Strafrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Mischkonsums von Cannabis und Alkohol

Aktenzeichen  11 CS 20.550

Datum:
16.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 9477
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11 Abs. 7, § 14 Abs. 1 S. 3, § 46 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
FeV Anl. 4 Nr. 9.2.2

 

Leitsatz

1. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG BeckRS 2019, 20067 Rn. 14). (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Unter einem Mischkonsum von Cannabis und Alkohol, der neben einem Verstoß gegen das Trennungsgebot als weitere Zusatztatsache  Zweifel an der Kraftfahreignung begründen kann, ist nur ein solcher zu verstehen, der in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen kann (vgl. BVerwG BeckRS 2014, 45803 Rn. 21, 27; BayVGH BeckRS 2015, 43777 Rn. 16; BeckRS 2017, 120238 Rn. 12), so dass jedenfalls die Menge des konsumierten Alkohols nicht so gering sein darf, dass eine Wirkungskumulation ausscheidet, und jedenfalls annähernd bekannt sein muss, wann und in welchen Mengen der Betroffene Cannabis und Alkohol konsumiert oder zu welchen Blut- bzw. Atemalkoholwerten der Konsum geführt hat. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Auch wenn die Anforderungen an die behördliche Pflicht zur Sachaufklärung nicht überspannt werden dürfen und es grundsätzlich dem Betroffenen obliegt, die in seiner Sphäre angesiedelten Sachverhaltselemente substantiiert darzulegen (BVerwG BeckRS 2014, 45803 Rn. 28), müssen belastbare Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme einer kombinierten Rauschwirkung rechtfertigen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
4. Es bleibt offen, ob bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten durch einen fahreignungsrelevanten Mischkonsum von Alkohol und Cannabis nur Fahreignungszweifel hervorgerufen werden und eine weitere Aufklärung durch Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich ist oder ob und in welchen Fällen, etwa bei einer Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss eines fahreignungsrelevanten Mischkonsums, die Fahreignung ohne weitere Aufklärung zu verneinen ist. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 6 S 20.372 2020-03-05 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 5. März 2020 wird in Nr.
I. und II. aufgehoben.
II. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 1. und 2. des Bescheids des Landratsamts Eichstätt vom 20. Januar 2020 wird wiederhergestellt. Der Antragsgegner ist verpflichtet, dem Antragsteller dessen in Verwahrung genommenen Führerschein wieder auszuhändigen oder ihm im Falle der Unbrauchbarmachung ein vorläufiges Ersatzdokument auszustellen.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs hinsichtlich der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A1 und B einschließlich Unterklassen und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.
Durch Mitteilung der Polizeiinspektion Ingolstadt wurde der Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamts E. (im Folgenden: Landratsamt) bekannt, dass der Antragsteller am 20. Oktober 2019 nach Konsum von Cannabis mit einem Kraftfahrzeug am Straßenverkehr teilgenommen hat. Bei der entnommenen Blutprobe wurde ein THC-Wert von 5,1 ng/ml festgestellt. Gegenüber den Polizeibeamten bei der Verkehrskontrolle hatte er angegeben, am Vortag ca. drei bis vier Joints konsumiert zu haben. Im ärztlichen Bericht vom 20. Oktober 2019 über die Blutentnahme ist vermerkt: „Letzter THC und Alkoholkonsum gestern“. Im Beiblatt zum ärztlichen Untersuchungsbericht ist ebenfalls notiert: „THC und Alkoholkonsum zuletzt gestern“.
Nach Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 20. Januar 2020 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete ihn, den Führerschein abzugeben. Er habe sich durch gelegentlichen Cannabiskonsum und zusätzlichen Gebrauch von Alkohol als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Es sei von einer kombinierten Rauschwirkung auszugehen. Da die Nichteignung durch den eingeräumten Mischkonsum von Alkohol und Cannabis feststehe, müsse die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 11 Abs. 7 FeV unterbleiben und die Fahrerlaubnis entzogen werden. Am 28. Januar 2020 wurde der Führerschein des Antragstellers in Verwahrung genommen.
Am 27. Januar 2020 ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage gegen den Bescheid erheben, über die das Verwaltungsgericht München noch nicht entschieden hat. Den am gleichen Tag eingereichten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 5. März 2020 abgelehnt. Zwar sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hinsichtlich der Entziehung der Fahrerlaubnis offen. Der Antragsteller sei gelegentlicher Cannabiskonsument. Er habe bei einer früheren Verkehrskontrolle gegenüber den Polizeibeamten einen Konsum am 28. Januar 2019 eingeräumt. Außerdem sei davon auszugehen, dass er Cannabis und Alkohol in einer Weise konsumiert habe, die in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen könne. Dem sei er nicht durch eine substantiierte Darlegung entgegengetreten. Es sei aber im Hauptsacheverfahren zu klären, ob der Mischkonsum ohne weitere Aufklärungsmaßnahmen zur Nichteignung führe oder ob die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet gewesen wäre, die Fahreignung durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung abklären zu lassen. Allerdings falle die Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. Ihm sei nicht nur ein Mischkonsum vorzuwerfen, sondern er habe auch mit einem deutlich über dem Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum liegenden Wert von 5,1 ng/ml ein Fahrzeug geführt. Das von ihm ausgehende Gefahrenpotential sei deutlich erhöht.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, lässt der Antragsteller im Wesentlichen vortragen, er habe den Alkoholkonsum bestritten und könne mangels Alkoholaufnahme auch keine Angaben dazu im Detail machen. Er habe beim untersuchenden Arzt aufgrund einer Suggestivfrage eine Aufnahme von Alkohol und Betäubungsmitteln bejaht, ohne im Einzelnen explizit danach gefragt worden zu sein. Auf eine telefonische Nachfrage des Landratsamts beim untersuchenden Arzt am 7. Februar 2020, wozu dem Antragsteller kein rechtliches Gehör gewährt worden sei, könne der zuvor ergangene Bescheid nicht gestützt werden. Eine schriftliche Stellungnahme des Arztes liege nicht vor. Es erschließe sich selbst bei einer unterstellten Angabe des Antragstellers zu Cannabis und Alkohol nicht, weshalb der Arzt zwar die Menge der Joints, nicht aber die Menge des konsumierten Alkohols nenne und dazu auch nicht nachfrage. Ein Mischkonsum könne daher zu Lasten des Antragstellers nicht angenommen werden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen für eine Entziehung der Fahrerlaubnis ohne vorherige Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung waren nicht gegeben.
1. Bei der Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO ist eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorzunehmen. Erweist sich der angefochtene Verwaltungsakt im Rahmen einer summarischen Prüfung als rechtswidrig und verletzt er den Betroffenen in seinen Rechten, ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts regelmäßig zu verneinen. Bestehen umgekehrt keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts und liegen ausreichende Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs vor, ist der Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs in aller Regel abzulehnen. Bei offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs sind die Vollzugsinteressen gegen die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen abzuwägen.
2. Im vorliegenden Fall ergibt eine summarische, gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren beschränkte Prüfung, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Die Klage wird daher voraussichtlich Erfolg haben (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Die Annahme des Landratsamts, der Antragsteller habe zusätzlich zu Cannabis auch Alkohol in einer Menge konsumiert, die zu einer kombinierten Rauschwirkung geführt hat, ist nicht hinreichend belastbar.
a) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), vor Erlass des Bescheids zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Dezember 2019 (BGBl S. 2008), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 23. Dezember 2019 (BGBl S. 2937), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV).
Bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis setzt die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen voraus, dass der Konsum und das Fahren getrennt werden können, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen besteht und keine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust vorliegt (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV). Wenn gelegentlich Cannabis konsumiert wird und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anordnen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 FeV). Die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens unterbleibt, wenn die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde feststeht (§ 11 Abs. 7 FeV).
b) Der Senat geht davon aus, dass der Antragsteller zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert hat. Gelegentlicher Konsum von Cannabis liegt vor, wenn der Betroffene in zwei oder mehr selbständigen Konsumvorgängen Cannabis zu sich genommen hat und diese Konsumvorgänge einen gewissen, auch zeitlichen Zusammenhang aufweisen (stRspr, zuletzt BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – NJW 2019, 3395 Rn. 14). Ein einmaliger Konsum kann nur dann angenommen werden, wenn der Betreffende entweder erstmals im Rahmen eines Probierkonsums Cannabis zu sich genommen hat oder frühere Konsumakte derart weit zurückliegen, dass daran nicht mehr angeknüpft werden kann und er aus besonderen Umständen heraus einmalig Cannabis eingenommen hat. Dies plausibel darzulegen, obliegt dem Betroffenen.
Der Antragsteller hat nicht nur im Zusammenhang mit der Fahrt am 20. Oktober 2019 Cannabis konsumiert, sondern nach seiner Einlassung gegenüber dem Polizeibeamten bei der Verkehrskontrolle, an der er sich festhalten lassen muss, sowohl drei Tage zuvor im Urlaub als auch am Vortag (drei bis vier Joints à 0,4 g Marihuana). Darüber hinaus hat er bereits bei einer Verkehrskontrolle am 30. Januar 2019 gegenüber dem Polizeibeamten angegeben, der letzte Cannabiskonsum sei vor zwei Tagen gewesen. Schließlich hat er dem Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts Ingolstadt vom 11. April 2016 zufolge erklärt, er habe vor dem 12. Januar 2016 „schon ein Jahr lang regelmäßig konsumiert“. Der erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen den Konsumakten ist damit zweifelsfrei gegeben.
c) Der Antragsteller hat am 20. Oktober 2019 auch gegen das Trennungsgebot (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) verstoßen, da er unter der Wirkung von Cannabis mit einem festgestellten THC-Wert von 5,1 ng/ml im Blutserum ein Kraftfahrzeug geführt hat.
d) Ob darüber hinaus als weitere Zusatztatsache ein Mischkonsum von Cannabis und Alkohol am Vortag, dem 19. Oktober 2019, vorlag, steht jedoch nicht hinreichend fest. Unter einem solchen Mischkonsum ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats nur ein solcher zu verstehen, der in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu einer kombinierten Rauschwirkung führen kann (BVerwG, U.v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 – BVerwGE 148, 230 Rn. 21; BayVGH, B.v. 10.3.2015 – 11 CS 14.2200 – juris Rn. 16; B.v. 4.7.2017 – 11 CS 17.1162 – juris Rn. 12). Unabhängig davon, ab welcher Schwelle eine solche kombinierte Rauschwirkung eintreten kann, darf jedenfalls die Menge des konsumierten Alkohols nicht so gering sein, dass eine Wirkungskumulation ausscheidet (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 a.a.O. Rn. 27). Um dies einschätzen zu können, muss jedenfalls annähernd bekannt sein, wann und in welchen Mengen der Betroffene Cannabis und Alkohol konsumiert oder zu welchen Blut- bzw. Atemalkoholwerten der Konsum geführt hat.
Dabei muss sich der Betroffene grundsätzlich an seinen Angaben gegenüber Polizeibediensteten bei einer Verkehrskontrolle oder gegenüber Ärzten im Zusammenhang mit einer Blutentnahme festhalten lassen. Gleiches gilt für Angaben gegenüber Bediensteten der Fahrerlaubnisbehörde oder im Rahmen einer Begutachtung seiner Fahreignung. Die im ärztlichen Untersuchungsbericht vom 20. Oktober 2019 vermerkte Äußerung des Antragstellers, er habe „zuletzt gestern“ THC und Alkohol konsumiert, die der Arzt gegenüber dem Landratsamt auf Nachfrage nochmals bestätigt hat, muss sich der Antragsteller daher grundsätzlich entgegenhalten lassen.
Allerdings ist diese Angabe derart vage, dass sie nicht die Annahme rechtfertigt, der Antragsteller habe zusätzlich zu Cannabis auch Alkohol in einer Menge konsumiert, die zu einer kombinierten Rauschwirkung geführt hat. Auch wenn die Anforderungen an die behördliche Pflicht zur Sachaufklärung nicht überspannt werden dürfen und es grundsätzlich dem Betroffenen obliegt, die in seiner Sphäre angesiedelten Sachverhaltselemente substantiiert darzulegen (BVerwG, U.v. 14.11.2013 a.a.O. Rn. 28), müssen belastbare Anhaltspunkte vorliegen, die die Annahme einer kombinierten Rauschwirkung rechtfertigen. Dies ist hier nicht der Fall. Im Unterschied zu der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fallgestaltung, bei der der Betroffene einen mehrfachen Konsum von Cannabis und Alkohol auf Partys eingeräumt und auch Angaben zur Höhe seines Bierkonsums gemacht hatte, weshalb das Bundesverwaltungsgericht die Annahme, die Menge der eingenommenen Substanzen könne jedes Mal so gering gewesen sein, dass es nicht zu einer kombinierten Rauschwirkung habe kommen können, als fernliegend angesehen hat (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2013 a.a.O. Rn. 28), ist beim Antragsteller weder die Menge des am 19. Oktober 2019 konsumierten Alkohols bekannt noch hat er einen mehrmaligen kombinierten Konsum von Cannabis und Alkohol eingeräumt. Allein die Angabe, am Vortag der Fahrt nicht nur Cannabis, sondern auch eine unbekannte Menge Alkohols konsumiert zu haben, ist auch unter Berücksichtigung der Vorgeschichte zu vage, als dass sich darauf die Annahme einer feststehenden kombinierten Rauschwirkung stützen ließe.
e) Es kann daher offen bleiben, ob bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten durch einen fahreignungsrelevanten Mischkonsum von Alkohol und Cannabis nur Fahreignungszweifel hervorgerufen werden und eine weitere Aufklärung durch Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens erforderlich ist (so OVG NW, B.v. 14.11.2019 – 16 B 638/19 – Blutalkohol 57 [2020], 56 Rn. 11-15) oder ob und in welchen Fällen, etwa bei einer (hier nicht vorliegenden) Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss eines fahreignungsrelevanten Mischkonsums, die Fahreignung gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung zu verneinen ist.
3. Der Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die ausgesprochene Verpflichtung des Landratsamts, dem Antragsteller dessen in Verwahrung genommenen Führerschein wieder auszuhändigen oder ihm im Falle der Unbrauchbarmachung ein vorläufiges Ersatzdokument auszustellen, beruht auf § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO.
Für das weitere Vorgehen weist der Senat allerdings darauf hin, dass der Antragsteller auch nach Aufhebung des Bescheids weiterhin verpflichtet ist, an der Klärung seiner Fahreignung mitzuwirken. Die Zweifel daran sind nicht ausgeräumt. Vielmehr rechtfertigt der feststehende Verstoß gegen das Trennungsgebot bei entsprechender Ermessensausübung die Anordnung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV (BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 14.17 – NJW 2019, 3395 Rn. 34 ff.), in dessen Rahmen auch der Frage nachzugehen ist, ob der Antragsteller Cannabis und Alkohol in einer Weise konsumiert, dass es zu einer kombinierten Rauschwirkung kommen kann. Weigert sich der Antragsteller, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie nach § 11 Abs. 8 FeV bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 25. Auflage 2019, Anh. § 164 Rn. 14).
5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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