Strafrecht

Einstweiliger Rechtsschutz – Fahrerlaubnisentzug nach Drogenkonsum

Aktenzeichen  B 1 S 18.552

Datum:
27.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 19981
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5 S. 1
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46 Abs. 1 S. 1
Anlage 4 zur FeV Nr. 9.1, Nr. 9.4

 

Leitsatz

1. Den (formalen) Anforderungen des § 80 Abs. 3 S. 1 VwGO genügt die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Fahrerlaubnisentziehung, wenn die für den Fall typische Interessenlage aufgezeigt wird; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (stRspr, zB BayVGH BeckRS 2010, 55410 Rn. 29; VGH BW BeckRS 2012, 47143). (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV liegt bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes – mit Ausnahme von Cannabis – keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vor; dabei schließt bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen die Fahreignung aus (stRspr, vgl. zB BayVGH BeckRS 2016, 50803 Rn. 11 mwN), die erst wieder als gegeben angesehen werden kann, wenn der Nachweis geführt wird, dass kein Konsum mehr besteht (vgl. BayVGH BeckRS 2016, 52287 Rn. 11) und ein stabiler Einstellungswandel eingetreten ist. (Rn. 29 und 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Verschreibungsfähige und dem Konsumenten auch tatsächlich von einer hierzu befugten Person verschriebene psychoaktiv wirkende Arzneimittel, die Stoffe im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes enthalten, unterliegen nicht Nr. 9.1, sondern der spezielleren Regelung der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur FeV; danach schließt nicht bereits die (einmalige) Einnahme die Fahreigung aus, sondern erst eine nicht bestimmungsgemäße, missbräuchliche Einnahme, d.h. ein „regelmäßig übermäßiger Gebrauch“ (vgl. hierzu BayVGH BeckRS 2011, 55308 Rn. 22 f.). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
4. Wenn der Verlust der Kraftfahreignung aufgrund des Konsums harter Drogen sicher feststeht, ist für die – im Entziehungsverfahren inzident zu prüfende – Frage der Wiedergewinnung der Fahreignung zu berücksichtigen, dass ein Fahrerlaubnisbewerber die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nachzuweisen hat, wobei sich die Nichtfeststellbarkeit zu seinen Lasten auswirkt. (Rn. 38 und 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am …1992 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A1 (jeweils mit Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04), AM, B und L.
Dem Antragsteller wurde am 05.11.2009 durch das Landratsamt … die Fahrerlaubnis erteilt. Am 22.06.2012 forderte das Landratsamt … den Antragsteller zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens zur Abklärung seiner Fahreignung aufgrund der möglichen Erkrankung an Epilepsie auf. Nachdem er dieses nicht fristgerecht vorgelegt hatte und das Landratsamt … ihm mitgeteilt hatte, dass ihm deswegen die Fahrerlaubnis zu entziehen sei, verzichtete er am 28.08.2012 auf seine Fahrerlaubnis der Klassen B, L, M und S.
Am 05.11.2012 legte der Antragsteller ein fachärztliches Gutachten über die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vor (Bl. 142 ff. der Behördenakte). Am 22.03.2013 stellte er beim Landratsamt … einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis der Klassen B, AM und L. Nach Anforderung eines ärztlichen Attestes bezüglich des epileptischen Syndroms wurde dem Antragsteller am 17.05.2013 seine Fahrerlaubnis wieder erteilt.
Die Staatsanwaltschaft Bayreuth teilte dem Landratsamt … mit Schreiben vom 10.12.2014 mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen eines Vergehens nach § 29 BtMG nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei. Daraufhin forderte das Landratsamt … unter dem 20.01.2015 die Strafakte (Az. 127 Js 12366/14) an. Im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung vom 02.05.2016 gab der Antragsteller an, Betäubungsmittelkonsument gewesen zu sein. Das Ganze habe vor ca. fünf Jahren begonnen. Es sei mit Cannabis losgegangen und auch zum kurzzeitigen Konsum (ca. zwei Wochen) von Crystal Meth gekommen. Härtere Drogen habe er, abgesehen von diesem zweiwöchigen Ausflug zu Crystal, niemals konsumiert. Anlässlich dessen forderte das Landratsamt … den Antragsteller am 11.11.2016 zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Abklärung seiner Fahreignung bis spätestens 11.12.2017 auf.
Mit Urteil des Amtsgerichts Bayreuth vom 22.11.2016, rechtskräftig seit diesem Tag, wurde der Antragsteller wegen drei Fällen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtgeldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 15,00 EUR verurteilt (Bl. 255 ff. der Behördenakte).
Am 29.01.2018 ging das Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung (Begutachtungstermin: 21.11.2017) beim Landratsamt … ein. Im Rahmen des ärztlichen Untersuchungsgesprächs habe der Antragsteller angegeben, er stehe nicht mehr in regelmäßiger oder ständiger ärztlicher Behandlung wegen einer von 2010 bis Januar 2017 bestehenden Epilepsie und nehme seit Januar 2017 nur noch eine Tablette Ergenyl chrono (Valproat/Valproinsäure) ein. Zum Drogen- und Alkoholkonsum habe er angegebenen, Alkohol trinke er nur einmal pro Woche am Wochenende, zwei Flaschen Bier à 0,5 Liter. Nur einmal im Monat trinke er einen Jägermeister dazu. Als Droge habe er Cannabis ab Ende 2010 über zwei bis drei Wochen konsumiert, alle zwei bis drei Tage einen Joint. Er sei dann bis Ende 2015 abstinent gewesen. Dann habe er über zwei Wochen jeden dritten Tag einen Joint geraucht, danach habe er nie mehr Cannabis zu sich genommen. Ab Ende 2015 habe er auch eineinhalb Wochen lang insgesamt ein Gramm MDMA zu sich genommen, danach aber nie mehr. Er habe Abstinenznachweise durch zwei Haarproben erbracht. Die zweite Probe sei am 13.11.2017 erfolgt.
Als toxikologischer Befund wird angegeben, die Analyse der Urinprobe des Antragstellers auf Benzodiazepine sei positiv ausgefallen. Der positive Befund sei mit einer zweiten unabhängigen Labormethode untersucht worden (Bestätigungsverfahren LC/MS mit Nachweis von 100 ng/l Lorazepam) und damit forensisch abgesichert.
Im Rahmen des psychologischen Untersuchungsgesprächs habe der Antragsteller zu den konsumierten Substanzen erklärt, er habe Cannabis und MDMA eingenommen. Mit 18 Jahren habe er Cannabis probiert. Andere Drogen habe er nicht probiert. Zum Konsumverhalten habe er erklärt, er habe mit 18 Jahren im Jahr 2010 einen Joint geraucht, das sei das falsche Umfeld gewesen. Von 2010 bis 2015 habe er nichts konsumiert. Auf Nachfrage zu dem Fund von Crystal im Jahr 2011 habe er angegeben, das sei das falsche Umfeld gewesen. Er habe kein Geld gehabt und sich überreden lassen, etwas zu schmuggeln. Im Jahr 2012 sei Epilepsie festgestellt worden. Er habe einen Anfall gehabt, weil er vor einer Verhandlung Stress gehabt habe. Dann habe er alle zwei Monate Krampfanfälle gehabt. Das Landratsamt habe das mitgekriegt und er habe einige Tabletten eingenommen und Nachweise gebraucht, dass er Auto fahren dürfe. Er habe den Führerschein in dieser Zeit behalten. Nach einer Unfallflucht 2013 habe er eine Sperrzeit von sechs Monaten erhalten. Der Antragsteller nehme seit 2012, durchgehend bis heute, morgens und abends Medikamente ein (antiepileptisch). Auf Nachfrage zum Drogenrückfall habe der Antragsteller erklärt, die Freundin habe sich getrennt und dann sei er in ein Tief gerutscht. Er sei in … fortgegangen in Kneipen und habe Bier und Jägermeister getrunken, drei Halbe und einen Schnaps. Sie hätten sich mit den Leuten von früher zum Quatschen getroffen. Man sei ins Gespräch gekommen und dann sei das von vorne losgegangen. Er habe dann Cannabis und Amphetamin eingenommen, er sei überredet worden. Er habe dann am Tag eine Line MDMA gezogen und einen Joint geraucht. Der Antragsteller habe dann eine Woche lang täglich Crystal geschnupft, danach wieder täglich einen Joint geraucht. Weitere Rückfälle habe es nicht gegeben, er habe auch nicht gelegentlich konsumiert. Auf die Frage hin, wie er in Zukunft mit Drogen umgehen wolle, habe er angegeben, er wolle auch nicht gelegentlich etwas nehmen, er habe sich viel aufgebaut. Danach gefragt, wie er seit 2015 mit Alkohol umgehe, habe er angegeben, mit Alkohol noch nie ein Problem gehabt zu haben. Er trinke zum Fußballschauen einmal die Woche ein Bier. In der Disco einmal im Monat drei, vier Bier und zwei, drei Schnäpse. Das sei seit 2016 so. Nach den Maximaltrinkmengen gefragt, habe er erklärt, er habe im September 2017 an seinem Geburtstag sechs Bier und einen Cocktail sowie drei Schnäpse getrunken; mehr vertrage er auch nicht. Silvester habe er zwei, drei Gläser Sekt getrunken – das schmecke ihm nicht so. Er verzichte seit Januar 2016 auf Drogen. Auf die Frage hin, wie er weitere Rückfälle vermeiden wolle, habe er geantwortet, dass er damals wegen einer Trennung rückfällig geworden und dann wieder in ein falsches Umfeld gekommen sei. Jetzt stehe die Familie wieder hinter ihm. Seine Onkel würden die Probleme mit ihm lösen, er habe eine Alternative finden müssen. Zum Schulungsergebnis gefragt, habe der Antragsteller angegeben, er habe den Kurs vor ungefähr vier Wochen beendet. Durch eine Trennung könnten Rückfallgefahren entstehen oder durch einen Umzug oder Trauer. Da könne man wieder in ein falsches Umfeld geraten. Aber er habe die Freundin und die Familie, das komme dann nicht vor. Er werde nicht umziehen, sondern zum Opa ins Haus ziehen, das bekomme er später. Die jetzigen Kollegen hätten ein anderes Niveau. Er habe früher keine Disziplin gehabt. Vielleicht könne er mal Bowling spielen.
Zur Bewertung der Befunde wird im medizinisch-psychologischen Gutachten ausgeführt, die medizinische Untersuchung lasse keine Beeinträchtigungen erkennen, die für sich alleine genommen schon die Fahreignung ausschließen würden. Die bekannte idiopathische Epilepsie sei im Dezember 2017 neurologisch kontrolliert worden. Das Ergebnis fließe nicht in das Gutachten ein, da es nicht Inhalt der Fragestellung sei. Die vom Antragsteller beigebrachten Abstinenzbelege entsprächen den in den Beurteilungskriterien formulierten Anforderungen (sog. CTU-Kriterien), sodass die Abstinenz für den dokumentierten Zeitraum (15.11.2016 bis 13.11.2017) als hinreichend belegt angesehen werden könne. Bei der ärztlichen Untersuchung hätten sich jedoch Hinweise auf derzeitigen Drogenkonsum gefunden. Die bei der ärztlichen Untersuchung erhobenen Befunde seien als Folge eines Drogenkonsums in der jüngeren Vergangenheit zu interpretieren. Die polytoxikologische Untersuchung des Urins habe einen Nachweis von Lorazepam aus der Gruppe der Benzodiazepine erbracht. Das wie angegeben noch eingenommene antiepileptische Präparat Ergenyl chrono enthalte keine Benzodiazepine. Um die Frage nach einem zukünftigen, die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Drogenkonsum beantworten zu können, sei es zunächst erforderlich gewesen, den Grad der Drogengefährdung zu erfassen. Der Antragsteller habe zwar seine zurückliegende Drogeneinnahme heruntergespielt, dennoch habe polyvalenter Konsum von mindestens THC und Methamphetamin nachvollzogen werden können. Der Drogenkonsum sei mit Alkohol kombiniert worden. Er sei trotz negativer Auswirkungen fortgesetzt worden. Bereits das früher geschilderte Konsummuster lasse auf fortgeschrittenen Drogenmissbrauch schließen. Die fortgeschrittene Substanzmissbrauchsproblematik werde bestätigt durch den aktuellen Nachweis von Benzodiazepinen. Der Antragsteller nehme nach wie vor Drogen/psychoaktiv wirkende Arzneimittel bis in die jüngere Vergangenheit hinein. Ein zuverlässiger Substanzverzicht bestehe ebenso wenig wie Trinkkontrolle. Die Angaben des Antragstellers widersprächen den aktuell erhobenen Befunden.
Die Fragestellung wurde dahingehend beantwortet, dass beim Antragsteller insbesondere keine stabile Abstinenz vorliege und deshalb zu erwarten sei, dass er weiterhin Betäubungsmittel einnehme oder andere psychoaktiv wirkende Arzneimittel missbräuchlich konsumiere.
Mit Schreiben vom 28.01.2018 (Bl. 279 der Behördenakte) nahm der Antragsteller zum Gutachten Stellung. Wie auf Seite 15 des Gutachtens zu sehen sei, sei offiziell bestätigt, dass sein Abstinenznachweis vom 15.11.2016 bis 13.11.2017 als hinreichend belegt angesehen werden könne. Ferner sei es falsch, den erbrachten Nachweis von Lorazepam im Urin als missbräuchlichen Drogenkonsum zu interpretieren. Lorazepam sei der Wirkstoff des Präparates Tavor, welches als „Notfallmedikament“ bei Epilepsie Anwendung finde und welches der Antragsteller am Tag der MPU wegen starker Nervosität und Angst vor einem eventuellen Anfall eingenommen habe. Er habe alle in den Begutachtungsleitlinien geforderten Normwerte erreicht. In keinster Weise habe er seinen Drogenkonsum heruntergespielt, doch Tatsache sei, dass er seit 2015 keine Drogen mehr konsumiere. Es werde jetzt noch auf seine mangelnde „Trinkkontrolle“ angespielt. Er sei im psychologischen Gespräch lediglich gefragt worden, was er an seinem Geburtstag 2017 an alkoholischen Getränken getrunken habe. Die Restbedenken der Psychologin auf eine nicht bestehen bleibende Abstinenz begründeten sich eher auf bestehende Antipathie seiner Person gegenüber, die sich schon in den ersten Minuten des Gesprächs herauskristallisiert habe. Es sei eine Dreistigkeit, ihm unzureichende Verhaltensveränderungen nach einem einstündigen Gespräch zu dokumentieren, obwohl er einige relevante Veränderungen in seinem Privatleben geäußert habe. Um den Erwartungen zu widersprechen, dass er weiterhin Betäubungsmittel bzw. psychoaktiv wirkende Arzneimittel missbräuchlich konsumiere, sei er gerne bereit, ein weiteres Jahr Abstinenznachweise vorzulegen.
In den Akten des Landratsamtes … befindet sich ein Arztbrief des … Klinikum … vom 01.02.2018. Hinsichtlich der Feststellung von Lorazepam in seinem Urin habe der Antragsteller glaubhaft versichert, dass er sonst kein Tavor einnehme. Dieses Medikament sei ihm aus dem Epilepsiezentrum in Kork als Notfallmedikament mitgegeben worden. Zusammengefasst könne gesagt werden, dass Tavor ein Tranquilizer aus der Gruppe der Benzodiazepine mit dem Wirkstoff Lorazepam sei. Es diene zur Therapie von Angst- und Erregungszuständen und auch als Notfallmedikament im status epilepticus bei einer bekannten Epilepsie. Der Antragsteller sei nach dem Erachten des Unterzeichners im Umgang mit der Tavor-Medikation hinreichend vertraut. Hinweise für einen Medikamentenmissbrauch oder eine Medikamentenabhängigkeit lägen aktuell nicht vor.
Unter dem 13.02.2018 teilte die … S. L. Service GmbH dem Antragsteller mit, man habe sein Schreiben vom 02.02.2018 und die Stellungnahme des … Klinikum … vom 01.02.2018 zum Anlass genommen, das Gutachten sowie die Untersuchungsunterlagen und Befunde vom 21.11.2017 erneut zu überprüfen. Der Antragsteller habe am Tag der Begutachtung die Einnahme von Tavor weder bei der ärztlichen Untersuchung noch im Fragebogen angegeben. Eine nachträglich angegebene Medikamenteneinnahme könne nach Abschluss des Gutachtens nicht mehr berücksichtigt werden. Auch die Stellungnahme des … Klinikum … sei in Anbetracht der Vorgeschichte nicht geeignet, eine missbräuchliche Einnahme von Medikamenten mit hinreichender Sicherheit auszuschließen. Eine Änderung des Gutachtens sei daher unter Berücksichtigung aller Befunde nicht möglich.
Mit Bescheid vom 07.05.2018 wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, AM, B und L entzogen (Ziff. 1). Der ausgehändigte Führerschein sei innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung des Bescheides beim Landratsamt …abzugeben (Ziff. 2). Dieser Bescheid werde in den Ziff. 1 und 2 für sofort vollziehbar erklärt (Ziff. 3). Falls die in Ziff. 2 genannte Verpflichtung nicht fristgerecht erfüllt werde, werde ein Zwangsgeld i.H.v. 750,00 EUR zur Zahlung fällig (Ziff. 4).
Zur Begründung wird ausgeführt, dem Antragsteller sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, da er als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Gemäß § 46 Abs. 1 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei derjenige, der Betäubungsmittel oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe und Arzneimittel konsumiere, nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden und sei somit als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (§ 11 Abs. 7 FeV). Bei Methamphetamin (Crystal) handele es sich um Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Seien die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen, so könnten sie nur dann wieder als gegeben angesehen werden, wenn im Rahmen eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens unter anderem der Nachweis geführt werde, dass kein Konsum mehr bestehe. Nach der Entgiftungs- und Entwöhnungszeit sei in der Regel eine einjährige Abstinenz durch ärztliche Untersuchungen nachzuweisen. Unter Würdigung der Gesamtsituation hätten sich Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers ergeben. Das am 29.01.2018 vorgelegte Gutachten über die medizinisch-psychologische Untersuchung vom 21.11.2017 habe die Eignungszweifel des Landratsamtes … jedoch nicht entkräften können. Der Gutachter sei zu dem Ergebnis gekommen, dass der Antragsteller zwar in der Lage sei, trotz der Hinweise auf eine (frühere) Drogenabhängigkeit ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 sicher zu führen (bezogen auf seine psychofunktionale Leistungsfähigkeit), jedoch keine stabile Abstinenz vorliege und deshalb zu erwarten sei, dass der Betroffene weiterhin Betäubungsmittel einnehme oder psychoaktiv wirkende Arzneimittel missbräuchlich konsumiere. Bei der ärztlichen Untersuchung hätten sich Hinweise auf derzeitigen Drogenkonsum gefunden. Außerdem würde der Antragsteller laut Gutachter seine Drogeneinnahme herunterspielen. Es werde auch der Drogenkonsum mit Alkoholkonsum kombiniert. Da das vorgelegte Gutachten die Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen bestätige und dessen Fahreignung verneine, sei das Landratsamt berechtigt und verpflichtet, dem Betroffenen die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Auf die weitere Begründung des Bescheides, insbesondere zu den begleitenden Verfügungen sowie zur Anordnung der sofortigen Vollziehung, wird Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30.05.2018 – bei Gericht eingegangen am selben Tag – Klage erheben, die unter dem Aktenzeichen B 1 K 18.553 geführt wird. Zugleich wurde um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 07.05.2018, dortig zu Ziffern 1 und 2, wird wiederhergestellt,
hilfsweise die sofortigen Vollziehungen aufgehoben.
Nach dem Gutachten des … Süd vom 24.01.2018 bestehe im Ergebnis keine Eignung. Es sei zwar zunächst festgestellt worden, dass die vom Antragsteller beigebrachten Abstinenzbelege den in den Beurteilungskriterien formulierten Anforderungen entsprochen hätten, sodass die Abstinenz für den bezogenen Zeitraum (15.11.2016 bis 13.11.2017) als hinreichend belegt hätte angesehen werden können. Im Gutachten sei dann jedoch auf den Befund einer ärztlichen Untersuchung verwiesen worden, worin sich angeblich ein Hinweis auf einen derzeitigen Drogenkonsum des Antragstellers ergeben hätte, nachdem die polytoxikologische Untersuchung des Urins einen Nachweis von Lorazepam ergeben habe. Der Antragsteller habe mit Schreiben vom 28.01.2018 dann klargestellt, dass es falsch sei, den erbrachten Nachweis von Lorazepam im Urin als missbräuchlichen Drogenkonsum zu interpretieren, weil er an diesem Tag der MPU wegen starker Nervosität und Angst vor einem eventuellen Anfall das medizinische Präparat Tavor eingenommen habe. Der Facharzt für Neurologie Dr. med. K. habe im Schreiben vom 01.02.2018 berichtet, dass das Medikament Tavor zur Therapie von Angst- und Erregungszuständen und auch als Notfallmedikament im status epilepticus bei einer bekannten Epilepsie zu dienen habe und im Fall des Antragstellers die Epilepsie Priorität habe. Schließlich sei festgestellt, dass Hinweise für einen Medikamentenmissbrauch oder eine Medikamentenabhängigkeit aktuell nicht vorlägen.
Die stellungnehmenden Äußerungen des … Süd in seinem Schreiben vom 13.02.2018 seien von einer grundsätzlichen Misstrauenskultur getragen gewesen. Diesen habe sich der Antragsgegner unreflektiert angeschlossen. Dort sei dem Antragsteller zum Vorwurf gemacht worden, dass er am Tag der Begutachtung die Einnahme von Tavor weder bei der ärztlichen Untersuchung noch im Fragebogen angegeben habe und eine nachträglich angegebene Medikamenteneinnahme nach Abschluss des Gutachtens nicht mehr berücksichtigt werden könne. Sämtliche geforderten Abstinenznachweise seien geführt worden. Die Epilepsie des Antragstellers sei bekannt gewesen, die Regelmedikation auch. Es sei nachvollziehbar, dass der Antragsteller in der für ihn so wichtigen und bedeutsamen MPU Prüfung epileptisch anfallsfrei habe „durchgehen“ wollen und sich deswegen nach medizinischer Medikation, welche abgesichert gewesen sei, des Mittels Tavor bedient habe, ohne natürlich überlegt zu haben, welche medizinischen Wirkstoffe das Medikament enthalte. Bei der vorliegenden Sachlage könne es nicht allein entscheidend darauf ankommen, ob der Antragsteller im Augenblick der Ausfüllung des Fragebogens daran gedacht habe, dass er zur Beruhigung Tavor genommen habe, weil er dies im Zusammenhang mit der Epilepsie gesehen habe, die den Behörden seit langen Jahren ohnehin bekannt gewesen sei und die für sich genommen wegen der medikamentösen Einstellung fahreignungstechnisch im Griff gewesen sei. Beim Antragsteller liege weder Drogenkonsum noch Medikamentenmissbrauch vor. Das epileptische Syndrom sei eingestellt, sodass sich Fahreignungszweifel hieraus nicht ergäben. Er sei unter medizinischen Gesichtspunkten geeignet zum sicheren Führen von Kraftfahrzeugen der maßgebenden Fahrerlaubnisklassen.
Der Antragsgegner habe das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung auch nicht in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechenden Weise dargelegt. Die Begründung sei vielmehr formel- und floskelhaft erfolgt. Selbst wenn der Verwaltungsakt nach lediglich summarischer Prüfung rechtmäßig erscheinen sollte, sei damit noch nicht automatisch ein überwiegendes öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung dargetan. Bei der bestehenden Sachlage würden für den Antragsteller vorzeitig vor Abschluss des Hauptverfahrens irreversible Zustände dadurch entstehen, wenn die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis und Abgabe des Führerscheins vor Entscheidung in der Hauptsache durchgreifen würde. Das aktenkundige Material belege nicht mit hinreichender und ausreichender Deutlichkeit, dass der Antragsteller im und für den Straßenverkehr eine Gefährdung darstelle.
Mit Schriftsatz vom 19.06.2018 legte das Landratsamt … die Akten vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde auf die Klageerwiderung im zugehörigen Klageverfahren (Az.: B 1 K 18.553), auf die Mitteilung der Kriminalpolizeiinspektion Bayreuth vom 27.10.2016, die Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens vom 11.11.2016, das medizinisch-psychologische Gutachten 21.11.2017, den Behandlungsbericht des Klinikums … vom 01.02.2018, das Schreiben der … S. L. Service GmbH … vom 13.02.2018 sowie den Entziehungsbescheid vom 07.05.2018 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten – auch im Verfahren B 1 K 18.552 – ergänzend Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
1. Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Ziff. 1 und 2 des Bescheids des Landratsamts … vom 07.05.2018 bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen, bei der entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen ist. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers nach summarischer Überprüfung voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt insoweit schwerer als das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
In der Sache selbst folgt das Gericht zunächst der Begründung des angegriffenen Bescheids und sieht insoweit von einer gesonderten Darstellung der Gründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend hierzu ist zum Antragsvorbringen sowie zur Sache auszuführen was folgt:
a) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den (formalen) Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (so z.B. BayVGH, B.v. 10.10.2011 – 11 CS 11.1963; B.v. 24.08.2010 – 11 CS 10.1139; B.v. 25.05.2010 – 11 CS 10.227; VGH BW, B.v. 24.01.2012 – 10 S 3175/11 – juris). Dem werden die Ausführungen in der Begründung des Bescheides gerecht. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigenständige Interessenabwägung vorzunehmen, bei der – aus den nachfolgenden Gründen – das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs schwerer zu gewichten ist als das private Interesse des Antragstellers, vorerst weiter am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen.
b) Die in Ziff. 1 des angegriffenen Bescheids verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis des Antragstellers erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist.
aa) Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV liegt bei der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) – mit Ausnahme von Cannabis – keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen vor. Bereits der einmalige Konsum sogenannter harter Drogen schließt die Fahreignung aus (stRspr., vgl. z.B. BayVGH, B.v. 03.08.2016 – 11 ZB 16.966 – juris Rn. 11; B.v. 19.01.2016 – 11 CS 15.2403 – juris Rn. 11; B.v. 23.02.2016 – 11 CS 16.38 – juris Rn. 8; OVG NW, B.v. 23.07.2015 – 16 B 656/15 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.).
Nach den Angaben des Antragstellers zu seinem früheren Konsumverhalten (u.a. im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung) steht es außer Frage, dass er aufgrund des Konsums harter Drogen seine Fahreignung verloren hat (vgl. z.B. S. 7 und 15/16 des medizinisch-psychologischen Gutachtens).
bb) Die Fahrerlaubnisbehörde hat im Entziehungsverfahren zwar zu berücksichtigen, ob die Fahreignung wiederhergestellt ist (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 26.09.2016 – 11 CS 16.1649 – juris Rn. 11). Der Antragsteller kann sich jedoch nicht mit Erfolg darauf berufen, seine Fahreignung zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung wiedererlangt zu haben. Nach Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 14.08.2017 (Begutachtungsleitlinien) können die Voraussetzungen zum Führen von Kraftfahrzeugen bei Drogenkonsum erst wieder als gegeben angesehen werden, wenn der Nachweis geführt wird, dass kein Konsum mehr besteht (vgl. BayVGH, B.v. 13.09.2016 – 11 ZB 16.1565 – juris Rn. 11). In diesem Zusammenhang findet § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV auch im Eignungsüberprüfungsverfahren nach § 46 Abs. 3 FeV – und nicht nur im Wiedererteilungsverfahren – Anwendung, wonach die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen hat, wenn ein in der Vergangenheit liegender erwiesener Konsum von Betäubungsmitteln (bislang) nicht zur Entziehung der Fahrerlaubnis geführt hat (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 14 FeV Rn. 24 m.w.N.). Hierbei ist außer den ärztlichen Fragen für eine positive Begutachtung entscheidend, ob ein stabiler Einstellungswandel eingetreten ist (Dauer a.a.O., Rn. 21 m.w.N.).
Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Landratsamt vorliegend angenommen, dass der Antragsteller seine ehedem verlorene Fahreigung nicht wiedergewonnen hat und ihm demzufolge rechtlich tragfähig die Fahrerlaubnis entzogen. Zwar mag (eventuell) nicht davon auszugehen sein, dass eine (ordnungsgemäß nachgewiesene) Abstinenz nicht vorliegt (nachfolgend (1)). Jedoch spricht nach dem medizinisch-psychologischen Gutachten vieles dafür, dass beim Antragsteller noch kein stabiler Einstellungswandel gegeben ist (nachfolgend (2)). Zumindest aber verbleiben im vorliegenden Fall Restzweifel an seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die der Annahme entgegenstehen, er habe seine Fahreignung im Zeitpunkt des Bescheidserlasses bereits wiedergewonnen (nachfolgend (3)).
(1) Soweit im medizinisch-psychologischen Gutachten davon ausgegangen wird, dass die im Rahmen der ärztlichen Untersuchung erhobenen Befunde als Folge eines Drogenkonsums in der jüngeren Vergangenheit zu interpretieren seien (S. 15 des Gutachtens), kann eine nicht vorliegende Abstinenz jedenfalls nicht ohne Weiteres hiermit begründet werden. Zwar hat der Antragsteller am Untersuchungstag nicht angegeben, zuvor Lorazepam eingenommen zu haben. Als problematisch erweist es sich jedoch, dass psychoaktiv wirkende Arzneimittel, die Stoffe im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes enthalten, nicht nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV zu beurteilen sind, sondern der spezielleren Regelung der dortigen Nr. 9.4 unterliegen. Demnach schließt nicht bereits die (einmalige) Einnahme die Fahreigung aus, sondern erst eine missbräuchliche Einnahme, d.h. ein „regelmäßig übermäßiger Gebrauch“ (bei einer Dauerbehandlung würde Nr. 9.6 der Anlage 4 zur FeV Anwendung finden). Entscheidend ist insoweit jedoch, ob es sich um ein verschreibungsfähiges und dem Konsumenten auch tatsächlich von einer hierzu befugten Person verschriebenes Medikament handelt (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 18.04.2011 – 11 C 10.3167 und 11 CS 10.3168 – juris Rn. 22 ff.). Denn zwar ist eine Person, die Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes einnimmt, nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Substanz aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt (Nr. 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien).
Dass es sich bei dem Medikament Tavor hier um ein Notfallmedikament des Antragstellers handelt, kann auch nicht von vornherein als Schutzbehauptung qualifiziert werden. Insoweit spricht gegen den Antragsteller jedoch, dass er den vorangegangenen Konsum nicht angegeben hat, obwohl er nach den eingenommenen Medikamenten gefragt worden ist. Dies gilt umso mehr angesichts des Umstandes, dass es sich bei der Einnahme von Tavor angeblich um eine Ausnahme gehandelt hat, sodass es sich erst Recht aufgedrängt hätte, diese mitzuteilen. Außerdem hat der Antragsteller weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren belegt, dass ihm dieses Medikament tatsächlich verschrieben worden ist. Ohne Aussagekraft ist diesbezüglich die Bescheinigung des … Klinikum … vom 01.02.2018, in der lediglich ausgeführt wird, das Medikament Tavor „sei ihm aus dem Epilepsiezentrum in Kork als Notfallmedikament mitgegeben worden“ und die damit allein die Aussage des Antragstellers wiedergibt. Eine bestimmungsgemäße Einnahme kann der Antragsteller hiermit nicht dartun. Dies gilt erst recht, soweit hier als Indikation auf den „status epilepticus“ verwiesen wird. Unter einem „status epilepticus“ versteht man Anfallsaktivität, die nicht wie üblich selbst-limitiert ist und nach einer in der Regel kurzen Zeit von einer bis drei Minuten wieder endet (vgl. https://www.uniklinik-freiburg.de/epilepsie/ueber-epilepsie/status-epilepticus.html; Abruf: 27.05.2018).
(2) Letztlich kann die Frage einer vorliegenden und ordnungsgemäß belegten Abstinenz jedoch offen bleiben. Ein stabiler Einstellungswandel, der zur Wiedergewinnung der Fahreignung notwendig wäre, kann unter Berücksichtigung des vorgelegten Gutachtens voraussichtlich nicht angenommen werden. Das medizinisch-psychologische Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung legt (unabhängig von der Einnahme von Lorazepam) schlüssig und nachvollziehbar dar, warum beim Antragsteller kein stabiler Einstellungswandel gegeben ist. Insoweit wird unter anderem das in der Vergangenheit stattgefundene Konsumverhalten gewürdigt (S. 15/16 des Gutachtens) und nachvollziehbar als fortgeschrittene Drogenproblematik qualifiziert. Berücksichtigt wird diesbezüglich auch, dass der Antragsteller seinen Betäubungsmittelkonsum in der Vergangenheit heruntergespielt hat. Sein nunmehriges Verhalten mag zwar (eventuell) nicht als Fortsetzung des früheren Konsummusters anzusehen sein. Der Umstand, dass er ein zuvor eingenommenes Medikament nicht angegeben hat, erweckt jedoch den Eindruck, dass er sein wahres Konsumverhalten verbergen möchte. Diese Verhaltensweise deutet zumindest darauf hin, dass nicht von einem stabilen Einstellungswandel gesprochen werden kann und in der Folge seine Fahreignung (noch) nicht wieder gegeben ist.
(3) Auch wenn man aber davon ausgeht, dass allein auf Grundlage des medizinisch-psychologischen Gutachtens der Schluss auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht gerechtfertigt ist, kann der vorliegende Antrag keinen Erfolg haben. Denn in der hier gegebenen Fallkonstellation ist zu berücksichtigen, dass der Verlust der Kraftfahreignung des Antragstellers aufgrund des Konsums harter Drogen sicher feststeht (Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV). Inmitten steht vielmehr die – inzident zu prüfende – Frage der Wiedergewinnung der Fahreignung.
Anerkanntermaßen hat ein Fahrerlaubnisbewerber die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nachzuweisen, wobei sich die Nichtfeststellbarkeit zu seinen Lasten auswirkt (Dauer a.a.O., § 2 StVG Rn. 41 m.w.N.). Selbst wenn sich das medizinisch-psychologische Gutachten nicht als tragfähig erweisen sollte, ist damit die Fahreigung des Antragstellers jedoch nicht nachgewiesen. Vielmehr bestehen die Eignungszweifel zum jetzigen Zeitpunkt, wie auch zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses, fort bzw. haben sich aktualisiert. Dies ergibt sich vor allem daraus, dass der Antragsteller Lorazepam eingenommen hat, ohne dass geklärt ist, ob und gegebenenfalls wann und für welche Fälle es ihm verschrieben worden ist. Diese Unsicherheit liegt auch vollumfänglich in der Sphäre des Antragstellers, da er den (behaupteten) Konsum des Medikaments Tavor bei seiner Begutachtung schlechterdings verschwiegen hat.
Das vom Antragsteller nunmehr selbst beschriebene Konsumverhalten löst (abermals) Zweifel an seiner Kraftfahreignung aus. Denn falls ihm Lorazepam nicht verschrieben worden ist, wäre von der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes auszugehen, die die Fahreignung ausschließt (Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV); es läge dann keine Abstinenz vor. Wenn ihm das Medikament aber verschrieben worden ist, wirft sein vorgetragenes Verhalten durchaus die Frage auf, ob sich seine Einnahme im Rahmen der Verschreibung bewegt oder ob hier vielleicht in „übertherapeutischem Umfang“ von der vorordneten Arznei Gebrauch gemacht wurde (vgl. hierzu BayVGH v. 18.04.2011 a.a.O., Rn. 24 m.w.N.). Dies liegt alles andere als fern, nachdem er sich selbst darauf beruft, dass ihm Tavor (lediglich) als „Notfallmedikament“ verschrieben (bzw. „mitgegeben“) worden sei und sich insoweit auf einen status epilepticus bezieht, von dem vorliegend aber nichts berichtet wurde. Auch stellt sich die Frage nach der tatsächlich erfolgten bzw. erfolgenden Einnahme von Lorazepam, zumal die Haaranalyse auf Benzodiazepine zwar negativ ausgefallen ist, sich die Untersuchungsergebnisse jedoch nur auf eine gewohnheitsmäßige Aufnahme beziehen und sich ein gelegentlicher Konsum nicht gänzlich ausschließen lässt (so ausdrücklich der zugehörige ärztliche Befundbericht, Bl. 282 der Behördenakte).
Dass diese Fragen erst jetzt virulent geworden sind, liegt auch nicht an der Fahrerlaubnisbehörde, sondern ist ausschließlich Folge der falschen Angaben des Antragstellers. Dementsprechend kann gegen ein überwiegendes öffentliches Vollziehungsinteresse auch nicht mit Erfolg der bisherige Zeitablauf ins Feld geführt werden. Im Gegenteil hatte der Antragsteller ausreichend Zeit, um durch die medizinisch-psychologische Untersuchung und entsprechende Abstinenznachweise die Wiedergewinnung seiner Fahreigung im Rahmen des Entziehungsverfahrens zu belegen. Diese Gelegenheit hat er nicht genutzt.
2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist somit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nrn. 1.5 und 46.3 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57). Da die Fahrerlaubnisklassen A und A1 mit den Schlüsselzahlen 79.03 und 79.04 versehen sind und sich daher auf dreirädrige Fahrzeuge beschränken, wirken sie sich nicht streitwerterhöhend aus.

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