Strafrecht

Einwendungen gegen Haftbefehl im Erzwingungshaftverfahren – Rechtsweg

Aktenzeichen  204 VAs 1890/19

Datum:
21.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 42613
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGGVG § 23, § 24 Abs. 2

 

Leitsatz

Der Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG ist statthaft für Einwendungen gegen den Erlass eines Haftbefehls zur Vollstreckung von Erzwingungshaft. Allerdings ist insoweit die Durchführung eines Vorschaltverfahrens (§ 24 Abs. 2 EGGVG, § 21 StVollstrO) erforderlich. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antragsteller hat nach Antragsrücknahme die Kosten des Verfahrens zu tragen.
2. Sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
3. Der Antrag des Betroffenen auf Aussetzung des Vollzugs des Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Deggendorf vom 5. August 2019 wird zurückgewiesen.
4. Der Geschäftswert wird auf 200,00 € festgesetzt.

Gründe

Die Staatsanwaltschaft Deggendorf hat am 5.8.2019 gegen den Antragsteller einen Haftbefehl zur Vollstreckung von Erzwingungshaft wegen einer noch offenen Geldbuße von 1,14 € erlassen.
Die Erzwingungshaft war mit Beschluss des Amtsgerichts Viechtach vom 26.2.2019 wegen Nichtzahlung einer Geldbuße von 25,00 angeordnet worden. Das Landgericht Deggendorf hat mit Beschluss vom 21.5.2019 die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen den Erzwingungshaftbeschluss zurückgewiesen und hierbei zwei zwischenzeitlich erfolgte Teilzahlungen (20,00 und 3,86 €; offener Restbetrag: 1,14 €) berücksichtigt.
Mit E-Mail vom 26.8.2019 (11:02 Uhr) legte der Betroffene zunächst Beschwerde gegen den Haftbefehl ein, welche er sodann mit weiterer Mail vom 26.8.2019 (16:09 Uhr) als Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach dem EGGVG konkretisierte. Mit Mail vom 27.8.2019 fragte der Antragsteller an, ob sein Antrag bereits über die Generalstaatsanwaltschaft an das Oberlandesgericht eitergeleitet worden sei.
Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragte mit Vorlageschreiben vom 5.9.2019
die Verwerfung des Antrags als unzulässig, weil dieser nicht ordnungsgemäß eingelegt und das erforderliche Vorschaltverfahren nicht durchgeführt worden sei.
Mit Schreiben vom 30.9.2019 führte der Antragsteller aus, die Berufung der Generalstaatsanwaltschaft auf das Vorschaltverfahren sei treuwidrig, da sie durch Aufhebung des Haftbefehls abhelfen hätte können. Sodann sei die’ Meinung der Generalstaatsanwaltschaft, die E-Mail sei nicht ausreichend für die zulässige Einlegung des Rechtsbehelfs, „nicht mehr zeitgemäß“. Für den Fall, dass ein Vorschaltverfahren erforderlich sei, solle der Antrag in eine Vorschaltbeschwer e umgedeutet werden.
Ferner beantragte der Antragsteller
Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Bayerisch Obersten Landesgericht und die Aussetzung der Vollstreckung des Haftbefehls.
Der Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG ist statthaft für Einwendungen gegen den Erlass des vorliegenden Haftbefehls (vgl. Seitz/Bauer in: Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 17. Aufl., § 97 Rn.) allerdings ist die Durchführung eines Vorschaltverfahrens (§ 24 Abs. 2 EGGVG, § 21 StVollstrO erforderlich. Auch wurde der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nicht formgerecht gestellt, die Einlegung durch E-Mail dem Schriftformerfordernis nicht genügt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 1 i.V.m. Einl. Rn. 128).
Im Antrag des Betroffenen, in diesem Fall seinen Antrag in eine Vorschaltbeschwerde umzudeuten und nunmehr zunächst das Vorschaltverfahren durchzuführen, liegt die Rücknahme seines unzulässigen Antrags auf gerichtliche Entscheidung. Im Anschluss daran hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Einstweiliger Rechtsschutz (entsprechend § 307 Abs. 2 StPO) kann auch schon vor Durchführung des Vorschaltverfahrens beantragt werden (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 8 EGGVG Rn. 13). Vorliegend sieht der Senat indes im Blick auf das Interesse des Betroffenen n der Aussetzung des Vollzugs einerseits und die nach derzeitiger Aktenlage nicht erkennbaren Erfolgsaussichten seiner Vorschaltbeschwerde und eines sich hieran anschließenden Antrags auf gerichtliche Entscheidung andererseits keinen Anlass, die Aussetzung des Vollzugs anzuordnen.
Die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren lieg nicht vor, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 29 Abs. 4 EGGVG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1, § 25 Abs. 1 GNotKG; Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf § 36 Abs. 1 GNotKG.


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