Strafrecht

Verfassungsbeschwerde, Beschwerde, Bescheid, Staatsanwaltschaft, Verletzung, Generalstaatsanwaltschaft, Bundesamt, Frist, Klageerzwingungsantrag, Mord, Verfolgung, Anforderungen, Strafanzeige, Beteiligung, gerichtliche Entscheidung, Antrag auf gerichtliche Entscheidung

Aktenzeichen  Vf. 58-VI-21

Datum:
21.7.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 18135
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Mangels ausreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Bescheide der Generalstaatsanwaltschaft sowie gegen eine strafgerichtliche Entscheidung, mit der ein Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 172 StPO als unzulässig verworfen wurde.

Verfahrensgang

1 Ws 173/21 KL 2021-04-23 Bes OLGMUENCHEN OLG München

Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 1.500 € auferlegt.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 23. Februar 2021 Az. 702 Zs 310/21 f, mit dem dieser eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein vom 8. Dezember 2020 Az. 580 AR 2753/20 bestätigte, wonach einer Strafanzeige des Beschwerdeführers keine Folge gegeben worden war, sowie gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. April 2021 Az. 1 Ws 173/21 KL, mit dem der dagegen gerichtete Klageerzwingungsantrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen wurde. Zudem wurde die Verfassungsbeschwerde nachträglich auf den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 7. Januar 2021 Az. 702 Zs 3046/20 a erstreckt.
1. Mit E-Mail vom 15. November 2020 erstattete der Beschwerdeführer Strafanzeige mit dem Betreff „versuchter besonders heimtückischer Mord, insbes. ggf. mittels Novichok – Clostridium botulinum Toxin – etc.“ gegen „die BGE“ (Bundesgesellschaft für Endlagerung), „das BASE“ (Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung), zwei namentlich benannte Mitglieder des Deutschen Bundestags als Mitglieder der Geschäftsführung der BGE, den Präsidenten des BASE sowie namentlich nicht benannte Personen „aus den Umfeldern ‚Fachkonferenz des BASE‘, ‚BGE‘, ‚BASE‘ und ‚wirecard‘ und unbekannt“. Nähere Ausführungen zu den behaupteten Straftaten, die am 27. Oktober 2020 gegen ihn bzw. seine Mutter begangen worden seien, enthielt das Schreiben nicht.
Mit Verfügung vom 8. Dezember 2020 gab die Staatsanwaltschaft Traunstein der Strafanzeige keine Folge (§ 152 Abs. 2 StPO). Die Anzeige lasse keine konkreten Straftaten, begangen durch konkrete Personen, erkennen.
2. Mit Schreiben vom 29. Dezember 2020 legte der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein ein. Diese sei formal, inhaltlich und juristisch falsch. Die Staatsanwälte seien entweder überfordert oder verweigerten eine korrekte Bearbeitung aus gegebenenfalls verwerflichen Gründen.
Mit dem angegriffenen Bescheid vom 23. Februar 2021 gab der Generalstaatsanwalt in München der Beschwerde keine Folge. Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft entspreche der Sach- und Rechtslage. Zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein strafrechtlich relevantes Verhalten seien nicht gegeben; auch das Beschwerdeschreiben lasse keine konkreten Straftaten erkennen, die durch konkrete Personen begangen worden sein sollten. Zivilrechtliche Ansprüche würden durch den Bescheid nicht berührt.
3. Mit eigenem Schreiben vom 16. März 2021 und Schreiben seines anwaltlichen Vertreters vom 6. April 2021 beantragte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht München gerichtliche Entscheidung (§ 172 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer trug in seinem Schreiben insbesondere vor, die Argumentation des Generalstaatsanwalts sei realitätsleugnend, kulturfern, vorrechtsstaatlich und vordemokratisch; sie ignoriere vorsätzlich kriminologisches Wissen sowie Gesetze und Verfassung. Drei seiner bisherigen Rechtsanwälte seien unter seltsamen Umständen verstorben. Die Wahrscheinlichkeit für die angegebenen Sachverhalte sei ausreichend groß.
Dem Schreiben seines anwaltlichen Vertreters waren Ablichtungen der Strafanzeige vom 15. November 2020 und des Schreibens des Beschwerdeführers vom 16. März 2021 beigefügt. Ergänzend wurde vorgetragen, der Beschwerdeführer habe nach dem Vorfall eine medizinische Sprechstunde aufgesucht, was über Nachfragen bestätigt werden könne. Daraus ergäben sich „Anhaltspunkte für die entsprechende Straftat“. Weitere Ausführungen zu den behaupteten Straftaten enthielt auch dieses Schreiben nicht.
4. Mit Verfügung vom 18. März 2021 forderte das Oberlandesgericht München die Generalstaatsanwaltschaft München dazu auf, unter Vorlage der Akten zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung Stellung zu nehmen. In ihrem Schreiben vom 21. April 2021 vertrat die Generalstaatsanwaltschaft die Auffassung, dass der Antrag unzulässig sei. Weder die Antragsschrift vom 16. März 2021 noch die nachgereichte Antragsschrift vom 6. April 2021 würden den Anforderungen des § 172 StPO gerecht.
5. Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 23. April 2021 verwarf das Oberlandesgericht München den Klageerzwingungsantrag als unzulässig. Der Antrag genüge den inhaltlichen Anforderungen des Gesetzes (§ 172 Abs. 3 Satz 1 StPO) nicht. Es fehle insbesondere an einer nachvollziehbaren, verständlichen und substanziierten Darstellung der Gründe der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsverfügung und der Gründe, welche die Generalstaatsanwaltschaft bewogen hätten, der Einstellungsbeschwerde keine Folge zu geben. Dies sei aber Voraussetzung, damit der Senat überprüfen könne, ob die Staatsanwaltschaft ihrer Verpflichtung zur Verfolgung von Straftaten nachgekommen sei. Auch zum Gang etwaiger durchgeführter Ermittlungen und zur Einhaltung der Frist nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO verhalte sich die Antragsschrift nicht.
Der Beschluss wurde am 28. April 2021 formlos an den Beschwerdeführer übersandt.
II.
1. Mit Schreiben vom 7. Juni 2021, eingegangen am 29. Juni 2021, legte der Beschwerdeführer, der zuvor bereits mehrere Verfassungsbeschwerden anhängig gemacht hatte, Verfassungsbeschwerde ein.
Er rügt eine Verletzung „der Artikel 3, 3a, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 109, 110, 115, 118, 122, 124, 125, 126, 128, 131, 136, 140 etc. der BV“ und des „Rechts auf rechtliches Gehör und bürgerrechtliches Gehör etc. und Verletzung der MenschenrechtsCharta der Vereinten Nationen und der EU und Verletzung der korrespondierenden Grundgesetz-Artikel (z. B. Art. 1 GG) durch die Exekutive und die Rechtspflege (Judikative etc.) in Bayern und anderen Ortes, zuletzt Staatsanwaltschaften und OLG M“.
Bereits falsch sei es, wenn im Anschreiben des Oberlandesgerichts im Betreff der Begriff „Mord“ verwendet werde, da seine Strafanzeige den Begriff „Mordversuch bzw. versuchter Mord“ verwende. Der Beschluss sei inhaltlich absolut fern zu den gegebenen Problemen; er sei juristisch naiv und konstruiere eine fehlerhafte Sachlage. Er verweise u. a. auf den bekannten Kontext seiner bisherigen Verfassungsbeschwerden und auf Einträge in seinen Twitter- und Facebook-Accounts. Die Anführung von Art. 118 BV sei wegen seiner „hochabsurden und rechtsstaatsnegierenden Jugendamt-Verfolgung […] wegen des angedichteten Vorwurfs des Missbrauchs mehrerer Schulkinder“ und wegen der „hochabsurden und rechtsstaatsnegierenden Strafverfolgung […] wegen des Angriff[s] eines Ulrike Meinhof + Bernd Pischetsrieder Double Pärchens […]“ auf ihn zwingend notwendig; dies stelle sonst eine absurde Ungleichbehandlung von ihm in Relation zu hochrangigen Beamten und Politikern dar. Alle anderen Verfassungsverletzungen seien „prima facie ausreichend gut zu erkennen“.
Mit Schreiben vom 17. Juli 2021 und 1. April 2022 machte der Beschwerdeführer weitere Ausführungen und wandte sich auch gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 7. Januar 2021 Az. 702 Zs 3046/20 a.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig, jedenfalls unbegründet. Sie sei nicht in zulässiger Weise erhoben, weil eine nachvollziehbare Darstellung des Sachverhalts fehle. Lediglich anhand der eingereichten Anlagen sei zu vermuten, dass der Beschwerdeführer sich gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 23. Februar 2021 wenden wolle. Der Beschwerdeführer teile weder mit, was Gegenstand dieses Bescheides gewesen sei noch auf welchen konkreten Lebenssachverhalt seine Strafanzeige gestützt werden solle. Die Verfassungsbeschwerde sei im Übrigen auch unbegründet.
III.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Es kann dahinstehen, ob die Verfassungsbeschwerde bereits mangels Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) unzulässig ist, weil der Beschwerdeführer die von ihm gerügte Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art. 91 Abs. 1 BV) nicht im Weg einer Anhörungsrüge gemäß § 33 a StPO gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. April 2021 geltend gemacht hat (vgl. VerfGH vom 28.2.2011 BayVBl 2011, 530; vom 16.11.2018 – Vf. 23-VI-16 – juris Rn. 24 m. w. N.).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist jedenfalls unzulässig, da sie nicht den Anforderungen genügt, die Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG an ihre Substanziierung stellt.
a) Tauglicher Prüfungsgegenstand ist insoweit nur der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. April 2021, durch den der Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 23. Februar 2021 als unzulässig verworfen wurde. Der Bescheid kann mit der Verfassungsbeschwerde nicht eigenständig angegriffen werden, da sich die Verfassungsbeschwerde wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) gegen die letztinstanzliche Entscheidung richten muss, in der er eine umfassende materielle Prüfung erreichen kann und damit die vom Beschwerdeführer beanstandete Beschwer enthält, hier also gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. April 2021 (vgl. VerfGH vom 23.3.2022 – Vf. 36-VI-21 – juris Rn. 23 f.).
b) Die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass innerhalb der zweimonatigen Verfassungsbeschwerdefrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG hinreichend substanziiert geltend gemacht wird, gerade die angefochtene Entscheidung verletze in der Bayerischen Verfassung gewährleistete Grundrechte und beruhe auf dieser Verletzung (VerfGH vom 25.5.2021 – Vf. 38-VI-20 – juris Rn. 20; vom 12.1.2022 – Vf. 19-VI-21 – juris Rn. 16). Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs muss die Rechtsverletzung so weit substanziiert werden, dass geprüft werden kann, ob die angefochtene Entscheidung auf ihr beruhen kann. Dazu gehört auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar dargelegt werden, sodass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint. Der Sachvortrag muss aus sich heraus verständlich sein. Die bloße Behauptung, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde nicht (ständige Rechtsprechung; VerfGH vom 14.2.2006 VerfGHE 59, 47/50 f.; vom 22.12.2020 – Vf. 15- VI-19 – juris Rn. 15 m. w. N.). Eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes setzt insbesondere voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (VerfGH vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14; vom 13.2.2020 – Vf. 23-VI- 18 – juris Rn. 19; vom 22.12.2020 – Vf. 15-VI-19 – juris Rn. 16). Um der Verfassungsbeschwerde den erforderlichen Inhalt zu geben, darf der Beschwerdeführer auf Schriftstücke Bezug nehmen, die er ihr beifügt, wobei er seinen erforderlichen Sachvortrag nicht durch eine pauschale Bezugnahme auf beigefügte Schriftstücke ersetzen kann (vgl. VerfGH vom 6.8.2019 – Vf. 79-VI-18 – juris Rn. 24; vom 23.3.2022 – Vf. 36-VI-21 – juris Rn. 15 m. w. N.).
c) Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht.
Der Beschwerdeführer führt zwar eine Reihe von Bestimmungen der Bayerischen Verfassung an – bei denen es sich nicht in allen Fällen um mit der Verfassungsbeschwerde rügefähige subjektive verfassungsmäßige Rechte im Sinn des Art. 120 BV handelt -, deren Verletzung er der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft sowie dem Oberlandesgericht München vorwirft. Die Verfassungsbeschwerde enthält insoweit aber keine aus sich heraus verständliche Darstellung einer möglichen Grundrechtsverletzung.
aa) Aus den Anlagen zur Verfassungsbeschwerde lässt sich zwar der genaue Inhalt des Bescheids des Generalstaatsanwalts vom 23. Februar 2021 und der Verfügung der Staatsanwaltschaft Traunstein vom 8. Dezember 2020 entnehmen, auf die das Oberlandesgericht München im Beschluss vom 23. April 2021 Bezug nimmt; der dreiseitige Beschluss des Oberlandesgerichts wird dagegen nur unvollständig – ohne die Seite 2 mit den tragenden Ausführungen des Gerichts – vorgelegt.
bb) Davon abgesehen legt der Beschwerdeführer nicht in nachvollziehbarer Weise dar, weshalb die Verwerfung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung ihn in den von ihm angeführten verfassungsmäßigen Rechten verletzen soll.
(1) Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen, da er den Anforderungen an eine ausreichende Begründung nicht genüge; es fehle an einer nachvollziehbaren Darlegung der Gründe, die die Staatsanwaltschaft zur Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Generalstaatsanwaltschaft zur Zurückweisung der Beschwerde veranlasst hätten; auch zur Einhaltung der Frist nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO verhalte sich die Antragsschrift nicht.
(2) Das Klageerzwingungsverfahren nach §§ 172 ff. StPO sichert das in § 152 Abs. 2, § 170 Abs. 1 StPO niedergelegte Legalitätsprinzip (Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 172 Rn. 1); das Oberlandesgericht prüft, ob ein genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht (§ 174 Abs. 1 StPO). Hat die Staatsanwaltschaft – wie hier – die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO abgelehnt, kommt nach der Rechtsprechung gemäß §§ 172 ff. StPO ausnahmsweise auch ein sogenanntes „Ermittlungserzwingungsverfahren“ in Betracht (vgl. VerfGH vom 22.10.2018 BayVBl 2019, 465 Rn. 20; vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 46; Schmitt, a. a. O, § 172 Rn. 1 b). Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung muss eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthalten, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertigt; die Sachdarstellung muss in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergeben, um das Oberlandesgericht in die Lage zu versetzen, dass es ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vornehmen kann (BVerfG vom 31.1.2020 NStZ-RR 2020, 115/116; OLG Schleswig vom 12.6.2012 NStZ 2013, 302; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 172 Rn. 27 a m. w. N.). Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung muss der Antragsschrift – verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG vom 8.12.2020 – 2 BvR 932/19 – juris Rn. 3) – auch die Wahrung der Frist nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO zu entnehmen sein (Schmitt, a. a. O., § 172 Rn. 27 b m. w. N.).
(3) Mit der Beurteilung der formellen Zulässigkeit seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung und den diesbezüglichen Ausführungen des Oberlandesgerichts setzt sich der Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde nicht auseinander. Er legt weder dar, dass die vom Oberlandesgericht gestellten Anforderungen an die Zulässigkeit des Klageerzwingungsantrags mit Grundrechten der Bayerischen Verfassung nicht vereinbar seien, noch, dass das Oberlandesgericht sie unter Verstoß gegen Grundrechte der Bayerischen Verfassung angewandt habe. Aufgrund der vom Oberlandesgericht angenommenen Unzulässigkeit des Antrags kam es auf die Frage, ob in der Sache zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO vorlagen, für die Entscheidung nicht an.
(4) Im Übrigen ist der Beschwerdeführer auf die Begründung der staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen, wonach kein zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens verpflichtender Anfangsverdacht nach § 152 Abs. 2 StPO vorgelegen habe, nicht konkret eingegangen.
In den Schreiben vom 16. März und 6. April 2021 (Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 StPO) wurde – ebenso wie in den Schreiben an die Staatsanwaltschaft Traunstein vom 15. November und 29. Dezember 2020 – kein konkreter Sachverhalt geschildert, der Gegenstand einer strafrechtlichen Überprüfung sein könnte. Den Schreiben ist lediglich zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer von einem Mordversuch an ihm bzw. an seiner Mutter mittels Gift am 27. Oktober 2020 ausgeht; welche konkreten Anhaltspunkte er aber über bloße und in der Sache unverständliche Vermutungen hinaus für einen Giftanschlag und für eine Beteiligung der von ihm als verdächtig benannten Personen haben will, ist daraus nicht ansatzweise zu entnehmen. Nicht nachvollziehbar ist auch, in welchem Zusammenhang die vom Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde ohne nähere Erläuterung angeführte „Jugendamt-Verfolgung“ und Strafverfolgung gegen ihn mit den behaupteten Straftaten stehen sollen. Ohne eine solche Schilderung ist jedoch eine Überprüfung nicht möglich, ob das Absehen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens nach § 152 Abs. 2 StPO einen Verstoß gegen subjektive verfassungsmäßige Rechte des Beschwerdeführers darstellen könnte.
cc) Die pauschale Bezugnahme auf frühere Verfassungsbeschwerden und auf Einträge in den Twitter- und Facebook-Accounts des Beschwerdeführers genügt dem Substanziierungserfordernis ebenfalls ersichtlich nicht (vgl. VerfGH vom 21.7.2020 – Vf. 56-VI-17 – juris Rn. 63; vom 23.3.2022 – Vf. 36-VI-21 – juris Rn. 15).
3. Soweit der Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde auf den Bescheid des Generalstaatsanwalts in München vom 7. Januar 2021 Az. 702 Zs 3046/20 a erstreckt, hat der Verfassungsgerichtshof hierüber bereits entschieden. Dieser Bescheid war Gegenstand der Entscheidung vom 12. Januar 2022 Vf. 19-VI-21, womit sich der Beschwerdeführer nicht auseinandersetzt.
IV.
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 1.500 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).


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