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahren zu tragen.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
I.
Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 10.07.2017 ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Der Rechtmäßigkeit des Widerrufsbescheid steht insbesondere nicht entgegen, dass der Widerruf der Erlaubnis im Anhörungsschreiben vom 26.01.2017 lediglich auf die strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin vom 22.05.2013 wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gem. § 266a StGB gestützt wurde. Zwar ist dem Betroffenen gem. Art. 28 BayVwVfG Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, sodass diese insofern auch anzugeben sind. Dies hat der Beklagte jedoch aber jedenfalls mit Schreiben vom 29.03.2017 nachgeholt, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG.
Rechtsgrundlage des Widerrufs der der Klägerin am 14.11.2011 erteilten Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Tätigkeit gemäß § 34c Abs. 1 Nr. 1 und 3 lit. a) und b) GewO ist Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG. Nach dieser Vorschrift darf ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und ohne Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 Satz 1 BayVwVfG ist der Widerruf dabei nur innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Behörde von den diese Maßnahme rechtfertigenden Tatsachen zulässig.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Widerruf der der Klägerin gemäß § 34c Abs. 1 Nr. 1 und 3 lit. a) und b) GewO erteilten Erlaubnis sind gegeben.
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit ist auch beim Widerruf einer Immobilienmakler- bzw. Bauträger/Baubetreuererlaubnis nach § 34c GewO der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (VGH München, B.v. 1.3.2006 – 22 ZB 06.234 – juris unter Verweis auf BVerwG, B.v. 9.7.1993 – 1 B 105/93 – juris). Zu diesem Zeitpunkt lagen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der derzeitige Geschäftsführer der Klägerin, Herr …, die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Nachdem sich die Klägerin zur Leitung des Betriebs ihres Geschäftsführers bedient, muss sie sich die Unzuverlässigkeit ihres Geschäftsführers zurechnen lassen (VG Augsburg, Beschluss vom 28. April 2005 – Au 4 S 05.322, Rn. 17, juris, m.w.N.).
Gem. § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO ist die Erlaubnis zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller oder eine der mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragten Personen die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt; die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist.
Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit liegt vor, wenn der Gewerbetreibende nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt (BVerwG, B.v. 19.12.1995 – 1 C 3/93, BVerwGE 100, 187). Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung durch eine Person, die nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung ihres Gewerbes zu gewährleisten (Landmann/Rohmer, § 35 GewO, Rn. 29).
Nach Ansicht der erkennenden Kammer ist der Beklagte zurecht davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer der Klägerin und damit die Klägerin selbst (s.o.) die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt.
a) Die Unzuverlässigkeit der Klägerin ergibt sich zwar nicht bereits aus der Regelvermutung des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO. Der Geschäftsführer der Klägerin wurde zwar per Strafbefehl vom 22.05.2013, rechtskräftig seit dem 09.09.2013, und damit in den letzten fünf Jahren vor Erlass des Widerrufbescheids durch das Amtsgericht … wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 37 Fällen gemäß §§ 266a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 52, 53, 14 Abs. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilt. Dies stellt jedoch keine Verurteilung wegen einer in § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO genannten Katalogtaten dar. Der Straftatbestand des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB ist im Katalog des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO nicht aufgeführt.
Die Verurteilung nach § 266a StGB kann auch nicht als Unterfall der Untreue angesehen werden, weil es sich um zwei eigenständige Straftatbestände handelt. In der strafrechtlichen Literatur ist umstritten, ob es sich bei § 266a StGB überhaupt um einen Unterfall der Untreue handelt, wobei die herrschende Meinung wohl davon ausgeht, dass die Vorschrift des § 266a StGB im Gegensatz zu ihren im Sozialrecht verstreuten Vorgängerregelungen kein untreueähnliches Verhalten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer erfordert. Trotz der Stellung des § 266a StGB hinter § 266 StGB fehle der Untreuecharakter der Vorschrift, was der Gesetzgeber durch die (aufgrund Art. 8 des „Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit“) erfolgte Klarstellung der fehlenden Relevanz der Entgeltzahlung an die Arbeitnehmer für die Tatbestandsmäßigkeit des „Vorenthaltens“ (Abs. 1) deutlich zum Ausdruck gebracht habe (vgl. MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl. 2019, StGB § 266a Rn. 4).
Eine erweiternde Auslegung des Wortlautes aus § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO auf ganze Abschnitte des Besonderen Teils des StGB lehnt die erkennende Kammer aufgrund der dort enumerativ aufgezählten Straftatbestände und insbesondere auch im Hinblick auf den in § 1 Abs. 1 GewO niedergelegten Grundsatz der Gewerbefreiheit ab. Der Gesetzgeber hat in § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO eben nicht auf den gesamten 22. Abschnitt des StGB verwiesen, sondern die Begriffe Betrug und Untreue mit einem Komma getrennt und damit zum Ausdruck gebracht, dass nur die beiden einzelnen Tatbestände des Abschnittes die Regelunzuverlässigkeit begründen können. Hätte der Gesetzgeber alle Tatbestände des 22. Abschnitts des StGB für einschlägig gehalten, hätte er dies entweder durch Übernahme der Abschnittsüberschrift oder wie bei der Formulierung „einer Insolvenzstraftat“ eindeutig zum Ausdruck gebracht (vgl. auch VG München, Urteil vom 15. Februar 2011 – M 16 K 10.2879 -, Rn. 27, juris).
b) Die Unzuverlässigkeit der Klägerin ergibt sich jedoch aus dem im Rahmen einer allgemeinen Zuverlässigkeitsprüfung mit Blick auf die Zukunft zu würdigenden Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin.
Grundsätzlich ist für die Beurteilung der Zuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden auf sein Verhalten bei der Ausübung seines Gewerbes abzustellen, sodass vornehmlich Pflichtverletzungen gegenüber Beschäftigten, Sozialversicherungsträgern, Gläubigern und Kunden die Annahme der Unzuverlässigkeit tragen können (zu Straftaten vgl. Bayrischer VGH, Beschluss vom 15. Februar 2012 – 22 C 11.2563 -; Beschluss vom 21. August 2012 – 22 C 12.1256 -, beide: juris).
Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlass lagen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigen, dass der Geschäftsführer der Klägerin zu gewerbebezogenen Rechtsverstößen neigt. Aus diesem Grund fällt die Prognose über sein künftiges Verhalten negativ aus.
(1) Da die tatsächliche Regelvermutung des 2. Halbsatzes des § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO den in Halbsatz 1 enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriff der fehlenden Zuverlässigkeit nicht abschließend erschöpft, kann die Verurteilung nach § 266a StGB – auch wenn sie keine Verurteilung wegen einer Katalogtat darstellt – im Rahmen einer allgemeinen Zuverlässigkeitsprüfung gewertet werden.
(2) Darüber hinaus können auch die weiteren Verurteilungen des Geschäftsführers der Klägerin aus dem Jahr 2000 und dem Jahr 2010 in die allgemeine Zuverlässigkeitsprüfung miteinbezogen werden. Einer Heranziehung steht insbesondere nicht das Verwertungsverbot aus § 51 Abs. 1 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) entgegen, wonach die Tat und die Verurteilung der betroffenen Person im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht zu ihrem Nachteil verwertet werden dürfen, wenn die Eintragung über eine Verurteilung im Register getilgt worden oder sie zu tilgen ist (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 15. Februar 2012 – 22 C 11.2563 -, Rn. 9, juris). Die Tilgung bestimmt sich nach den §§ 45 ff. BZRG.
Der Geschäftsführer der Klägerin wurde mit Urteil vom 10.08.2000, rechtskräftig seit dem 14.02.2001 wegen fahrlässiger Verletzung der Buchführungspflicht in 2 Fällen, der vorsätzlichen Verletzung der Buchführungspflicht in 2 Fällen, des Betrugs und der vorsätzlichen verspäteten Konkursanmeldung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt. Gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG beträgt die Tilgungsfrist in diesem Fall grundsätzlich 15 Jahre und beginnt mit dem Tag der Verkündung des ersten Urteils, § 47 Abs. 1 i.V.m. §§ 36, 5 Abs. 1 Nr. 4 BZRG (vgl. BGH NStZ-RR 2001, 203). Im Hinblick darauf, dass § 47 Abs. 1 i.V.m. § 36 S. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 4 BZRG nicht an ein Ereignis oder einen in den Lauf des Tages fallenden Zeitpunkt anknüpft (vgl. § 187 Abs. 1 BGB), sondern an den „Tag“ des Urteils bzw. der Unterzeichnung des Strafbefehls, ist dieser Tag nach § 187 Abs. 2 S. 1 BGB in die Frist einzurechnen. Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten kommt es auf den Zeitpunkt der Tatbegehung hingegen nicht an (vgl. BeckOK StPO/Bücherl, 32. Ed. 1.1.2019, BZRG § 47 Rn. 1). Die Tilgungsfrist begann demnach am 10.08.2000 und endete grundsätzlich am 09.08.2015 und 24 Uhr (§ 188 Abs. 2 Hs. 2 BGB).
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist eine Beachtung über die Tilgungsreife hinaus nicht deshalb gegeben, da eine erhebliche Gefährdung für die Allgemeinheit zu befürchten ist, § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG. Nach dieser Vorschrift darf eine frühere Tat zwar abweichend von § 51 Abs. 1 BZRG berücksichtigt werden, wenn die betroffene Person die Zulassung zu einem Beruf oder einem Gewerbe beantragt und die Zulassung, Einstellung oder Erteilung der Erlaubnis sonst zu einer erheblichen Gefährdung der Allgemeinheit führen würde. Nach § 52 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 BZRG gilt das gleiche, wenn die betroffene Person die Aufhebung einer die Ausübung eines Berufes oder Gewerbes untersagenden Entscheidung beantragt. Der Ausnahmetatbestand des § 52 Abs. 1 Nr. 4 BZRG sieht die Verwertung einer getilgten oder tilgungsreifen strafrechtlichen Verurteilung jedoch ausschließlich für Entscheidungen vor, die den Zugang zu einer bestimmten Betätigung regeln. Der Ausnahmetatbestand schränkt das Verwertungsverbot nach § 51 Abs. 1 BZRG aber nicht für Maßnahmen ein, die die betreffenden Betätigungen beenden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2014 – 2 B 109/13 -, Rn. 16, juris). Eine derartige beendende Maßnahme ist jedoch im Widerruf der Erlaubnis zu sehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 1996 – 1 C 12/95 -, BVerwGE 101, 24-34).
Einem Ablauf der Tilgungsfrist am 09.08.2015 und damit dem Eintritt des Verwertungsverbots des § 51 Abs. 1 BZRG steht jedoch die Ablaufhemmung des § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG entgegen. Danach ist bei mehreren Eintragungen von Verurteilungen im Register eine Tilgung einer Eintragung erst zulässig, wenn für alle Verurteilungen die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen. Gem. § 47 Abs. 3 S. 1 BZRG wird die Tilgung einer eingetragenen Verurteilung aufgrund dem bei Verurteilungen geltenden Grundsatz der Unteilbarkeit des Registerinhalts also gehemmt, wenn mehrere Verurteilungen im Register enthalten sind und nicht für alle Tilgungsreife eingetreten ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2011 – 4 StR 261/11). Auf die Art und Höhe der einzelnen Verurteilung oder auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Neuverurteilung kommt es hingegen nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 28.03.2001 -3 StR 463/00 und BGHSt 25, 19 (23)). Der Begriff „mehrere“ Verurteilungen i.S.d. § 47 Abs. 3 S. 1 BZRG erfasst aber nur jeweils selbständige Verurteilungen, nicht hingegen mehrere, innerhalb ein und derselben Entscheidung verhängte Strafen. Wird vor der Entfernung einer Verurteilung aus dem Register eine Neuverurteilung eingetragen, so wird die Tilgung der Erstverurteilung dann gehemmt, wenn der Tag der Verkündung der späteren Verurteilung vor dem Tag des Eintritts der Tilgungsreife der früheren Verurteilung liegt (LG Aachen StV 2004, 9 f.).
So liegt der Fall hier. Der Geschäftsführer der Klägerin wurde mit Strafbefehl vom 09.11.2010, rechtskräftig seit dem 19.11.2010, wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung gem. § 15a Abs. 4, Abs. 1 S. 1 InsO, § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu einer Geldstrafe von 250 Tagessätzen verurteilt. Da bei einem Strafbefehl an den Tag der Verkündung des ersten Urteils die Unterzeichnung des Richters bzw. bei Einspruchseinlegung der Tag der auf den Einspruch ergehenden Entscheidung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 4 Hs. 2 BZRG) tritt, ist hier auf den Beschluss vom 09.11.2010, mit dem die Tagessatzhöhe abgeändert wurde, abzustellen. Weil zum maßgeblichen Zeitpunkt des 09.11.2010 die 15-jährige Tilgungsfrist für die strafrechtliche Verurteilung des Herrn … vom 10.08.2000 noch nicht abgelaufen war und diese Verurteilung auch tatsächlich noch im Register eingetragen war (vgl. BeckOK StPO/Bücherl, 32. Ed. 1.1.2019, BZRG § 47 Rn. 14), trat insofern die Ablaufhemmung des § 47 Abs. 3 Satz 1 BZRG ein, mit der Folge, dass die Tilgung der Eintragung der Verurteilung aus dem Jahr 2000 erst zulässig ist, wenn für alle Verurteilungen des Herrn … die Voraussetzungen der Tilgung vorliegen.
Dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin kann insoweit auch nicht gefolgt werden, als dass die Verurteilung aus dem Jahr 2000 zum Zeitpunkt des Widerrufbescheids am 10.07.2017 bereits aus dem Bundeszentralregister gestrichen worden sei, was der in Anlage K4 beigelegte Auszug aus dem Bundeszentralregister vom 06.01.2017 belege. Bei dem in Anlage K4 vorgelegten Führungszeugnis nach § 31, § 32 Abs. 4 BZRG handelt es sich zwar um einen Auszug aus dem Bundeszentralregister. Was im Bundeszentralregister und was in einem Führungszeugnis steht, ist jedoch nicht unbedingt das selbe. Nach Ablauf bestimmter Fristen werden Verurteilungen nicht mehr in ein Führungszeugnis aufgenommen (§§ 34, 36 BZRG). Davon zu unterscheiden sind die (in aller Regel längeren) Tilgungsfristen gem. §§ 45, 46 BZRG, wonach Straftaten nach Ablauf der dort bestimmten Fristen aus dem Bundeszentralregister entfernt werden. Damit kann also insbesondere nicht aus dem Inhalt eines Führungszeugnisses auf den Inhalt des Bundeszentralregisters geschlossen werden.
Da auch die weitere Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt vom 22.05.2013 vor Ablauf der hinsichtlich der Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung vom 09.11.2010 geltenden 10-jährigen Tilgungsfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 2 a) BZRG ins Bundeszentralregister eingetragen wurde, gilt auch insofern die Ablaufhemmung des § 47 Abs. 3 Satz 1 BRZG. Dies hat zur Folge, dass für alle drei Verurteilungen des Geschäftsführers der Klägerin Tilgungsreife erst dann eintritt, wenn auch die letzte Tilgungsfrist vollständig abgelaufen ist, ohne dass eine erneute Verurteilung in das Bundeszentralregister eingetragen wird. Vorliegend bedeutet das, dass das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG frühestens im Jahr 2023 greifen wird, wenn auch die 10-jährige Tilgungsfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 2 a) BZRG hinsichtlich der Verurteilung nach § 266a StGB abgelaufen ist.
Damit besteht von Gesetzes wegen kein Verwertungsverbot.
(3) Darüber hinaus können auch die tatsächlichen Feststellungen, die hinsichtlich des vorsätzlichen Bankrotts, von dessen Verfolgung im Rahmen der Insolvenzverschleppung gem. § 154 Abs. 1 StPO vorerst abgesehen wurde, getroffen wurden und die tatsächlichen Erkenntnisse, die sich aus den Strafakten der Staatsanwaltschaft Deggendorf (Az. 116 Js 2891/14 und 3 Js 3719/14) ergeben, grundsätzlich in die Zuverlässigkeitsprüfung miteinbezogen werden. Hierbei handelt es sich zwar nicht um Verurteilungen, jedoch sind die Erkenntnisse aus den Strafakten gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GewO zumindest hinsichtlich des daraus hervorgehenden Sachverhalts verwertbar. Diesen tatsächlichen Sachverhalt hat die Behörde bzw. das Gericht dann daraufhin zu prüfen, ob er Anlass dazu gibt, die (Un-)Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden anzunehmen.
§ 11 GewO stellt eine Generalklausel dar, wonach personenbezogene Daten des Gewerbetreibenden erhoben werden dürfen, soweit die Daten zur Beurteilung der Zuverlässigkeit bei der Durchführung gewerberechtlicher Vorschriften und Verfahren erforderlich sind. Dabei können insbesondere auch Daten aus bereits abgeschlossenen oder sonst anhängigen Straf- oder Bußgeldverfahren erforderlich sein, 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GewO. Unter den Begriff der „abgeschlossenen“ Verfahren fallen nicht nur Verfahren, die durch Urteil oder Strafbefehl beendet wurden, sondern auch anderweitige gerichtliche oder staatsanwaltschaftliche Verfahrensabschlüsse (VGH München v. 22.1.1986, NJW 1986, 3221; VG Düsseldorf v. 1.2.2007, 3 L 2197/06; Schönleitner, GewArch 2009, 21). Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, der von „abgeschlossenen“ und nicht von „abgeurteilten“ Verfahren spricht und aus dem systematischen Zusammenhang zu § 11 Abs. 3 GewO, wonach u.a. die Einholung von Auskünften aus dem Bundeszentralregister unberührt bleibt. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass der Terminus abgeschlossener Strafverfahren in Abstimmung und letztlich am Maßstab abgeurteilter und ins Bundeszentralregister eintragungsfähiger Taten zu messen sein soll, hätte er dies in § 11 Abs. 1 Satz 2 GewO aufgenommen. Stattdessen erfolgt erst in § 11 Abs. 3 GewO der Verweis auf das BZRG (Kassmann, GewArch 2010, 237).
(4) Zudem kann auch die Tatsache der mit Beschluss des AG Regensburg vom 09.06.2009 und vom 10.08.2009 jeweils erfolgten Eröffnungen des Insolvenzverfahrens der Gesellschaften … GmbH und … mbH, bei denen der Geschäftsführer der Klägerin jeweils ebenfalls als Geschäftsführer agierte, in die Zuverlässigkeitsprüfung miteingestellt werden (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GewO: „abgeschlossene Insolvenzverfahren“).
c) In Zusammenschau all dieser Erkenntnisse ergibt sich für die erkennende Kammer ein Gesamtbild, das gegen eine positive Prognose hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der Klägerin spricht.
Zwar ist der Klägerseite zuzugeben, dass die Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin aus dem Jahr 2000 zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufbescheids bereits 17 Jahre zurückliegt, was im Rahmen der Zuverlässigkeitsprognose entsprechende Beachtung finden muss. Entscheidend ist jedoch nicht diese Verurteilung an sich, sondern insbesondere die Tatsache, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin die Verurteilung aus dem Jahre 2000 nicht zur Warnung dienen hat lassen, sich künftig der Rechtsordnung gemäß zu verhalten. Besonders schwer wiegt dabei, dass auch die weiteren im Jahre 2010 und 2013 abgeurteilten Delikte als gewerbebezogen zu bewerten sind. Insofern handelt es sich gerade nicht um eine einmalige Verfehlung des Geschäftsführers der Klägerin. Dass es beim Geschäftsführer der Klägerin insoweit zu einem grundlegenden Einstellungswandel gekommen ist, konnte zum maßgeblichen Zeitpunkt angesichts der im Jahr 2010 erfolgten Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4, Abs. 1 Satz 1 InsO, wobei von der Verfolgung des zusätzlich begangenen vorsätzlichen Bankrotts gem. § 154 StPO abgesehen wurde, und der im Jahr 2013 erfolgten Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB nicht angenommen werden.
(1) Im Rahmen der Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung ist zwar ebenfalls der Zeitraum von knapp sieben Jahren zu sehen, der zwischen der Rechtskraft des Strafbefehls (19.11.2010) und dem Erlass des Widerrufbescheides (10.07.2017) liegt. Jedoch liegt auch hier unstreitig Gewerbebezogenheit und damit gerade keine Situation vor, die sich nicht jederzeit so wiederholen könnte. Darüber hinaus wiegt der lange Zeitraum zwischen der Kenntnis des Geschäftsführers der Klägerin von der Zahlungsunfähigkeit der … GmbH und der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30.03.2009 schwer. Selbst wenn man wie im Strafbefehl zugunsten des Geschäftsführers der Klägerin davon ausgeht, dass dieser als Geschäftsführer zumindest (erst) seit dem 15.05.2007 Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der … GmbH hatte, so liegen zwischen dieser Kenntnis und der Stellung des Antrags fast zwei Jahre. Aus dem Gutachten des Dipl. Finanzwirt (FH) … vom 17.09.2010 geht indes hervor, dass die … GmbH mit großer Wahrscheinlichkeit bereits zum 31.12.2005 überschuldet gewesen und die objektive Zahlungsunfähigkeit spätestens im Januar 2006 eingetreten sei. Da der Geschäftsführer der Klägerin zuvor Prokurist bei der … GmbH war, liegt es nahe, dass ihm die Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit tatsächlich bereits vorher bekannt war. Darüber hinaus stellt sich auch die Höhe der Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Insolvenzgutachtens bei ca. 150.000 € lag, als beträchtlich dar.
Nicht außer Acht gelassen werden darf in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass der Geschäftsführer der Klägerin bereits mehrere Gesellschaften in die Insolvenz geführt hat, wobei diesbezüglich berücksichtigt werden muss, dass dadurch nicht nur die jeweilige Gesellschaft, sondern insbesondere die Gläubiger der Gesellschaft enorme finanzielle Schäden erleiden, die zum Teil auch existenzbedrohend sein können.
(2) Mit dem Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen liegt ebenfalls eine Straftat vor, die mit der klägerischen Gewerbeausübung in Bezug zu setzen ist. Zwar betrifft sie nicht die „eigentliche, hauptberufliche“ Tätigkeit des Maklers bzw. Bauträgers/Vermittlers; die Verurteilung knüpft jedoch an die betriebene gewerbliche Tätigkeit an. Die Straftat ist berufsbezogen, als sie an den Arbeitgeberstatus, damit typischerweise selbständige Tätigkeit, anknüpft (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, Rn. 4 ff. zu § 266a).
Die der Verurteilung gem. § 266a StGB zugrunde liegenden Tatsachen wiegen für den vorliegenden Fall der Feststellung der Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers der Klägerin deshalb schwer, da Herr … nach den Feststellungen im Strafbefehl zum Zeitpunkt des Geschehens in Einverständnis mit der damaligen, jedoch lediglich formellen Geschäftsführerin … sowohl auf sämtliche Geschäftsvorfälle im betriebsinternen Bereich als auch auf die geschäftlichen und rechtlichen Beziehungen nach außen hin bestimmenden Einfluss hatte und damit im Tatzeitraum vom 01.04.2011 bis 31.05.2012 faktisch als Geschäftsführer agierte. Weil der Strafbefehl auf Grund einer tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch das Gericht (§§ 407, 408 StPO) ergeht, einen strafrechtlichen Schuldspruch enthält sowie eine strafrechtliche Rechtsfolge gegen den Beschuldigten festsetzt und – erhebt der Beschuldigte nicht rechtzeitig Einspruch oder nimmt einen Einspruch zurück – gem. § 410 Abs. 3 StPO die Wirkung eines rechtskräftigen Strafurteils erlangen kann (vgl. BGHSt 29, 305 (307)), entspricht es gleichwohl ständiger Rechtsprechung des BVerwG (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. 12. 1994 – 1 C 31.92 – BVerwGE 97, 245 (248 ff.) m.w.N.), dass namentlich im Ordnungsrecht die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen regelmäßig zur Grundlage einer behördlichen oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen, soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben (vgl. BVerwG Urt. v. 26.9.2002 – 3 C 37/01, BeckRS 2003, 20030, beck-online).
Die rein formal juristische Verantwortlichkeit von Frau … als Geschäftsführerin geht auch aus einem in den Strafakten befindlichen Schreiben ihres Rechtsanwalts hervor und wird durch die Aussagen der Zeuginnen … und … bestätigt, die in ihren Vernehmungen jeweils angaben, dass ihr Vorgesetzter bzw. Chef nur Herr … war. Der Zeuge … gab an, dass ihm seine Arbeiten ausschließlich von Herrn … aufgetragen worden seien, die Firma gehöre … Er habe Frau … erst einmal gesehen und wisse nicht, was sie für eine Stellung in der Firma habe. Die Zeugin … berichtete zudem, dass die damalige Geschäftsführerin Frau … vorwiegend mit der Erstellung von Werbung, Betreuung der Internetseite und Betreuung der Mitarbeiter im Kundenservice betraut gewesen sei und mit der Erstellung von Lohnabrechnung hingegen nichts zu tun gehabt habe. Weiter geht aus den Aussagen der Zeuginnen … und … hervor, dass das rechtswidrig durchgeführte Lohnsplitting allein auf Vorschlag des Herrn … durchgeführt wurde und er damit maßgeblicher Initiation hinsichtlich der Veruntreuung war.
Zu sehen ist auch, dass sich die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge auf insgesamt 13.795,48 € belaufen haben und damit ein nicht nur unerheblicher Schaden entstanden ist. Darüber hinaus erstreckte sich die Tathandlung auf 37 Fälle und ausweislich den Feststellungen im Strafbefehl auf einen Zeitraum von knapp über einem Jahr (01.04.2011 – 31.05.2012). Weiterhin ist zu beachten, dass der Klägerin die Erlaubnis nach § 34c GewO erst mit Bescheid vom 14.11.2011 erteilt worden war, mithin die ersten im Rahmen des § 266a StGB strafrechtlich relevanten Handlungen bereits ca. vier Monate nach Aufnahme der Tätigkeit erfolgt sind und erst mit Kenntnisnahme der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen durch die am 26.06.2012 gem. § 102 StPO in den Geschäftsräumen der Klägerin und den Privaträumen des Herrn … durchgeführten Durchsuchungen eingestellt wurden. Im Übrigen ist die Regelvermutung des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Hs. 2 GewO hier zumindest in zeitlicher Hinsicht erfüllt, da zwischen der Rechtskraft des Strafbefehls (09.09.2013) und dem Erlass des Widerrufbescheids (10.07.2017) 3 Jahre und 10 Monate lagen.
(3) Anhaltspunkte dafür, dass dessen ungeachtet die Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der Klägerin gegeben sein könnte, sind nicht ersichtlich. Zwar ist es bei dem Geschäftsführer der Klägerin seither zu keinem strafrechtlich relevantem Verhalten mehr gekommen. Jedoch sprechen die aus den Strafakten der Staatsanwaltschaft … (Az. 116 Js 2891/14 und 3 Js 3719/14) weiteren gewonnen tatsächlichen Erkenntnisse, die ebenfalls in Zusammenhang mit der Ausübung der gewerberechtlichen Tätigkeit § 34c Abs. 1 Nr. 1 GewO stehen, ebenfalls nicht für die Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der Klägerin.
So zahlte der Geschäftsführer der Klägerin, der zum damaligen Zeitpunkt als Prokurist tätig war und jetzt ebenfalls wieder als Geschäftsführer der Fa. … GmbH fungiert (vgl. https://www.ehwas.de/impressum/, zuletzt abgerufen am 26.03.2019), in zwei Fällen (Familie … und Familie…) Reservierungsgebühren in Höhe von 7.500 € erst nach mehrmaliger, teils anwaltlicher Fristsetzung und erst nachdem bereits polizeiliche Ermittlungen eingeleitet wurden, zurück (vgl. Blatt 300 ff. der Behördenakte). Aus der Zeugenaussage des Herrn … vom 21.08.2013 geht zudem hervor, dass er nicht von Herrn…, sondern über die Gemeinde … von dem Scheitern der Vergabe des Grundstücks erfuhr, was Herr … zunächst sogar noch bestritten habe. In der Folge sei dann weder Herr … noch jemand anderes von der Firma erreichbar gewesen, telefonisch habe sich nur noch ein Auftragsdienst gemeldet (vgl. Blatt 306 der Behördenakte). Des Weiteren ist aus den Akten festzustellen, dass Herr … in einem an die Familie … adressierten Schreiben vom 27.06.2013 angab, dass der Kaufvertrag mit dem Schulverband … laut einer inoffiziellen Begründung deshalb nicht zustande gekommen sei, da man die Schule und das angrenzende Gelände aufgrund der immer weniger werdenden Kinder für eine andere Entwicklung vorenthalten müsse. Eine offizielle Begründung gäbe es jedoch leider nicht (vgl. Blatt 315 der Behördenakte). Aus einem Schreiben des Schulverbands … vom 01.08.2013 geht hingegen hervor, dass der eigentliche Grund für das Scheitern des Grundstücksgeschäfts darin lag, das der Käufer, d.h. die von Herrn … vertretene … GmbH, die bis spätestens 30.04.2013 vorzulegende Bankbürgschaft über den Kaufpreis nicht erbracht habe (vgl. Blatt 318 der Behördenakte).
In einem weiteren bei der Polizeiinspektion Deggendorf zur Anzeige gebrachten Fall verkaufte Herr … im Namen der Klägerin mit notarieller Urkunde vom 08.04.2013 eine noch zu vermessene Teilfläche eines Grundstücks an die Anzeigenerstatter Herr … und Frau…, wobei Herr … versicherte, dass ihm versteckte Mängel, insbesondere Abstandsflächenübernahmen nicht bekannt seien (vgl. Auszug aus dem notariellen Vertrag, Blatt 399 der Behördenakte). Obwohl Herr … in Vertretung für die Klägerin im Kaufvertrag vom 08.04.2013 zugesichert hatte, dass der Klägerin keine Abstandsflächenübernahmen bekannt seien, erklärte die Klägerin in Person von Herrn … am 05.11.2013 zum Nachteil des den Anzeigeerstattern zustehenden Grundstückteils eine Abstandsflächenübernahme nach Art. 6 Abs. 2 BayBO zugunsten des anderweitig verkauften Restgrundstücks. Diese Abstandsübernahmeerklärung wurde ausweislich der E-Mail des Sachgebietsleiters Bauverwaltung/Bauordnung der Stadt Deggendorf vom 07.05.2014 von Herrn … unterschrieben (vgl. Blatt 397 der Behördenakte).
Auch wenn diese Vorfälle keinen Straftatbestand erfüllen, so spricht das Verhalten des Geschäftsführers der Klägerin nicht für seine Zuverlässigkeit; denn von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden kann und muss – neben einem insbesondere im Hinblick auf seine Gewerbeausübung der Rechtsordnung angepassten Verhalten – auch erwartet werden, dass er gegenüber seinen Kunden gerade in einem Vertrauensgewerbe wie dem hier vorliegenden (vgl. dazu BayVGH, Beschluss vom 8. Februar 2017 – 22 C 16.1107 -, juris) ehrlich auftritt und seine vertraglichen Verpflichtungen (rechtzeitig) erfüllt.
(4) Darüber hinaus zeigte die Klägerin bzw. der Geschäftsführer der Klägerin entgegen Ziffer 2. „Auflagen“ des Erlaubnisbescheids vom 14.11.2011 den am 24.11.2016 ins Handelsregister eingetragenen Wechsel des Geschäftsführer weder unverzüglich noch unter Angabe der Personalien und unter Beifügung eines Handelsregisterauszugs an (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG). Von einem zuverlässigen Gewerbetreibenden kann und muss jedoch auch erwartet werden, dass er die ihm im Erlaubnisbescheid auferlegten Auflagen und Verpflichtungen einhält.
Nach dem bisher von dem Geschäftsführer der Klägerin gezeigten Verhalten, insbesondere seiner fortgesetzten Verstöße gegen die Pflichten eines Gewerbetreibenden bereits seit dem Jahr 1994 (vgl. die tatsächlichen Feststellungen unter II. im Urteil des Landgerichts Landshut vom 10.08.2000) ist daher im maßgeblichen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Klägerin Gewähr dafür bietet, dass sie ihr Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Prognose fällt demgemäß negativ aus.
2. Es handelt sich im Hinblick auf die Erlaubnis nach § 34c GewO vom 14.11.2011 mithin auch um nachträglich eingetretene Tatsachen i. S. d. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG. Zwar liegen nicht alle soeben genannten Umstände vor der Erteilung der Erlaubnis am 14.11.2011. Die „nachträglich eingetretene Tatsache“ i.S.d. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG liegt hier jedoch im Geschäftsführerwechsel, der am 24.11.2016 ins Handelsregister eingetragen wurde, wobei es für das Erfordernis der Nachträglichkeit ausreicht, wenn die neue Tatsache in Zusammenhang mit bereits bestehenden Umständen relevant ist (BeckOK VwVfG/Abel, 42. Ed. 1.7.2018, VwVfG § 49 Rn. 50).
3. Ohne den Widerruf wäre auch das öffentliche Interesse i. S. d. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG gefährdet. Vorliegend kann bereits aus dem Fehlen erforderlicher Eignungsvoraussetzungen die Gefährdung des öffentlichen Interesses gefolgert werden (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 17. August 1993 – 1 B 112/93 -; BayVGH, Beschluss vom 25. September 2012 – 22 ZB 12.731 -, juris). Die fehlende Zuverlässigkeit des Geschäftsführers der Klägerin gefährdet das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als wichtiges Gemeinschaftsgut. Es wäre mit der besonderen Stellung des Immobilienmaklers sowie des Bauträgers/Bauvermittlers nicht vereinbar, würde der Geschäftsführer der Klägerin in seiner Berufsausübung weitere Straftaten begehen. Denn bei den Gewerben nach § 34c handelt es sich um sog. Vertrauensgewerbe, bei denen in besonderem Maße auf die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten geachtet werden muss (vgl. BayVGH, Beschluss vom 8. Februar 2017 – 22 C 16.1107 -, juris). Die weitere gewerbliche Berufsausübung des Geschäftsführer der Klägerin angesichts dieser von ihm gezeigten Verhaltensweisen in Ausübung seines Gewerbes zu unterbinden, liegt daher im wohlverstandenen öffentlichen Interesse, das ohne den Widerruf der Erlaubnis nach § 34c ernstlich gefährdet wäre (Bayrischer VGH, Beschluss vom 8. Februar 2017, a. a. O.).
4. Entgegen der Ansicht der Klägerseite erfolgte der Widerruf mit Bescheid vom 10.07.2017 auch innerhalb der Jahresfrist des Art. 49 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 48 Abs. 4 BayVwVfG, da sich die auch hier die Tatsache auf den Geschäftsführerwechsel erstreckt, von dem die Behörde durch die am 05.01.2017 erfolgte Gewerbeummeldung und dem daraufhin von ihm eingeholten Handelsregisterauszug Kenntnis erlangt an.
5. Letztlich begegnet auch die Ermessensausübung des Beklagten keinen Bedenken. Zwar steht die Entscheidung über den Widerruf bei Vorliegen eines der Widerrufsgründe nach dem Wortlaut des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Jedoch ist bei der hier einschlägigen Tatbestandsalternative des Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG grundsätzlich von einem in Richtung auf einen Widerruf intendierten Ermessen auszugehen (vgl.VG Magdeburg, Beschluss vom 22. Januar 2019 – 3 B 426/17 -, Rn. 30, juris).
II.
1. Die in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltene Rückgabeverpflichtung bezüglich der der Klägerin ausgestellten Erlaubnisurkunde ergibt sich aus Art. 52 Satz 1 BayVwVfG.
2. Die Zwangsgeldandrohung in Nr. 3 des Bescheids findet Ihre Rechtsgrundlage in den Art. 18, 19, 29, 30, 31, 36 VwZVG.
3. Schließlich ist auch die Kostenentscheidung in Nr. 4 bzw. 5 des angegriffenen Bescheids nicht zu beanstanden. Sie beruht auf Art. 1, 2, 6, 8 und 10 des Kostengesetzes und Tarifnummer 5.III.5/22 des Kostenverzeichnisses und bewegt sich im unteren Bereich des Rahmens von 50 bis 1.500 €.
III.
Im Ergebnis war die Klage daher vollumfänglich mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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