Strafrecht

Beschwerde, Anordnung, Beschwerdeverfahren, Wertfestsetzung, Gegenstandswert, Abschlag, Staatskasse, Wert, RVG, Auslagen, Vollzug, Wertberechnung, Interesse, Arrestbeschluss, wirtschaftliche Situation, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Vertreter der Staatskasse

Aktenzeichen  Ws 1149/21

Datum:
21.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47336
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 33 Abs. 1, § 23 Abs. 1 und 2
StGB § 111e, § 111f

 

Leitsatz

1. Bei einem Vermögensarrest gemäß §§ 111e, 111f StPO ist maßgebend für die Wertfestsetzung das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RVG). Beträge, deren Durchsetzbarkeit nicht ernstlich in Betracht kommt und die deshalb eher fiktiven Charakter haben, bleiben unberücksichtigt.
2. Bestanden keine weiteren Vermögenswerte, auf die zum Vollzug des Vermögensarrests hätte zugegriffen werden können, ist Grundlage der Wertberechnung der tatsächlich sichergestellte Betrag.
3. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Anordnung des Vermögensarrests ist davon ein Abschlag von zwei Dritteln vorzunehmen.

Tenor

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Nebenbeteiligtenvertreters wird für das Beschwerdeverfahren auf 157.054,60 € festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Beschluss vom 19.04.2018, abgeändert durch den Beschluss vom 16.07.2018 (59 Gs 6396/18), hat das Amtsgericht Nürnberg den Vermögensarrest in Höhe von 3.231.444,00 € in das Vermögen der Nebenbeteiligten angeordnet. Aufgrund dessen wurden Vermögenswerte im Wert von 471.163,80 EUR gesichert.
Mit Beschluss vom 25.05.2021 hat das Landgericht Nürnberg-Fürth den Antrag der Nebenbeteiligten, den Arrestbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 16.07.2018 aufzuheben, abgelehnt. Auf die Beschwerde der Nebenbeteiligten hat der Senat mit Beschluss vom 31.08.2021 (Ws 718/21) den Beschluss des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.05.2021 sowie den Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 16.07.2018 aufgehoben und der Staatskasse die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der Nebenbeteiligten dadurch entstandenen Auslagen auferlegt.
Da der Bevollmächtigte der Nebenbeteiligten unter anderem die Festsetzung der gegenstandsabhängigen Verfahrensgebühr gemäß Nr. 4142 VV RVG geltend macht, beantragt der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth die Festsetzung des Gegenstandswerts gemäß § 33 Abs. 1 RVG.
Der Bevollmächtigte der Nebenbeteiligung ist der Auffassung, der Wert sei in Höhe des angeordneten Vermögensarrests in Höhe von 3.231.444,00 € festzusetzen.
II.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Nebenbeteiligtenvertreters ist für das Beschwerdeverfahren auf 157.054,60 € festzusetzen.
1. Durch das Beschwerdegericht findet die Wertfestsetzung nur für das Beschwerdeverfahren statt (Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 25. Auflage, § 33 Rn 8).
2. Der Bezirksrevisor als Vertreter der Staatskasse, die die Auslagen der Nebenbeteiligten im Beschwerdeverfahren zu tragen hat, ist antragsberechtigt (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O. Rn 10).
3. Bei einem Vermögensarrest gemäß §§ 111e, 111f StPO ist maßgebend für die Wertfestsetzung das wirtschaftliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr der Arrestforderung, wobei die konkrete wirtschaftliche Situation in den Blick zu nehmen ist (§ 23 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RVG). Beträge, deren Durchsetzbarkeit nicht ernstlich in Betracht kommt und die deshalb eher fiktiven Charakter haben, bleiben unberücksichtigt. Nur soweit der zu sichernde Anspruch werthaltig ist und eine Befriedigung des Arrestgläubigers erwarten lässt, ist er im Rahmen der Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG der Bemessung des Gegenstandswerts zu Grunde zu legen. Damit geht das für die Wertberechnung gem. § 2 I RVG maßgebliche Interesse des Betroffenen an der Abwehr des Arrests nicht weiter, als Vermögenswerte vorhanden sind, auf die im Wege der Arrestvollziehung zugegriffen werden kann. Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, zu dem der Verteidiger tätig wird. Dabei können die in Vollziehung des Arrests erfolgten Pfändungen Anhaltspunkte dafür liefern, inwieweit eine durchsetzbare Verfallsanordnung in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 8.11.2018 – III ZR 191/17 m.w.N., Burhoff, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Auflage, Nr. 4142 VV Rn 42).
4. Danach ist der Gegenstandswert auf 157.054,60 € festzusetzen.
a. Auszugehen ist vom Wert der bei der Nebenbeteiligten in Vollziehung des angeordneten Vermögensarrest sichergestellten 471.163,80 EUR. Auch wenn der Senat mit seinem Beschluss vom 31.08.2021 den in Höhe von 3.231.444,00 € angeordneten Vermögensarrest vollständig aufgehoben hat, ist der Wert nur in Höhe des tatsächlich vollzogenen Betrags anzusetzen. Dass weitere Vermögenswerte der Nebenbeteiligten bestanden, auf die zum Vollzug des Vermögensarrests hätte zugegriffen werden können, ist nicht ersichtlich.
b. Im Hinblick auf den vorläufigen Charakter der Anordnung des Vermögensarrests ist ein Abschlag von zwei Dritteln vorzunehmen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 17.1.2008, 3 Ws 560/07; OLG München, Beschluss vom 16.08.2010, 4 Ws 114/10; BGH a.a.O.; Burhoff a.a.O.; Gerold/Schmidt a.a.O., VV 4142 Rn 20), so dass sich ein Gegenstandswert von 157.054,60 € ergibt.
5. Das Verfahren über den Antrag auf Wertfestsetzung ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 33 Abs. 9 RVG).


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