Strafrecht

Verteidigervergütung – Voraussetzungen der Verfahrensgebühr bei Einziehung (VV RVG Nr. 4142)

Aktenzeichen  11 KLs 106 Js 7350/18

Datum:
31.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 12902
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Amberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 74 Abs. 3
VV RVG Nr. 4142
RVG § 33

 

Leitsatz

1 Die VV 4142 setzt keine gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, insbesondere muss die Einziehung nicht im Verfahren beantragt worden sein. Ausreichend ist es, wenn sie in Betracht kommt. Davon ist auszugehen, wenn die Fragen der Einziehung naheliegen, weil aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen ist oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt wurde. In diesem Fall wird die Gebühr auch für eine außergerichtliche nur beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts verdient. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2 Kommt die Einziehung eines Gegenstands von vornherein nicht in Betracht, weil von Anfang an feststeht, dass der Gegenstand nicht dem Täter gehört, kann die Gebühr VV 4142 nicht entstehen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Gegenstandswert für die Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG wird auf 250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Schriftsatz vom 26.03.2019 beantragte Rechtsanwalt … den Gegenstandswert seiner anwaltschaftlichen Tätigkeit gem. § 33 RVG festzusetzen. Seiner Ansicht nach sei der Gegenstandswert für die Gebühr für Einziehungsmaßnahmen gem. Nr. 4142 VV RVG auf insgesamt 7.100,- Euro festzusetzen. Dieser Betrag setze sich aus dem Wert des Mobiltelefons i.H.v. 100,- Euro, dem Wert des Schreckschussrevolvers i.H.v. 100,- Euro, des Bowiemessers i.H.v. 50,- Euro und dem Wert für den Pkw Audi A8 i.H.v. 6.850,- Euro zusammen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird insoweit auf den Schriftsatz vom 26.03.2019 Bezug genommen. Die zuständige Rechtspflegerin hat die Akten der Strafkammer zur Festsetzung des Gegenstandswertes vorgelegt. Sie ist der Meinung, dass bezüglich des Pkw Audi A8 eine Gebühr nach VV RVG 4142 nicht entstanden sei. Auf die Stellungnahme vom 10.04.2019 wird Bezug genommen. Rechtsanwalt … nahm seinerseits mit Schriftsatz vom 02.05.2019 zur Stellungnahme der Rechtspflegerin erneut Stellung. Auf diesen Schriftsatz wird insoweit Bezug genommen.
II.
Der Gegenstandswert war auf 250,- Euro festzusetzen. Dieser Betrag setzt sich aus dem Wert des Mobiltelefons i.H.v. 100,- Euro, dem Wert des Schreckschussrevolvers i.H.v. 100,- Euro und dem Bowiemesser im Wert von 50,- Euro zusammen. Im Rahmen der Hauptverhandlung wurde die Einziehung dieser Gegenstände erörtert. Nicht zu berücksichtigen war jedoch der Wert des sichergestellten Pkw Audi A8. Die Vorschrift Nr. 4142 VV RVG bezieht sich auf eine Tätigkeit des Rechtsanwalts im Hinblick auf die Einziehung oder verwandte Maßnahmen. Entscheidend für die Anwendung der VV 4142 ist, dass es sich um eine Maßnahme handeln muss, die dem Betroffenen den Gegenstand endgültig entziehen und es dadurch zu einem endgültigen Vermögensverlust kommen lassen will (vgl. Gerold/Schmidt RVG Kommentar 23. Aufl. 2017, Rdnr. 6 aus Beck-Online). Die VV 4142 setzt keine gerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, insbesondere muss die Einziehung nicht im Verfahren beantragt worden sein. Ausreichend ist es, wenn sie in Betracht kommt. Davon ist auszugehen, wenn die Fragen der Einziehung naheliegen, weil aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen ist oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt wurde (vgl. hierzu Gerold/Schmidt RVG Kommentar a.a.O. Rdnr. 12). In diesem Fall wird die Gebühr auch für eine außergerichtliche nur beratende Tätigkeit des Rechtsanwalts verdient.
Ein solcher Fall liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor. Wie der Verteidiger in seiner Stellungnahme vom 02.05.2019 dargelegt hat, war von Anfang an klar, dass Halter des Fahrzeugs der Bruder des Angeklagten war. Auch wies der Fahrzeugschein den Bruder des Angeklagten als Halter des Fahrzeugs aus. Weiter hat der Verteidiger zu Recht darauf hingewiesen, dass nach ständiger Rechtsprechung die Vermutung gilt, dass derjenige, auf den das Fahrzeug eingetragen ist, auch der Eigentümer ist. Im vorliegenden Fall kommt jedoch hinzu, dass auch der Angeklagte bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 10.07.2018 (vgl. Bl. 33 d.A.) von Anfang an angegeben hat, dass das Fahrzeug seinem Bruder gehört. Eine Einziehung kam daher von vorne herein nicht in Betracht, da nach § 74 Abs. 3 StGB die Einziehung nur zulässig ist, wenn die Gegenstände dem Täter gehören. Deshalb wurde der Pkw durch die Staatsanwaltschaft bereits vor der Hauptverhandlung herausgegeben (vgl. hierzu Bl. 320 d.A.). Der Wert des Pkw Audi war daher bei der Festsetzung des Gegenstandswertes nach Nr. 4142 VV RVG nicht mehr zu berücksichtigen.


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