Strafrecht

Widerruf der Waffenbesitzkarten

Aktenzeichen  M 7 S 20.87

Datum:
11.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 12936
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2, 1. Alt.
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a
WaffG § 46 Abs. 2
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 6.625 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner am 7. Januar 2020 erhobenen Klage gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarten sowie gegen die hierzu ergangenen Folgeanordnungen mit Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen (im Folgenden: Landratsamt) vom 16. Dezember 2019.
Mit Schreiben vom 27. August 2019 bat die Kriminalpolizeiinspektion Weilheim i. OB – K 5 das Landratsamt, die waffenrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers zu überprüfen. Der Antragsteller sei aktuell Bundesvorstandsmitglied der der Gesellschaft für Freie Publizistik e.V (im Folgenden: GfP). Dieser sei … dieser rechtsextremistischen Organisation, die im aktuellen Bayerischen Verfassungsschutzbericht von 2018 angeführt sei. Es werde angeregt, den Antragsteller zu seiner offensichtlich rechtsextremistischen politischen Gesinnung persönlich zu befragen.
Daraufhin fragte das Landratsamt bei der Polizeiinspektion M… … … sowie beim Markt M… … … – Einwohnermeldeamt und Amt für Öffentliche Sicherheit und Ordnung – an, ob Tatsachen bekannt seien, die auf einen extremistischen Hintergrund des Antragstellers schließen ließen und sonstige Tatsachen über diesen vorlägen. Hierauf äußerte die Polizeiinspektion M… … … mit Schreiben vom 2. September 2019, dass keine Tatsachen bekannt seien, die auf einen extremistischen Hintergrund des Antragstellers schließen ließen. Auch sonstige Tataschen seien nicht bekannt. Das Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung des Marktes M… … … teilte mit Schreiben vom 6. September 2019 ebenfalls mit, dass bezüglich des Antragstellers keine Tatsachen bekannt seien, die auf einen extremistischen Hintergrund schließen ließen. Es lägen auch keine sonstigen Tatsachen über diesen vor. Auch das Einwohnermeldeamt des Marktes M… … … erklärte mit Schreiben vom 23. September 2019, dass über den Antragsteller keine Tatsachen betreffend die Anfrage bekannt seien.
Mit Schreiben vom 11. September 2019 teilte das Landratsamt dem Antragsteller mit, dass bekannt geworden sei, dass dieser aktuell ein Bundesvorstandsmitglied der GfP sei. Er sei dort als … verzeichnet. Die GfP werde im Verfassungsschutzbericht 2018 als rechtsextremistische Organisation geführt. Die drei Themen, die von der GfP in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten gestellt würden, seien die Relativierung der Kriegsschuld, die Ausländerfrage und die Meinungsfreiheit für die „nationale Publizistik“. Sie unterhalte Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen sowie zu organisationsunabhängigen rechtsextremistischen Verlagen und Vertriebsdiensten. Kongresse würden dazu dienen, Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum zusammenzuführen und den organisationsübergreifenden Zusammenhalt zu stärken. Auf Grund dessen werde die waffen- und jagdrechtliche Zuverlässigkeit des Antragstellers i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, § 17 Abs. 1 BJagdG in Frage gestellt und es werde beabsichtigt, dessen Waffenbesitzkarten und Jagdschein zu widerrufen.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers erklärte daraufhin mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2018, dass der Antragsteller keine Bestrebungen verfolge, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet seien oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik gefährden würden. Tatsachen, aus denen der Schluss gezogen werden könnte, dass einer dieser Punkte durch die GfP-Mitgliedschaft erfüllt sein könnte, seien nicht vorgetragen. Das Landratsamt habe keine eigenen Erkenntnisse. Stattdessen werde der Abschnitt des Bayerischen Verfassungsschutzberichtes 2018 bezogen auf die GfP zitiert. Was dort erwähnt werde, seien nur Strukturfragen. Soweit es darin heiße, dass sich die GfP im Schwerpunkt unter anderem mit der Ausländerfrage befasse, sei dies unzutreffend. Zutreffend sei vielmehr, dass die Meinungsfreiheit für nationale Publizistik ein Anliegen des Vereins sei und ebenfalls geschichtliche Fragen zum Spektrum der Arbeit gehören würden. In dieser Abstraktheit lasse das aber keinen Schluss auf die Inhalte zu. Eine solche Oberflächenskizze könne schon gar nicht erläutern, was daran gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sein solle. Daher sei nicht zu erkennen, was der rechtliche Ansatz sei, aus dem die Mitgliedschaft in der GfP für rechtsextreme oder gar verfassungsrechtlich bedenkliche Bestrebungen des Antragstellers sprechen solle. Zu dem gleichen Ergebnis würden auch die Gemeinde M… in ihrem Schreiben vom 23. September 2019 und die Polizeiinspektion M… in ihrem Schreiben vom 2. September 2019 kommen.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2019 teilte das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz dem Landratsamt mit, dass der Antragsteller seit 1991 als Rechtsextremist bekannt sei. Dieser sei seit Anfang der 90er Jahre Mitglied der rechtsextremistischen Vereinigung GfP. Die GfP sei 1960 von ehemaligen SS-Offizieren und NSDAP-Funktionären gegründet worden. Die Vereinigung stelle eine der mitgliederstärksten rechtsextremistischen Kulturvereinigungen in Deutschland dar. Die GfP stelle drei Themen in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten: die Relativierung der Kriegsschuld, die „Ausländerfrage“ und die Meinungsfreiheit für die „nationale Publizistik“. Die GfP unterhalte Verbindungen zu rechtsextremistischen Organisationen sowie zu organisationsunabhängigen rechtsextremistischen Verlagen und Vertriebsdiensten. Die GfP sei daher, wie die NPD, als rechtsextremistische Vereinigung zu werten. Am 16. April 2014 habe die GfP im Internet auf ihrer Internetseite den aktuellen Bundesvorstand veröffentlich. Dort werde der Antragsteller als Mitglied aufgeführt. Für das Wochenende 30. August bis 1. September 2019 habe die GfP in Eschenlohe ihre Mitgliederversammlung mit anschließendem Jahres-Kongress 2019 geplant. Laut der Internetseite der GfP hätten am Freitag eine Mitgliederversammlung und an den beiden darauf folgenden Tagen mehrere themenbezogene Redebeiträge stattfinden sollen. Als Redner seien unter anderem der ehemalige Fraktionsvorsitzende der AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, der Vorsitzende der Bürgerbewegung Pro-Chemnitz, sowie der Antragsteller als aktuelles Mitglied des Bundesvorstandes der GfP sowie als ehemaliges Mitglied im NPD-Bundesvorstand angekündigt worden.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2019 – zugestellt am 20. Dezember 2019 – widerrief das Landratsamt die Waffenbesitzkarten Nr. … (ausgestellt am … … …), Nr. … (ausgestellt am … … …), Nr. … (ausgestellt am … … …) und Nr. … (ausgestellt am … … …) (Nr. I.1). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die in seinem Besitz befindlichen, nachfolgend einzeln aufgeführten Waffen und Munition innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides einem Berechtigten zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar zu machen und dem Landratsamt hierüber einen Nachweis zu erbringen. Komme der Antragsteller dieser Verpflichtung nicht fristgerecht nach, würden die Waffen und die Munition sichergestellt (Nr. I.2). Der Antragsteller wurde zudem verpflichtet, die ausgestellten Waffenbesitzkarten Nr. …, Nr. …, Nr. … und Nr. … innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides beim Landratsamt abzugeben (Nr. I.3). Die sofortige Vollziehung der Nrn. I.2 und I.3 wurde angeordnet (Nr. I.4). Für den Fall, dass der Verpflichtung in Nr. I.3 des Bescheides nicht innerhalb der genannten Frist nachgekommen werde, werde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 300,00 Euro zur Zahlung fällig (Nr. I.5). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt. Zudem wurden eine Gebühr in Höhe von 160,00 Euro sowie Auslagen in Höhe von 4,11 Euro festgesetzt (Nr. I.6).
Zur Begründung wurde ausgeführt, der Widerruf der Waffenbesitzkarten werde auf § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG gestützt. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG verlange ein aktives, ziel- und zweckgerichtetes, nicht notwendigerweise aggressiv-kämpferisches Vorgehen in oder außerhalb einer Vereinigung gegen ein in § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG genanntes Schutzgut, ohne dass vorher zwingend ein Gericht entschieden habe. Damit könnten auch bei entsprechender Betätigung Mitglieder einer Vereinigung unterhalb der Funktionärseben von der Vorschrift erfasst werden. Es genüge, dass die Vereinigung die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend untergraben wolle, wie dies für eine mit dem Nationalsozialismus wesensverwandte Vereinigung kennzeichnend sei und die Ziele nicht durch Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen zu verwirklichen suche. Die Gesellschaft für Freie Publizistik e.V. sei als rechtsextremistische Vereinigung zu werten. Als Bundesvorstandsmitglied der GfP unterstütze der Antragsteller die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Bestrebungen der Vereinigung aktiv. Die Anordnung in Nr. I.2 werde auf § 46 Abs. 2 WaffG gestützt, die in Nr. I.3 auf § 46 Abs. 1 WaffG. Die sofortige Vollziehung der Nrn. I.2 und I.3 sei nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im öffentlichen Interesse angeordnet worden. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Anordnungen zur Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition dem Betroffenen bis zum Abschluss eines evtl. Verwaltungsgerichtsverfahrens belassen würden. Ein diesbezüglich möglicher Missbrauch gebiete die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Sinne der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Persönliche Interessen des Betroffenen hätten hier zurückzustehen. Als Bundesvorstand der GfP unterstütze der Antragsteller die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtete Bestrebungen des Vereins aktiv. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei vorliegend geeignet und notwendig um die nötige Schutzwirkung entfalten zu können. Die Androhung des Zwangsgelds in Nr. I.5 basiere auf Art. 29, 30, 31 und 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes – VwZVG, die Kostenentscheidung auf den einschlägigen Normen des Kostenrechts.
Gegen diesen Bescheid hat der Bevollmächtigte des Antragstellers am 7. Januar 2020 Klage (M 7 K 20.86) erhoben und zugleich Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
Zur Begründung wird vorgetragen, der Bescheid vom 16. Dezember 2019 enthalte keine Begründung. Es werde lediglich die Mitgliedschaft des Antragstellers im Vorstand der Gesellschaft für freie Publizistik aufgeführt, die der Antragsgegner dem Rechtsextremismus zuordne. Dies sei für sich nicht tragfähig. Rechtsextremismus sei keine Tatsache und keine rechtliche Einordnung, sondern eine politische Bewertung, die dem Antragsgegner nicht zukomme, da er damit in verschiedene Grundrechte des Antragstellers u.a. aus Art. 5 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 9 GG eingreife. Außerdem werde dieser angebliche Rechtsextremismus auch selbst nicht mit Tatsachen unterfüttert, sondern nur mit inhaltslosen Floskeln. Die Behauptung sei somit einerseits substanzlos und andererseits nicht überprüfbar. Im Übrigen sei „Rechtsextremismus“ kein juristischer Begriff und könne somit keine Rechtsfolgen hervorbringen. Unzulässig sei zudem der gezogene Schluss von der Erwähnung der GfP im Bayerischen Verfassungsschutzbericht auf eine rechtsextreme Verortung. Der Verfassungsschutzbericht sei eine Einschätzung, die keine Rechtsfolgen nach sich ziehe. Sofern der Antragsgegner auf eine etwaige Verfassungswidrigkeit der GfP abstelle, wäre dem entgegenzuhalten, dass eine solche Fragestellung erst nach einem durchgeführten Verbotsverfahren mit entsprechender rechtlicher Würdigung zum Tragen kommen könnte. Jedenfalls müssten aber Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich der rechtliche Schluss ziehen ließe. Dem gesamten Bescheid mangle es an einer Auseinandersetzung mit dem persönlichen Verhalten des Antragstellers. Das wäre jedenfalls deshalb erforderlich gewesen, weil er der diskriminierten GfP bereits seit Jahrzehnten angehöre und er mindestens seit dem Jahre 2012 überprüft werde. Es wäre darzulegen gewesen, warum sich seine Mitgliedschaft in der GfP jetzt auf seine waffenrechtliche Zuverlässigkeit auswirke, obwohl sie dies bislang nicht getan habe. Da der Antragsgegner keinerlei Hinweis zu einem möglichen persönlichen Missbrauch seiner Waffen seitens des Antragstellers aufzeige, sei jedenfalls die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht „dringend“ geboten.
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung wiederherzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen.
Der Antragsgegner nimmt zur Begründung Bezug auf den Bescheid vom 16. Dezember 2019.
Ergänzend wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 7 K 20.86 und die vorgelegten Behördenakten.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. I.2 und I.3 des Bescheids vom 16. Dezember 2019 formell rechtmäßig ist und das (teilweise kraft Gesetzes bestehende – vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. I.2 und I.3 ist formell rechtmäßig. Insbesondere genügt die jeweils von der Waffen- bzw. Jagdbehörde vorgebrachte Begründung -an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55 m.w.N.) – formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes handelt.
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt die summarische Prüfung, dass der Bescheid vom 16. Dezember 2019 rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarten. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg der Klage in der Hauptsache kann daher nicht angenommen werden. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarten sowie an den hierzu ergangenen Folgeanordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des in Nr. I.1 des Bescheids angeordnete Widerrufs der Waffenbesitzkarten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei, also im Falle des Widerrufs einer waffenrechtlichen Erlaubnis, der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d.h. hier des Bescheiderlasses (vgl. BVerwG, U.v. 16.5.2007 – 6 C 24.06 – juris Rn. 35).
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis, vorliegend die Waffenbesitzkarten nach § 10 Abs. 1 WaffG, zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt.
Die Tatsachen, die dem Gericht derzeit vorliegen und die im Rahmen des Eilverfahrens zu würdigen sind, rechtfertigen die Prognose einer waffenrechtlichen (Un-)Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG.
Maßgeblich für die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers ist § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG in der Fassung des Gesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), geändert durch Gesetz vom 30. Juni 2017 (BGBl. I S. 2133). Danach besitzen die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel Personen nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen oder unterstützen oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt haben, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind.
Anders als noch bei § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG in der Fassung vom 11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, 4592; 2003 I S. 1957), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154), bei dem der Nachweis erforderlich war, dass die betroffene Person einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung tatsächlich verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren unterstützt hat (vgl. BT-Drs. 28/12397, S. 13), ist nunmehr ausreichend, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die betroffene Person derartige Bestrebungen verfolgt oder unterstützt bzw. in den letzten Jahren verfolgt oder unterstützt hat. Diese Tatsachen müssen den Schluss zulassen, dass die betreffende Person einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung die unter den Buchstaben a bis c des § 5 Absatz 2 Nummer 3 genannten Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt oder unterstützt hat (vgl. BT-Drs 18/12397, S. 13). Entscheidend für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG nicht gegeben ist, ist somit eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert. Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen (vgl. BVerwG, U.v. 28.1.2015 – 6 C 1/14 – juris Rn. 17). Denn das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) erschöpft sich nicht in einem subjektiven Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe. Vielmehr ist aus ihm auch eine Schutzpflicht des Staates für das geschützte Rechtsgut abzuleiten, insbesondere eine Schutzpflicht hinsichtlich Missbrauchsgefahren, die vom Umgang mit Schusswaffen ausgehen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 23.1.2013 – 2 BvR 1645/10 – juris Rn. 4). Vor diesem Hintergrund sind die Vorschriften des Waffengesetzes von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden, etwa weil sie zu kurz gegriffen wären. Weder kann festgestellt werden, dass die öffentliche Gewalt überhaupt keine Schutzvorkehrungen gegen die von Schusswaffen ausgehenden Gefahren getroffen hätte, noch, dass die getroffenen Regelungen und Maßnahmen in ihrer Gesamtheit zum Schutze der Allgemeinheit offensichtlich gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich wären. Es besteht insbesondere auch kein grundrechtlicher Anspruch auf weitergehende oder auf bestimmte Maßnahmen wie etwa ein Verbot von Sportwaffen. Bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht kommt aber der Legislative sowie Exekutive ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der insoweit nur einer beschränkten verfassungsgerichtlichen Nachprüfbarkeit unterliegt (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 23.1.2013 – 2 BvR 1645/10 – juris Rn. 10). Diese Überlegung ergibt, dass im Interesse der inneren Sicherheit und der Notwendigkeit effektiver Gefahrenabwehr sowie der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei der Beurteilung, wer Schusswaffen besitzen darf, dem öffentlichen Interesse, dass möglichst wenige Waffen „ins Volk kommen“, Vorrang vor dem Interesse Einzelner am Besitz von Waffen eingeräumt werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.1975 – I C 25.73 – juris Rn. 20). In diesem Sinne ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, ist für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich. Es genügt vielmehr der durch konkrete Tatsachen begründete Verdacht der Verfolgungs- und Unterstützungshandlung (vgl. Brunner, in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand 01/2020, § 5 WaffG Rn. 77). Ein Nachweis der Verfolgung solcher sicherheitsgefährdender Bestrebungen ist nicht erforderlich (vgl. Brunner, in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand 01/2020, § 5 WaffG Rn. 79). Allerdings genügen Anhaltspunkte, die im Verdachtsgehalt vage bleiben und nicht auf Tatsachen beruhen, nicht. Lässt sich folglich ein Sachverhalt nicht abschließend klären, besteht aber ein tatsachengegründeter Verdacht, dass ein Regelunzuverlässigkeitstatbestand vorliegt, dann wiegt das damit verbleibende Risiko eines unzuverlässigen Umgangs mit tödlichen Waffen und den daraus resultierenden Folgen für Leib und Leben Dritter höher als die Freiheit, solche Waffen besitzen zu dürfen. (vgl. BT-Drs 18/12397).
Bei dem in § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) genannten Tatbestandsmerkmal der Bestrebungen, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten, handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung und Anwendung der uneingeschränkten Prüfung durch die Verwaltungsgerichte unterliegt und deren Entscheidungskompetenz auch nicht dadurch eingeschränkt ist, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Partei nach Art. 21 Abs. 2 GG a.F., § 46 BVerfGG dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten ist. Für die Auslegung kann auf die Rechtsprechung zu Art. 9 Abs. 2 GG zurückgegriffen werden. Nach der zweiten Tatbestandsvariante des Art. 9 Abs. 2 GG sind solche Vereinigungen verboten, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Das Schutzgut der verfassungsmäßigen Ordnung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 GG umfasst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wie die freiheitliche demokratische Grundordnung in Art. 21 Abs. 2 GG die elementaren Grundsätze der Verfassung, namentlich die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG, das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Weiter muss sich eine Vereinigung gegen diese elementaren Grundsätze „richten“. Hierfür reicht es nicht aus, dass sie sich kritisch oder ablehnend gegen diese Grundsätze wendet oder für eine andere Ordnung eintritt. Anders als bei Art. 21 Abs. 2 GG, der fordert, dass eine Partei „darauf ausgeht“, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen, muss jedoch nicht bereits eine konkrete Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung eingetreten sein. Entscheidend ist, ob die Vereinigung als solche nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung einnimmt. Dazu genügt aber, dass sie die verfassungsmäßige Ordnung fortlaufend untergraben will, wie dies für eine mit dem Nationalsozialismus wesensverwandte Vereinigung kennzeichnend ist. Sie muss ihre Ziele hingegen nicht durch Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen zu verwirklichen suchen (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 23 m.w.N.). Wer das Ziel verfolgt, die Geltung des Grundsatzes der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG für Teile der Bevölkerung außer Kraft zu setzen sowie elementare Bestandteile des Demokratieprinzips zu beseitigen, und zur Erreichung dieses Ziels auf unterschiedlichen Ebenen Aktivitäten entfaltet, die neben der Teilnahme am regulären politischen Meinungskampf auch Diffamierungen und Agitation umfassen, nimmt nach außen eine kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber den elementaren Grundsätzen der Verfassung ein. Ein kämpferisch-aggressives Vorgehen gegen die verfassungsmäßige Ordnung setzt – wie ausgeführt – keine Gewaltanwendung oder sonstige Rechtsverletzungen voraus (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 26).
Ausgehend von diesen Grundsätzen dürfte die GfP eine Vereinigung i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) darstellen, deren Bestrebungen sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Ausweislich des Verfassungsschutzberichts Bayern 2018 (S. 165 f.) handelt es sich bei der GfP um die mitgliederstärkste rechtsextremistische Kulturvereinigung, die die Themen „Relativierung der Kriegsschuld“, „Ausländerfrage“ und „die Meinungsfreiheit für die ‚nationale Publizistik‘“ in den Mittelpunkt ihrer Aktivitäten stelle. Zudem unterhalte diese Verbindungen zu rechtsextremistischen Verlagen und Vertriebsdiensten und veranstalte Kongresse, die dazu dienten, Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum zusammenzuführen und den organisationsübergreifenden Zusammenhalt zu stärken. Diese Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht Bayern dürfte dabei auch eine hinreichende Tatsachengrundlage i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) darstellen, die die Annahme rechtfertigt, dass die GfP Bestrebungen verfolgt, die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten. Denn nach Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 3 Satz 1 Bayerisches Verfassungsschutzgesetz – BayVSG – i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG – erfolgt eine Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht Bayern bei Vorliegen hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte über Bestrebungen, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind. Damit wird einerseits gerade noch keine Gewissheit über das Vorliegen von Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, verlangt. Andererseits wird mit dem tatbestandlichen Erfordernis hinreichend gewichtiger tatsächlicher Anhaltspunkte klargestellt, dass bloße Vermutungen oder ein bloßer Verdacht nicht ausreichen, sondern konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis vorliegen müssen (vgl. zu Art. 15 Satz 1 BayVSG a.F. BayVGH, U.v. 6.7.2017 – 10 BV 16.1237 – juris Rn. 26). Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Berichterstattung im Verfassungsschutzbericht Bayern und für die Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) sind weitestgehend identisch. Dementsprechend indiziert die Berichterstattung über die GfP im Verfassungsschutzbericht Bayern, dass zugleich die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) im Hinblick auf die GfP erfüllt sind. Das Gericht kann sich folglich auf den Verfassungsschutzbericht Bayern stützen und hält die Einschätzungen des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz für tragfähig, die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers zu begründen (vgl. auch VG Ansbach, U.v. 25.4.2019 – AN 16 K 17.01038 – juris Rn. 30; VG München, B.v. 27.7.2017 – M 22 E 17.1861 – juris Rn. 60 ff.). In diesem Kontext ist zudem zu beachten, dass das Landesamt für Verfassungsschutz mit Schreiben vom 6. Dezember 2019 nochmals explizit mitgeteilt hat, dass die GfP, wie die NPD, als rechtsextremistische Vereinigung zu werten sei. Schließlich ist ein weiteres Indiz dafür, dass die GfP Bestrebungen im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) verfolgt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, dass ausweislich ihres Internetauftritts (www.gfp-netz.de/kongresse/Kongress_2018/body_kongress_2018.html) sowie des Verfassungsschutzberichts Bayern (S. 166) der YouTube-Blogger N. K., bekannt als „Volkslehrer“ beim Jahreskongress 2018 der GfP aufgetreten ist. Denn im Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes wird zu diesem ausgeführt, dass der Kanal „Der Volkslehrer“ verschwörungstheoretische beziehungsweise antisemitische Positionen veröffentliche und da im Rechtsextremismus verbreitete Narrativ einer vermeintlichen („jüdischen“) Clique benutzte, die im Verborgenen und allein zu ihrem Vorteil die Geschicke der Welt führe und dabei souveräne Völker unterdrücke und gegeneinander ausspiele. Er würden dabei Positionen vereint, die sowohl von Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern als auch von Akteuren eines regierungs- und asylkritischen Spektrums artikuliert würden. Hierzu zähle beispielsweise der Verweis auf das Widerstandsrecht aus Art. 29 Abs. 4 Grundgesetz (GG), auf das sich auch eine Vielzahl von Akteuren und Initiativen bei ihrem Protest gegen die Asyl- und Migrationspolitik der Bundesregierung berufen würden. Zu den weiteren wiederkehrenden Motiven in den Videos würden die Warnung vor einer „Überfremdung“ und dem schleichenden „Aussterben des deutschen Volkes“ sowie die fundamentale Kritik an einem vermeintlich willkürlich handelnden politischen System, das sich explizit gegen „Patrioten“ richte und dem sich auch die Medien unterworfen hätten, gehören (vgl. Verfassungsschutzbericht 2018 des Bundes, S. 62).
In der Gesamtschau dürften somit im maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheidserlasses hinreichend Tatsachen vorgelegen haben, die die Annahme rechtfertigten, dass die GfP Bestrebungen verfolgt oder in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind.
Der Antragsteller hat die GfP als verfassungsfeindliche Vereinigung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) durch seine Tätigkeit als Mitglied des Bundesvorstandes unterstützt.
Denn es führen nicht nur solche Aktivitäten zur Regelunzuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG, die die Bereitschaft erkennen lassen, die Waffe zukünftig zum Kampf gegen die verfassungsmäßige Ordnung einzusetzen. Der Regelung liegt die Annahme des Gesetzgebers zugrunde, dass die aktive Unterstützung verfassungsfeindlicher Bestrebungen die – im Einzelfall widerlegbare – Prognose eines waffenrechtlich relevanten Sicherheitsrisikos rechtfertigt, ohne dass darüber hinaus noch ein konkreter Bezug zum Einsatz von Waffen erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 28). Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen relevanten Unterstützungshandlungen und lediglich untergeordneten Aktivitäten ist das Kriterium der Außenwirkung der konkreten Betätigung. Zu den relevanten Unterstützungshandlungen i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG (a. F.) zählt jedenfalls die Wahrnehmung von leitenden Funktionen in der Vereinigung. Als Unterstützungshandlung im waffenrechtlich relevanten Sinne sind daher solche Betätigungen anzusehen, bei denen jemand innerhalb der Vereinigung oder für die Vereinigung nach außen erkennbar Funktionen wahrnimmt und dadurch in der Öffentlichkeit zu erkennen gibt, dass er hinter den verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Vereinigung steht und diese mit tragen will (vgl. Sächs. OVG, Urteil v. 16.03.2018 – Az. 3 A 556/17 -, juris, Rn. 52; vgl. zur Stellung in einer Partei BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris Rn. 29 ff.).
Entsprechend diesen Grundsätzen dürfte die Stellung des Antragstellers als … im Bundesvorstand der GfP grundsätzlich geeignet sein, um von einer Unterstützung der GfP i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG (a. F.) auszugehen, da er sich auf Grund dessen jedenfalls deren verfassungsfeindliche Bestrebungen zurechnen lassen muss.
Im Übrigen könnte auch eine langjährige Mitgliedschaft des Antragstellers in der NPD, u.a. als Beisitzer im Bundesvorstand, als Anhaltspunkt dafür zu berücksichtigen sein, dass der Antragsteller bereits in der Vergangenheit Bestrebungen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind, verfolgt bzw. unterstützt hat (vgl. zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit i.S.v. § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG a. F. eines Funktions- bzw. Mandatsträgers der NPD: BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9/18 – juris). Denn auch wenn diese vermeintlich länger als fünf Jahre zurückliegt, könnte diese dennoch ein Indiz dafür sein, dass der Antragsteller damals Bestrebungen, die gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichtet sind, verfolgt bzw. unterstützt hat und nunmehr – entsprechend den obigen Ausführungen – in geänderter Form in Gestalt seiner Mitgliedschaft in der GfP auch weiterhin verfolgt bzw. unterstützt. Der Antragsteller hat jedenfalls bislang nicht explizit zur erkennen gegeben, dass er von den, während der Zeit seiner Mitgliedschaft in der NPD, mutmaßlich verfolgten Bestrebungen mittlerweile Abstand genommen hätte.
Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass atypische Umstände vorliegen könnten, die geeignet wären, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 WaffG ausnahmsweise zu widerlegen. Solche Umstände, die in diesem Sinne geeignet sind, bei Funktionsträgern einer nicht verbotenen Vereinigung bzw. politischen Partei die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG zu widerlegen, liegen allerdings nicht schon dann vor, wenn – negativ – keine individuellen Äußerungen und Verhaltensweisen der betroffenen Person bekannt sind, die eine Tendenz zur Anwendung, Androhung oder Billigung von Gewalt oder zur Missachtung der geltenden Rechtsordnung erkennen lassen. Vielmehr sind – positiv – konkrete Belege für die aktive Bekämpfung derartiger Tendenzen in der Partei und ihrem unmittelbaren Umfeld zu fordern, damit die durch die Unterstützung der verfassungsfeindlichen Bestrebungen der Partei begründeten Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit des Betroffenen bezüglich des Umgangs mit Waffen und Munition als entkräftet angesehen werden können. Atypische Umstände im dargelegten Sinne sind daher bei den in Rede stehenden Personen grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn – neben einem in waffenrechtlicher Hinsicht beanstandungsfreien Verhalten – feststeht, dass sie sich von hetzenden Äußerungen sowie gewaltgeneigten, bedrohenden oder einschüchternden Verhaltensweisen von Mitgliedern und Anhängern der Vereinigung unmissverständlich und beharrlich distanziert haben. Wer sich zur Widerlegung der Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) auf derartige in seiner Sphäre liegende Umstände beruft, dem obliegt im Verfahren vor der Waffenbehörde oder dem Verwaltungsgericht zudem eine besondere Darlegungspflicht (vgl. BVerwG, U.v. 19.6.2019 – 6 C 9.18 – juris Rn. 36).
Derartige atypische Umstände, die Rückschlüsse auf eine eindeutige Abkehr oder Distanzierung von dem tatbestandsmäßigen Verhalten des Antragstellers zulassen, sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich solche nicht aus dem angeführten beanstandungsfreien Waffenbesitz. Dieser ist nicht geeignet, die Regelvermutung des § 5 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a WaffG (a. F.) zu widerlegen (vgl. BVerwG, U.v. 19.06.2019 – Az. 6 C 9/18 – juris Rn. 34). Ein langjähriger, beanstandungsfreier Waffenbesitz ist zwar notwendige, nicht jedoch hinreichende Bedingung für die Widerlegung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, da waffenrechtskonformes Verhalten ohnehin bei jedem Waffenbesitzer vorausgesetzt werden kann. Auch ein schlichtes Aufgeben bzw. Unterlassen der tatbestandsmäßigen Verhaltensweisen innerhalb der gesetzlichen Wohlverhaltensfrist des § 5 Abs. 2 Nr. 3 WaffG (a. F.) von fünf Jahren kann grundsätzlich nicht ausreichen, um die gesetzliche Regelvermutung zu widerlegen. Es müssen hierzu vielmehr weitere Umstände im Verhalten des Antragstellers im Sinne einer eindeutigen Abkehr oder Distanzierung hinzutreten (vgl. HessVGH, U.v. 12.10.2017 – 4 A 626/17 – juris Rn. 28). Solche sind jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich.
Schließlich dürften auch gegen die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse verbundenen notwendigen Anordnungen in Nr. I.2 (Verpflichtung zur Überlassung bzw. Unbrauchbarmachung der Waffen und Munition), I.3 (Verpflichtung zur Rückgabe der Erlaubnisse im Original) und Nr. I.5 (Zwangsgeldandrohung) des Bescheids vom 28. Oktober 2019 keine rechtlichen Bedenken bestehen. Die Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunden sicher. Soweit dem Antragsgegner dabei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler nicht ersichtlich. Insbesondere erscheint die in Nrn. I.2 und I.3 jeweils eingeräumte Frist von vier Wochen nach Zustellung des Bescheids als angemessen.
Jedenfalls überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügungen das Interesse des Antragstellers.
Denn in Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung – hier bezüglich des Widerrufs der Waffenbesitzkarten – unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nrn. 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.).
Im Hinblick auf die Nr. I.1 des Bescheids vom 16. Dezember 2019 intendiert die gesetzliche Wertung des § 45 Abs. 5 WaffG bereits ein überwiegendes Vollzugsinteresse. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges legitimes Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-)Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (vgl. BayVGH, B.v. 25.4.2018 – 21 CS 17.2459 – juris Rn. 29 unter Verweis auf BT-Drs. 16/7717, S. 33). Der Antragsteller hat insoweit, sprich bzgl. des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse, keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid des Antragsgegners verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers zurückzustehen.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) besteht aus Gründen der Gefahrenabwehr regelmäßig auch für die mit der Widerrufsentscheidung verbundene notwendige Anordnung, die ausgestellten Erlaubnisurkunden zurückzugeben (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Denn diese Folgeentscheidung stellt sicher, dass der kraft Gesetzes (§ 45 Abs. 5 WaffG) sofort vollziehbare Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnis tatsächlich umgesetzt wird (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz – GKG – unter Berücksichtigung der Nrn. 1.5 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Danach sind für die Waffenbesitzkarten einschließlich einer Waffe ein Betrag von 5.000,- Euro zzgl. 750,- Euro je weiterer Waffe (hier: 11 Waffen) anzusetzen. Daraus errechnet sich für das Hauptsacheverfahren ein Gesamtstreitwert von 13.250,- Euro, der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes halbiert wird.


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