Verkehrsrecht

Abbruch eines Drogenabstinenzprogramms

Aktenzeichen  11 ZB 18.344

Datum:
16.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 8636
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, § 124a Abs. 5 S. 2, § 138 Nr. 3, § 152 Abs. 1
GKG § 47 Abs. 1 S. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

1. Behauptet ein Führerscheininhaber, ein positiver Cocain-Wert in einer Haaranalyse resultiere aus Verunreinigungen durch den Kontakt mit Drogenkonsumenten, muss er einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. (Rn. 28)
2. Für im Körper gebildete Stoffwechsel- und Abbauprodukte von Kokain (hier: Benzoylecgonin und Norcocain) wird in den CTU-Kriterien für Haaranalysen keine Bestimmmungsgrenze festgelegt. Beweissichere Nachweise dieser Substanzen auch unterhalb der vom jeweiligen Labor festgelegten cut-off-Werte können daher bei positivem Cocain-Wert die Annahme eines Konsums stützen. (Rn. 28)

Verfahrensgang

M 6 K 16.5616 2017-12-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse 3 (erteilt am 29.4.1982).
Mit Bußgeldbescheid vom 16. Oktober 2014 ahndete das Bayerische Polizeiverwaltungsamt den Kläger wegen einer Fahrt mit einem Kraftfahrzeug am 28. Juli 2014 unter der Wirkung eines berauschenden Mittels. Nach dem Gutachten des Prof. Dr. med. Matthias Graw vom 19. September 2014 hatte der Kläger mit einem Tetrahydrocannabinol(THC)-Gehalt von 2,8 ng/ml im Blut ein Kraftfahrzeug geführt.
Nach Anhörung entzog ihm die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2015 die Fahrerlaubnis, da er nach § 11 Abs. 7 FeV i.V.m. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei.
Auf den Widerspruch des Klägers forderte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 12. Mai 2015 auf, innerhalb von 13 Monaten ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, und setzte den Sofortvollzug der Fahrerlaubnisentziehung für die Dauer des Abstinenzprogramms aus. Es sei zu klären, ob der Kläger trotz der früheren Betäubungsmitteleinnahme ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1 und 2 sicher führen könne und insbesondere nicht (mehr) zu erwarten sei, dass er zukünftig Betäubungsmittel nach dem Betäubungsmittelgesetz einnehme, sodass dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei. Der Kläger erklärte daraufhin am 1. Juni 2015, die Begutachtung solle bei der pima mpu GmbH durchgeführt werden. Es sei ihm bekannt, dass seine Fahrerlaubnis entzogen werden könne, wenn er das Programm abbreche, behindere, Termine nicht wahrnehme usw..
Am 12. November 2015 wurde ihm im Rahmen des Drogenabstinenzprogramms eine neun Zentimeter lange Haarprobe entnommen und die kopfhautnahen sechs Zentimeter untersucht. Es wurden keine Drogenrückstände festgestellt. In einer am 19. Mai 2016 entnommenen Haarprobe wurden in dem kopfhautnahen, sechs Zentimeter langen Stück 0,24 ng/mg Cocain, 0,02 ng/mg Benzoylecgonin und 0,007 ng/mg Norcocain festgestellt. Die pima mpu GmbH brach das Drogenabstinenzprogramm daraufhin ab und teilte dies der Beklagten am 13. Juni 2016 mit.
Der Kläger legte daraufhin ein Gutachten der Forensisch Toxikologisches Centrum GmbH (FTC) vom 5. Juli 2016 vor, womit bestätigt wird, bei einer am 20. Juni 2016 entnommenen Haarprobe in einem sieben Zentimeter langen kopfhautnahen Segment seien keine Rückstände von Drogen gefunden worden. Die pima mpu GmbH teilte im Rahmen des Widerspruchsverfahrens auf Nachfrage mit Schreiben vom 31. August 2016 mit, die Probenahme am 19. Mai 2016 sei entsprechend den CTU-Kriterien erfolgt. Das Ergebnis sei vom Labor nochmals bestätigt worden. Eine einen Monat später erfolgte Analyse eines längeren Haarstücks könne, insbesondere bei niedrigen Werten, ein anderes Ergebnis bringen, da eine deutlichere Verdünnung der Konzentration der fraglichen Stoffe erfolge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2016, zugestellt am 14. November 2016, wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers zurück. Der Kläger sei nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er Drogen konsumiere. Eine einjährige Abstinenz nach Nr. 9.5 der Anlage 4 sei nicht nachgewiesen.
Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 13. Dezember 2017 abgewiesen. Der Kläger sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, da er Drogen konsumiert habe. In der am 19. Mai 2016 entnommenen Haarprobe seien 0,24 ng/ml Cocain festgestellt worden. Dieser Wert liege über dem angegebenen cut-off-Wert von 0,10 ng/ml. Das gefundene Benzoylecgonin und Norcocain bestätige eine Körperpassage. Dieses Ergebnis stehe auch nicht im Widerspruch zu der Analyse der am 20. Juni 2016 entnommenen Haarprobe, da auf Wunsch des Klägers dabei sieben Zentimeter untersucht worden seien und deshalb eine Verdünnung stattgefunden habe.
Dagegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt. Der Kläger macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend, da die Konzentration der gefundenen Abbauprodukte Benzoylecgonin und Norcocain unter dem cut-off-Wert gelegen habe. Diese Werte könnten deshalb nicht verwertet werden. Der gefundene Rückstand von Cocain könnte sich durch Anhaftungen wegen eines Körperkontakts mit einer konsumierenden Person erklären. Es gebe entsprechende Forschungsergebnisse hinsichtlich Tetrahydrocannabinol. Die Haarprobe vom 20. Juni 2016 sei auch nicht irrelevant. Es spiele keine Rolle, ob das analysierte Haarstück sechs oder sieben Zentimeter lang sei. Bei der Analyse vom 19. Mai 2016 komme auch eine Laborverunreinigung in Betracht. Der Kläger sei auch kein gelegentlicher Cannabiskonsument. Zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung sei er über ein Jahr drogenfrei gewesen. Es liege auch ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz vor, da nicht durch Sachverständigengutachten aufgeklärt worden sei, ob die unter den cut-off-Werten liegenden Ergebnisse verwertet werden könnten, ob die Abbauprodukte von Cocain auch von anderen Personen übertragen worden sein könnten und ob die Haarprobe vom 20. Juni 2016 im Widerspruch zu der Haarprobe vom 19. Mai 2016 stehe. Es liege auch ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör vor, da der Sachvortrag zu den cut-off-Werten nicht zur Kenntnis genommen worden und das vierte Gutachten des FTC vom 24. Januar 2017, mit dem erneut Drogenfreiheit nachgewiesen werde, nicht berücksichtigt worden sei. Es komme nicht auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids, sondern auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an, da es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis um einen Dauerverwaltungsakt handele. Die Rechtssache weise auch besondere rechtliche Schwierigkeiten auf und habe grundsätzliche Bedeutung. Es sei zu klären, ob in einer Haarprobe die Cocain-Abbauprodukte Benzoylecgonin und Norcocain unterhalb der cut-off-Werte zum positiven Nachweis eines Cocain-Konsums oder zum Beleg einer Nicht-Abstinenz von Cocain verwertet werden könnten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGH 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124a Rn. 54), ergeben sich die geltend gemachten Berufungszulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, 5 VwGO) nicht.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16). Das ist vorliegend nicht der Fall.
Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Fahrerlaubnisentziehung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (stRspr; vgl. BVerwG, U.v. 28.10.2014 – 3 C 3.13 – Blutalkohol 52, 151 = juris Rn. 13; U.v. 18.4.2010 – 3 C 2.10 – BVerwGE 137, 10 Rn. 11 m.w.N.). Somit ist hier auf die Zustellung des Widerspruchsbescheids abzustellen. Zugrunde zu legen ist danach das Straßenverkehrsgesetz vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), bis dahin zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Mai 2016 (BGBl I S.1217), und die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2015 (BGBl I S.1674).
Soweit der Kläger rügt, es müsse der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden, da es sich bei der Entziehung der Fahrerlaubnis um einen Dauerverwaltungsakt handele, kann dem nicht gefolgt werden. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 6 Satz 1 FeV erlischt mit der Entziehung die erteilte Fahrerlaubnis. Darauf ist die Wirkung des Entziehungsbescheids beschränkt. Die nach Erlass des Widerspruchsbescheids vorgelegten Abstinenznachweise können daher nur in einem Neuerteilungsverfahren Berücksichtigung finden.
Auch im Übrigen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist.
Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel i.S.d. Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt.
Hier ist durch das Untersuchungsergebnis der Haarprobe vom 19. Mai 2016 bekannt geworden, dass der Kläger Kokain konsumiert. Dieses Ergebnis ist auch verwertbar, da der cut-off-Wert von 0,1 ng/mg durch den Fund von 0,24 ng/mg Cocain überschritten ist.
Soweit der Kläger vorträgt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Drogenfund nicht durch einen Konsum sondern durch Körperkontakt mit einem Kokainkonsumenten, nämlich einem Stylisten, hervorgerufen worden sei, kann dies nicht zur Zulassung der Berufung führen.
Zwar setzt die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln grundsätzlich einen willentlichen Konsum voraus (zu einer behaupteten unbemerkten Verabreichung durch Dritte vgl. BayVGH, B.v. 19.1.2016 – 11 CS 15.2403 – ZfSch 2016, 175 = juris Rn. 12 m.w.N.). Eine Verunreinigung der Haare durch den Kontakt mit Drogenkonsumenten oder andere exogene Antragungen erscheint auch möglich (vgl. Nr. 8.1.3 der Beurteilungskriterien – Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Hrsg.: Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie/Deutsche Gesellschaft für Verkehrsmedizin, 3. Aufl. 2013, mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 27.1.2014 [VkBl 2014, 132] als aktueller Stand der Wissenschaft eingeführt, S. 253), stellt aber eine Ausnahme dar. Wer – wie der Kläger – behauptet, die in seinen Haaren festgestellten Substanzen seien durch Kontakt mit anderen Personen, die Drogen konsumierten, hervorgerufen, muss deshalb einen detaillierten, in sich schlüssigen und auch im Übrigen glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt. An einem solchen Vortrag fehlt es vorliegend. Der Kläger hat den angeblichen Stylisten weder als Zeugen benannt noch eine eidesstattliche Versicherung oder zumindest eine Stellungnahme dieser Person vorgelegt, aus der sich ergibt, dass sie vor dem Kontakt mit dem Kläger Kokain konsumiert hat. Er hat auch nicht unter Nachweis von Terminen dargelegt, wann er bei dem Stylisten war und wie es dabei zur Verunreinigung seiner Haare gekommen sein soll. Die bloße Behauptung, es könne möglicherweise zu einer exogenen Antragung gekommen sein, reicht nicht aus.
Darüber hinaus hat die pima mpu GmbH auf Nachfrage bestätigt, dass das Drogenkontrollprogramm entsprechend der CTU-Kriterien durchgeführt worden ist und der Kläger hat dem nicht widersprochen. Es ist daher davon auszugehen, dass er entsprechend Nr. 8.1.5 Kriterium CTU 1 Nr. 15 der Beurteilungskriterien (S. 266) auf mögliche Verfälschungen der Laborergebnisse bei Aufenthalt in Räumen mit Kokainrauch bzw. Kokainstäuben in der Umgebungsluft und zu entsprechenden vorsorglichen Verhaltensweisen aufgefordert worden ist und nach Nr. 8.1.5 Kriterium CTU 2 Nr. 14 der Beurteilungskriterien (S. 270) eine Information und Befragung zu Passivkonsum stattfand. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die Haarprobe ordnungsgemäß dekontaminiert worden ist (vgl. S. 254 der Beurteilungskriterien), wie auch im Endbefund des Medizinischen Versorgungszentrums Weiden (MVZ) vom 13. Juni 2016 bestätigt.
Für ein Laborversehen sind vom Kläger keinerlei Anhaltspunkte genannt worden und solche sind auch nicht ersichtlich. Aufgrund einer Nachfrage hat die pima mpu GmbH mit Schreiben vom 31. August 2016 bestätigt, dass die gemessenen Werte korrekt seien.
Die Werte der Analyse hinsichtlich der Probe vom 19. Mai 2016 sind auch nicht deshalb unverwertbar, weil eine weitere Haaranalyse einer am 20. Juni 2016 entnommenen Haarprobe ein negatives Ergebnis erbracht hat. Diese weitere Haaranalyse ist demgegenüber nicht verwertbar, weil sie nicht den CTU-Kriterien entspricht. Nach Nr. 8.1.5 Kriterium CTU 1 Nr. 4 der Beurteilungskriterien (S. 263) ist ein proximaler Abschnitt mit einer maximalen Länge von sechs Zentimetern heranzuziehen, damit kein zu großer Verdünnungseffekt eintritt (Nr. 8.1.3 der Beurteilungskriterien, S. 257). Nachdem bei der am 20. Juni 2016 entnommenen Haarprobe aber ein insgesamt sieben Zentimeter langer Abschnitt analysiert worden ist und daraus nicht zwei kürzere Abschnitte gebildet worden sind, was unschwer möglich gewesen wäre, ist ein Verdünnungseffekt eingetreten. Das Ergebnis der beiden Untersuchungen ist daher nicht vergleichbar und das Ergebnis der Analyse der am 20. Juni 2016 entnommenen Haarprobe somit kein ausreichender Abstinenznachweis.
Auch der Umstand, dass das Verwaltungsgericht entgegen dem Endbefund des MVZ die Einheit ng/ml verwendet hat, führt nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des Urteils, da es sich offensichtlich um ein Schreibversehen handelt. Eventuell wurde diese Verwechslung auch dadurch hervorgerufen, dass in den Beurteilungskriterien für Haaranalysen die Einheit ng/ml verwendet wird.
Die Frage, ob der Kläger gelegentlicher Cannabiskonsument ist oder war, hat für die Entscheidung der Widerspruchsbehörde und des Verwaltungsgerichts keine Bedeutung mehr gehabt, denn die Regierung von Oberbayern hat die Entscheidung mit dem Widerspruchsbescheid auf den Konsum von Kokain nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV gestützt. Die Frage, ob ein angefochtener Bescheid materiell rechtmäßig ist, richtet sich, sofern höherrangiges oder spezielleres Recht nichts Abweichendes vorgibt, nach dem Recht, das geeignet ist, seinen Spruch zu tragen. Erweist sich dieser aus anderen als den angegebenen Rechtsgründen als rechtmäßig, ohne dass diese anderen Rechtsgründe wesentliche Änderungen des Spruchs erfordern würden, dann ist der Verwaltungsakt im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht rechtswidrig (BVerwG, U.v. 19.8.1988 – 8 C 29/87 – BVerwGE 80, 96; BayVGH, B.v. 23.6.2016 – 11 CS 16.907 – juris Rn. 23 ff.). Daher kann ein auf § 11 Abs. 7 FeV gestützter Bescheid, der einem Betroffenen die Fahrerlaubnis wegen fehlenden Trennvermögens nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 entzieht, gestützt auf Nr. 9.1 der Anlage 4 wegen des Konsums harter Drogen aufrechterhalten werden.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen. Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht aufgezeigt und liegen auch nicht vor.
3. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügend dargelegt. Hierzu muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 3.2.2016 – 10 ZB 15.1413 – juris Rn. 8; B.v. 15.1.2016 – 7 ZB 15.929 – juris Rn. 5; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 72).
Die vom Kläger formulierte Frage war so nicht entscheidungserheblich, denn der Nachweis von Benzoylecgonin und Norcocain unterhalb der cut-off-Werte diente nicht alleine dem Nachweis des Konsums von Kokain oder dem Beleg einer Nicht-Abstinenz, sondern dieser Schluss wurde nur in Zusammenschau mit dem über dem cut-off-Wert liegenden gefundenen Wert von 0,24 ng/mg Cocain gezogen.
Legt man die Frage daher dahin aus, ob die Nachweise von Benzoylecgonin und Norcocain unterhalb der cut-off Werte zusammen mit einem über dem cut-off-Wert liegenden Nachweis von Cocain in den Haaren als Nachweis des Konsums von Kokain ausreichen, wäre eine grundsätzliche Bedeutung nicht hinreichend dargetan. Zum einen hätte sich die Antragsbegründung dann damit befassen müssen, wie der Wert von 0,24 ng/mg Cocain ohne einen Konsumvorgang zustande gekommen sein soll. Dies hat der Kläger aber nicht substantiiert dargelegt, sondern nur ohne weitere Details behauptet, es könne eine Verunreinigung vorliegen. Zum anderen hätte die Antragsbegründung sich zumindest sinngemäß damit befassen müssen, dass nach den CTU-Kriterien keine Bestimmungsgrenzen für Norcocain und Benzoylecgonin bei Haaranalysen festgelegt sind (vgl. Nr. 8.1.5, Tabelle 4, S. 272) und nach Nr. 8.1.3 und Nr. 8.1.5 Kriterium CTU 1 Nr. 9 der Beurteilungskriterien (S. 254 f. und S. 265) beweissichere positive Befunde unterhalb der Mindestanforderungsgrenzen vom Labor mitgeteilt und als Konsumnachweise verwertbar sind (außer bei EtG-Nachweis). Der Kläger nennt selbst einen Artikel in Wikipedia (de.wikipedia.org/wiki/Cutoff), mit dem erläutert wird, dass es sich bei einem cut-off-Wert um einen Grenzwert handelt, der gerade so gewählt ist, dass zufällige Kontaminationen, wie z.B. das Anfassen eines mit Drogen kontaminierten Geldscheines, nicht erfasst werden, um „falsch positive“ Resultate auszuschließen. Deshalb liegt der cut-off-Wert um ein Vielfaches oberhalb der Nachweisgrenze. Dies hätte ihm Anlass sein müssen, sich auch damit auseinandersetzen, dass bei im Körper durch den Abbau von Drogen entstehenden Stoffwechselprodukten eine zufällige Kontamination grundsätzlich ausscheidet und deshalb eine Sicherheit für solche Fälle nicht notwendig erscheint. Auch die pima mpu GmbH und das MVZ sind davon ausgegangen, dass mit den festgestellten Werten ein Konsum belegt ist, da es sich bei den Metaboliten um Abbauprodukte handelt, die auf der Haaroberfläche nicht entstehen können. Der Hinweis auf einen englischsprachigen Bericht im Internet, dass ein Fund von THC-Stoffwechselprodukten im Haar einen Konsum von Cannabis nicht beweise, reicht für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht aus. Zum einen konstatiert der Bericht selbst, dass er auf andere Drogen nicht übertragbar sei. Im Übrigen handelte es sich bei den dort beschriebenen Fällen um Kinder, deren Eltern Cannabis konsumieren und es ist deshalb davon auszugehen, dass, die Richtigkeit dieses vereinzelten Forschungsberichts unterstellt, für externe Verunreinigungen mit Stoffwechselprodukten ein intensiver körperlicher Kontakt mit einem Drogenkonsumenten notwendig wäre. Einen solchen hat der Kläger schon nicht vorgetragen.
4. Ein Verfahrensfehler nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist nicht hinreichend dargelegt und liegt auch nicht vor. Weder hat das Verwaltungsgericht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen noch liegt eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 138 Nr. 3 VwGO vor.
Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht kann nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich dann nicht geltend gemacht werden, wenn ein anwaltlich vertretener Beteiligter davon abgesehen hat, in der mündlichen Verhandlung einen Beweisantrag zu stellen, und wenn sich dem Gericht die Beweiserhebung auch nicht ohne einen solchen Beweisantrag aufdrängen musste (vgl. BayVGH, B.v. 31.3.2016 – 11 ZB 16.61 – juris Rn. 15; B.v. 14.7.2015 – 5 ZB 14.1162 – juris, B.v. 7.12.2009 – 7 ZB 09.146 – juris). Die damalige Prozessbevollmächtigte des bereits erstinstanzlich anwaltlich vertretenen Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vom 13. Dezember 2017 keinen Beweisantrag gestellt. Eine Beweiserhebung musste sich auch nicht aufdrängen, da die unter den cut-off-Werten liegenden Funde von Benzoylecgonin und Norcocain nicht alleine dazu dienten, den Konsum von Kokain zu belegen und der Kläger keinerlei Beweismittel benannt hatte, um exogene Antragungen von Kokain an seinen Haaren zu belegen. Es ist nicht ersichtlich, wie das Verwaltungsgericht hätte aufklären sollen, ob durch den Stylisten Kokainanhaftungen an den Haaren des Klägers hervorgerufen worden sind, ohne dass der Kläger dessen Namen nennt.
Auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO besteht nach obergerichtlicher Rechtsprechung darin, jedem Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit zu geben, sich zu dem gesamten, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu äußern (BVerwG, B.v. 7.6.2017 – 5 C 5/17 D u.a. – juris Rn. 8 m.w.N.).
Sie verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, jedoch nicht, ihnen in der Sache zu folgen. Das Verwaltungsgericht hat gesehen, dass die Kokain-Abbauprodukte Benzoylecgonin und Norcocain unterhalb der cut-off-Werte nachgewiesen worden sind. Es hat dies dann nur entgegen der Ansicht des Klägers entsprechend der CTU-Kriterien als Nachweis für einen Konsum ausreichen lassen.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, Anh. § 164 Rn. 14).
6. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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