Strafrecht

Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer – Maßregelvollzug

Aktenzeichen  1 Ws 124/16

Datum:
15.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 131874
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 14
BayMRVG Art. 6, Art. 41 Nr. 3
StVollzG § 110

 

Leitsatz

Tenor

Zuständig für die nach Art. 41 Nr. 3, 6 Abs. BayMRVG zu treffende Entscheidung ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Traunstein.

Gründe

I.
Der Beschuldigte M… F… befindet sich aufgrund Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts Traunstein vom 12.07.2015 in einstweiliger Unterbringung im … Klinikum in … Mit Beschluss vom 09.12.2015 (5 Ks 201 Js 25159/15) hat die 5. Strafkammer (Schwurgericht) des Landgerichts Traunstein den Antrag der Staatsanwaltschaft Traunstein im Sicherungsverfahren zugelassen und das Sicherungsverfahren eröffnet. Termin zur Hauptverhandlung ist bestimmt auf den 22.02.2016.
Mit Schreiben vom 15.01.2016 machten die Ärzte des … Klinikums Ausführungen zum derzeitigen Gesundheitszustand des Beschuldigten und beantragten die gerichtliche Genehmigung einer Zwangsmedikation. Mit Beschluss vom 27.01.2016 erklärte sich die 5. Strafkammer des Landgerichts Traunstein für die Entscheidung nicht zuständig und führte aus, nach dem BayMRVG sei die Strafvollstreckungskammer zuständig.
Die Strafvollstreckungskammer erklärte sich mit Beschluss vom 28.01.2016 ebenfalls für unzuständig, zuständig sei die Strafkammer, und legte die Sache zur Entscheidung gemäß § 14 StPO dem Oberlandesgericht vor.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Strafvollstreckungskammer für zuständig zu erklären.
II.
1. Der bestehende Zuständigkeitsstreit ist einer Entscheidung durch das Oberlandesgericht München als gemeinschaftliches oberes Gericht gemäß § 14 StPO zugänglich.
Es handelt sich nicht um einen Zuständigkeitskonflikt, der sich über die Regelungen in §§ 209, 209 a, 225 a, 270 StPO lösen lässt. Auch das Präsidium des Landgerichts Traunstein kann über den Zuständigkeitsstreit nicht entscheiden, weil es nicht um die Auslegung der Geschäftsverteilung geht, sondern über die gesetzlich festgelegte Aufgabenverteilung.
2. Zuständig für die hier anstehende Entscheidung ist die Strafvollstreckungskammer.
Nach Art. 41 Nr. 3 BayMRVG gilt Art. 6 BayMRVG für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung entsprechend. Nach Art. 6 Abs. 4 BayMRVG hat die Maßregelvollzugseinrichtung im Falle, dass die untergebrachte Person in eine Behandlung nicht einwilligt, den Vorgang nach §§ 110, 138 Abs. 3 StVollzG der zuständigen Strafvollstreckungskammer vorzulegen und die §§ 109 bis 121 StVollzG gelten entsprechend. Auch nach § 110 StVollzG ist die Strafvollstreckungskammer für die Entscheidung zuständig. Aus den Gesetzesmaterialien (Landtagsdrucksache 17/4944, insbes. Seite 33) lässt sich nicht entnehmen, dass die für den Maßregelvollzug (nach Rechtskraft) getroffenen Regelungen für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung nur eingeschränkt gelten sollen.
Gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auf das Strafrecht, die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren. Eine vorrangige bundesgesetzliche Regelung für gerichtliche Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit von Zwangsbehandlungen im Maßregelvollzug existiert nicht.
Entscheidungen des erkennenden Gerichts nach § 119 StPO sind beschränkt auf die Abwehr einer Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr. Solche Gefahren stehen hier nicht im Raum.
Mit Einführung des BayMRVG ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut für die Entscheidung, wie sie vorliegend ansteht, die Strafvollstreckungskammer zuständig.
In ihrem Beschluss vom 28.01.2016 führt die Strafvollstreckungskammer zu Recht aus, dass die neue Zuständigkeitsregelung der vorangegangenen nicht entspricht und vorher der Ermittlungsrichter oder das erkennende Gericht zuständig waren. Die von der Strafvollstreckungskammer verneinend beantwortete Frage, ob die mit der Neuregelung einhergehende Zuständigkeitsänderung sinnvoll oder „wesenfremd“ ist, lässt es nicht zu, die neuen gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen zu ignorieren.
Dass die auseinanderfallende Zuständigkeit in Bezug auf das „Ob“ und das Wie“ des Vollzugs in der Praxis zu unterschiedlichen Anordnungskompetenzen führt, war dem Landesgesetzgeber bewusst und ist in der o.g. Landtagsdrucksache auf Seite 22 umschrieben mit „nicht zu vermeidende Konsequenz aus der Aufspaltung der Gesetzgebungskompetenz zwischen dem Bund und den Ländern“.


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