Strafrecht

Selbständiges Einziehungsverfahren bei einer unterbliebenen gerichtlichen Entscheidung nach § 55 Abs. 2 StGB

Aktenzeichen  441 Ls 951 Js 163194/18 (2)

Datum:
16.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 35081
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 435, § 436 Abs. 1
StGB § 55 Abs. 2, § 73, § 73c, § 76a Abs. 1

 

Leitsatz

1. § 76a Abs. 1 S. 3 StGB steht der erneuten Anordnung der Einziehung von Wertersatz bei einer unterbliebenen gerichtlichen Entscheidung nach § 55 Abs. 2 StGB nicht entgegen (Rn. 18)
2. Dies gilt auch, wenn in der Entscheidung, in der die gerichtliche Entscheidung nach § 55 Abs. 2 StGB unterblieben ist, die Einziehung von Wertersatz wegen einer anderen Tat angeordnet wurde. (Rn. 22 – 23)

Verfahrensgang

1 Ns 2110 Js 19141/18 2019-11-25 Urt LGBAMBERG LG Bamberg

Tenor

1. Gegen den Einziehungsbeteiligten wird zusätzlich zu dem im Urteil des Landgerichts Bamberg vom 25.11.2019 (Az.: 1 Ns 2110 Js 19141/18) angeordneten Betrag in Höhe eines weiteren Betrages von 6.040,- € die Einziehung von Wertersatz angeordnet. Der Angeklagte haftet gesamtschuldnerisch mit seinem Mittäter.
2. Der Einziehungsbeteiligte hat die Kosten des selbständigen Einziehungsverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Im Jahr 2018 wurden gegen den Einziehungsbeteiligten sowohl durch die Staatsanwaltschaft B. (Az.: 2110 Js 19141/18, Anklageschrift vom 28.12.2018) als auch durch die Staatsanwaltschaft N.-F. (Az: 951 Js 163194/18, Anklageschrift vom 11.02.2019) Ermittlungsverfahren wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls geführt.
Der Einziehungsbeteiligte wurde in dem letztgenannten Verfahren durch das Amtsgericht Fürth durch Urteil vom 04.04.2019 (Az: 441 Ls 951 Js 163194/18) wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten verurteilt. Zudem wurde in Höhe eines Betrages von 6.040 € die Einziehung von Wertersatz angeordnet mit dem Zusatz: „Der Angeklagte haftet gesamtschuldnerisch mit seinem Mittäter.“ Das Urteil ist rechtskräftig seit dem 14.08.2019.
Diesem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
1. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt am 22.12.2010 zwischen 14:00 Uhr und 15:15 Uhr hebelte der Angeklagte und eine weitere bislang unbekannte Person aufgrund eines zuvor gefassten gemeinschaftlichen Tatentschlusses das Fenster im Wohnzimmer des Anwesens der Geschädigten F. in H. auf und drang in das Innere des Wohnhauses ein. Dort entwendete der Angeklagte und die weitere männliche Person entsprechend dem Tatentschluss Schmuck im Wert von 4.040,- €, zwei Uhren im Wert von insgesamt 1.500,- € sowie ein Sparschwein mit Bargeld im Wert von mindestens 100,- €. Die Geschädigten F. wurden für den verlorenen Schmuck von ihrer Versicherung, der H. AG, finanziell durch Zahlung eines Betrages von 4.040,- € entschädigt. Die beiden Uhren standen im Eigentum des Geschädigten F., das Bargeld im gemeinsamen Eigentum der Geschädigten F.
An den Fenstern entstand ein Sachschaden in Höhe von 1.800,- €. Zudem wurde eine Vase im Wert von 25,- € zerstört.
2. Entsprechend ihrer Abrede, in Wohnhäuser einzudringen und dort stehlenswerte Gegenstände zu entwenden, begaben sich der Angeklagte und die weitere Person im Anschluss nach V.. Dort spähten sie das Anwesen B. des Geschädigten H. als Einbruchsobjekt aus. Kurz vor 22.00 Uhr hebelten sie das Fenster zum WC im 1. Stock des Anwesens auf und gelangten so in das Innere des Wohnhauses. Dort entwendeten sie zwei Eheringe im Wert von zusammen mindestens 200,- €, zwei Verlobungsringe im Wert von zusammen mindestens 100,- € sowie eine Goldkette im Wert von mindestens 100,- €, insgesamt also Schmuck im Wert von 400,- €, um diese für sich zu behalten. An den Holzfenstern aus dem Jahr 1973 entstand ein Schaden in Höhe von mindestens 400,- €.
Die Staatsanwaltschaft hält – soweit erforderlich – wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
Den Schmuck versetzte der Angeklagte anschließend auf einem Flohmarkt für insgesamt 750,- €.
Im Verfahren der Staatsanwaltschaft B. wurde durch diese in der Anklageschrift ausgeführt, dass ein Betrag von 33.300,- € der Einziehung von Wertersatz unterliege. In der Hauptverhandlung am 25.06.2019 wurde ein entsprechender Antrag durch die Staatsanwaltschaft B. nicht gestellt. In dem Urteil des Amtsgerichts Forchheim vom 25.06.2019 erfolgte – ohne Begründung – keine Entscheidung zur Frage der Einziehung des Wertersatzes.
Daraufhin hat die Staatsanwaltschaft B. ihre Berufung vom 26.06.2019 unter anderem damit begründet, dass die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 33.300,- € hätte angeordnet werden müssen. Im Rahmen der Hauptverhandlung vor der 1. Strafkammer des Landgerichts Bamberg am 25.11.2019 hat die Staatsanwaltschaft B. nicht nur die Anordnung der Einziehung von Wertersatz in Höhe eines Betrags von 33.300,- € beantragt, sondern auch, die Einziehung von Wertersatz aus dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 04.04.2019 aufrechtzuerhalten. Das Landgericht Bamberg hat daraufhin mit Urteil vom 25.11.2019 den Einziehungsbeteiligten wegen eines Wohnungseinbruchsdiebstahls vom 15.01.2016 unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Amtsgerichts Fürth zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 4 Monaten verurteilt und die Einziehung von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 33.300,- € entsprechend dem Wert der am 15.01.2016 entwendeten Gegenstände angeordnet. Die Einziehungsentscheidung des Amtsgerichts Fürth wurde nicht aufrechterhalten. In den Urteilsgründen finden sich keine Ausführungen zur Frage, ob diese Anordnung aufrechtzuerhalten war oder gegenstandslos geworden ist.
Durch die Verwerfung der Revision des dort Angeklagten als unbegründet durch das Bayerische Oberste Landesgericht am 23.03.2020 wurde das Urteil des Landgerichts Bamberg rechtskräftig.
Hinsichtlich des durch Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 04.04.2019 angeordneten Einziehungsbetrags von 6.040 € wurden bislang durch den Verurteilten keine Zahlungen geleistet oder Vermögenswerte zur Entschädigung der Geschädigten gesichert.
Mit Antragsschrift im selbständigen Einziehungsverfahren vom 03.11.2020 beantragt die Staatsanwaltschaft N.-F., die Einziehung von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 6.040,- € anzuordnen.
Der Verteidiger hat die Entscheidung im schriftlichen Verfahren beantragt.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
1. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist gemäß §§ 436 Abs. 1 S. 1, 7 Abs. 1 StPO für das selbständige Einziehungsverfahren das Amtsgericht Fürth zuständig, weil ein Tatort in seinem Bezirk liegt. Die Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth endete mit Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils vom 04.04.2019 nach Berufungsrücknahme. Es handelt sich – anders als bei dem durch das Oberlandesgericht Dresden entschiedenen Fall (Beschluss vom 27. Februar 2020, Az.: 2 Ws 94/20 recherchiert bei beck-online) – um ein neues objektives Verfahren (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 436 Rn. 12) nach Rechtskraft der Ausgangsentscheidung. Als Spruchkörper entscheidet trotz des Vorliegens von Verbrechen der Richter am Amtsgericht ohne Schöffen, weil nicht im Rahmen einer Hauptverhandlung entschieden wird, § 30 Abs. 2 GVG. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil wurde weder beantragt noch vom Gericht angeordnet (§ 434 Abs. 3 Satz 1, 1. Hs. StPO).
2. Der Antrag ist auch begründet.
a) § 76a Abs. 1 S. 3 StGB steht der erneuten Anordnung der Einziehung von Wertersatz bei einer unterbliebenen gerichtlichen Entscheidung nach § 55 Abs. 2 StGB nicht entgegen (offengelassen durch BGH, Beschluss vom 10.01.2019, Az.: 5 StR 387/18, NJW 2019, 1008, recherchiert bei juris).
§ 76a Abs. 1 S. 3 StGB besagt zwar, dass die Einziehung nicht angeordnet wird, wenn bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist. Dies erfasst jedoch nicht den Fall eines rechtskräftigen Urteils, durch das zwar die bereits anderweitig ausgeurteilte(n) Freiheitsstrafe(n) in eine Gesamtstrafe einbezogen wurden, die in dem weiteren Urteil angeordnete Maßnahme der Einziehung von Wertersatz aber entgegen § 55 Abs. 2 StGB versehentlich nicht ausdrücklich aufrechterhalten wurde.
Aus den Gesetzesmaterialien zu § 76a Abs. 1 StGB ergibt sich der eindeutige Wille des Gesetzgebers, dass eine solche Entscheidung keine Entscheidung im Sinne von § 76a Abs. 1 S. 3 StGB darstellen soll. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 05.09.2016 (BT-Drs. 18/9525) sollte den Gerichten und Staatsanwaltschaften ein gesetzliches Instrumentarium an die Hand gegeben werden, das eine effektive rechtsstaatliche Einziehung deliktisch erlangter Vermögenswerte gewährleistet (BT-Drs. S. 1). Gleichzeitig sollte eine Abtrennungsmöglichkeit für die Hauptverhandlung geschaffen werden, weil Gerichte und Staatsanwaltschaften dem Beschleunigungsgebot unterliegen, so dass die Möglichkeit geschaffen werden sollte und geschaffen wurde, die Entscheidung über vermögensabschöpfende Maßnahmen in einem nachträglichen Verfahren zu treffen, statt von vermögensabschöpfenden Maßnahmen abzusehen (BT-Drs. S. 55). Die Neuregelung sollte den Opferschutz stärken, indem den Tatgeschädigten ein einfacher und kostengünstiger Weg geboten werden sollte, Schadenswiedergutmachung zu erlangen (BT-Drs. S. 54).
Nach der Neufassung (§ 76a Absatz 1 StGB-E) sollte die selbständige Einziehung von Taterträgen künftig auch dann zulässig sein, wenn einer Verurteilung bestimmte rechtliche Gründe entgegenstehen (BT-Drs. S. 72), wobei als ein Beispiel der Strafklageverbrauch angeführt wird. Insbesondere ist aber im besonderen Teil des Gesetzesentwurfs zu § 76a StGB-E ausgeführt, dass Satz 3 bestimme, dass eine selbständige Einziehung auch dann unzulässig sei, wenn in einem früheren Verfahren rechtskräftig über die in Rede stehende Einziehung entschieden worden ist. Habe ein Gericht die Einziehung bereits früher unanfechtbar abgelehnt, etwa weil es die rechtlichen Voraussetzungen der Maßnahme verkannt hat, so solle diese Entscheidung im Sinne des Rechtsfriedens nicht nachträglich korrigiert werden. Sei dies aber nicht der Fall gewesen, etwa weil sich das Gericht der Möglichkeit der Einziehung überhaupt nicht bewusst war oder weil es (konkludent oder ausdrücklich) von einer Entscheidung abgesehen habe (vgl. § 421 StPO-E), sei eine nachträgliche Vermögensabschöpfung unter Gerechtigkeitsaspekten gerechtfertigt (BT-Drs. S. 72). Dies zeigt, dass nach dem eindeutigen gesetzgeberischen Willen eine bewusst oder unbewusst nicht getroffene Einziehungsentscheidung nachholbar sein soll, selbst wenn das Urteil oder der Beschluss in Rechtskraft erwachsen ist. Dass dies bei einer unterbliebenen Entscheidung nach § 55 Abs. 2 StGB anders sein soll, ergibt sich aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht. Der in diesem Gesetzesentwurf vorgesehene Text des § 76a Abs. 1 S. 3 StGB wurde wie vorgeschlagen verabschiedet. Zwar ist der gesetzgeberische Wille, wie das Landgericht München I in seinem Beschluss vom 13.01.2020, Az.: 22 Qs 28/19, unter Hinweis auf MuKoStGB/Schmitz, 3. Aufl. 2017, StGB § 1 Rn. 88 ausführt, nur insoweit relevant, als er mit dem Wortlaut des Tatbestands in Übereinstimmung zu bringen und er im Wortlaut der Norm seinen Niederschlag gefunden hat. Allerdings müssen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 06.06. 2018 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14) die Gerichte bei der Auslegung der Gesetze die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren. Dazu müssten die Gerichte auch die Gesetzesmaterialien in Betracht ziehen, und zwar unter anderem die Begründung eines Gesetzentwurfes, der unverändert verabschiedet worden ist […]. Ein klar erkennbares gesetzliches Regelungskonzept dürfe von den Fachgerichten nicht übergangen und durch ein eigenes Konzept ersetzt werden. Dies wäre vorliegend aber der Fall, würde man ein Urteil mit einer versehentlich unterbliebenen Entscheidung nach §§ 55 Abs. 2, 73, 73c StGB als abschließend hinsichtlich des Wegfalls der zuvor durch ein Gericht bereits rechtskräftig angeordneten Einziehung von Wertersatz ansehen, auch wenn dieser Fall in dem Gesetzentwurf ausdrücklich nicht erörtert wird. Dabei ist zudem zu sehen, dass der Entscheidung nach § 55 Abs. 2 StGB keine rein formale Prüfung vorauszugehen hat. Vielmehr sind – wie bei gleichzeitiger Aburteilung aller Taten – Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen (BGH, Urteil vom 22. Mai 2003, Az.: 4 StR 130/03, recherchiert bei juris). In einem früheren Urteil verhängte Maßnahmen können nicht nur durch spätere Anordnung weiterer, sie in ihrer Wirkung mit umfassenden Maßnahmen im Sinne des § 55 Abs. 2 Satz 1 StGB „gegenstandslos“ werden, sondern auch dann, wenn die tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen für ihre (weitere) Vollstreckung entfallen sind, wie dies bei tatsächlicher Erledigung durch Zeitablauf, etwa einer nach § 69 a StGB bestimmten Sperrfrist, angenommen wird (BGH, a. a. O., unter Hinweis auf BGHSt 42, 306, 308 m.w.N.).
Eine rechtskräftige Entscheidung im Sinne von § 76a Abs. 1 S. 3 StGB ist damit in dem Urteil des Landgerichts Bamberg vom 25.11.2019 nicht zu sehen. Zwar ist diese Entscheidung rechtskräftig; die durch das Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 04.04.2019 angeordnete Maßnahme der Einziehung von Wertersatz (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB) wurde jedoch entgegen § 55 Abs. 2 StGB und entgegen dem Antrag der Staatsanwaltschaft B. in der Hauptverhandlung nicht ausdrücklich aufrechterhalten. Es ist offenkundig, das dies nicht bewusst erfolgt ist, sondern vielmehr vergessen wurde. Trotz der am 26.11.2019 eingelegten Revision wurde in den schriftlichen Urteilsgründen, zu den Akten gelangt am 04.12.2019, nicht begründet, warum die Einziehung des Wertersatzes in Höhe von 6.040,- € durch die neue Entscheidung gegenstandslos geworden sein soll. Ein wie auch immer gearteter Grund hierfür ist nicht ersichtlich und auch dem Protokoll über die Haupthandlung vom 25.11.2019 nicht zu entnehmen. Dass gelegentlich übersehen wird, über die Einziehung von Wertersatz zu entscheiden, und zwar auch wenn höhere Beträge im Raum stehen, zeigt der dargestellte Ablauf des erstinstanzlichen Verfahrens beim Amtsgericht Forchheim. Über die Frage der Aufrechterhaltung der Einziehungsentscheidung bezüglich der dem Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 04.04.2019 zugrunde liegenden Taten vom 22.12.2010 wurde durch das Landgericht Bamberg gerade nicht entschieden, so dass auch der Wortlaut des § 76a Abs. 1 S. 3 StGB bei zutreffender einschränkender Auslegung der erneuten Anordnung nicht entgegensteht. Die bereits rechtskräftig angeordnete Einziehung von Wertersatz in Höhe von 6.040,- € könnte ohne die erneute Anordnung nicht weiter vollstreckt werden, weil der Tenor des Urteils, in dem die nachträgliche Gesamtstrafe gebildet wurde, die Grundlage der Vollstreckung darstellt und nicht mehr das Urteil des Amtsgerichts Fürth vom 04.04.2019.
Hieran ändert die Tatsache nichts, dass das Landgericht Bamberg wegen des dort anhängigen Wohnungseinbruchsdiebstahls gegen den Einziehungsbeteiligten die Einziehung von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 33.300,- € angeordnet hat (a. A. LG München I, Beschluss vom 13.01.2020, Az.: 22 Qs 28/19). Im Hinblick auf die vom Amtsgericht Fürth rechtskräftig abgeurteilten „Straftaten“ vom 22.12.2010 (vgl. § 76a Abs. 1 S. 1 StGB) hat das Landgericht Bamberg gerade keine Entscheidung nach §§ 55 Abs. 2, 73, 73c StGB getroffen. Die Einziehungsentscheidung des Landgerichts Bamberg nach §§ 73, 73c StGB bezieht sich auf die dortige Tat.
Darauf, dass bei einer Ablehnung des Antrags auf erneute Anordnung der Einziehung von Wertersatz den am Bamberger Verfahren völlig unbeteiligten Geschädigten, die nach dem dargestellten Willen des Gesetzgebers bei der Realisierung ihrer Ansprüche unterstützt werden sollen, ihre bereits erlangte Rechtsposition genommen werden würde, muss daher genauso wenig eingegangen werden wie auf die Frage, ob deren Auskehrungsanspruch nach § 459k StPO bei Vorliegen eines Verwertungserlöses durch die vergessene Aufrechterhaltung der Maßnahme entfallen würde (str.).
Auch das Rechtsstaatsprinzip steht einer neuerlichen Anordnung der Einziehung des Wertersatzes nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar entschieden, dass dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebot des Vertrauensschutzes ebenfalls Verfassungsrang zukommt (vgl. BVerfGE 30, 392 [403] = NJW 1971, 1211, recherchiert bei beck online). Allerdings besteht für den Einziehungsbeteiligten kein Grund, aufgrund des Urteils des Landgerichts Bamberg auf den Fortbestand des Wegfalls der zunächst rechtskräftig angeordneten Einziehung zu vertrauen. Diese Anordnung nach § 55 Abs. 2 StGB aufrechtzuerhalten ist auch für den Einziehungsbeteiligten offenkundig versehentlich unterblieben.
b) Die Einziehungsentscheidung beruht auf den §§ 55 Abs. 2, 73, 73c StGB. Die Anordnung ist nicht gegenstandslos geworden. Insbesondere ist die Einziehung nicht wegen Erlöschens des Anspruchs der Berechtigten durch Erfüllung ausgeschlossen (§ 73e Abs. 1 StGB). Der Betrag ist an die Geschädigten zu verteilen entsprechend der Schadenshöhen, wie sie durch das Amtsgericht Fürth festgestellt wurden, soweit der Erstattungsanspruch nicht an die Versicherungen übergegangen ist, sonst an diese.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464 Abs. 1, 465 StPO.


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