Steuerrecht

Widerruf einer Reisegewerbekarte wegen Unzuverlässigkeit, steuerliche Rückstände, Eintragungen im Schuldnerverzeichnis, keine Pflicht zur erneuten Anhörung wegen geringerer Rückstandshöhe und Zunahme der Zahl der Eintragungen im Zeitpunkt des Bescheiderlasses

Aktenzeichen  22 ZB 21.1922

Datum:
10.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 967
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 28, 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
GewO § 57 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 16 K 20.2681 2021-03-01 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung eines Bescheides der Beklagten vom 20. Mai 2020 weiter.
Mit diesem – nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 14. April 2020 und Stellungnahme durch einen Steuerberater mit Schreiben vom 4. Mai 2020 ergangenen – Bescheid widerrief die Beklagte die von ihr der Klägerin mit Bescheid vom 22. April 1986 unbefristet erteilte Reisegewerbekarte für das „Feilbieten von Lebensmitteln (verpackt), Süßwaren, belegten Semmeln, Textilien und Lederwaren“ (Nr. 1). Der Klägerin wurde aufgegeben, ihre Tätigkeit spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheids einzustellen und die Reisegewerbekarte bei der Beklagten abzugeben (Nr. 2). Für den Fall der Nichterfüllung von Nr. 2 wurde der Klägerin die zwangsweise polizeiliche Einziehung angedroht (Nr. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin im gewerberechtlichen Sinne (§ 57 Abs. 1 GewO) unzuverlässig sei. Dies ergebe sich aus steuerlichen Rückständen und Eintragungen im Vollstreckungsportal. Ohne den Widerruf sei das öffentliche Interesse gefährdet. Bei Abwägung aller Umstände sei der Widerruf in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zudem erforderlich und verhältnismäßig.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die gegen den Bescheid vom 20. Mai 2020 erhobene Klage mit Urteil vom 1. März 2021 ab, das dem früheren Klägerbevollmächtigten am 14. Juni 2021 zugestellt wurde. Mit Schriftsatz ihres früheren Bevollmächtigten vom 9. Juli 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht am gleichen Tag, beantragte die Klägerin die Zulassung der Berufung. Sie begründete den Antrag mit Schriftsatz ihrer nunmehrigen Bevollmächtigten vom 9. August 2021, eingegangen beim Verwaltungsgerichtshof am 13. August 2021. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sowie einen Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) geltend.
Die Beklagte ist dem Zulassungsantrag entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen in der Antragsbegründung (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.), noch ist ein Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dargelegt (2.).
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426/17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). Dies ist hier nicht der Fall.
1.1 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des klageabweisenden Urteils ergeben sich nicht aus dem Vortrag der Klägerin, der streitgegenständliche Bescheid sei formell rechtswidrig, weil es an einer ordnungsgemäßen Anhörung gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG gefehlt habe.
1.1.1 Die Klägerin führt an, dass sich der Sachverhalt im Zeitpunkt des Bescheiderlasses wesentlich anders dargestellt habe als im Zeitpunkt des Anhörungsschreibens vom 14. April 2020 (kein Rückstand beim Finanzamt statt offene Forderungen in Höhe von 21.159,04 Euro; Rückstände beim Kassen- und Steueramt der Beklagten in Höhe von 8.771,80 Euro statt 11.115,80 Euro; neun statt sieben Eintragungen im Schuldnerverzeichnis). Hinsichtlich des Rückstands beim Kassen- und Steueramt der Beklagten habe die Klägerin überdies im Rahmen der Anhörung (Schreiben ihres Steuerberaters vom 4.5.2020) um Aufklärung gebeten. Daher habe die Beklagte der Klägerin vor Bescheiderlass erneut Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils vermag die Klägerin mit ihrem Vortrag nicht zu erwecken.
1.1.2. Ist der Betroffenen – wie hier – gem. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden, so ist eine erneute Anhörung erforderlich, wenn sich nach der Anhörung die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen wesentlich geändert haben oder gravierende neue Gesichtspunkte zu Tage getreten sind (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2018 – 9 A 4.17 – juris Rn. 19; Huck in ders./Müller, VwVfG, 3. Aufl. 2020, § 28 Rn. 14; vgl. ferner Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 40; Schneider in Schoch/ders., VwVfG, Stand Juli 2020, § 28 Rn. 41). Zu Tatsachenänderungen, die sich aus dem auf die Anhörung ergangenen Vortrag der Betroffenen ergeben, muss aber nicht erneut angehört werden (vgl. Kallerhoff/Mayen a.a.O. [unter Hinweis auf § 28 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG]; Schneider a.a.O.); überhaupt kann die Frage, wann der Betroffenen erneut i.S.d. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern, nicht ohne Berücksichtigung dessen beantwortet werden, was von ihr im Rahmen der Anhörung bereits vorgetragen wurde. Nach diesen Maßstäben war eine weitere Anhörung der Klägerin nicht erforderlich.
1.1.2.1 Hinsichtlich der steuerlichen Rückstände beim Finanzamt entsprach die Sachlage bei Bescheiderlass derjenigen, die die Klägerin selbst im Rahmen ihrer Anhörung vorgebracht hatte. Der Beklagten war bereits im Zeitpunkt der Anhörung bekannt, dass die Klägerin als von der Corona-Pandemie betroffene Schaustellerin einen Stundungsantrag gestellt hatte; darüber war aber noch nicht entschieden worden (Schreiben des Finanzamts München an die Beklagte vom 1.4.2020, Behördenakte Bl. 89). Auf diesen – offenbar in der Zwischenzeit zu Gunsten der Klägerin verbeschiedenen – Antrag nahm die Klägerin im Rahmen ihrer Anhörung Bezug, denn in dem Schreiben ihres Steuerberaters vom 4. Mai 2020 wurde vorgebracht, dass bis auf einen Betrag von (im Ergebnis) gut 23 Euro keine derzeit offenen bzw. fälligen Beträge bestünden und dass „aufgrund der Corona-Epidemie (…) verschiedene Beträge gestundet“ worden seien. Vor Bescheiderlass hatte die Beklagte auch vom Finanzamt erfahren, dass dort wegen der coronabedingten Stundung aktuell keine fälligen Rückstände bestanden (S. 2 des Bescheids).
1.1.2.2 Auch die Differenz bei den Rückständen beim Kassen- und Steueramt der Beklagten war kein Umstand, der eine nochmalige Anhörung der Klägerin geboten hätte. Zunächst ist der Vortrag der Klägerin nicht nachvollziehbar, sie habe die Beklagte hinsichtlich des verbleibenden Rückstands um Aufklärung (Antragsbegründung, S. 5), bzw. – wie von ihr an anderer Stelle der Antragsbegründung (S. 10, S. 11) angeführt – um Übermittlung einer Rückstandsaufstellung bzw. um Aufgliederung und Darstellung der offenen Forderungen gebeten. Das im Rahmen der Anhörung bei der Beklagten eingegangene Schreiben des Steuerberaters enthält jedenfalls keine derartigen Bitten; zu weiteren Äußerungen der Klägerin im Rahmen der Anhörung verhält sich die Antragsbegründung nicht. Im Übrigen resultierte die im Vergleich zum Anhörungsschreiben geringere Höhe des steuerlichen Rückstands ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids ausschließlich aus einer Anpassung der Gewerbesteuerbescheide vom 22. April 2020, und nicht etwa auf Zahlungen der Klägerin. Die geringere Rückstandshöhe stellte also keinen Umstand dar, aus dem sich etwas anderes in Bezug auf die künftige Erfüllung steuerlicher Pflichten durch die Klägerin hätte schließen lassen können; sie begründete damit keine wesentliche Änderung der entscheidungserheblichen Tatsachen.
1.1.2.3 Erst recht keine erneute Anhörung war im Hinblick darauf geboten, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Bescheiderlasses neun (statt zuvor sieben) Mal im Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft (vgl. § 882c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO) eingetragen war. Vielmehr hatten sich insoweit lediglich die bisherigen Erkenntnisse bestätigt, zumal zwar eine Eintragung entfallen war, aber drei Eintragungen hinzugekommen waren (vgl. Behördenakt, S. 82 einerseits, S. 99 andererseits).
Die Klägerin konnte auch nicht allein durch die Bitte um weitere Informationen die Notwendigkeit einer weiteren Anhörung selbst herbeiführen. Nach den einschlägigen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der ZPO mussten ihr als Schuldnerin die Vorgänge, die zu den Eintragungen geführt hatten, sowie die Eintragungsanordnungen bekannt sein (vgl. insbes. § 802f ZPO [Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft], § 882c Abs. 2 Satz 2 ZPO [Zustellung bzw. Bekanntgabe der Eintragungsanordnung an den Schuldner]; § 882d Abs. 3 ZPO [Belehrung des Schuldners über Rechtsbehelfe gegen die Eintragungsanordnungen]); hierauf hat auch das Verwaltungsgericht zu Recht hingewiesen (UA S. 9). Dass diese Vorschriften hier nicht beachtet wurden, ist weder dargelegt noch anzunehmen.
1.1.2.4 Es ist auch weder näher dargelegt noch erkennbar, dass die vorstehend (1.1.2.1 bis 1.1.2.3) genannten Umstände zusammen betrachtet eine wesentliche, die erneute Anhörung der Klägerin erfordernde Änderung der entscheidungserheblichen Tatsachen zur Folge gehabt hätten.
1.1.3 Eine erneute Anhörung der Klägerin war auch nicht deshalb geboten, weil der Verwaltungsakt gegenüber dem geplanten und angekündigten Inhalt erheblich geändert und wesentlich verschärft oder sein Wesensgehalt abgewandelt wurde (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 40; Schneider in Schoch/ders., VwVfG, Stand Juli 2020, § 28 Rn. 41). Die im Anhörungsschreiben vom 14. April 2020 angekündigte Maßnahme (Widerruf der Reisegewerbekarte wegen Unzuverlässigkeit) stimmt mit derjenigen des streitgegenständlichen Bescheids überein.
1.2 Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht aus dem Vortrag der Klägerin betreffend die materielle Rechtmäßigkeit des Bescheids.
1.2.1 Die Klägerin macht geltend, ihr seien die Rückstände beim Kassen- und Steueramt der Beklagten und die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nicht bekannt gewesen. Dies habe sie der Beklagten auch im Rahmen der Anhörung mitgeteilt. Damit kann sie nicht durchdringen.
1.2.1.1 Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit – hier gem. § 57 Abs. 1 GewO – setzt kein subjektiv vorwerfbares Verhalten voraus, sondern knüpft lediglich an objektive Tatsachen an, die hinsichtlich der zukünftigen Tätigkeit der Gewerbetreibenden eine ungünstige Prognose rechtfertigen (BVerwG, B.v. 2.12.2014 – 8 PKH 7.14 – juris Rn. 4; U.v. 2.2.1982 – 1 C 17.79 – BVerwGE 65, 9 – juris Rn. 24). Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht (UA Rn. 18) zutreffend ausgegangen. Darauf, ob die Klägerin von den steuerlichen Rückständen sowie von ihren Eintragungen im Schuldnerverzeichnis Kenntnis hatte, kommt es mithin nicht an. Vielmehr spricht es eher gegen die Annahme, dass das Gewerbe im Hinblick auf die Erfüllung von Zahlungsverpflichtungen (namentlich solcher gegenüber der öffentlichen Hand) künftig ordnungsgemäß betrieben werden wird, wenn der Gewerbetreibenden das Bestehen bzw. die Höhe steuerlicher Rückstände sowie Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nicht bekannt sind (vgl. zum mangelnden Überblick eines Gewerbetreibenden über offene Forderungen und geleistete Zahlungen auch BayVGH, B.v. 19.10.2021 – 22 ZB 21.1862 – juris Rn. 19; B.v. 23.10.2012 – 22 ZB 12.888 – juris Rn. 11).
1.2.1.2 Im Übrigen sind der Klägerin die gegen ihre Zuverlässigkeit sprechenden Umstände im Rahmen der Anhörung nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG durch das Schreiben der Beklagten vom 14. April 2020 mitgeteilt worden. Sollten ihr diese Umstände bis dahin tatsächlich nicht bekannt gewesen sein, hätte das Schreiben für sie Anlass sein müssen, die Erstellung eines Zahlungs- oder Sanierungskonzepts zumindest konkret in die Wege zu leiten. Da von einer zuverlässigen Gewerbetreibenden erwartet wird, dass sie gegen sie gerichtete Ansprüche von sich aus erfüllt (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2021 – 22 ZB 21.1862 – juris Rn. 21; B.v. 9.8.2016 – 22 ZB 16.1347 – juris Rn. 19), ist es regelmäßig auch ihre Sache, an ihre Gläubiger wegen eines solchen Konzepts heranzutreten (vgl. zur Unerheblichkeit des Wartens auf Ratenzahlungsangebote der Gläubiger BayVGH, B.v. 2.10.2018 – 22 ZB 18.1841- juris Rn. 11). Dass die Klägerin derartige Schritte unternommen hätte, ist jedoch weder dargelegt noch ersichtlich. Ihr Hinweis darauf, dass sie angesichts der kurz vor Bescheiderlass von der Beklagten nochmals abgefragten Umstände (Rückstandshöhe; Eintragungen im Schuldnerverzeichnis) keine Zeit gehabt habe, ein Sanierungskonzept zu erstellen oder Ratenzahlung zu vereinbaren, führt nicht weiter, weil bereits das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 14. April 2020 hätte Anlass dafür sein müssen, Anstrengungen in diese Richtung zu unternehmen (vgl. oben).
1.2.1.3 Lediglich ergänzend ist daher auszuführen, dass es hinsichtlich der Behauptung der Klägerin, ihr seien die Rückstände beim Kassen- und Steueramt der Beklagten und die Eintragungen im Schuldnerverzeichnis nicht bekannt gewesen, an schlüssigen Darlegungen fehlt.
Bezüglich der Rückstände beim Kassen- und Steueramt der Beklagten heißt es in dem auf die Anhörung ergangenen Schreiben des Steuerberaters der Klägerin vom 4. Mai 2020, auf das auch die Antragsbegründung verweist, wörtlich (Behördenakt, Bl. 94): „Ferner verweisen Sie auf offene Gewerbesteuer-Beträge in Höhe von € 11.115,80. Uns liegen weder aktuelle Gewerbesteuerbescheide noch Mahnungen etc. vor, so dass wir hierzu auch keine Ausführungen machen können“. In dem Schreiben wurde also (zutreffend) davon ausgegangen, dass es sich bei den Rückständen bei der Beklagten um offene Gewerbesteuer-Beträge handelte, obwohl in dem Anhörungsschreiben lediglich allgemein von einer „öffentlich-rechtlichen Forderung“ die Rede war; schon dies lässt die pauschale Behauptung der Klägerin, ihr seien die Rückstände nicht bekannt gewesen, als nicht schlüssig erscheinen. Da in dem Schreiben ansonsten von „unserer Mandantin“ die Rede ist, ist zudem anzunehmen, dass sich „uns“ bzw. „wir“ in dem obigen Zitat nicht auf die Klägerin, sondern auf die Steuerberatungskanzlei bezieht. Da das Schreiben von einem „Steuerberater-Rechtsbeistand“ unterschrieben wurde, kann auch nicht – jedenfalls nicht ohne nähere Darlegungen durch die Klägerin, an denen es aber fehlt – davon ausgegangen werden, dass lediglich eine Ungenauigkeit im Ausdruck vorgelegen hat und die Klägerin persönlich gemeint sein sollte. Eine Unkenntnis der Klägerin persönlich ergibt sich aus dem Schreiben also, anders als mit der Antragsbegründung vorgetragen, gerade nicht.
Hinsichtlich der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis muss angesichts der einschlägigen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der ZPO davon ausgegangen werden, dass der Klägerin diese sowie die zu Grunde liegenden Vorgänge bekannt waren (vgl. oben 1.1.2.3).
1.2.2 Die Klägerin macht weiter geltend, es habe kein im Sinne der Rechtsprechung für die Annahme ihrer Unzuverlässigkeit erheblicher Steuerrückstand vorgelegen. Auch damit kann sie nicht durchdringen.
1.2.2.1 Nach ständiger Rechtsprechung sind Steuerrückstände geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig erscheinen zu lassen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind; auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, ist von Bedeutung (vgl. etwa BVerwG, B.v. 9.4.1997 – 1 B 81.97 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 22 ZB 20.362 – juris Rn. 13). Die Klägerin hat nichts substantiiert dargelegt, was die Annahme des Verwaltungsgerichts, ihre steuerlichen Rückstände seien erheblich gewesen (UA Rn. 20 f.), ernsthaft in Zweifel ziehen könnte.
Im Zeitpunkt des Bescheiderlasses beliefen sich die steuerlichen Rückstände der Klägerin beim Kassen- und Steueramt der Beklagten auf 8.771,80 Euro. Weshalb dies nicht bereits der absoluten Höhe nach ein erheblicher Betrag sein sollte, ergibt sich aus der Antragsbegründung nicht. Der Hinweis der Klägerin darauf, dass Rückstände unter 5.000,- Euro in aller Regel nicht ausreichen würden, führt nicht weiter, weil schon dieser Betrag deutlich, nämlich um weit mehr als das eineinhalbfache, überschritten war; im Übrigen setzt die genannte Rechtsprechung gerade keinen Mindestbetrag von Schulden als Voraussetzung für eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit voraus (vgl. BayVGH, B.v. 8.5.2020 – 22 ZB 20.127 – juris Rn. 37). Ferner ergibt sich aus der Rückstandsaufstellung der Beklagten vom 18. März 2020 (Behördenakt Bl. 87 ff.), dass die steuerlichen Rückstände der Klägerin im Wesentlichen Gewerbesteuerforderungen (einschließlich steuerlicher Nebenleistungen) aus den Veranlagungsjahren 2017 bis 2019 mit Fälligkeiten (ebenfalls im Wesentlichen) zwischen Februar 2018 und Ende Dezember 2019 umfassten. Nicht beglichene Hauptforderungen betrafen die Veranlagungsjahre 2017 und 2018. Dass sich hieran durch die ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids vorgenommene Anpassung der Gewerbesteuerbescheide vom 22. April 2020 etwas wesentlich geändert hatte, ist nicht dargelegt und ergibt sich auch nicht aus den dem Senat vorliegenden Akten. Zudem hatte die Klägerin seit dem 29. Juli 2019 und damit seit mehr als einem dreiviertel Jahr vor Bescheiderlass keine freiwilligen Zahlungen mehr geleistet. Weshalb es ernstlich zweifelhaft sein sollte, aus diesen Umständen zu schließen, dass die Klägerin auch in Zukunft in einer ihre Unzuverlässigkeit begründenden Weise steuerliche Zahlungspflichten verletzen würde, ist weder dargelegt noch ersichtlich; für eine bloß vorübergehende Unterbrechung des Zahlungsflusses, wie an anderer Stelle der Antragsbegründung (S. 10) angeführt, war jedenfalls nichts erkennbar.
1.2.2.2 Soweit sich die Klägerin auf die Tilgung von Forderungen, den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung mit einem Gläubiger sowie die Löschung von Eintragungen im Schuldnerverzeichnis beruft, betrifft dies Ereignisse, die erst Ende August / Anfang September 2020 und damit nach dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BVerwG, B.v. 25.10.1996 – 11 B 53.96 – juris Rn. 4; BayVGH, B.v. 28.9.2021 – 22 ZB 21.2109 – juris Rn. 10) eingetreten sind. Dass diese Entwicklungen bereits im Zeitpunkt des Bescheiderlasses absehbar gewesen sein sollten, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht; dies war angesichts ihrer Äußerungen im Rahmen der Anhörung auch nicht anzunehmen. Im Übrigen sind nach dem Vortrag der Klägerin (Antragsbegründung, S. 10) lediglich drei der – im Zeitpunkt des Bescheiderlasses – neun Eintragungen nachträglich aus dem Schuldnerverzeichnis gelöscht worden. In Bezug auf die hier ebenfalls maßgeblich gegen ihre Zuverlässigkeit sprechenden steuerlichen Rückstände trägt die Klägerin hinsichtlich Entwicklungen nach Bescheiderlass ohnehin weder etwas zu einer (teilweisen) Tilgung noch zum Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung vor (zur vielmehr gestiegenen Rückstandshöhe im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vgl. VG-Akte Bl. 51).
1.2.3 Die Klägerin macht weiter geltend, das öffentliche Interesses sei ohne den Widerruf der Reisegewerbekarte nicht i.S.d. Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG gefährdet gewesen. Insoweit wendet sie allerdings lediglich erneut Umstände ein, die ihre gewerberechtliche Zuverlässigkeit betreffen sollen (mangelnde Kenntnis von ihren Zahlungspflichten gegenüber dem Kassen- und Steueramt der Beklagten; keine Zeit zur Ausarbeitung eines Sanierungskonzepts; generell fehlende negative Prognose betreffend die künftige Gewerbeausübung). Auf die obigen Ausführungen (1.2.1; 1.2.2) wird daher Bezug genommen. Zudem befasst sich die Klägerin nicht mit den auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats beruhenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Gefährdung des öffentlichen Interesses, wenn eine unzuverlässige Gewerbetreibende nicht vom Markt ferngehalten wird (UA Rn. 24). Vielmehr geht die Klägerin mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die konkrete Gefährdung wichtiger Gemeinschaftsgüter grundsätzlich durch die Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden indiziert werde.
1.2.4 Die Klägerin macht weiter eine fehlerhafte Ermessensausübung bzw. die Unverhältnismäßigkeit des Widerrufs geltend. Auch aus ihrem diesbezüglichen Vortrag ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des klageabweisenden Urteils.
1.2.4.1 Soweit die Klägerin erneut Umstände vorträgt, die von ihr bereits in Bezug auf ihre gewerberechtliche Zuverlässigkeit geltend gemacht worden sind (keine Kenntnis der steuerlichen Rückstände; Zahlungen seien zuletzt noch am 29.7.2019 geleistet worden; Verminderung der steuerlichen Rückstände zwischen Anhörung und Bescheiderlass; späterer Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung, Löschung von drei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis), wird wiederum auf die obigen Ausführungen (1.2.1; 1.2.2) verwiesen.
1.2.4.2 Die Klägerin verweist des Weiteren auf ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist jedoch geklärt, dass der Ausschluss des unzuverlässigen Gewerbetreibenden aus dem Wirtschaftsleben mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in der Ausprägung durch Art. 12 GG in Einklang steht (vgl. BVerwG, B.v. 7.6.1996 – 1 B 92.96 – juris Rn. 4 m.w.N.). Auch vorliegend hat die Klägerin nicht dargelegt, weshalb ihr Interesse an der Weitergeltung ihrer Reisegewerbekarte und damit am Weiterbetrieb ihres diesbezüglichen Gewerbes höher zu gewichten sein sollte als die vom Verwaltungsgericht (UA Rn. 24) und im streitgegenständlichen Bescheid (S. 6 f.) zu Recht angeführten öffentlichen und privaten Interessen (insbesondere Sicherstellung der Aufgabenerfüllung gegenüber der Allgemeinheit durch den Eingang fälliger Steuern bzw. Funktionsfähigkeit der öffentlichen Kassen; Steuergerechtigkeit bzw. Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen; Schutz privater Gläubiger vor Zahlungsausfällen).
1.2.4.3 Die Hinweise der Klägerin auf die Gefährdung ihrer Existenzgrundlage und „die weitreichenden Folgen des Widerrufs“ sind ebenfalls nicht weiter substantiiert worden. Insbesondere ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass es der Klägerin zur Existenzsicherung nicht möglich oder nicht zumutbar sein sollte, sich erforderlichenfalls um eine abhängige Beschäftigung zu bemühen (vgl. BayVGH, B.v. 19.10.2020 – 22 ZB 20.363 – juris Rn. 28; B.v. 1.10.2012 – 22 ZB 12.787 – juris Rn. 21).
Soweit die Klägerin auf erschwerte Bedingungen und Herausforderungen wegen der Corona-Pandemie verweist, ist zu berücksichtigen, dass die ihre Unzuverlässigkeit begründenden Umstände und Ereignisse weitestgehend – zum Teil deutlich – vor der Betroffenheit Deutschlands von der Pandemie liegen. Bezüglich Steuerforderungen des Finanzamts ist der Klägerin zudem antragsgemäß eine pandemiebedingte Stundung gewährt worden. Es ist weder dargelegt noch erkennbar, dass die Klägerin vor dem maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses bezüglich der hier inmitten stehenden Gewerbesteuerforderungen ebenfalls derartige Bemühungen um eine Stundung unternommen hatte; die Klägerin hat auch keine Anstrengungen im Hinblick auf die Erstellung eines Zahlungskonzepts erkennen lassen, bei dem die Erschwernisse durch die Pandemie hätten berücksichtigt werden können (zu einem nach Bescheiderlass ergebnislos gewährten pandemiebedingten Vollstreckungsaufschub vgl. VG-Akte Bl. 51).
2. Die Klägerin hat auch keinen der Beurteilung des Verwaltungsgerichtshofs unterliegenden Verfahrensfehler im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO dargelegt.
Die Klägerin trägt vor, das Verwaltungsgericht habe gegen den Amtsermittlungsgrundsatz des § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen. Sie habe mehrfach bestritten, dass sie Kenntnis von den Rückständen beim Kassen- und Steueramt der Beklagten und den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis gehabt habe. Einer im Rahmen der Anhörung geäußerten Bitte um Übersendung einer Rückstandsaufstellung sei die Beklagte nicht nachgekommen. Der Nachweis der Kenntnis der Klägerin könne nicht über die in der Behördenakte enthaltene Rückstandsaufstellung und den dort befindlichen Auszug aus dem Schuldnerverzeichnis geführt werden, weil diese Akte der Klägerin nicht vorgelegen habe. Diese Dokumente befänden sich in der Sphäre der Beklagten. Das Verwaltungsgericht habe seiner Nachforschungspflicht nachkommen müssen, indem es beispielsweise die Beklagte um Vorlage von Zustellungsnachweisen hätte bitten können.
Damit ist ein Verstoß gegen die richterliche Aufklärungspflicht nicht dargetan.
2.1 Die Frage, ob das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht an einem Aufklärungsmangel leidet, ist vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz zu beurteilen, selbst wenn dieser verfehlt sein sollte (vgl. BVerwG, B.v. 16.12.2019 – 4 BN 16.19 – juris Rn. 2 m.w.N.). Auf die Kenntnis der Klägerin von den steuerlichen Rückständen bei der Beklagten sowie von den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis hat das Verwaltungsgericht für seine Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit der Klägerin nicht abgestellt. Das Verwaltungsgericht hat sich vielmehr – nach den obigen Ausführungen überdies zu Recht – auf das (objektive) Bestehen dieser Umstände gestützt und daraus Rückschlüsse für die Leistungsfähigkeit und -willigkeit der Klägerin gezogen (UA Rn. 18, Rn. 20). Einzelne Ausführungen des Verwaltungsgerichts dazu, was der Klägerin hätte bekannt bzw. klar sein müssen, betreffen die Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung in Bezug auf das objektive Vorliegen dieser Umstände angesichts dessen, dass die Klägerin diese im erstinstanzlichen Verfahren pauschal bestritten hatte (vgl. UA Rn. 21, Rn. 22); insoweit geht es aber nicht um Verfahrensfehler (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 48 m.w.N.).
2.2 Im Übrigen würde eine Aufklärungsrüge unter anderem Angaben dazu voraussetzen, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, durch einen unbedingten Beweisantrag oder jedenfalls eine sonstige Beweisanregung hingewirkt worden ist und die Ablehnung der Beweiserhebung im Prozessrecht keine Stütze findet, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (st. Rspr., vgl. etwa BVerwG, B.v. 22.10.2021 – 7 BN 1.20 – juris Rn. 26 m.w.N.). An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend.
2.2.1 Die Stellung eines unbedingten oder eines Hilfsbeweisantrags in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sind weder von der Klägerin dargelegt worden, noch ergibt sich solches aus dem Sitzungsprotokoll; für eine sonstige Beweisanregung ist ebenfalls nichts vorgetragen.
2.2.2 Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, weshalb sich dem Verwaltungsgericht von sich aus weitere Ermittlungen hätten aufdrängen müssen.
2.2.2.1 Hinsichtlich der klägerischen Rückstände beim Kassen- und Steueramt der Beklagten hat das Verwaltungsgericht die in den Behördenakten befindliche Aufstellung vom 18. März 2020 herangezogen (UA Rn. 21). Mit ihrem Einwand, die vom Verwaltungsgericht angeführten Dokumente lägen in der Sphäre der Beklagten und ihr habe auch die Behördenakte nicht vorgelegen, vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Ihre Behauptung, sie habe die Beklagte im Rahmen der Anhörung um eine Rückstandsaufstellung gebeten, ist nicht schlüssig (vgl. oben 1.1.2.2). Zudem hätte die Klägerin von der vom Verwaltungsgericht herangezogenen Rückstandsaufstellung durch Akteneinsicht (§ 100 VwGO) Kenntnis erlangen und sich in der Folge dazu äußern können (zur Vorlage der Behördenakten an das Verwaltungsgericht vgl. Schreiben der Beklagten vom 10.8.2020, S. 6, welches dem früheren Klägerbevollmächtigten übermittelt wurde, VG-Akte Bl. 26). Das Akteneinsichtsrecht soll nicht nur die Waffengleichheit der Beteiligten gewährleisten, sondern sie gleichzeitig in den Stand versetzen, i.S.v. § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO an dem Verfahren mitzuwirken (Lang in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 100 Rn. 5; vgl. auch Rudisile in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 100 Rn. 4); insbesondere soll es jedem Beteiligten die Möglichkeit geben, sich zum Inhalt der vorliegenden Akten zu äußern (vgl. BayVGH, B.v. 2.9.2010 – 14 ZB 10.1461 – juris Rn. 13). Die Klägerin hat vor dem Verwaltungsgericht von diesen Mitwirkungsrechten keinen Gebrauch gemacht; welche weiteren Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung das Verwaltungsgericht gleichwohl hätte treffen müssen, ist nicht dargelegt (zur Bedeutung des Akteneinsichtsrechts für die Erfüllung der nach § 86 VwGO bestehenden Mitwirkungspflichten der Beteiligten vgl. Stuhlfauth in: Bader/Funke-Kaiser/ders./von Albedyll, VwGO, 7. Aufl. 2018, § 100 Rn. 1; vgl. zum Zusammenhang zwischen Akteneinsichtsrecht und gerichtlicher Sachaufklärungspflicht auch BVerwG, B.v. 22.2.2018 – 9 B 26.17 – juris Rn. 18). Soweit das Verwaltungsgericht aus der genannten Rückstandsaufstellung Rückschlüsse in Bezug auf die Zuverlässigkeit der Klägerin gezogen hat, geht es um die Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht, nicht um die Handhabung der Amtsermittlungspflicht.
2.2.2.2 Die Eintragungen der Klägerin im Schuldnerverzeichnis waren durch eine entsprechende Abfrage der Beklagten (vor Bescheiderlass zuletzt am 19.5.2020, vgl. Behördenakte Bl. 99) ebenfalls aktenkundig; auch insoweit hat die Klägerin die ihr durch das Akteneinsichtsrecht nach § 100 VwGO zustehenden Möglichkeiten nicht genutzt. Zudem mussten der Klägerin, wie ausgeführt, die Eintragungsanordnungen und die zu Grunde liegenden Vorgänge auf Grund der einschlägigen vollstreckungsrechtlichen Vorschriften der ZPO bekannt sein (vgl. oben 1.1.2.3). Dass die Klägerin bezüglich dieser Eintragungen nicht auf eine weitere Aufklärung durch das Verwaltungsgericht oder die Beklagte angewiesen war, ergibt sich auch daraus, dass sie im Laufe des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die vorzeitige Löschung von drei Eintragungen herbeigeführt und in diesem Zusammenhang Nachweise über die vollständige Befriedigung der entsprechenden Gläubiger beigebracht hat (vgl. VG-Akte Bl. 29 ff.). Die Würdigung der bei Bescheiderlass bestehenden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis und die hieraus zu ziehenden Schlussfolgerungen für die Zuverlässigkeit der Klägerin betreffen wiederum die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht.
2.3 Die Klägerin hat schließlich auch nichts Substantiiertes dazu vorgebracht, welche tatsächlichen Feststellungen in Folge einer weiteren Sachaufklärung getroffen worden wären (vgl. etwa BVerwG, B.v. 8.11.2021 – 8 B 16.21 – juris Rn. 3 m.w.N.). Der bloße Hinweis darauf, dass sich „der zu beurteilende Sachverhalt für das Gericht anders dargestellt“ hätte, reicht nicht aus.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO. Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.


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